Analoger Alleskönner

Test: Seymour Duncan Vapor Trail Deluxe Delay

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(Bild: Dieter Stork)

Seymour Duncan hat das beliebte analoge Vapor Trail Delay ordentlich überarbeitet und mit einigen äußerst praktischen Features ausgestattet: Speicherplätze, Tap-Funktion, mehr regelbarere Parameter.

Mit dem kleinen Vapor Trail hat Seymour Duncan bereits ein beliebtes, gutklingendes Analog-Delay im Portfolio, das aber in seinen Regelmöglichkeiten nicht ganz so vielseitig ist. Mit der neuen Deluxe-Variante hat der Hersteller einige Features integriert, die heute einfach zeitgemäß, bei analogen Pedalen aber rar sind. Dabei wurde das Pedal in seinen Maßen ein wenig vergrößert (122 x 90 x 38 mm), sodass mehr Regler und ein zweiter Fußschalter genug Platz haben.

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Neben den üblichen Verdächtigen (Mix, Repeats und Time) gibt es ein Depth/Multi- sowie ein Rate-Poti, die für die Modulationseffekte zuständig sind. Zu guter Letzt legt der Mode-Drehschalter fest, ob man den Grund-Sound (hier stehen Viertel-, punktierte Achtel-, Achtel-Noten, sowie Achtel-Triolen zur Auswahl) nutzen, oder einen von vier unterschiedlichen Special-Delay-Sounds hören möchte.

Während der Bypass-Schalter beim Gedrückthalten in den Preset-Modus wechselt, kann man mit dem Tap-Switch durch die drei Speicherplätze, sowie den Manual-Mode schalten. Leider muss dafür der Bypass-Schalter gedrückt bleiben, was sich unter Umständen als etwas schwierig gestalten kann. Auch die Potiachsen aus Kunststoff trüben das Bild ein wenig – hier wäre ein etwas robustere Lösung aus Metall schöner gewesen. Darüber hinaus macht das Vapor Trail Deluxe einen sehr gut verarbeiteten Eindruck und bietet keinerlei Anlass zu meckern.

(Bild: Dieter Stork)

SOUND, SOUND, SOUND …

Klanglich weiß das Vapor Trail Deluxe schon im Grund-Modus zu begeistern: warm klingende Echos, die bei den Wiederholungen ein wenig ihre Brillanz verlieren, ohne jedoch übermäßig muffig zu klingen, lassen sich dank des Mode-Drehschalters in unterschiedlichen Betonungen abrufen. Hier hat man im Grunde schon alles, was man von einem normalen Delay erwarten kann. Nimmt man die beiden Potis für die Modulation hinzu, lassen sich bereits im Grund-Modus schräge Chorus-Sounds erzeugen, die mit einem normalen Delay nichts mehr zu tun haben, sondern eher klingen, als habe man eine Schallplatte mit einem Fön bearbeitet.

Im Micro-Delay-Mode nimmt das Pedal dann so richtig Fahrt auf: Hier haben wir es im Grunde mit einem ultra-kurzen Slap-Back-Echo zutun, (maximal 300 ms), das aber ebenso gut als vollwertiger Chorus oder als Room-Reverb benutzt werden kann (einfach das Time-Poti auf Linksanschlag und dann mit den beiden Modulations-Reglern den gewünschten Effekt einstellen).

(Bild: Dieter Stork)

Im Pitch-Sequence-Mode wird es noch wilder – hier werden die Wiederholungen durch einen Pitch Sequenzer gejagt, was klanglich eher an einen Synthesizer erinnert als an eine Gitarre. Insgesamt stehen in diesem Modus acht Sequenzen zur Verfügung, die mit dem Mode-Drehschalter ausgewählt werden können – in der sehr guten Bedienungsanleitung findet man eine Übersicht über die verschiedenen Sequenz-Patterns. Je nach eingestellter Geschwindigkeit des Delays, lassen sich in diesem Modus richtig coole Step-Sequenzer-Sounds erzeugen, die Synth-Wave-Fan-Herzen höherschlagen lassen.

Richtig gefährlich wird das Vapor Trail Deluxe im Runaway-Modus: Zunächst einmal wirkt der Sound nicht anders, als in den ersten vier Modi – der Trick liegt hier jedoch im rechten Fußschalter. Hält man diesen gedrückt, beginnt das Gerät zu oszillieren und die Wiederholungen beginnen sich zu einer Wand aus Krach aufzuschaukeln. Hier ist wirklich Vorsicht geboten: Je nach Stellung des Repeats-Potis, kann diese Lärmorgie wirklich gefährlich für die Lautsprecher werden. Hat man sich aber ein wenig an diesen Modus herangetastet, hat man so einen ziemlich coolen Effekt per Fußklick abrufbar.

Zu guter Letzt wäre da noch der Pitch-Bender-Modus. Hier ist es wieder der rechte Fußschalter, welcher der Star der Show ist: hält man den Taster gedrückt, wird das Signal – je nach Einstellung des Depth/Multi-Reglers – nach oben oder nach unten gepitched, ähnlich, wie man es beispielsweise von Digitechs Whammy-Pedal kennt. Allerdings wird auch die Delay-Geschwindigkeit angepasst, was aufgrund der analogen Signalführung gar nicht anders möglich ist. So entsteht der Eindruck, als würden die Echos sich wahlweise in Zeitlupe oder Überschallgeschwindigkeit bewegen. Das Rate-Poti bestimmt hier, wie schnell der Pitch-Vorgang vonstattengehen soll. So lassen sich einerseits langsam-zähe Dive-Bomb-Effekte erzielen, aber andererseits auch Pedal-Steel-Gitarren-ähnliches Pitchshifting, was in der Praxis ein ziemlich cooler Effekt sein kann.

Klanglich punktet das Vapor Trail Deluxe auf allen Ebenen: Egal ob konservative Analog-Delays, Chorus und/oder Room-Sounds oder wirklich abgedrehte Pitch-Delay-Klänge, all dies schüttelt das Seymour-Duncan-Pedal lässig aus dem Ärmel. Was ich ziemlich cool finde ist, dass dank der analogen Eimerketten-Technik, die Möglichkeiten zwar vielseitig aber in gewissem Maße auch begrenzt sind. So bekommt man eine enorme Bandbreite klanglicher Möglichkeiten, ohne sich im Dschungel digitaler Parameter und Sub-Ebenen der Regler zu verlaufen. Bleibt abschließend die Frage zu klären, die in keinem Delay-Pedal-Test fehlen darf: Ja, Trails sind möglich und lassen sich auf Wunsch aktivieren. Hierzu einfach den linken Fußschalter gedrückt halten und anschließend das Gerät mit der Stromquelle verbinden – schwupps klingen die Delays aus, obwohl das Pedal bereits wieder deaktiviert ist.

(Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Analoge Delays gibt es nahezu in jeder nur erdenklichen Ausführung. Ebenso verhält es sich mit Echo-Pedalen, die über Speicherplätze verfügen. Bringt man aber diese beiden Faktoren zusammen und macht sie zum grundlegenden Kriterium, wird die Luft erstaunlich dünn. Da wäre zum einen das neue Suhr Discovery Analog Delay zu nennen, das in seiner Bedienung jedoch ganz anders aufgebaut ist und einfach einen anderen Ansatz verfolgt. Außerdem wäre da noch das großartige, aber deutlich teurere Tonal Recall von Chase Bliss. Zu guter Letzt könnte man das Syncopy von Stonedeaf in Betracht ziehen, das zu einem vergleichbaren Preis zu beziehen ist.

RESÜMEE

Wer ein richtig gutes Do-It-All-Delay braucht, darf beim Seymour Duncan Vapor Trail Deluxe bedenkenlos zuschlagen – die Ausstattung des Pedals bietet eigentlich alles, was man von einem modernen Echopedal erwarten darf. Vor allem die Erweiterung um Speicherplätze und die Tap-Funktion bieten einen echten, praktischen Mehrwert gegenüber der Vorgängerversion. Auch klanglich muss sich das Vapor Trail Deluxe vor Nichts und Niemandem verstecken – egal ob nüchterne Wiederholungen, warme Analog-Delays oder abgedrehte Effekt-Sounds – hier wird im Grunde jeder Delay-Fan glücklich. Vor allem der Pitch-Sequenz-Mode bietet eine enorme Menge an Spielspaß. Bedenkt man die Entwickelung und Fertigung in den USA, ist der Preis vollkommen in Ordnung.

PLUS

  • Sound-Qualität
  • Bedienbarkeit
  • Konzept
  • Mode-Schalter
  • Speicherplätze
  • Tap-Funktion

MINUS

  • Bedienung im Preset-Modus
  • Potiachsen aus Kunststoff


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 8/2023
Gitarre & Bass 8/2023
IM TEST: Ibanez BTB 805MS +++ FGN Mighty Jazz Dark Evolution +++ EVH 5150 Iconic 15W 1X10 Combo +++ Gretsch G5420T-140 und G5622T-140 +++ Fender Nile Rodgers Hitmaker Stratocaster +++ Driftwood Purple Nightmare Tube Preamp Pedal +++ Hagstrom Swede NewGen und Super Swede NewGen +++ Markbass Little Mark IV, Little Mark 58R & MB58R 102P +++ Shure GLX-D16+ Dual Band Digital Wireless Guitar Pedal

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