Was halte ich da in der Hand? Ein Gerät, um den Dritten Weltkrieg auszulösen? Zum Glück nicht – aber so sieht das kleine Schmankerl aus, das die Boutique-Pedalschmiede Walrus Audio aus Oklahoma City zusammen mit dem US-Alternative-Country-Rocker Ryan Adams ersponnen hat.
Gelungenes Marketing, würde ich sagen – auch angesichts dessen, was die auffällige Kiste dann eigentlich beinhaltet. „Defcon“ bezeichnet übrigens die verschiedenen Alarmstufen des US Militärs – und Defcon 4 ist die zweitniedrigste, alles entspannt also.
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Walrus Audio haben sich in den vergangenen Jahren mit clever und schön designten Boutique-Pedalen ein beachtliches Standing erarbeitet. Laut Handbuch arbeiteten sie schon länger mit Ryan Adams an einem sogenannten „Strat Fixer“-Pedal – eine treffende Beschreibung, wie wir gleich sehen werden.
Das kultige Gerät ist mit knapp 330 Gramm angenehm leicht und mit 9 cm Breite nur wenig größer als ein Standard-MXR-Gehäuse. Leider sind die Anschlüsse für In/Out an den Seiten, das killt Platz auf dem Pedalboard; erfahrungsgemäß ist auch die Platzierung der Netzteilbuchse direkt neben dem Ausgang beim Board-Gefummel lästig, aber verschmerzbar.
Ein Batteriebetrieb des im True Bypass gebauten Pedals ist nicht möglich. Erfreulicherweise ist die Anleitung recht umfangreich (und witzig geschrieben), wenn auch nur auf Englisch.
(Bild: Dieter Stork)
Strat Fixer?
Was macht es? Es löst keinen Weltkrieg aus, so viel sei gesagt. Ryan Adams schien bei Gigs das Problem zu haben, dass er nach einem Gitarrenwechsel den Amp jedes Mal neu einstellen musste – und zwar Ton und Lautstärke. Jeder, der schon mal direkt nach einer Les Paul mit fetten Humbuckern eine Strat an sein Rig angeschlossen hat, kennt dieses Leid – deshalb bastelten Adams und Walrus eben einen „Strat Fixer“.
Oben sitzen drei 5-fach-Rotary-Potis, die jeweils mit einem kleinen Toggle-Switch aktiviert (oder ganz aus dem Signalweg genommen) werden: Das linke sorgt für einen Bass-Cut oder -Boost, das mittlere erledigt das gleiche für die Mitten, und das rechte kümmert sich um die Höhen.
Der „Launch“-Switch rechts oben liefert zudem einen 10-dB-Boost. Im Innern kann man das Pedal mit mehreren Trim-Potis feintunen; es kommt in den Einstellungen, die Ryan Adams benutzt.
Das Gerät arbeitet nebengeräuschfrei und tut tadellos, was es soll. Vor allem der Mittenregler boostet recht deutlich und bohrt das Signal schön auf. Der Bassregler arbeitet eher subtil. Die Höhenblende kann mulmige Humbucker enorm auffrischen, ohne sie in giftige Waffen zu verwandeln. Tatsächlich ließen sich im Test eine eher behäbige Les Paul Custom und eine Strat zwar nicht „gleichmachen“, aber doch „angleichen“ in Ton und Output.
Mit dem Boost und dem Mittenregler in Kombination lässt sich das Pedal als klangneutraler Solo-Booster verwenden, auch wenn man sich für die Betätigung des Launch-Schalters leider bücken muss; überhaupt sind die Anwendungen vielfältig, zum Beispiel sollte die 7-/8-Saiterund Baritonfraktion durchaus auch einen Blick wagen. Bei dem Preis hätte ich mir aber einen zweiten Fußschalter für ein weiteres „Preset“ oder den Boost gewünscht.
Der eine mag bemängeln, dass sich der Equalizer nicht stufenlos regeln lässt, der andere genau diese leichte Einstellbarkeit und Reproduzierbarkeit von Settings im Livebetrieb geradezu feiern; hierin liegt auch das Alleinstellungsmerkmal des Geräts.
Resümee
Das Design des Pedals macht viel Alarm um zwar sehr sinnvolle und vielseitige Funktionen, ist aber am Ende ein doch recht unspektakuläres Werkzeug – bei aller Qualität! Ob man wegen des Designs den saftigen Preis berappen will, muss jeder selbst wissen. Gutes Teil!