Gipfelstürmer

Test: Suhr Modern Plus

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Suhr Modern Plus(Bild: Dieter Stork)

John Suhr gehört zu der kleinen Elite amerikanischer Gitarren-Designer, die über die Jahre immer wieder mit innovativen und praxisgerecht nach vorn gedachten Produkten zu erfreuen wussten. Da wundert uns nicht, dass große Spieler wie Michael Landau, Guthrie Govan oder Scott Henderson mit Suhr assoziiert werden.

John Suhr steht wie kaum ein anderer für modernes Gitarren-Design und diese Position als Meisterbauer hat er schon seit den 80er-Jahren inne. Damals fing er damit an, in New York Gitarren für Rudy Pensa zu bauen, die als Pensa-Suhr Guitars schnell Furore machten und in den berufenen Händen von Mark Knopfler, Eric Clapton, Peter Frampton, Bill Connors, Steve Stevens, Chuck Loeb und vielen anderen landeten.

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Mit ähnlicher Obsession stürzte sich unser Mann dann in den 90er-Jahren zusammen mit Bob Bradshaw auf die Entwickelung von Röhrenverstärkern, überdies akzeptierte er zwischenzeitlich einen Job als Senior Master Builder im Fender Custom Shop. 1997 konnte er dann den Traum von der eigenen Firma im kalifornischen Lake Elsinore wahr werden lassen, in die mittlerweile auch sein Sohn Kevin eingetreten ist.

Suhr Modern Plus
Der Pickup-Mix mit Push/Push-Coilsplit gewährt flexible Klangauslegung. (Bild: Dieter Stork)

präzise definition

Das Suhr-Modern-Plus-Modell ist eines jener hochentwickelten Double-Cutaway-Designs, für das Leo Fenders Stratocaster lediglich noch als inspirierender Ausgangspunkt betrachtet werden kann. Die zeitgerecht fortgeschriebene Konstruktion mit ihren schlank vorspringenden Korpushörnern, der pointiert gestalteten Kopfplatte auf einem 24-Bund-Hals und einer kraftvoll flexibel ausgelegten Elektrik lässt den Evergreen tatsächlich ganz schön alt aussehen.

Details: Auf einen zweiteiligen Body aus Basswood (Linde) wurde ein „bookmatched“ gefügtes Curly Maple Top von 5 mm Stärke und attraktiver Maserung gesetzt. Auf eine Armauflage muss deshalb nicht verzichtet werden, denn die an ihren Rändern naturfarben belassene Decke wurde der Korpuskontur im entsprechenden Bereich angepasst. Besten Komfort verspricht auch die großzügig geschnittene Anlagebucht am Boden, das tief ausgeschnittene untere Cutaway und der weich gestaltete Bereich der Halsaufnahme.

Suhr Modern Plus
Ungemein griffiger Hals mit Bundierung aus Edelstahl (Bild: Dieter Stork)

Der satinierte Hals aus Ahorn mit bestens austariertem „Modern Elliptical“-Profil bekam ein Griffbrett aus Pau Ferro mit 10″-14″ Compound-Radius aufgesetzt, das 24 in Perfektion verarbeitete Stainless-Steel-Bünde im Jumboformat und Clay-Dots an den gewohnten Stellen beherbergt. Er ist mit vier versenkt angebrachten Schrauben fest und absolut spielfrei im Korpus verankert.

Die zugespitzt gestaltete, auf der Frontseite glänzend schwarz lackierte Kopfplatte wurde mit Suhr-Locking-Mechaniken ausgestattet. Dank Höhenstaffelung der Wickelzylinder werden die hohen Saiten auch ohne Stringtree mit ausreichendem Andruck auf den präzise eingerichteten White-Tusq-Sattel gebracht.

Am Korpus sind die Saiten in das bewährte Gotoh-510-Zweipunkt-Vibratosystem mit Einsteckarm, soliden Sätteln und Stahlblock eingehängt. Die Madenschrauben sind dabei gratfrei (!) an das Höhenniveau der Sättel angepasst, was komfortable verletzungsfreie Handballenanstützung garantiert.

Die Elektrik umfasst folgende hauseigene Pickups: SSV Zebra-Humbucker in Halsposition, ML-Standard-Singlecoil in der Mitte und SSH-Plus Zebra-Humbucker am Steg – allesamt arbeiten die mit Alnico-5-Magneten. Ein Fünfweg-Blade-Switch schaltet die Tonabnehmer, was die Hauptfunktionen 1, 3 und 5 angeht, in konventioneller Weise allein; in der Zwischenposition 2 ist der Mittel-PU mit der halsseitigen Spule des HB kombiniert, in der Schaltposition 4 der Mittel-PU mit der inneren Spule des Steg-PUs. Die generell arbeitenden Volume- und Tone-Regler sind bestens positioniert; Letzterer ist überdies mit Push/Push-Funktion zum Split beider Humbucker ausgelegt – die dem Hals zugewandte Spule bleibt stets aktiv.

Die Decke der Gitarre ist in der tollen Farbe Desert-Gradient, Boden und Zargen sind in Perfektion schwarz hochglänzend lackiert. Alle Arbeiten zeigen Widmung für das Detail und erfüllen höchste Ansprüche an Qualität und Ästhetik. Geliefert wird die Gitarre in einem Deluxe-Gigbag.

Suhr Modern Plus
Funktionsstarkes Gotoh 510-Vibrato mit gratfreier Oberfläche (Bild: Dieter Stork)

offensive umsetzung

Keine Frage, in der Suhr Modern Plus finden wir viele jener Anforderungen an eine moderne E-Gitarre erfüllt, welche sich virtuos ausgerichtete Spieler in Sachen Handhabung, Tonumfang, Spielkomfort und flexibler elektrischer Klangumsetzung nur wünschen können. In all diesen Aspekten erweist sich das Instrument als konzeptionell erschöpfend durchdacht und kenntnisreich umgesetzt.

Das beginnt mit dem bestmöglich konturierten und damit perfekt anliegenden Korpus, ergänzt durch das samtige Greifgefühl des Halses mit seinen fabelhaften Spieleigenschaften, die der wunderbar austarierten „Modern Elliptical“- Formgebung und einer glänzend gemachten Stainless-Steel-Bundierung zu danken sind. Nicht zu vergessen der 24- Bund-Tonumfang mit optimaler Freistellung der hohen Lagen durch die tief geschnittenen Cutaways und den weich gestalteten Hals/Korpusübergang.

Ob auf dem Sofa oder am Gurt gespielt, die Suhr fügt sich wie selbstverständlich in jede Spielsituation mit perfekter Ausrichtung. Vom Grundklangverhalten her gehört sie zu den schwingfreudig vitalen Vertretern ihrer Gattung und zeigt auch akustisch schon große Klasse mit ausgeglichen aufgelösten, organisch gerundeten Akkorden, guter Ansprache, elegantem Tonverlauf und stattlichem Sustain. Schreiten wir nach dieser fast schon Ehrfurcht gebietenden Eröffnung also ins Reich der elektrischen Verheißungen:

Der SSV Zebra-Humbucker in der Hals-Position ist moderat ausgelegt und vermittelt bei vollstimmig angeschlagenen Akkorden den akustisch schon gehörten, bestens ausbalancierten Klangeindruck. Er tritt mit vollem, dabei samtig rundem Ton auf, der dank gezügelter, aber klar und trocken definierter Basstonentfaltung transparent durchzeichnete Akkorde in den Raum stellt, die uns durch ihren harmonischen Ausgleich in den Stimmen erfreuen.

Im Overdrive sind straffe Powerchords zu haben, schnell gespielte Linien werden plastisch griffig umgesetzt, aber bemerkenswert fest und atemreich artikulieren auch gehaltene Noten. Mit einem Push auf den Tone-Regler aktivieren wir die innere Spule des Pickups allein und die kommt dann auch noch mit einem charmant kehligen Singlecoil-Sound heraus, der durchaus mehr ist, als nur lässlicher Bonus.

Der SSH-Plus Zebra-Humbucker am Steg ist mit kraftvollem Output der Gegenspieler des Kollegen in Halsposition. Er garantiert einerseits solistische Überlegenheit, bietet aber andererseits per Push/Push gesplittet auch noch einen richtig amtlichen Singlecoil-Output. Mit Hals- (nun ebenfalls SC) und Mittel-Pickup in Reihung gehört, liegt er in der Tat deutlich vorn – sehr schön!

Allerdings weiß der Humbucker in High-Gain-Positionen seine besten Trümpfe auszuspielen, macht aber trotz hoher Wicklungszahl auch bei Clean-Einstellungen mit überschaubarer Mittendominanz und durchaus klar definierten Höhen noch eine bemerkenswert gute Figur. Dank dieser löblichen Offenheit bei angenehm kompakter Darstellung bringt die harmonische Arbeit auch unverzerrt uneingeschränkt Freude.

Suhr Modern Plus(Bild: Dieter Stork)

Aber zurück zum Zerrmodus: Mit markant akzentuiertem Anschlag steigt der Ton spontan auf und steht wie eine Eins. In Sachen Dynamik vielleicht nicht überflexibel, punktet die Gitarre in dieser Schaltposition jedoch mit unfassbarer Gleichmäßigkeit und Präzision in der Umsetzung. Gesunde Kompression macht den Ton stark, obere Mitten verbinden sich mit fest artikulierenden Höhen zu fett zupackenden Leads voller Sturm und Drang. Der Ton ist leicht reizbar, zeigt Präsenz, satte Obertonfarbe und beste Standfestigkeit. Ein Fest für die Legatotechnik, aber klar: auch fortlaufende Pickings werden perkussiv hervorgehoben umgesetzt. Das hat Schmack – I tell ya!

Der ML Standard Singlecoil in der Mitte bietet den erwartet klassischen Sound, kehlig und drahtig in bester traditioneller Manier, dient aber nicht zuletzt auch für Kombinationen mit den Einzelspulen der Humbucker. In den Zwischenpositionen liegen damit grundsätzlich crispe, tendenziell hohlwangige Klangvarianten an.

Auch wenn sich, der generell arbeitenden Regler wegen, die Tonabnehmer in Kombinationen nicht gegeneinander abstimmen lassen, sind doch reichlich variierende und gut abgestimmte Klangfarben angelegt. Auch anspruchsvolle Sound-Jäger dürften damit voll auf ihre Kosten kommen.

Bemerkenswert ist auf jeden Fall die gut gewichtete Stafflung der Tonabnehmer untereinander im Sinne eines modernen, auf differenzierte Klanggestaltung ausgerichteten Werkzeugs, dessen primäre Funktion aber die eines schlagkräftigen Solisteninstruments bleibt. Dem Lead-Pickup am Steg kommt dabei in beiden Schaltebenen, Humbucker wie Singlecoil, die Führungsrolle zu, er hat also immer die Nase vorn – gut so!

Zum Gotoh-Vibrato 510 nur noch so viel: es ist bestens eingestellt, lässt sich perfekt handhaben und erweitert mit tadelloser Funktion das Ausdruckspotential.

resümee

Welchen Gipfel man auch erstürmen will, gut gewähltes Equipment erleichtert ohne Zweifel den Aufstieg. John Suhr festigt mit der Modern Plus seine Position als Designer definitiver High-End-Gitarren. Das Versprechen auf perfekte Spieleigenschaften und flexible, hochklassige Tonwandlung erfüllt er scheinbar mit links, aber natürlich liegen alldem langjährige Erfahrungen und nicht zuletzt ein waches Interesse an der sich stetig fortschreibenden modernen Spielpraxis zugrunde.

Die Testgitarre wartet mit einem demgemäß exquisit austarierten Halsprofil implizit sauberster Bundierung aus Edelstahl auf, was unsere linke Hand dank perfekter Saitenlage begeisternd widerstandsarm bis in die höchsten Lagen fahren lässt. Fabelhafter Spielkomfort und die für solch ein Instrument unverzichtbare Artikulationserweiterung durch das bestens funktionierende Gotoh-Vibrato finden ihre Vollendung in der überaus vitalen Signalumsetzung der verbauten Suhr-Pickups und ihrer flexiblen Verschaltung. Die praxisgerecht angelegten Sounds mit dem Akzent auf Lead lassen keinen Zweifel an der berechtigten Namensgebung aufkommen: das alles ist wirklich Modern Plus – tolles Instrument!

PLUS
• Modern Plus Design
• Schwingverhalten
• leichte Ansprache
• Suhr Pickups
• Schaltung/Sound-Varianten
• Lead-Sound (Steg-PU)
• toller Hals/Tonumfang
• Spieleigenschaften
• minutiöse Verarbeitung

Suhr Modern Plus

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2019)

Produkt: Fender Stratocaster
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