One Trick Pony

Test: Waterslide Junior Mojo

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(Bild: Dieter Stork)

Singlecut, ein Pickup am Steg, das Wort Junior im Namen – da klingelt doch wohl was. Und doch geht diese Gitarre deutlich eigene Wege, sowohl optisch als auch klanglich.

Die kleine Gitarren-Schmiede Waterslide Guitars aus Hollywood, Kalifornien haben wahrscheinlich nicht allzu viele auf dem Radar. Gründer Patrick Matera ist vor allem als Gitarrist von Katy Perry und Moby bekannt und macht sich ansonsten (im Internet) ziemlich rar. Da ist wenig rauszufinden.

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Ich kenne seine Gitarren auch nur deshalb, weil ich als bekennender Ry-Cooder-Fan von den großartigen Waterslide Coodercasters (Strat-basierte Instrumente mit Lapsteel-Tonabnehmer am Steg und Gold-Foil-PU am Hals) gehört habe, allerdings noch nie eine in die Finger bekommen habe. Das ist zwar bitter, aber dafür ermöglicht „The Fellowship Of Acoustics“ aus Holland – einer der ganz wenigen Händler weltweit für Waterslide Guitars – diesen Test der Junior Mojo. Vielen Dank schonmal dafür!

SPANNENDE ZUTATEN

Die Basis dieser Solidbody-Gitarre – und das ist jetzt erst mal nicht sooo spannend – ist eine Mahagoniplanke von gut 45 mm Stärke. Entsprechend der Minimalismus-Direktive kommt sie natürlich ohne Binding, Decke, Contour-Shape oder Schlagbrett – dafür aber in perfekt geagetem TV-Yellow-Finish mit minimalem See-thru-Effekt und sehr authentischen Lackrissen und Abnutzungen. Rückseitig gibt es lediglich ein kleines E-Fach um an die 500K-CTS-Potis zu gelangen.

Der einzige Tonabnehmer – und da wird es schon spezieller – wurde in England von Mojo Pickups hergestellt. Betreiber und einziger Mitarbeiter dieser 2010 gegründeten Firma ist Marc Ransley, der tatsächlich jeden Pickup selbst konstruiert, wickelt, verschickt. Irgendwie sympathisch: Auf seiner Website verkündet er, sein Auftragsbuch für Januar sei voll und er würde sich melden, wenn er wieder Aufträge annehmen kann.

Deutsches Tailpiece, englischer Tonabnehmer (Bild: Dieter Stork)

Zurück zum Pickup: Der steht klar in der Tradition alter Teisco oder DeArmond Gold-Foil-PUs, wie wir sie von Harmony-, Silvertone- oder Airline-Gitarren kennen, die man in den 60ern günstig im Versandkatalog von Sears Roebuck & Co. finden konnte. Viel stärker als die genannten Gitarren selbst, sind die Gold Foils (nicht nur durch Ry Cooder) im Fokus der Gitarristen-Gemeinde geblieben und finden wieder zunehmend den Weg auf allerlei Gitarrendecken.

Der hier ist dann nochmal etwas Besonderes, denn der Mojo ist ein Dual Foil, und somit ein Humbucker, der allerdings am Push/Pull-Tone-Poti auf Singlecoil gesplittet werden kann. Er liefert also sowohl den klassischen Sound mit etwa 5 kOhm Output als auch die extra-fette HB-Variante mit 10 kOhm. Montiert ist er von oben in Stegposition – er sitz auf einer schicken Tortoise-Platte.

Natürlich haben wir es auch nicht mit stinknormalen Volume/Tone-Reglern zu tun, die hier sehen aus, als hätte man sie von einem alten Röhren-Radio abgeschraubt – sehr stylisch. Ansonsten ist hier nur noch das Wraparound-Tailpiece, ein kompensiertes Alu-Modell von Faber, zu vermelden, das sich an Studs von TonePros festhält.

Der Hals ist ein kräftiger Geselle im Late-50s-Format mit einem Palisandergriffbrett. Es weist einen 12″-Radius auf und ist mit 22 erstklassig polierten Bünden bestückt. Über den Knochensattel laufen die Saiten – nach 628 mm freier Schwingung – zur recht flach abgewinkelten Kopfplatte. Auf dem schwarzen Layer macht sich das Metallplättchen mit dem Firmenlogo sehr gut. Die Kluson-Style-Tuner (3-in-Reihe) mit den kleinen weißen Stimmwirbeln arbeiten sehr gut und verströmen dabei noch perfektes 50s-Flair. Der Halsstellstab ist auch hier am Headstock zugänglich – auf ein Trussrod-Cover wurde verzichtet.

Waterslide Junior Mojo
Gelungenes Lack-Aging (Bild: Dieter Stork)

ROCK’N’ROLL

Nimmt man sich die Junior Mojo, fällt als erstes das moderate Gewicht von 3,2 kg positiv auf. Sowohl auf dem Schoß liegend, als auch am Gurt, gibt sich die Waterslide ausgewogen und bequem – da sind keine Überraschungen zu befürchten. Der Hals ist keinesfalls übertrieben kräftig ausgeformt, füllt aber satt die linke Spielhand und ist sicher nichts für Shredder-Kollegen, die sonst Ibanez-Hälschen hoch und runter flitzen. Meine Befürchtung, dass man die Risse im Lack auf der Halsrückseite spürt, bestätigt sich nicht – alles geschmeidig.

Der Klangcharakter der Junior offenbart sich im Grunde schon unverstärkt. Für eine Solidbody ganz schön laut, liefert sie so einen gewissen Twang auf den tiefen Saiten, die Mitten kommen offensiv nach vorne und warten auf Rock-Riffs, die Höhen präsentieren sich klar, deutlich, knochentrocken und ohne klirrige Anteile. Am Amp wird das Ganze eigentlich genau so – mit oder ohne Zerre – laut gemacht.

Der Clean-Sound am Fender-Amp kommt satt, blumig, vollmundig mit sehr angenehmen Höhen aus dem Speaker. Der Volume-Regler arbeitet gleichmäßig und ohne nennenswerte Höhenverluste. Der erste Eindruck vom Tone-Regler ist nicht ganz so positiv. Regelt man von 100 zurück (ja, die Regler-Skalen gehen in 10er-Schritten bis 100) passiert lange gar nichts, bei etwa 30 kippt der Sound dann schlagartig weg. Hat mehr von einem Schalter als von einem Regler und dient allenfalls für Wah-Wah-artige Effekte. Gerade bei so einer Gitarre mit nur einem Pickup würde man sich einen effizienten Klangregler wünschen, und von guten Les Paul Jr. kennt man das ja auch – da macht jede Poti-Einstellung eine neue Tür auf.

Aber wir haben ja noch den Coil-Split. Also mal den Tone-Regler hochziehen – das ist ein super Feature. Man purzelt nicht in eine völlig andere Klang-Abteilung, der Sound-Charakter bleibt, er hellt nur auf und verschlankt sich. Mehr Twang in den Bässen, mehr Biss in den Höhen.

Für meinen Geschmack kommt die Waterslide im Bereich Crunch, Medium-Gain am besten zur Geltung. Rock-Riffs zwischen Keef und Malcolm kommen mit knorpeliger, muskulöser Roughness, schön crisp, rau an den Kanten und das Gegenteil von poliert oder kultiviert. Herrlich. Mit dem Volume lassen sich wunderbar nicht nur Lautstärke, sondern auch Zerrgrad regeln – für den Tone-Regler bleibt das vorher gesagte gültig. Und wieder ist der Coilsplit ein super Werkzeug, um dem Sound mehr Licht und Twang zu verschaffen und etwas Overdrive herauszunehmen.

Unterm Strich lassen sich der Mojo Junior doch etliche erstklassige Sounds entlocken, wenn man die wenigen Mittel zu nutzen weiß. Die kraftvollen Rhythmus-Sounds sind absolut überzeugend und die Waterslide behält bei Sololäufen – auch mit richtig viel Distortion – immer ihren kernigen „rough-around-the-edges“- Charakter. Sehr sympathisch!

Waterslide Junior Mojo
Unique: Die Potis im Dampfradio-Look (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Diese Gitarre ist ein Statement für unpolierten Rock’n’Roll und raubeinigen Blues … und bestimmt noch vieles anderes. Die Stimmigkeit von Optik, Haptik und Sound ist absolut überzeugend und weist Patrick Matera als einen geschmackssicheren Meister seines Fachs aus. Sollte sich die Möglichkeit bieten, diese oder eine andere Waterslide-Gitarre anzutesten: ergreife sie!

PLUS

  • eigenständiges Design
  • Finish, Aging, Parts
  • toller „etwas anderer“ Pickup, handgewickelt
  • Haptik, Spielkomfort
  • astreine Clean- und Zerr-Sounds mit rauem Charakter
  • moderates Gewicht

Waterslide Junior Mojo

Produkt: Gitarre & Bass 6/2023
Gitarre & Bass 6/2023
IM TEST: Harley Benton 25th Anniversary: Special Edition Guitars +++ IK Multimedia ToneX Software & Pedal +++ KMS Saddles & Bridges für Telecaster +++ Schecter Nick Johnston PT +++ Guild Surfliner HH +++ Sandberg Florence Bässe +++ Taylor Guitars 417e +++ Orange MK Ultra Marcus King +++ Fender Rumble 800 Combo

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