Masse+Klasse

Warwick Thumb Singlecut 6-String Broadneck im Test

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E-Bass von Warwick
(Bild: Dieter Stork)

 

Die Nachfrage nach sechssaitigen Bässen ist seit jeher überschaubar, und folglich widmet sich auch nicht jeder Hersteller diesem Thema.

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Wenn dann auch noch ein Sechssaiter in Singlecut-Ausführung gesucht wird, der über einem besonders breiten Hals verfügt, mit weiten Saitenabständen, dann bleiben nicht mehr viele Anbieter übrig. Ein Grund für die Erfolgsgeschichte von Warwick ist eine imposante Kundennähe. Hier wird jede Anfrage und jeder Wunsch Ernst genommen, und so hat man natürlich auch für Bassisten mit den oben aufgeführten Anforderungen den geeigneten Bass im Programm, den Thumb Singlecut 6-string Broadneck.

 

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Zu gleichen Teilen aus amerikanischer Sumpfesche und hartem afrikanischem Bubinga (Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion des Warwick Thumb Singlecut 6-String Broadneck

Der vorliegende Thumb präsentiert sich durch seine plakativen exotischen Hölzer schon optisch als ein waschechter Warwick. Das Herzstück des Sechssaiters ist ein durchgehender Hals aus fünfstreifigem, geflammtem Ahorn mit vier sehr feinen Trennfurnierlagen aus Ekanga. Ein poliertes Tigerstripe- Ebony-Griffbrett unterstreicht eine elegante Wertigkeit, ebenso wie die blinkenden 26 Jumbo Bünde aus Bronze. Der Just-A-Nut-III-Sattel aus poliertem Messing ist höhenjustierbar und Teil einer insgesamt sehr hochwertigen Hardware. Die feingängigen gekapselten Stimmmechaniken arbeiten präzise, arretierbare Gurthalter sorgen für Sicherheit, und die bekannt massige Steg/Saitenhalter-Kombination garantiert eine optimale Schwingstärke und ein gesundes Attack.

Für die beiden angeleimten Korpusflügel in Sandwich-Bauweise hat Warwick einen ca. 21 mm fetten Frontbelag aus Bubinga Pommelé verwendet, der durch seine attraktive 3-D-Maserung ein optisches Ausrufezeichen setzt. Amerikanische Sumpfesche ist für die Rückseite der Korpusflügel verwendet worden, ebenfalls ca. 21 mm dick. Ein Natural Oil Finish vermittelt eine seidige, direkte Griffigkeit der Hölzer. Der Modellname sagt es schon, der Thumb weist eine Besonderheit auf, denn die obere Korpushälfte ist nicht ausgeschnitten, sondern stützt den Hals bis hin zum 13. Bund. Daraus ergibt sich eine sehr steife und stabile Konstruktion die sich positiv auf die Schwingung der Saiten bemerkbar macht, und dem Instrument ein überragendes Sustain und eine Mächtigkeit im Bass beschert.

Die passiven Soapbar-Humbucker des Thumb sind eigens von MEC für die Singlecut-Serie von Warwick entwickelt worden. Jeder der beiden Tonabnehmer hat einen eigenen dreistufigen Kippschalter erhalten. Der hat es in sich, denn ist der Schalter nach oben gelegt, wird nur die halsseitige Spule aktiviert, ist der Schalter unten, arbeitet nur die brückenseitige Spule. In der Mittelposition sind schließlich beide Spulen gleichzeitig aktiv. Das ergibt schon einmal eine große Bandbreite unterschiedlicher Sounds, die mit dem dreibandigen EQ von MEC noch einmal zusätzlich umfangreich geformt werden kann. Neben Höhen, Mitten und Bass befindet sich noch ein doppelstöckiger Poti im Bedienfeld, das als PU-Überblendregler und Master-Volume agiert.

Durch Ziehen des Volume-Potis wird der EQ deaktiviert und der Sechssaiter kann dann auch passiv genutzt werden. Die Sound- Möglichkeiten des Thumb sind folglich unglaublich vielfältig, aber sie passen zu einem Instrument, das nahezu perfekt verarbeitet und mit ausgewählten Hölzern und einer souveränen Hardware ausgestattet worden ist. Fast ist man hier schon geneigt, eines zu vergessen, was bei einigen Anbietern ein großes Bohei entfachen würde, aber bei den in Deutschland gefertigten Instrumenten von Warwick mittlerweile fast schon wieder eine Selbstverständlichkeit ist: Der Thumb ist natürlich mit Glow-In-The-Dark-Dots, Invisible Fretwork Technology und den neuesten Warwick-Innovationen, wie z. B. den speziellen Einschraubgewinden zur Pickupbefestigung ausgestattet.

 

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Bubinga Pommelé, knallhart und wunderschön (Bild: Dieter Stork)

 

Der Warwick Thumb Singlecut 6-String Broadneck in der Praxis

Der imposante Sechssaiter lässt von Anbeginn keine Fragen offen; hier präsentiert sich ein echtes Schwergewicht. Man sieht dem Instrument förmlich seine geballte Basskompetenz an, aber man vermutet natürlich auch eine stärkere Belastung des Rückens. Im Sitzen spielt sich der Warwick schon einmal vortrefflich, die Form und vor allem die Hohlwölbung der Korpussrückseite sorgen dafür, dass sich das Instrument geradezu an den Körper anschmiegt. Auch am Gurt verhält sich der imposante Sechssaiter mit einem Gewicht von stolzen 5,1 kg erstaunlich kooperativ. Eine günstige und ausgewogene Gewichtsverteilung macht sich hier positiv bemerkbar, und allein schon wegen seiner Masse hängt der Thumb stabil und souverän am Gurt.

Durch das tief ausgeschnittene Cutaway lässt sich der flache Sechssaiterhals über das gesamte Griffbrett locker und leicht spielen. Gleichwohl gilt das nicht für jeden Menschen, denn mit breiten Saitenabständen, von 20 mm am Steg muss man seine Finger für große Tonsprünge schon recht stark spreizen. Kleine Hände dürften hier vor einem Problem stehen, aber Warwick bietet den Sechsaiter natürlich auch in unterschiedlichen Ausführungen an. Als Linkshänder, Fretless oder mit engerem String- Spacing ist der Thumb Singlecut ebenfalls ohne Aufpreis erhältlich.

Für große Hände dürfte der vorliegende Bass jedoch wie geschaffen sein. Hier hat man genügend Platz, um sich auszutoben. Mit der Anschlaghand braucht man ebenfalls keine Vorsicht walten zu lassen und kann unbekümmert mit voller Dynamik in die Saiten gehen. Trotz niedriger Saitenlage bleibt der Klang voll und sauber, virtuose Ausflüge gestalten sich ganz natürlich und locker. Allerdings hört sich das einfacher an als es ist, schließlich benötigt man bei einem Sechssaiter auch einiges an Geschick und Erfahrung, um ungewollt mitschwingende Saiten entsprechend abzudämpfen.

 

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In diesem Cockpit lassen sich nahezu alle Klangvorstellungen realisieren. (Bild: Dieter Stork)

 

Die sehr lang angelegte obere Korpushälfte trägt nicht nur zu einer sehr stabilen Halskonstruktion bei, sie fördert auch einen schwingstarken Ton mit eindrucksvoll singenden Obertönen. Zusätzlich wird eine enorme Mächtigkeit im Bass gefördert, von der die tiefe H-Saite besonders profitiert. Man hört nicht allzu häufig eine derartig detaillierte Wucht und Wärme im Ton. In allen Frequenzlagen gleichermaßen gut ausgeleuchtet, sind ein unglaublich stabiles Sustain und eine mühelose Kontrollierbarkeit besonders hervorzuheben.

Der detailreiche und kräftige Grund-Sound kann allein schon durch die MEC-Soapbars in vielerlei Richtungen variiert werden. Singlecoil-Modus für einen offenen, feinen Ton, oder als Humbucker geschaltet für fette Druckbässe, der Thumb bietet alles an, was man in einem Bassistenleben an verschiedenen Klängen so braucht. Durch die drei schaltbaren Sounds, die jeder einzelne Soapbar anbietet, ergeben sich so viele Möglichkeiten, deren Beschreibung den vorliegenden Rahmen locker sprengen würde, schließlich kommt auch noch ein aktiver Dreiband EQ von MEC mit ins Spiel, der weitere Möglichkeiten der Klangbearbeitung anbietet, Wahnsinn!

Allerdings darf man sich von dem edlen Aussehen des Thumb nicht täuschen lassen, in der Grundtendenz ist der Thumb keineswegs ein elitärer Edel-Jazzer. Bei neutral eingestelltem EQ liefern die MEC Soapbars kraftvolle, körperstarke Mitten und geben so die grobe Klang-Ausrichtung vor. Der Thumb besitzt nämlich richtig Biss und weist einen erdigen, eher rockigen Charakter auf, ein steriler, schöngefönter Edelbass klingt ganz anders. Das Wiedergabespektrum der Tonabnehmer sowie die wirksamen aktiven Klangregler lassen natürlich eine Verwendung in nahezu jeglichem musikalischen Kontext zu, jeder Klangbereich wird ausgewogen und lebendig wiedergegeben. Satte fette Bässe, oder drahtige Brillanzen, in allen Bereichen verliert der Thumb nie die Contenance.

 

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Bewährte Hölzer: durchgehender Ahornhals und Seitenteile aus Sumpfesche (Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Der Thumb ist definitiv kein „Schöner Wohnen“-Sammlerobjekt, sondern vielmehr ein Arbeitsgerät mit allerfeinsten Zutaten. Hardware, Konstruktion, Verarbeitung, Hölzer, hier ist alles auf den Punkt gebracht worden, und so ergibt dies in der Summe ein Instrument mit begeisterndem Klangniveau. Fetzig rockig oder gepflegte schöne Klangkultur, der Singlecut hat einfach alles drauf. Genug des Lobes, denn trotz aller Stärken ist dieser Thumb kein Instrument für die breite Masse. Auch wenn seine Kompetenz unumstritten sein dürfte, der Warwick ist ein Nischeninstrument. Ein Six-String spricht ohnehin eher ambitionierte Bassisten an, der Broadneck dürfte das Interessentenfeld weiter lichten, und bei dem üppigen Preis hört es für die meisten übriggebliebenen ganz auf.

Dennoch ist es schön, dass es den Thumb Singlecut 6-String Broadneck gibt, denn er dokumentiert exemplarisch die Firmen-Politik von Warwick. Kundenfreundlichkeit steht bei den Markneukirchenern ganz weit oben. Auch sehr spezielle, hochwertige und nicht in großen Auflagen zu verkaufende Instrumente werden von Warwick angeboten, auch dafür ein dickes Lob.

 

Übersicht

Fabrikat: Warwick

Modell: Thumb Singlecut, 6-String Broadneck

Typ: E-Bass mit Massivkorpus, Sechssaiter

Herkunftsland: Deutschland

Mechaniken: schwarz; gekapselte Stimmmechaniken, zweiteilige Steg/Saitenhalter-Kombination, Sicherheits-Gurthalter, höhenjustierbarer Sattel Just-A-Nut III

Hals: durchgehend fünfstreifig Riegelahorn, mit vier Trennfurmierstreifen aus Ekanga

Griffbrett: Ebenholz

Halsbreite: Sattel 55,12 mm; XII. 85,10 mm

Bünde: 26, Jumbo-Bronze Jumbos

Mensur: 864 mm, longscale

Korpus: Sandwich-Seitenteile aus Sumpfesche/Bubinga

Oberflächen: geölt

Tonabnehmer: passiv; 2x MEC Soapbar-Humbucker

Elektronik: aktiv, MEC Dreiband-EQ, 1x 9 Volt, ca.1 mA

Bedienfeld: Master-Volume/PU-Überblender mit Aktiv/Passiv-Zugschalter, Höhen, Mitten, Bässe, 2x Dreiweg-Kippschalter für PU-Sounds

Saitenabstände Steg: einstellbar; justiert auf 20 mm

Gewicht: 5,1 kg

Lefthand-Option: ja

Vertrieb: Warwick

08258 Markneukirchen

www.warwick.de

Zubehör: Flightcase, User Kit

Preis: ca. 6699

 

Plus

  • Klangverhalten/Sustain
  • Bespielbarkeit
  • Hölzer
  • Sound-Möglichkeiten
  • Ausstattung
  • Verarbeitung
Produkt: Gitarre & Bass 6/2022 Digital
Gitarre & Bass 6/2022 Digital
IM TEST: Eastman Romeo LA +++ ESP/LTD Mike Schleibaum Signature +++ Mayones Caledonius Classic 5 +++ Hughes & Kettner StompMan +++ Darkglass Exponent 500 +++ Line 6 Catalyst 100 +++ D'Addario XS Nickel Plated Steel Electric Strings +++ JHS Preamp Overdrive +++ Mooer Preamp Model X & Cab X2

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