Vintage Guitar Stories: 1969 Roger Super CA

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Die Einflüsse auf den amerikanischen Gitarrenbau durch europäische Einwanderer sind vielfältig. Firmen wie Martin, Gretsch oder National wurden von Immigranten gegründet. Auch später noch sollten deutsche Gitarrenbauer viel zur Prägung charakteristischer E-Gitarren-Designs beitragen.

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Von Dynastie zu sprechen wäre zu viel des Guten, aber immerhin ging das handwerkliche Geschick vom Vater Wenzel Rossmeisl auf den Sohn Roger über. Der Filius sollte in den USA durch seine Arbeit für Rickenbacker und Fender zu beachtlicher Prominenz als Gitarren-Designer aufsteigen. Besondere Verdienste erwarb er sich als Chef der Design- und Entwicklungsabteilung bei Rickenbacker, wo er für das komplette frühe Programm verantwortlich war. Aber auch eine Reihe von Fender-Modellen wurden dann später noch nach seinen Vorstellungen realisiert. Aber zurück zum Vater, dem Protagonisten unserer heutigen Kolumne:

Wenzel Rossmeisl, geboren am 28. Juni 1902 in Kiel, entstammte einer Familie von Instrumentenbauern aus Graslitz, dem heutigen Kraslice im Westen Tschechiens. Wenzel ging in die Lehre bei seinem Vater Franz Rossmeisl, der nach Kiel übergesiedelt war. Im April 1922 schloss Wenzel die Ausbildung mit Gesellenprüfung als Instrumentenmacher ab, 1930 meldete er ein Gewerbe für den Bau und Vertrieb von Jazzgitarren an und im April 1932 legte er auch noch die Meisterprüfung als Instrumentenmacher in Graslitz ab.

Wenzel war aber ein vielseitig begabter Mann, der seiner Kreativität nicht nur im Gitarrenbau Ausdruck verleihen wollte. Bereits zu Beginn der 30er-Jahre wurde er auch als Jazzmusiker bekannt, spielte Banjo und Gitarre in bekannten Combos, bereiste ganz Europa und wirkte in vielen Filmen der 20er- und 30er-Jahre mit. Dem Gitarrenbau blieb er aber zeitlebens treu. Wenzel Rossmeisl wollte Jazzgitarren nach amerikanischem Vorbild bauen. Vorbild dafür war die von Lloyd Loar für Gibson entwickelte L-5.

Da ihm dafür zunächst noch die handwerklichen und fertigungstechnischen Möglichkeiten fehlten, fand er im Schönbacher Gitarren- und Lautenmacher Franz Hirsch den perfekten Partner für die Verwirklichung seines Traums. Wiewohl von Wenzel detailgenau entworfen, stammen alle vor dem Krieg hergestellten ROGER-Gitarren aus der Werkstatt von Franz Hirsch in Schönbach.

Allerdings war Wenzel an der Herstellung seiner Instrumente auch immer wieder selbst beteiligt und lernte von Meister Hirsch schnell die Finessen des Archtopbaus. Für den Vertrieb sorgte der gut vernetzte Wenzel aus seiner Wohnung in Berlin selbst, wo er die Instrumente auch noch an die Kundenwünsche anpasste. 1939 gab es dann eine erste Ausstellung mit nach seinem Sohn benannten ‚ROGER‘ Jazz- und Hawaii-Gitarren auf der Messe in Leipzig.

Gleich nach dem Krieg eröffnete Wenzel in der Berliner Lutherstraße eine neue Werkstatt, wo er im Sommer 1946 auch den ersten elektromagnetischen Tonabnehmer aus Magneten und Spulen alter Wehrmachtsbestände (Kopfhörer) baute und damit die akustische ROGER-Standard Jazzgitarre von Coco Schumann modifizierte. Damit war Schumann der erste deutsche Musiker, der eine E-Gitarre einsetzte, was ihn schnell zu einem gefragten Studio- und Live-Gitarristen machte.

GERMAN CARVE

Auf der ersten Leipziger Messe nach Kriegsende 1947 stellte Rossmeisl aufsehenerregende Neuentwicklungen vor. Unter anderem waren elektrifizierte Archtops mit Cutaway und neuartiger Decken- und Bodenbearbeitung zu sehen. Mit dem „German Carve“, ein charakteristischer und materialsparender Kehlschnitt von Decke und Boden auf die Zargenränder zu, sollte später Wenzels Sohn Roger bei Rickenbacker Furore machen. Der Betrieb prosperiert, aber Wenzel bewegt sich mit seinem Geschäftsgebaren offenbar nicht immer im gesetzlichen Rahmen.

Auf der Frühjahrsmesse 1951 in Leipzig wird er verhaftet und zu vier Jahren Zuchthaus wegen Devisenvergehens verurteilt, der zwischenzeitlich erworbene Betrieb in Markneukirchen enteignet. Sohn Roger führt die Werkstatt in Berlin zunächst weiter, gerät aber wegen seiner Alkohol- und Spielsucht in Probleme. Fluchtartig wandert er 1953 nach Amerika aus.

Wenzel arbeitet nach der vorzeitigen Haftentlassung 1954 zunächst wieder als Gitarrist, eröffnet aber bereits 1955 eine neue Werkstatt in Mittenwald. Es gelingt ihm schnell, an alte Erfolge anzuknüpfen. Die Kooperation mit dem italienischen Hersteller EKO ermöglicht 1959 den Neubau einer größeren Fertigungsstätte im ober bayrischen Neumarkt St. Veit.

Wenzel ist auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. 1968 zieht er sich aus dem nachlassenden Geschäft zurück und verpachtet den Betrieb an den Geigenbau – meister Helmut Buchsteiner. Der fügt in den Folgemonaten noch einige wenige letzte Roger-Gitarren aus vorgefertigten Teilen zusammen. Am 03. April 1975 stirbt Wenzel Rossmeisl im Alter von 73 Jahren in München, sein berühmter Sohn Roger Raimond überlebt ihn um keine vier Jahre.

Die hier vorgestellte Roger Super CA, gebaut im Februar 1969, gehört zu den letzten von Helmut Buchsteiner aus hinterlassenen Parts erstellten Gitarren. Das prachtvolle Top-Modell ist ein repräsentatives Beispiel für die große Klasse des genialen Gitarren-Designers Wenzel Rossmeisl. Der mehrfach eingebundene, in leuchtendem Sunburst lackierte 17-Zoll-Korpus der Super CA zeigt den eleganten German Carve an Decke und Boden. Der gebundene Hals mit symmetrischer Kopfplatte ist mit einem Griffbrett aus Ebenholz mitsamt geteilter Blockeinlagen kombiniert. Der EKO-Rollensteg und ein DeArmond-Pickup komplettieren die Ausstattung. Unser Dank für die Leihgabe gilt Beli und Rare Guitar in Münster.

 

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2021)

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