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Test: Tone City Mad Stone Fuzz, Model M Distortion & Flexo Drive

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(Bild: Dieter Stork)

Muss gut auch gleich teuer sein? Kann man sich ein Boutique-Pedal leisten, das einen eindrucksvollen Sound liefert, ohne sich dafür zu verschulden? Tone City haben sich genau dies zum Ziel gemacht und liefern einen beeindruckenden Klang zu einem noch beeindruckenderen Preis.

Tone City möchte kompakte und simpel zu bedienende Effektpedale mit hoher Verarbeitungsqualität für wenig Geld bauen. Bei einer Preisgestaltung, die sich deutlich unterhalb der magischen 100-Euro-Grenze abspielt, ist klar, dass so etwas nicht in heimischen Gefilden gefertigt werden kann. Tone-City-Pedale werden vollständig in China designt und hergestellt, was natürlich nicht bedeutet, dass man hier gegenüber deutlich teureren Pedalen zwangsläufig Abstriche machen muss. Zum Test liegen uns nun das Flexo Drive, das Model M Distortion und das Mad Stone Fuzz vor.

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EINE TÜTE BUNTES

Betrachtet man das farbenfrohe Portfolio des Herstellers, fühlt man sich unweigerlich an eine Dose Smarties erinnert. Auch unsere drei Testkandidaten machen da keine Ausnahme. Die robusten Gehäuse der Pedale sind in Orange (Flexo Drive), einem satten Gelb (Model M) sowie einem schönen Steingrau (Mad Stone) pulverbeschichtet und machen optisch einen durchweg hochwertigen Eindruck.

Obwohl Tone City vor allem durch ihre extrem kompakten Pedale bekannt wurden, handelt es sich hier um ein etwas größeres Format (in etwa vergleichbar mit einem MXR-10- Band-EQ), das trotzdem nicht übermäßig raumgreifend ist. Das am simpelsten aufgebaute Gerät ist das Mad Stone. Hier finden wir lediglich drei Potis (Volume, Tone, Fuzz), einen Mini-Switch für Fat/Bright, sowie zwei Fußschalter. Während es sich beim rechten Schalter um den obligatorischen Bypass handelt, trägt der linke die mysteriöse Beschriftung „Crazy“. Hier verbirgt sich eine Art Octaver-Mode, der dem Signal eine hohe Oktave beimischt.

Nummer zwei in unserer Testreihe ist das Model M, welches sicher das bekannteste unter den drei Kandidaten ist. Klanglich soll es hier vor allem um die Distortion-Sounds eines voll aufgerissenen Marshall-Stacks gehen. Neben dem Volume- und dem Tone-Regler finden sich zwei verschiedene Gain-Potis (Crunch und High-Gain), zwischen denen man mit einem Mini-Schalter wählen kann. Zusätzlich zu diesen beiden Zerrstufen gibt es einen separaten Booster, den man dank des zweiten Fußschalters unabhängig aktivieren kann.

Das Innenleben des Model M (Bild: Dieter Stork)

Kommt zu guter Letzt noch das Flexo Drive, das in seinem Layout dem Model M recht ähnlich ist. Der Overdrive-Schaltkreis weist neben drei üblichen Verdächtigen (Drive, Tone, Volume) einen Mini-Schalter auf, der drei unterschiedliche Modi (Vintage, Open, Wide) bereitstellt. Dazu gesellt sich ein schaltbarer Booster, der mit einem weiteren Mini-Switch ausgestattet ist. Hier lässt sich festlegen, ob die Boost-Stufe vor oder nach dem Overdrive greifen soll.

ZERRT!

Um die Geräte mit Strom zu versorgen, habe ich das ebenfalls zum Test vorliegende Pedal-Substation-1-Netzteil benutzt, das einen sehr soliden Eindruck macht. Als erstes darf das Mad Stone zeigen, was es zu bieten hat. Mit allen drei Reglern auf zwölf Uhr wird bereits im Fat-Mode klar, dass wir es hier nicht gerade mit einem freundlichen Vintage-Fuzz zu tun haben. Der Ton ist ungemein fett und weist eine dreckige Gain-Struktur auf, die die Herzen der Stoner- und Doom-Fans im Sturm erobern dürfte. Der Tone-Regler deckt eine schöne Bandbreite ab, sodass sich der Sound gut an den Verstärker anpassen lässt.

Im Bright-Mode wird der Ton deutlich bissiger und aggressiver, ohne jedoch etwas von dem gewaltigen Bassfundament einzubüßen. Dreht man hier das Tone-Poti weit auf, erhält man einen Fuzz-Sound, der besonders für Stoner-Metal-Riffs eine fantastische Figur macht. Für Lead-Passagen ist die zuschaltbare hohe Oktave eine durchaus interessante Option – das hat einen schönen Vintage-Flair, der ein wenig an die alten Hendrix-Octavio-Sounds der Band-of-Gypsys-Ära erinnert.

Als Nächstes darf das Model M in den Ring steigen. Auch hier starte ich mit allen Potis in der Mittelstellung. Schon ohne den zusätzlichen Booster und im Crunch-Mode wird deutlich, dass hier ein richtiges Distortion-Pedal vorliegt. Der Ton ist gesättigt und von sägendem Charakter, der tatsächlich in die Richtung eines stark gemoddeten JCM800-Verstärkers geht. Die aggressiven Mitten und der ziemlich straffe Bassgehalt sorgen für ein entsprechend aufgeräumtes Klangbild, das auch in den tiefen Registern absolut zu überzeugen weiß.

Im High-Gain-Mode wird der Sound noch einmal deutlich komprimierter und verzerrter, was vor allem für Lead-Sounds eine hervorragende Option darstellt. Schaltet man nun noch den Booster dazu, legt das Model-M-Pedal sogar noch eine Schippe drauf. Hier sind wir im High-Gain-Bereich angekommen. Die Verzerrung ist so stark, dass ein gewisser Nebengeräuschpegel einfach nicht mehr zu vermeiden ist. Interessant ist jedoch die Kombination des Boosters und der Crunch-Zerrstufe. Auch hier erhält man einen schönen High-Gain-Sound, der jedoch etwas weniger rauscht und eine gewisse Dynamik in den Bässen behält.

Richtig gut hat mir der Klang des Model M auch mit tiefen Tunings gefallen. Selbst ein A auf meiner Baritone-Gitarre war für das Pedal kein Problem. Allerdings empfiehlt es sich hier, das Gain-Poti eher moderat einzustellen und sich langsam an den gewünschten Sättigungsgrad heranzutasten. Erstaunlich ist auch, wie Amp-like das Model-M tatsächlich klingt. Das Zerrverhalten eines schwer arbeitenden JCM800 mit entsprechenden High-Gain-Mods wurde hier schön getroffen, sodass das Prädikat „Amp in a Box“ hier durchaus angebracht ist.

Weniger bissig und deutlich weicher klingt dagegen das Flexo Drive, das, wie der Name bereits vermuten lässt, auf maximale Vielseitigkeit abzielt. Es deckt eine große Bandbreite an Verzerrungsgraden ab, vom leichten Crunch bis hin zur gesättigten Vollzerre. Richtig spannend wird das Pedal durch den Mod-Switch. Hier stehen drei Modi zur Verfügung, die den Ton erheblich beeinflussen:

„Vintage“ weist eine eher weiche Gain-Struktur auf, die vor allem in den Höhen sehr angenehm klingt und auf den Diskantsaiten für ein süßliches Singen der Obertöne sorgt. „Wide“ dagegen ist in den Höhen deutlich offener und wirkt in den Bässen dafür ein wenig komprimierter, was vor allem den tiefen Saiten sehr zu Gute kommt.

„Open“ ist das mit Abstand lauteste Preset und klingt in den Mitten vergleichsweise am aggressivsten. Wer das Pedal mit einer tiefer gestimmten Gitarre benutzen will, sollte hier glücklich werden. Ein weiteres Kern-Feature ist der fußschaltbare Booster. Je nachdem, in welcher Reihenfolge die beiden Einheiten geschaltet sind, können die klanglichen Ergebnisse durchaus unterschiedlich sein. Während das Signal mit dem Booster hinter dem Overdrive in erster Linie lauter wird, verändert sich der Klangcharakter des Pedals bei umgekehrter Reihenfolge insofern, als dass der Ton noch ein wenig komprimierter wird, was besonders für Solo-Sounds eine schöne Option darstellt.

Tone-City-Netzteil Substation 1 (Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Kaum eine Kategorie von Effektgeräten ist so umkämpft, wie die der Verzerrer. Die Alternativen sind daher kaum zu überblicken, weshalb ich mich hier auf Pedale beschränke, die preislich in etwa vergleichbar sind. Für das Mad-Stone-Fuzz wäre möglicherweise das das EHX Green Russian eine Alternative, wenngleich das Pedal klanglich in eine etwas andere Richtung geht. Trotzdem bekommt man hier ein fett und dreckig klingendes Fuzz, zu einem günstigen Preis.

Beim Model M würde mir zunächst das MXR Prime Distortion einfallen, welches klanglich vergleichbar ist, aber deutlich weniger Ausstattung bietet. Alternativ zum Flexo Drive könnte man entweder das Joyo R-05 Zip Maximum Overdrive oder das Danelectro Billionaire Cash Cow (deutlich weniger Ausstattung) in Betracht ziehen. Beide Pedale liefern einen ähnlich flexiblen Overdrive-Sound, zu einem sehr günstigen Preis.

RESÜMEE

Nein, Pedale müssen nicht ein Vermögen kosten, um einen guten Sound zu liefern. Das beweisen die Treter von Tone City auf eindrucksvolle Art und Weise. Hier bekommt man einfach eine gewaltige Menge Ton für einen vergleichsweise geringen Preis geboten. Sicher – der Verarbeitungsstandard dieser Geräte ist nicht mit den liebevollen Arbeiten des ein oder anderen Boutique-Herstellers im deutlich höherpreisigen Segment zu vergleichen. Dennoch bleibt festzustellen, dass es hier handwerklich nichts zu meckern gibt und alle drei Pedale einen sehr soliden Eindruck hinterlassen. Wer also auf der Suche nach einem guten Verzerrer für einen wirklich schmalen Preis ist, sollte hier unbedingt den Test wagen.

PLUS

● Klangcharakter
● Vielseitigkeit
● sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
● OD-Mode-Switch (Flexo Drive)
● Amp-Sounds (Model M)

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2020)

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