Viva la Revol(t)ution

Test: Two notes ReVolt Bass

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(Bild: Dieter Stork)

Das „Amp in a box“-Prinzip erfreut sich stetig steigender Beliebtheit. Und das aus gutem Grund. Auf dem Papier erfüllt die neueste Umsetzung aus dem Hause Two notes alle Kriterien, um als nahezu perfekt bezeichnet werden zu können. Schauen wir einmal genauer hin …

ReVolt, so nennt sich die neue Produktserie des französischen Herstellers Two notes. Der Name dürfte wohl eine Kombination aus Revolte und Volt sein. Zumindest Letzteres lässt sich schnell erklären: Herzstück des Preamps ist eine mit 200 Volt „Hoch“- Spannung betriebene 12AX7, also keine unterversorgte Alibi-Röhre. Sehr gut. Und zumindest auf dem Papier bringt das Gerät zahlreiche Qualitäten mit, sodass man ihm ein gewisses Maß an revolutionärem Potential nicht absprechen kann.

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Im Geiste sind die zwei Geräte der ReVolt-Serie wohl Nachfolger der Le-Preamp-Serie, einer 2,5-kanaligen Gerätefamilie, die mit tollen Features daherkam, aber zumindest in meiner Wahrnehmung nie so richtig auf den Pedalboards der Welt Fuß fassen konnte. Dabei ist wenigstens der Le-Bass-Preamp ein wirklich tolles Stück Equipment. Bekannter ist Two notes wahrscheinlich eher durch seine hochwertigen Lösungen zum Thema Loadbox und Cab-Sim. Aber schauen wir mal, was der ReVolt Bass überhaupt so mitbringt.

ALLES AN BORD

Grundsätzlich handelt es sich hier um einen Röhren-Preamp mit drei verschiedenen Kanälen, die über Fußschalter aktiviert werden. Wirklich interessant ist aber vor allem das Gesamtpaket. Zur weiteren Ausstattung gehören nämlich noch diverse Ein- und Ausgänge. Zunächst wäre da ein symmetrischer DI-Out zu nennen, der auch im Bypass-Betrieb einen hohen Pegel liefert und so auch zum direkten Ansteuern einer Endstufe geeignet ist. Soll das DI-Signal direkt ans Pult geschickt und/oder der integrierte Kopfhörerausgang verwendet werden, kann eine analoge Cab-Sim hinzugeschaltet werden. Hierdurch soll ein natürlicheres Spielgefühl eintreten, und selbstverständlich werden verzerrte Sounds so deutlich entschärft.

Zum Üben im Kämmerlein, im Hotelzimmer oder im Park bietet das Pedal auch direkt einen Aux-Input für MP3-Player oder Ähnliches. Sollte jemand tatsächlich im Park damit üben wollen, sollte allerdings an eine ausreichend dimensionierte Powerbank gedacht werden. Denn mit ca. 500mA an 12V zieht die schwarze Kiste 6W aus dem Netzteil!

Übrigens: Two notes bietet einen kostenlosen Upgrade-Service für einen lauteren Kopfhörerausgang an, inklusive Versand in beide Richtungen. Ich hatte damit zwar keine Probleme, habe aber in Foren durchaus von der einen oder anderen Beschwerde gelesen. Sehr feiner Zug von Two notes und keine Selbstverständlichkeit! Dass der Schalter für die Cab-Sim sowie die Aux- und Kopfhöreranschlüsse frontseitig angebracht sind, gefällt mir sehr gut und ergibt Sinn. Man will zum Üben ja nicht immer alles umdrehen müssen.

Zusätzlich befindet sich hier auch noch ein zweiter Schalter, über den der Preamp für die Nutzung mit der 4-Kabel-Methode vorbereitet werden kann. Das Feature kennt man wohl vor allem aus der Gitarren-Welt, ergibt aber je nach Amp auch am Bass Sinn: Hierbei wird ein Verstärker über seinen FX-Loop so mit dem ReVolt verkabelt, dass das Pedal den Sound im Bypass nicht verändert. Aktiviert man nun einen der drei Kanäle des ReVolt, wird der Preamp des verwendeten Verstärkers komplett umgangen und das ReVolt schickt sein Signal direkt in den FX-Return des Amps. So lässt sich recht unkompliziert ein echtes 4-Kanal-Setup erstellen.

Zuletzt finden sich auf der Rückseite noch zwei kleine Klinkenbuchsen, die der Integration in ein Midi-Setup dienen. Midi ist längst keine exotische Zauberei für Keyboard-Nerds mehr. Immer mehr Pedalboard-Switcher, Verstärker, Multi-FX-Geräte, Preamps und Effektpedale unterstützen den Standard. Hierdurch lassen sich einige Funktionen des ReVolt fernsteuern und im Rahmen einer Live-Show automatisieren. Das Verändern von Regler-Settings gehört zwar leider nicht dazu, aber zumindest die drei Kanäle sowie der FX-Loop lassen sich per Midi umschalten. Über das Drücken des „Clean“-Tasters während das Pedal hochfährt, gelangt man ins Einstellungsmenü, über welches die Standard-Midi-Befehle überschrieben oder der Default-Zustand des FX-Loops pro Kanal eingestellt werden können.

(Bild: Dieter Stork)

SOLIDER START

Das klingt so weit doch alles schon richtig gut. Doch was können die drei Kanäle eigentlich? Laut Hersteller sind sie von verschiedenen ikonischen Verstärkern inspiriert worden. Als Pate des Clean-Kanals soll ein 76er SVT gestanden haben. Richtiges Ampeg-Feeling vermittelt der ReVolt zwar nicht, das macht aber gar nichts. Von glasklar bis zu wollig warm deckt der Kanal ein ausreichend breites Spektrum ab. Vor allem aber zeichnet den Kanal eine wunderbare Fülle und Gelassenheit aus. Selbst einen aufgerissenen Gain-Regler quittiert der ReVolt lediglich mit einer schmeichelhaften Portion Sättigung, angenehmer Kompression und mehr Präsenz im Hochtonbereich.

Gerade bei hohem Gain liefert die Kiste wirklich eine ordentliche Portion Höhen, der recht beherzte Zugriff des Treble-Reglers ist also ein willkommenes Extra. Dreht man sowohl die Bässe als auch die Höhen komplett rein, kann dem Kanal sogar ein authentisch rockiger Overdrive entlockt werden, das erfordert dann aber zumindest in meinen Ohren wieder eine EQ-Anpassung hinter dem Pedal. Die große Stärke sehe ich in den cleanen bis gesättigt-fetten Sounds.

Kanal Nummer 2 trägt die Bezeichnung „Dirt“ und holt seine Inspiration von einem Marshall 1992 JMP Super Bass Mark II, inklusive Pikass auf der Frontplatte der Produktseite. Diese Hommage an Lemmy schlägt sich direkt im Sound nieder: Clean kann der Kanal nur auf den allersten paar Grad des Drehweges. Umso mehr Spielraum gibt es im verzerrten Bereich. Von crunchy bis zu übertriebenen „larger than life“-Sounds geht hier viel.

Der Grundsound ist dabei recht mittig ausgelegt und die Zerrcharakteristik zwar noch nicht wirklich feinkörnig, aber deutlich sägender als der überfahrene Clean-Kanal. Die Bässe werden hier etwas ausgedünnt, weshalb der Bassregler während meiner Testphase eigentlich immer irgendwo zwischen 12 Uhr und Vollausschlag stand. Naturgemäß treten natürlich auch die Höhen stärker in den Vordergrund, was entweder über den EQ kompensiert werden kann oder über die schaltbare Cab-Sim, die allerdings nicht am Klinkenausgang anliegt und leider auch etwas hinter meinen Erwartungen bleibt.

(Bild: Dieter Stork)

CAB SIM

Beworben wird die analoge Cab-Sim des ReVolt mit „inspired by SVT-810E“. Eine analoge Cab-Sim gut umzusetzen, ist gar nicht so einfach, muss doch das komplexe Verhalten einer Bassbox mit einer Vielzahl analoger Filterstufen nachgebaut werden. Origin Effects haben letztes Jahr sehr eindrucksvoll gezeigt, was hier möglich ist (siehe Ausgabe 05/22). Zufälligerweise soll auch bei Origin eine SVT810 nachgebildet werden, ein Vergleich bietet sich daher an und recht hoch waren meine Erwartungen an das ReVolt.

Beim Test hatte ich jedoch den Eindruck, dass sich mit Umlegen des Schalters lediglich die Höhenwiedergabe verändert und tatsächlich ist auch genau das der Fall. Es handelt sich scheinbar um einen normalen Tiefpassfilter. Wirklich authentisches Boxen-Feeling kommt hier nicht auf. Interessehalber habe ich das Gerät mal durchgemessen und verglichen. Der Vergleich (siehe Diagramm) zeigt die Frequenzgänge der Cab-Sim des ReVolt, des Origin Effects Bassrig Super Vintage sowie zweier hochwertiger IRs einer echten SVT-810. Immerhin: Beim Erwerb eines ReVolt Bass erhält man Lizenzen für eine gute Auswahl an digitalen Cab-Sims des Two-notes-Ökosystems, bestehend aus dem Wall-of-Sound-Plug-in und den Captor-X- sowie Cab-M-Geräten. Zumindest für Recording-Zwecke ist das ein guter Ausgleich.

Die Frequenzkurve der ReVolt-Cab-Sim (rot) im Vergleich mit Origin FX BassRIG Super Vintage und zwei Ampeg 8x10 IRs.
Die Frequenzkurve der ReVolt-Cab-Sim (rot) im Vergleich mit Origin FX BassRIG Super Vintage und zwei Ampeg 8×10 IRs.

GRATWANDERUNG

Aber zurück zum mit „Drive“ beschrifteten Kanal 3. Hierbei soll es sich um einen flexiblen, modernen Zerrkanal handeln. Nachdem Kanal 2 eher in die Vintage-Richtung geht, kommt Nummer 3 umso brachialer rüber. Die Zerrstruktur ist deutlich aggressiver und der Grundsound weniger mittig. Bei hartem Anschlag geht das Attack fast vollständig im Teppich der Obertöne unter, für artikulierte High-Gain-Sounds muss also der optisch herausstechende Clean-Blend bemüht werden.

In der Praxis funktioniert das soweit auch wie erwartet, allerdings wird wirklich das nackte Eingangssignal hinzugemischt, ohne dabei den Clean-Kanal oder EQ zu durchlaufen. Bei sehr verschiedenen Sounds kann das Gesamtbild so etwas inhomogen wirken. Während meines Tests hatte ich teilweise Schwierigkeiten, die beiden Zerrkanäle so aufeinander abzustimmen, dass sie beide direkt nutzbar sind. Da sich beide Kanäle den EQ teilen, jedoch zwar gut klingende aber recht unterschiedliche Grundsounds haben, gestaltet sich das Abstimmen des EQs als gar nicht so leicht. Gelingt der Spagat oder verzichtet man auf den zweiten Kanal, liefert der dritte Kanal jedoch ein fettes, modernes Brett mit eigenem Charme.

RESÜMEE

Insgesamt hinterlässt der ReVolt bei mir einen gemischten Eindruck. Einerseits finde ich den Clean-Kanal sehr gelungen, andererseits gestaltet sich die Abstimmung der Drive-Kanäle teilweise als Drahtseilakt. Der insgesamt gute Funktionsumfang wird von einer hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibenden Cab-Sim geschmälert. Spielt das Thema integrierte Cab-Sim aber keine große Rolle bei der Kaufentscheidung, reiht sich der ReVolt Bass gut im Segment hochwertiger Vorverstärker ein.

PLUS

● ausgezeichneter Clean-Kanal
● Funktionsumfang
● Verarbeitung
● Lizenzen für digitale Cab-Sim enthalten
● Service des Herstellers

MINUS

● Qualität der integrierten Cab-Sim
● Zerrkanäle teilen sich EQ

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

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