RACHEGÖTTIN

Zerberus Guitars Gorgonized Nemesis im Test

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Göttin des gerechten Zorns, der ausgleichenden Gerechtigkeit – Rachegöttin gar? Schwer sind die hier aufgefahrenen Geschütze, schwer ist die Bauweise, gemeißelt in Stein quasi, nein nicht quasi, konkret. Macht das denn Sinn? Gitarren mit Decken aus Marmor, Amethyst oder Onyx? Das wollen wir genauer wissen!

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Zeus selbst paarte sich mit Nemesis in der Gestalt eines Schwans, Ergebnis war Helena, um derentwillen bekanntlich der Trojanische Krieg geführt wurde. Jau, hier wird nicht gekleckert und wir sind gespannt, was uns nun erwartet. Der Zerberus himself, Frank Scheucher, klärt auf: „Der Unterschied liegt im Prinzip schon in der völlig unterschiedlichen Materialstruktur.

Auf der einen Seite Holz mit einer relativ lockeren Zellstruktur – auf der anderen Seite Stein mit einer molekularen Kristall-Gitter-Struktur. Während sich der Schall im Holz am besten entlang der Fasern ausbreitet, wird er im Stein hingegen gleichmäßig in alle Richtungen übertragen. Das bewirkt, dass die Steindecke deutlich gleichmäßiger und länger ausschwingt, nachdem die Saiten angeschlagen wurden. Oder wie wir Gitarristen sagen: schöneres Sustain!“

Edles Gestein

Den Begriff Gorgonized verwendet Frank Scheucher für seine Gitarren-Designs mit Steindecken. „Oxyd Fantastico Red Light“ wird vornehmlich in Mexiko, auch in Brasilien gefunden. Die daraus gefertigte 5 mm starke einteilige Decke wurde mit einer Glasfaser-Armierung auf der Rückseite versehen, was sie bruchsicher machen soll.

Aber von Anfang an: Grundsätzlich wendet sich die Konstruktion mit 24-Bund Schraubhals und tief gesetzten Cutaways an den virtuos ausgerichteten Spieler. Für den exklusiv geschnittenen, flachen Korpus mit den vorspringenden Hörnern wurden drei Teile leichten Mahagonis gefügt, denen „Klangkammern“ verschafft wurden.

Die eingepasste Decke aus Oxyd ist mit einem doppelten Pinstripe verziert. Als Extra erhielt diese Ausführung auch noch einen LED-Lichtstreifen eingelegt, um die Decke zu hinterleuchten. Am Boden oben sorgt eine Kontur für gute Anlage am Spieler. Der fünfteilig verleimte Hals besteht aus Ahorn mit Streifen aus Purpleheart (Amaranth – tropisches Hartholz) und ist mit vier Edelstahl-Schrauben bei großer Auflagefläche fest im Korpus verankert.

Im Griffbrett aus Palisander mit 14″-Radius fanden 24 im doppelten Wortsinn glänzend verarbeitete Medium-Jumbo-Bünde und Abalone-Inlays in Form von Diamanten ihr Zuhause. Der pointiert gestaltete Kopf mit Zerberus-Einlage auf der Front ist mit Locking-Mechaniken von Graph-Tech ausgestattet.

Das kreisrunde Loch in der Spitze setzt einen optischen Akzent. Zugang zum Zweiwege-Halsstab (aus Edelstahl) gibt es auch vom Kopf her, davor ist der Wilkinson-Rollensattel aufgeschraubt. Die Saiten laufen am Korpus über die Roller-Bridge (Wilkinson) mit beweg-lichen Einzelsätteln und werden per Strings-Thru-Body-Saitenhalterung gekontert. Zwei Alumitone Humbucker von Lace – beworben mit „Breitband inklusive Vintage Tone für dieses Jahrhundert“ – sorgen für elektrische Kompetenz.

Die ungewöhnlich konstruierten Pickups mit versetzt angeordneten Balken-Magneten kommen ohne die typischen Spulen aus. Die Spannungsinduktion wird bei den Alumitones vom jeweiligen AluminiumRahmen übernommen, der als einfache Leiterschleife die Magnete umgibt. Aluminium anstelle von Kupferdraht macht diesen Pickup natürlich auch leicht.

Höchst interessantes Wandlerprinzip auf jeden Fall. Wir werden hören, was das bringt. Geschaltet werden die Humbucker konventionell mit einem Dreiwege-Toggle-Switch; speziell angefertigte Poti-Knöpfe (Push/Pull für Pickup-Split) mit Onyx-Einlagen steuern Output und Klangfarbe generell.

Die etwas anderen Humbucker: Lace Alumitone Pickups
Die etwas anderen Humbucker: Lace Alumitone Pickups

Die elektrischen Komponenten sind im gut isolierten E-Fach am Boden der Gitarre mit einem Deckel aus schwarz eloxiertem Aluminium abgedeckt, der auch ein Batteriefach und einen Mini-Switch zur Aktivierung der Decken-Lightshow beherbergt, bleibt nur noch die Zerberus-Laser-Gravur zu erwähnen. Strap-Locks sind natürlich Pflicht für diese Gitarre. Das kompetent und detailgenau gebaute Nemesis-Modell verfügt über eine 648 mm Mensur und wird in einem angemessenen Deluxe-Koffer geliefert.

Die etwas anderen Klangtextur

Die Gorgonized Nemesis ist gar nicht so schwer, wie das Wort Stein eigentlich vermuten lässt. 3,6 kg, nicht zuletzt dank der Klangkammerfräsungen im Korpus, ein eher angenehmes Gewicht. Überdies sorgt das lang herausgeführte obere Horn für eine ausgewogene, ja komfortable Ausrichtung des Instruments am Gurt. Dem eher breit, aber nicht zu flach ausgelegten Hals widmete sich Frank Scheucher in besonderem Maße.

Das polierte Griffbrett, die perfekt eingearbeiteten, sauber entgrateten und glänzend bearbeiteten Bünde sprechen für sich und gewährleisten gleitende Bendings und lockeres Spiel bei maximal nutzbarem Tonumfang der 24 Bünde. Das Klangbild erscheint glasklar, aber nicht ohne Wärme. Sauber löst sich ein Akkord in seine Stimmen auf, plastisch und geschlossen in der harmonischen Struktur.

Transparenz verbindet sich mit gut dosiertem Volumen, vor allem aber ist das Sustain bemerkenswert. Gehen wir in den Verstärker, so stellen uns die Lace Alumitone Humbucker mit eher mittlerem Output ein transparent gegliedertes Klangbild zur Verfügung, das durch die Splitting-Auslegung per Push/Pull-Funktion zusätzliche Beweglichkeit erhält.

Onyx-Decke mit LEDLightshow
Onyx-Decke mit LED-Lightshow

Der Hals-Pickup überträgt ein weit aufgezogenes Frequenzbild mit tief reichenden, aber sauber konturierten Bässen, definierten Mitten und offenen Höhen. Der Ton hat etwas Glas in der Struktur, das für klare Durchsicht in Akkorden sorgt, zugleich aber beeindruckt auch deren seidiges Abrollen. Eine interessante Textur, die aber kaum nach Vintage Tone riecht, eher etwas nach Equalizing schmeckt.

Im Overdrive-Modus scheint die Gitarre mit diesen Pickups erst so richtig aufzublühen, denn genau diese etwas ausgekämmte Klangstruktur lässt Powerchords kraftvoll drahtig pumpen. Wir surfen auf einem kernigen Brett, das leichtfüßig auch über heftige Wellen fliegt. Der besagte Draht gibt dem Ton Kontur und Straffheit, Eigenschaften, von denen ebenfalls das Solospiel deutlich profitiert, welches natürlich auch vom satten Sustain der Konstruktion gehörig unterstützt wird.

Ziehen wir den Volume-Regler, so schalten wir quasi auf Singlecoil-Betrieb und das erste, was auffällt ist: es brummt ja gar nicht! Nun, das allein würde uns natürlich nicht reichen, aber auch in Sachen Klang gibt es Gutes zu berichten. Kein kalifornischer Ton im eng ren Sinne, eher Singlecoil-Appeal der etwas kühleren Art, aber für viele Anwendungen bestens nutzbar.

Der Steg-Pickup steht in ausgeglichenem Verhältnis zu seinem Bruder am Hals, kommt natürlich mit etwas engerem Tonbild daher, zeigt aber eher mäßige Kompression. Im Klarklang lässt sich damit spritzig agieren, die Bässe leicht kantig, die Spitzen fest und leicht bissig – das kommt alles hübsch funky.

Im Zerrmodus spitzt sich der Sound mit Akzent auf die oberen Mitten zu, was uns wiederum einen insgesamt drahtigen, aber durchaus druckvollen Ton an die Hand gibt, der mit straffen Powerchords und stringenter Solopräsenz ins Rennen geht. Den Begriff „Vintage Tone für dieses Jahrhundert“ müssen wir aber als Werbe-Gimmick in die Wüste schicken.

Die widersprüchliche Begrifflichkeit ist doch schon inhaltlich absurd und mit Vintage hat das was wir hören einfach nichts zu tun. Warum denn auch? Etwas streng und spitzig wird der Steg-Pickup dann bei gezogenem Tone-Regler. Wer das Trommelfell erfolgreich pikieren will, der findet hier das passende Folterinstrument.

Na gut, manchmal braucht man auch einen extremen Sound im Mix und da mag das auch schon wieder passen. Zu entscheiden, welchen Anteil die Konstruktion mit Onyx-Decke, welchen die neu konzipierten Lace Alumitone Pickups an der etwas anderen Klangtextur der Gorgonized Nemesis haben, ist kaum möglich.

Zu loben ist auf jeden Fall die originelle Klangschöpfung, die sich nicht unbedingt nur an härtere Gangarten wendet, dort aber auch tiefer gelegte Tonarten zu verarbeiten weiß. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Push/Pull-Funktion ist etwas schwergängig, die Regler sind mit feuchten Fingern kaum zu ziehen. Grundlage zu absolut professioneller Klasse findet.

Resümee

Die imponierend prachtvoll, aber auch ergonomisch praxisgerecht stringent gestaltete Gorgonized Nemesis ist keineswegs der befürchtete Stein am Hals. Neben dem überraschend gut tragbaren Gewicht von 3,6 kg wartet die Gitarre dank des toll profilierten und perfekt bundierten Halses mit besten Spieleigenschaften bis hinauf zum 24. Bund und einer innovativen elektrischen Ausstattung auf.

Die Lace Alumitone Humbucker sind neu entwickelte Tonwandler, die jetzt nicht wirklich überraschend anders klingen, aber doch einen eigenen Akzent zu setzen vermögen und nicht zuletzt mit einer bemerkenswerten Störfreiheit auch im Pickup-Split-Betrieb beeindrucken. Konzeption und Ausstattung der Nemesis wenden sich an den virtuos ausgerichteten Spieler.

Die Gitarre ist klanglich durchaus variabel ausgelegt, von Vintage Sweetness aber keine Spur, dafür straffe Tonumsetzung und natürlich ein sattes Sustain. Mit dem Nemesis-Design hat Frank Scheucher von Zerberus Guitars ein schlüssiges Instrument geschaffen, das keineswegs nur optisches Highlight ist, sondern auf handwerklich souveräner Grundlage zu absolut professioneller Klasse findet. Sehr speziell – aber auch sehr gut!

Gelochte Kopfplatte mit Locking Mechaniken und Roller-Sattel
Gelochte Kopfplatte mit Locking Mechaniken und Roller-Sattel

Plus

  • Design/SteindeckenOptik
  • Schwingverhalten/ Sustain
  • Lace Alumitone Pickups
  • störfreie Sounds
  • 24-Bund-Hals
  • Hals-Shaping/ Bundierung
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

 Minus

  • Push/Pull etwas schwergängig

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