Scharfer Junker

Test: Sterling by Music Man Majesty MAJ200XFM

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(Bild: Dieter Stork)

Warum zieht sich der Sternekoch nach dem Dienst am anspruchsvollen Gourmet-Gast gern mal ein profanes Mettbrötchen rein? Weil „einfach“ keineswegs schlecht sein muss! Substantielle Zutaten finden wir jedenfalls auch im Sterling-Modell der Majesty.

Eine Konstante über all die Jahre der fruchtbaren Kooperation von John Petrucci mit Music Man, ist die Verwendung von DiMarzio-Tonabnehmern. So finden wir auch in der vorliegenden Majesty von Sterling, der etwas abgespeckten Version des gleichnamigen Music-Man-Modells, ein schlagkräftiges Humbucker-Set des allseits bekannten Pickup-Drehers.

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KLEINE FORM

Die Ausführung der Sterling Majesty MAJ200XFM ist von ihrer Formgebung her dem Design des in Kalifornien gebauten Music-Man-John-Petrucci-Majesty-Modells nachempfunden, weist aber bei näherer Ansicht wesentliche Unterschiede in puncto Konstruktion, Materialzusammenstellung und Komponenteneinsatz auf. Und natürlich ist da auch keine Piezo-Tonabnahme draufgesattelt.

Die Sterling Majesty verfügt über einen dreiteilig gefügten, im Bereich des Gurtpin leicht zugespitzt gestalteten Mahagoni-Korpus mit einem attraktiven Figured Maple Top – schön gemacht, aber natürlich ein Furnier und keine klangformende Massivholzdecke. Elegant gelöst ist die Konturgebung des Majesty-Bodys mit großzügiger Armauflage und weich gestalteter Bauchanlage. Der untere Ausschnitt der tief gesetzten Cutaways reicht bis an den 24. Bund.

Weich gestalteter Hals/Korpus-Übergang (Bild: Dieter Stork)

Anstelle des durchgehenden Halses beim kalifornischen Modell tritt die Sterling Majesty mit einem eingeleimtem Hals aus Mahagoni (dreiteilig) an. Der rundlich gestaltete Übergang am Korpusrücken zeigt eine identisch weiche Abgleichung. Im Griffbrett aus Ebenholz von 16″ Radius mit bestens verrundeten Außenkanten finden 24 sauber verarbeitete Bünde aus Edelstahl im Medium-Jumbo-Format Platz; wappenförmige Custom-JP-Inlays kennzeichnen die Lagen. Der über eine kleine Volute im Winkel herausgeführte kleine Kopf firmentypischen Zuschnitts ist mit Locking-Mechniken in 4+2-Anordnung ausgestattet und trägt den Petrucci-Schriftzug. Mit geradem Zug laufen die Saiten über den Sattel aus Kunststoff in 64,8 cm Mensurlänge hinüber zur Modern Tremolo Bridge. Das Zweipunktsystem mit Einsteckarm arbeitet im Messerkantenprinzip und verfügt über justierbare Einzelsättel.

Gut funktionierendes Modern Tremolo (Bild: Dieter Stork)

Bei der Elektrik entschied man sich für dasselbe hochwertige Tonabnehmer-Set, wie es auch in der John Petrucci 6 zu finden ist. Es umfasst den DiMarzio-LiquiFire-Alnico-5-Medium-Output-Pickup in der Halsposition und den DiMarzio-Crunch-Lab-Humbucking-High-Output-Pickup mit keramischer Magnet-Power am Steg. Über einen 3-Weg-Pickup-Selector lassen sich die Tonabnehmer in gewohnter Weise anwählen. Im Volume-Regler ist per „Push-Push“- Funktion zusätzlich noch eine 12dB-Signalanhebung angelegt. Ein generelles Tone-Poti steht ebenfalls zur Verfügung.

Der Blick in das mit Isolierfarbe ausgepinselte Elektrikfach zeigt eine ordentliche Verarbeitung. Am Korpusboden ist im Übrigen auch noch ein Fach mit Clip-Verschluss für die Versorgung des integrierten Gain-Boost per 9V-Blockbatterie zu finden.

Die klaglos sauber verarbeitete Gitarre wurde rundum in Majestic Purple lackiert, alternativ ist sie in der Farbe Royal Red zu haben. Erhältlich ist die Sterling Majesty auch noch in einer deutlich preiswerteren Ausführung ohne DiMarzio-Pickups. Der Version MAJ100 fehlt dann allerdings die hübsche Ahornecke und sie hat anstelle des Griffbretts aus Ebenholz mit Bundierung aus Edelstahl eines aus Palisander mit einfachen Bünden.

GROßE WIRKUNG

Das Majesty-Modell von Sterling ist prinzipiell auf härtere Gangarten ausgelegt, überzeugt aber durchaus mit klanglicher Flexibilität. Zunächst aber bietet es mit seinem 2-Oktavenhals und den tief ausgeschnittenen Cutaways mit weich gestaltetem Übergang von Hals und Korpus optimalen Griffbrettzugang bis zum letzten Bund hinauf.

Tief geschnittene Cutaways für optimalen Griffbrettzugang (Bild: Dieter Stork)

Der Hals fällt mit seinem fluffigen Profil bei 42 mm Sattelbreite anstandslos in fast jede Hand. Am Setup war beim vorgelegten Modell allerdings etwas Korrektur nötig, um die Saitenlage ins Optimum zu bringen – kein Problem aber mit dem direkten Zugriff auf den Halsstab über das Wheel am Griffbrettende – dann fühlte sich alles mit flach ausgerichtetem Saitenniveau vollkommen gut und richtig an.

Das akustische Basistonverhalten ist von einer leichten metallischen Note im Höhenbereich gekennzeichnet, kann sich aber dennoch auf einen gewissen Mittenbauch stützen. Zusammen mit dem schlank und fest artikulierenden Bass ergibt das ein nicht gerade warmes, aber fraglos stimmiges Klangbild. Akkorde sind von harmonischem Ausdruck, bieten gute stimmliche Transparenz und rollen schlüssig ab. Die Ansprache ist gut und auch das Sustain kann sich sehen lassen – das sind also durchweg achtbare Grundbedingungen. Schauen wir nun einmal, was die von John Petrucci aktuell in seinem JP6-Modell bevorzugten DiMarzio-Pickups damit anfangen können.

Starkes Pickup-Set von DiMarzio (Bild: Dieter Stork)

Der LiquiFire-Alnico5-Pickup am Hals sorgt bei klar eingestelltem Verstärker für eine recht transparente Umsetzung mit bestens gegliedertem Tonaufbau im Akkord. Er wird zwar mit mittelstarkem Output beschrieben, tritt aber durchaus kraftvoll auf. Gut eingegrenzte Bässe, warm zeichnende Mitten und der kristallklare Höhenbereich sorgen für eine offene Darstellung von Mehrklängen, volltönend und doch auch klar definiert. Im Gain-Modus sind damit neben fetten, dunklen Riffs und Powerchords sauber intonierende Linien von guter vokaler Kraft zu erzielen. Gehaltene Noten stehen fest und schwingen ebenmäßig aus – nicht von schlechten Eltern!

Wechseln wir hinüber zum Kollegen am Steg, so erweist sich der Crunch-Lab-Humbucker als etwas anders aufgestellt. Mit Präsenz und Schlagkraft, Eigenschaften die keramischen Magneten nicht ohne Grund nachgesagt werden, bietet dieser High-Output-Pickup das erwartete Brett. Der schon unverstärkt konstatierte metallische Aspekt kommt über ihn nun recht deutlich zum Tragen, er vermittelt leicht kühle, glitzernde Sounds, die ganz schön weit vorne stehen. Das kann man vielleicht als etwas zu vordergründig empfinden, ist aber doch auch aufreizend und von straff-forschem Zugriff. Die Pegelanhebung um 12 dB per Push auf den Volume-Knopf macht das alles dann nochmals deutlicher und vor allem lauter: der Ton erscheint nun stark komprimiert und drückend.

Die Qualitäten dieser Schaltstellung liegen folglich nicht so sehr in dynamischer Flexibilität, eher in Aggression und Durchsetzungskraft. Wer die Dampframme braucht, hier liegt er richtig. Der Ton entwickelt in Zerrpositionen eine enorme Wucht, reißt perkussiv auf und steht wie eine Eins. Auch an Obertönen mangelt es nicht. Mit knapp gefasstem Plektrum schießen Pinch Harmonics nur so unter den Fingern weg.

Die Sache rund macht am Ende noch das locker und stressfrei zu handhabende Modern Tremolo, das erfreulich stimmstabil funktioniert. Es bietet eine gute Spanne an Tonhöhenmodulation und selbst bei heftigem Gebrauch kehren die Saiten anstandslos in ihre Positionen zurück.

Wissenswert noch: Im Verhältnis zum kleinen Korpus ist die Anschlussbuchse für einen Gitarrenständer mit Bodenbügeln etwas unglücklich positioniert. Wenn die Gitarre nicht schräg oder mit Kabelquetschung stehen soll, ist ein Ständer mit Kopfeinhängung zu empfehlen. Kein Ding!

Resümee

Das Majesty MAJ200-Modell von Sterling by Music Man ist ein frecher Aufreißer. Im Kielwasser des kalifornischen John-Petrucci-Signature-Modells kann auch die kleinere Ausführung der Majesty viele Aspekte hinsichtlich der Spielweisen und Klangausrichtungen des virtuosen Gitarristen in sich vereinen. Das recht kleine, aber bestens proportionierte Instrument ist leicht, schmiegt sich komfortabel und mit bester Ausrichtung an seinen Spieler und bietet dank der starken DiMarzio-Pickups ein amtliches Potential an kraftvollen Sounds, die sich mit dem Push/Push-Volume-Boost auch noch effektiv aufblasen lassen.

Diese Sounds sind zwar prinzipiell auf die anvisierte Klientel der Progressive-Metal-Szene zugeschnitten, das Tonabnehmer-Set bietet jedoch eine gute Beweglichkeit und durchaus mehr als nur „Gib Kante!“-Attitüde. Kein Problem aber natürlich, mit Ihrer Majestät zünftig einen Laden aufzumachen – na gut, von mir aus auch eine Boutique in Wuppertal mit dem Papst!

Schön übrigens, dass in dieses Modell die Pickups aus der JP6, der originären Petrucci-Signature eingesetzt wurden. Das differenziert es von der großen Majesty in Sachen Ton dann sogar mit einer gewissen Eigenständigkeit. Da auch das Modern Tremolo einwandfrei funktioniert, können wir das Sterling-Majesty-MAJ200-Modell ohne Frage gerne, wenn nicht gar dringend, zum persönlichen Test empfehlen!

PLUS

  • schnittiges Design
  • Schwingverhalten
  • DiMarzio-Pickups
  • Push/Push-Volume-Boost
  • kraftvolle Sounds
  • Hals, Bundierung
  • Tonumfang, Griffbrettzugang
  • Handhabung
  • Verarbeitung

MINUS

  • Setup beim Testmodell nicht optimal

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2020)

Produkt: Gibson Guitars Special
Gibson Guitars Special
Gibson Guitars: Testberichte, Stories, Workshops im Gitarre & Bass-Special

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