Eierlegende Wollmilchsau

Test: Source Audio EQ2

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(Bild: Tom Schäfer)

Die Grenze zwischen vollwertigen digitalen Multieffekten sowie Modelern und typischen Pedalboard-Bodentretern zu ziehen, scheint zunehmend schwieriger zu werden. Digital ist doch fast alles möglich. Warum sollte ein Equalizer-Pedal also nur eine Sache können?

So oder so ähnlich mögen die Source-Audio-Entwickler in Massachusetts gedacht haben, als sie sich das hauseigene und etwas in die Jahre gekommene „Programmable EQ“-Pedal zum Facelift vorgenommen haben.

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Wie wäre es mit einem Stimmgerät? Ist drin. Was ist mit einem Noise-Gate? Ist drin. Ein Limiter, MIDI, 128 Speicherplätze, ein Anschluss für ein Expression-Pedal oder einen weiteren Taster? Auch das passt noch in das Konzept! Dazu gesellen sich gleich zwei der umfangreichsten digitalen EQs mit separaten Ein- und Ausgangsklinkenbuchsen, die der Markt derzeit hergibt. Diese können sowohl seriell benutzt werden, um sie vor und nach der Vorstufe des eigenen Verstärkers oder Pedals wirken zu lassen, als auch parallel, um zum Beispiel zwei Amps mit unterschiedlichen Equalizer-Settings gleichzeitig spielen zu können.

BEDIENELEMENTE

Ohne dass der Editor via USB-Kabel an den EQ2 angeschlossen ist, lässt sich das Pedal nur über einen einzigen gerasterten Encoder-Regler mit eingebautem Druckknopf, der Store-Taste und dem Ausgangslautstärkeregler bedienen. Leider ist genau dies auch der größte Schwachpunkt des EQ2. Hier wäre eine analog wirkende Bedienebene angenehmer gewesen.

Statt Fader auf und ab zu schieben, friemelt man sich mit dem Encoder durch Drücken und Drehen durch die zehn Frequenzbänder und wundert sich über die rudimentäre grafische Anzeige, die über unterschiedliche Helligkeiten der Display-Punkte versucht, Anhebungen oder Absenkungen des angewählten Frequenzbandes anzudeuten, um ein visuelles Gefühl für den ausgewählten Frequenzgang zu vermitteln. Das ist ohne Hilfe durch die Software gewöhnungsbedürftig und ziemlich ungenau.

Die Auswahl der vier Presets, die ohne MIDI zugänglich sind, wird über einen langen Tritt auf den An- und Aus-Taster möglich. Der Reihe nach werden die Speicherplätze eins bis vier und danach das Stimmgerät anwählbar. Mit genügend Zeit im Live-Set ist das kein Drama, aber auf eine Zählzeit das Preset Nummer 4 anwählen, funktioniert so selbstverständlich nicht.

Ebenfalls tricky gestaltet sich die Anwahl der zusätzlichen Parameter. Das Display zeigt leider niemals ganzheitlich, welchen Parameter man da gerade editiert, sondern scrollt automatisch nach Anwahl durch die Buchstaben. Hier braucht man schon etwas Geduld, um das Noise-Gate, den Limiter oder andere Features einzustellen. Apropos Software …

SOFTWARE

Die „Neuro Desktop“- oder „Neuro Mobile“-Software steht zum freien Download auf der Hersteller-Homepage zur Verfügung und lässt sich intuitiv bedienen. In der Software wird die grafische Darstellung der Equalizer erheblich genauer genommen, als am Pedal selbst. Die MIDI-Optionen, wie auch die Controller-Input-Funktionen zur Einbindung eines zusätzlichen Tasters, oder alternativ eines Expression-Pedals, lassen sich in der Neuro-Software bedienen. Deren Einstellungen sind tatsächlich nur über die Software erreichbar.

Jeder Parameter, der am Gerät selbst nur umständlich zu editieren wäre, wird dort einfach und direkt zugänglich gemacht und auch die bis zu 128 Speicherplätze des EQ2 lassen sich einfach und übersichtlich verwalten. Die GUI ist übersichtlich programmiert und zeitgemäß. Was mir allerdings fehlt, ist eine Bluetooth-Anbindung, um vom Smartphone aus im Proberaum arbeiten zu können. Nun gut. Dann wird eben der Rechner zur Probe mitgenommen und via USB-Kabel mit dem EQ2 verbunden.

SOUND

Meine Befürchtung bei digitalen Geräten ist immer, dass der Wandler oder auch der Prozessor das schöne Instrumentensignal durch mangelnde Bauteilqualität oder die Arbeitsweise der Software entstellen oder mit unschönen Artefakten versehen könnte.

Tatsächlich muss ich dem EQ2 aber genau in dieser Disziplin die volle Punktzahl einräumen. Das Pedal klingt sowohl vor der Vorstufe als auch im seriellen Einschleifweg eines Röhrenverstärkers sehr nüchtern, transparent und dynamisch. Es stellt sich ein Spielgefühl wie bei einem Strymon-Pedal ein. Nichts stört, alles geht. Selbst an einen Trenntrafo für den zweiten Signalweg scheinen die Entwickler gedacht zu haben, denn bei der Benutzung beider Ein- und Ausgänge an einem oder zwei Amps, brummt es auffällig wenig bis gar nicht. Die Equalizer selbst klingen neutral, wie man es von typischen DAW-Plug-Ins kennt. Eine besondere „Farbe“ fügt der EQ2 dem Signal nicht bei und das ist auch gut so.

Die Vielzahl der Optionen bei den Equalizer-Bändern ist für Sound-Tüftler eine Offenbarung und auch in extremen Einstellungen bleibt der EQ2 relativ phasenlinear und nebengeräuscharm. Einzig der Limiter kann mich klanglich nicht überzeugen. Hier versucht der Hersteller einen sanften Schutz vor Übersteuerungen zu bieten und dennoch pumpt der Algorithmus ziemlich auffällig wie ein klassischer Kompressor.

Gut, dass man den Limiter auch einfach ausschalten kann und mit den eigenen Ohren entscheiden darf, ob es ungewolltes Clipping im Signalweg gibt. Hingegen das Noise-Gate verrichtet seine Arbeit unauffällig und sanft. Ein ultra-tightes Gate für modernen Metal oder Djent à la Fortin Zuul ist das allerdings nicht. Hier entscheidet demnach das Anwendungsgebiet über den Mehrwert dieses Features. Das eingebaute Stimmgerät ist genau genug für die Live-Situation und mehr als nur ein Gimmick.

(Bild: Tom Schäfer)

ALTERNATIVEN

Das Boss EQ200 ist die naheliegende Alternative zum Source Audio EQ2, sofern man etwas mehr Platz auf dem Pedalboard erübrigen kann und die Noise-Gate-, Limiter- und Stimmgerät-Funktionen nicht benötigt. Theoretisch könnte man dem Line 6 HX Stomp, mit etwas Zeit und Geduld, sicherlich ähnliche Ergebnisse entlocken, da es ähnliche Features an Bord hat, das Line-6-Gerät ist allerdings nicht so ultraklangneutral wie der Source Audio EQ2.

RESÜMEE

Prinzipiell könnte man den Source Audio EQ2 als ganz simplen 10-Band-Equalizer mit vier etwas umständlich abrufbaren Presets verstehen, ihn so nutzen und, angesichts der sonst typischen Pedalgröße eines MXR M108S oder Boss EQ200, immerhin schon mal erheblich Platz einsparen. Sofern man es bei dieser Sichtweise auf das Produkt belassen möchte, ist das Pedal sicherlich nicht wirklich preiswert und wenig interessant im Direktvergleich zu einem klassischen, grafischen Equalizer mit physischen Fadern auf der Gehäuseoberseite.

Nutzt man allerdings ein Noise-Gate oder eben auch ein Stimmgerät auf dem Pedalboard, wird der EQ2 schlagartig richtig interessant, denn auch diese Pedale könnten unter Umständen in den Ruhestand geschickt werden. Einzig und allein die umständliche Bedienung des Gerätes ohne angeschlossenen Editor ist ein Wermutstropfen. Der Klang allerdings überzeugt vollends.

PLUS

● hervorragende Equalizer
● sehr kompakt
● gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
● Noise-Gate, EQ und Stimmgerät
● umfangreiche und intuitive Software

MINUS

● umständliche Programmierung und Preset-Auswahl am Gerät selbst, kein Bluetooth
● Controller-In-Parameter nur via Neuro-Software zugänglich

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2020)

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