Auf zu neuen Ufern

Test: Walrus Audio D1

Anzeige
Walrus D1(Bild: Dieter Stork)

War Walrus Audio bisher ja eher für übersichtliche und eher klassische Pedale bekannt, so kommt nun mit der Mako-Serie einiges Neues. MIDI, Presets, verschiedene Algorithmen. Bleibt da Mojo auf der Strecke?

Das D1 ist das erste Pedal der neuen Mako-Serie. Als solches stellt es einen großen Schritt für die Firma Walrus Audio dar, enthält es doch fünf verschiedene Algorithmen, etliche Möglichkeiten den Sound feinzutunen und schon onboard die Möglichkeit auf neun Presets zuzugreifen. Und per MIDI? Da sind es sogar 128. Wie die Anleitung schon nahelegt: „Viel Glück dabei, die alle zu befüllen … “.

Anzeige

HARDWARE & ANSCHLÜSSE

Das D1 kommt in einem schönen Karton und ist in einem netten Beutel verpackt, den man später auch gut für anderen Kleinkram nutzen kann. Des Weiteren finden sich ein Plek, ein Aufkleber und eine Anleitung in der Packung. Letztere ist englischsprachig und führt einen kurz in die jeweiligen Funktionen der Regler und der MIDI-Implementierung ein.

Trotz der vollen Bedienoberfläche ist das D1 aber übersichtlich und intuitiv zu bedienen, da es fast keine Alternativfunktionen für die Regler gibt, sondern sich alles direkt einstellen lässt. Eine Ausnahme bildet hier das Tweak Poti, welches Mod, Tone oder Age regelt. Da man dies aber zuvor mit dem Mini-Switch darunter auswählt, ist auch wieder direkt klar, welche Funktion das Poti gerade hat, also alles easy.

Neben den zu erwartenden Parametern Time, Repeats und Mix findet sich auch ein Attack-Poti. Dieses regelt die Hüllkurve des Signals, welches ins Delay geschickt wird. Einfacher gesagt: Wie viel Attack soll dein Delay-Signal später haben? Mittels Prog (für Program) wählt man den gewünschten Delay-Algorithmus aus. Mehr dazu weiter unten.

Der Division-Switch regelt, ob das Delay in Vierteln, Achteln oder punktierten Achteln wiedergegeben wird. Mittels A | B | C Bank Switch wählt man, aus welcher der drei Bänke ein Preset geladen wird. Hier entscheidet man wiederum durch Gedrückthalten der beiden Fußschalter, ob das rote, grüne oder blaue Preset aktiviert wird. Das klappt erstaunlich intuitiv und schon hat man Platz für neun Presets.

Die Tap-LED zeigt hierbei farbig das aktuelle Preset an. Das kann leider bei langen Time-Einstellungen etwas nerven, weil man nur alle zwei Sekunden kurz sieht, welches Preset gerade aktiv ist. Schöner wäre es vielleicht gewesen, diese Anzeige auf die Status-LED zu legen. Dann hätte man natürlich wiederum nicht gesehen, in welchem Preset man sich befindet, wenn das Pedal deaktiviert ist.

Hat man ein Preset verändert, blinkt die Tap-LED violett. Dies tut sie natürlich immer in der gespeicherten, beziehungsweise über den entsprechenden Switch eingetappten, Zeit. Der Bypass-Switch aktiviert das Pedal. Hält man ihn gedrückt, findet ein sogenanntes „Feedback Ramp“ statt. Dies entspricht in etwa dem bekannten Hold-Effekt.

Neben dem Stromanschluss und den In/Out-Links/Rechts-Buchsen verfügt das D1 natürlich noch über MIDI In und Out, wobei Letzteres eine einfache Thru-Buchse ist. Das D1 hat also nicht den Anspruch, selber MIDI-Signale zu generieren. Alles am D1 fühlt sich solide und wertig an. Insbesondere die Potis lassen sich nur gegen einen sehr angenehmen Widerstand drehen. So muss man keine Sorge haben, versehentlich etwas zu verstellen.

ALGORITHMEN UND SOUNDS

Da wir neun Presets direkt auf dem Gerät vorfinden, könnte man nun versucht sein, die Werkseinstellungen zu testen. Dank der völlig intuitiven Nutzeroberfläche lädt das sympathische Walross aber zum direkten Herumexperimentieren ein, und so gehen wir doch mal Schritt für Schritt durch die Algorithmen.

Dig steht für Digital und möchte dem User kristallklare Repeats für die saubere Rhythmusarbeit liefern. Das klappt auch vorzüglich, lockt aber heutzutage wohl niemanden hinter dem Pedalboard hervor. Und so landet man recht schnell beim Tweak-Poti und stellt frohen Mutes Mod, Tone und Age ein. Diese bewirken je nach Algorithmus leicht unterschiedliche Dinge.

Beim digitalen Delay fügt Mod eine sehr angenehme Pitch-Modulation hinzu, während Tone einen Low-Pass-Filter darstellt. Am spannendsten ist hier Age. Denn wie klingt ein alterndes Signal in der digitalen Welt? Gar nicht mal so harmonisch. Und so wird das Signal durch einen BitCrusher gejagt um die digitale Alterung zu implizieren. Das ist schon bei der 12-Uhr-Reglerstellung alles andere als subtil und kann dann bei voll aufgedrehtem Poti zu sehr interessanten Sounds führen, für die man sonst deutlich komplexere Routings nutzen müsste. Ein cleanes Signal und stark verzerrte Repeats hört man einfach selten.

Mit Mod ist natürlich Modulation gemeint. Warum nun einen eigenen Mode dafür, wenn man doch eben dafür ein eigenes Poti hat? Weil in diesem Modus die zugefügten Pitch-Modulationen zufälliger Natur sind. Hier wird das Ergebnis also ein Stück weit unvorhersehbar und genau dadurch ziemlich spannend.

Der Lieblingsregler dürfte in diesem Modus also klar das Mod-Poti sein, mit dem man mal mehr, mal weniger Irrsinn ins Signal mischt. Während Tone hier nach wie vor ein Filter ist, hat sich die Funktion des Age-Potis weg vom BitCrusher, hin zum Overdrive gewandelt. Das passt wunderbar zu diesem Effekt und verleiht dem ganzen noch mehr analogen Charme und etwas Wärme. Womit wir auch direkt beim nächsten Setting wären …

Im Vintage Modus kann das D1 nochmal mehr die analogen Sounds aus der Schublade zaubern. Hier wird der Tone-Regler über 12 Uhr zum Highpass-Filter, sodass ohne Probleme Bilder von alten Effekten, die noch nicht von der kristallklaren Digitalwelt profitiert haben, in Erinnerung gerufen werden können. Sehr angenehm für jeden Delay-Sound der nicht im Mittelpunkt stehen soll, sondern eher dem Auffüllen des Sounds dient.

Bei Dual hört man zwei Delays. Hier ist das Setting der Subdivision besonders wichtig, da nun ja mehr als eine Delay-Linie gesteuert wird. Die Werte sind festgesetzt auf die Kombinationen aus 1/4 und 1/4 Triole, 1/8 und 1/4 Triole, beziehungsweise 1/4 und punktierter 1/8. Alles also sinnvolle Kombinationen, die wohl die allermeisten Anwendungsgebiete der Dual Delays abdecken dürften. Hier zeigt sich auch die Rechenleistung, die im D1 stecken muss, denn selbst bei doppelter Belastung klingen die Repeats noch absolut super.

Bei Reverse handelt es sich natürlich um den wohlbekannten Delay-Effekt, bei dem die Repeats rückwärts wiedergegeben werden. Ich hab doch letztens erst noch ‚Give it away‘ von den Chili Peppers gehört … Dazu passt wiederum wunderbar das Age-Poti, welches hier erneut seinen warmen Overdrive beisteuert.

Egal was man mit dem D1 anstellen will, es ist für die allermeisten Delay-Lebenslagen bestens ausgestattet und erlaubt einem eine großzügige Kontrolle des Sounds. Ein Highlight ist hierbei der Attack-Regler. Dreht man ihn ganz zu, so kommt das Attack der Repeats unmittelbar durch. So wie man das eben von den allermeisten Delays kennt. Tatsächlich ist das ja aber manchmal etwas zu viel des Guten, beziehungsweise einfach zu „hart“.

Je weiter man das Poti also aufdreht, desto mehr des Attacks wird verschluckt – es entsteht ein zusehends weicherer und indirekterer Sound, der dann in einem völlig diffusen Soundscape endet. Man liest es schon raus: Gerade für Ambient-Sounds ist das perfekt. Aber auch alle anderen Stile dürften davon profitieren wenn die Repeats nicht immer den vollen Punch haben, sondern sich durchaus mal etwas zurückhalten dürfen. Wenn man diesen Regler einmal unter den Fingern hatte, wünscht man ihn sich bei allen Delays.

Das D1 funktioniert, nicht zuletzt durch diese Funktion, nicht nur im Effektloop, sondern auch vor einem Amp gut. Insbesondere auch dann, wenn dieser schon zerrt. Schön den Vintage-Modus eingestellt und ab damit vor meinen Fender Champ.

Und wer sich jetzt fragt, wie es mit der Selbstoszillation aussieht, weil er Angst um seine Speaker hat: Ja, geht auch. Allerdings nicht so übertrieben wie bei anderen Firmen. Walrus Audio hat es hier geschafft, genau den Punkt zu treffen, an dem sich die Repeats endlos wiederholen, aber nicht zu sehr aufschaukeln und immer lauter werden. Man kann also das Poti ruhig mal voll aufdrehen.

Walrus D1(Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN?

Bei digitalen Delays kann man heutzutage natürlich aus einer großen Palette wählen. Und obwohl das D1 wirklich ein wunderbarer Vertreter seiner Zunft ist, so hat es doch bedeutende Konkurrenz. Wer auf Presets und MIDI verzichten kann, der findet mit dem ARP87 auch aus dem Hause Walrus einen Konkurrenten, der dazu mit knapp € 210 deutlich günstiger zu haben ist.

Natürlich kann man digitale Delays heutzutage auch ohne jegliche Probleme für unter € 100 kaufen, also gehen wir mal davon aus, dass es vom Funktionsumfang her schon etwas komplexer werden darf. Die Mooer Ocean Machine für knapp € 200 wirft mit Features nur so um sich, ist aber klanglich nicht ganz auf Augenhöhe (klar, bei der Preisdifferenz).

Das EHX Grand Canyon kann mit seinen vielen Effekten eine Menge Spaß machen, lässt aber die MIDI Anbindung vermissen. Wer also MIDI braucht und eine noch umfangreichere Effektauswahl für weniger Geld möchte, könnte mal auf das Bias Delay Pro von Positive Grid für rund € 250 schielen.

Für über € 300 hat man dann gleich noch mehr Möglichkeiten und darf beispielsweise das Boss DD-500, das Seymour Duncan Andromeda, das Source Audio Nemesis Delay oder das Meris Polymoon testen. Alles sehr harte Konkurrenz. Und wenn man dann vielleicht ohnehin noch ein paar Effekte mehr braucht, kann man fast schon über ein Line6 HX Effects nachdenken – aber das führt jetzt zu weit.

RESÜMEE

Der Delay-Markt ist hart umkämpft und man muss schon das ein oder andere Alleinstellungsmerkmal mitbringen, um hier zu bestehen. Dies tut Walrus Audio in meinen Ohren einerseits natürlich durch den Sound – denn der ist ohne Fehl und Tadel – andererseits aber auch durch die intuitive Bedienbarkeit. Hier muss man sich keine Sekundärfunktionen merken, es gibt keine Displays, keine Menüs …

Man stellt einfach den gewünschten Sound ein und legt los. Und wenn man dann das Delay für den nächsten Song braucht, speichert man einfach schnell alles als Presets. Davon passen ohne weitere Peripherie sogar neun auf das Gerät. Und wenn es dann doch noch mehr werden sollen, bietet sich die MIDI-Verbindung an. Mittels dieser lässt sich das D1 auch wunderbar fernsteuern und so in komplexere Systeme integrieren, oder vielleicht sogar schlichtweg ins Rack stecken.

Wenn es um Sounds und Funktionalitäten geht, so hat sich Walrus Audio hier ein schwieriges Preissegment ausgesucht. Ist man aber auf der Suche nach diesem Funktionsumfang, gepaart mit der tollen Bedienung, so wird man tatsächlich nicht allzu viele Alternativen finden. Ein kluger Schachzug! Man darf gespannt sein, was die neu geschaffene Mako-Serie noch alles hervorbringt.

Walrus D1

PLUS

● intuitive Bedienung
● Sounds
● Vielseitigkeit
● Attack-Regler

MINUS

● LED für Preset-Anzeige nicht optimal

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren