Reverb-Workstation

Test: Seymour Duncan Silver Lake Dynamic Reverb

Anzeige
Seymour Duncan Silver Lake(Bild: Dieter Stork)

Schon öfter habe ich mich gefragt, warum Kompaktpedale mit diversen Effekten bzw. Effekttypen angeboten werden, von denen der User in der Praxis nur einen Einzigen nutzen kann? Wer möchte sich schon ständig bücken, um Einstellungen zu verändern? Ich jedenfalls nicht …

Da macht die Speicherung vorgenommener Settings und deren späteres Abrufen per Fuß absolut Sinn. Ich weiß, hatten wir alles schon, allerdings vorwiegend im 19- Zoll-Format oder als flächendeckende Multieffekt-Luxustretmine. Dass das heute noch wesentlich kompakter geht, zeigt Seymour Duncan mit dem Silver Lake Dynamic Reverb im Gehäuse eines Doppelpedals. Zwar konzentriert sich das in den Staaten hergestellte, leistungsstarke, voll programmierbare Silver Lake primär auf Reverb-Effekte und deren Verwandtschaft, liefert diese jedoch in Studioqualität und voll stereo.

Anzeige

konzept

Als Basis dient eine Sammlung von acht aufwendig gestalteten Hall-Algorithmen, dazu kommen umfangreiche Möglichkeiten der Klangbearbeitung sowie die exklusive Dynamic-Expression-Steuerung. Letztere ermöglicht es, die Parameter Mix, Modulation oder Dämpfung in Echtzeit per Anschlag zu kontrollieren. Die Zahl von 128 User-Speichern deutet auf MIDI-Kompatibilität hin. Die Presets lassen sich mit dem rechten der beiden Fußtaster, manuell oder über den MIDI-In-Anschluss aufrufen. Im Auslieferungszustand befindet sich das Silver Lake im MIDI Omni Mode, ist somit in der Lage, auf allen 16 MIDI-Kanälen zu empfangen. Die MIDI/Patch-Verwaltung kann per Update Tool/Librarian Software vorgenommen werden, die Seymour Duncan als kostenlosen Download anbietet.

mechanik

Das Silver Lake kommt im robusten Alu-Druckgussgehäuse mit stirnseitigem Anschlussfeld, welches aus vier Klinkenbuchsen (Inputs Left/Mono und Right, Outputs Left und Right), MIDI-In- und -Thru-Buchsen sowie dem Netzteilanschluss (DC9-18V, 250mA) besteht. Bis auf Letzteren hat man alle Buchsen am Gehäuse verschraubt. Den USB-Anschluss für Updates und Verwaltung findet man an der linken Seite.

Mit Ausnahme des im Aktivzustand rosa bzw. grün leuchtenden Minipotis „Treshold“ wurden alle Potis, Drehschalter und die beiden soliden Fußtaster (On/Bypass und Bank/Preset) mit Muttern und U-Scheiben verschraubt, während die kleinen Wahltaster von Dynamic Expression, Trails, Bank und Preset auf der Platine Halt finden. Ein dreistelliges 7-Segment-Display zeigt MIDI-Program- (0-127) und Banknummern (1- 32), Preset-Buchstaben (A-D) sowie die Parameterwerte der Decay- und PreDelay-Regler an. Warum nicht auch die der übrigen Potis?! Werden Parameter eines Presets verändert, erscheint in der mittleren Display-Stelle ein Punkt. Sämtliche Anzeigen leuchten grün. Ein Netzteil zählt nicht zum Lieferumfang.

Seymour Duncan Silver Lake
Voll Stereo aber auch Mono + MIDI (Bild: Dieter Stork)

action

Das Silver Lake startet durch Anschließen des Netzteilsteckers und mit dem vor dem Ausschalten zuletzt aktiven Preset. Der 8-stufige Reverb-Type-Drehschalter gestattet Zugang zu den acht Effekttypen, die mittels der Regler Decay (Reverb Time), Pre-Delay, Grit (Soft Clipping) und Damp (Höhendämpfung) editiert werden können. Das ist jedoch noch lange nicht alles. Ein 4-stufiger Function-Drehschalter wählt die Parameter Modulation Depth, Modulation Rate, Hi Pass oder Lo Pass, die sich per Tweak-Regler variieren lassen.

Ein Mix-Poti kontrolliert die Balance von Direkt- und Effektsignal von 100% Dry bis 100% Wet. Die Dynamic Expression, mit der sich bestimmte Parameter per Anschlagsintensität steuern lassen, wird über den linken Minitaster aktiviert bzw. deren Arbeitsweise eingestellt. Im Hard Mode reagiert die Expression erst auf härteren Anschlag, im Soft Mode bereits auf gefühlvolleren. Der rechte Minitaster wählt aus, welcher der Parameter – Mix, Modulation oder Damp – von der Dynamic Expression kontrolliert werden soll.

Das kleine Treshold-Poti, dessen Leuchtintensität von seiner Aktionsstärke abhängt, legt die Einsatzschwelle der Expression fest. Im Hard Mode leuchtet das Poti rosa, im Soft Mode grün. Der Minitaster Trails bestimmt, ob der Hall nach dem Ausschalten des Silver Lake ausklingen (Trails On) oder abgeschnitten werden soll (Trails Off). Im ersten Fall kommt ein gepufferter Bypass zum Einsatz, im zweiten ein True Bypass. Unabhängig vom Trails-Setting werden bei Preset-Wechseln die Effekte stets abgeschnitten. Schade dass man das nicht auch festlegen kann.

Die beiden Taster unmittelbar unter dem Display dienen zur manuellen Direktanwahl der Bänke und Presets. Drückt man beide gleichzeitig, werden editierte Settings nach Wahl des gewünschten Preset-Platzes gespeichert. Bänke und Presets lassen sich aber auch per Fuß anwählen. Da nach dem Einschalten des Silver Lake stets der Preset Mode aktiv ist, kann zum Bank Mode gewechselt werden, indem man den rechten Fußschalter ca. zwei Sekunden gedrückt hält.

Doch Achtung: Nach zwei Sekunden erlischt die LED, und das Silver Lake wechselt automatisch wieder in den Preset Mode. Innerhalb dieser zwei Sekunden sollte also die gewünschte Bank gefunden sein. Hält man jedoch den Fußschalter gedrückt noch während die LED leuchtet, werden die Bänke abwärts durchgescrollt. Diese Variante steht bei den vier Presets einer Bank nicht zur Verfügung.

Seymour Duncan Silver Lake
USB-Anschluss für Firmware Updates, Librarian, MIDI- und Patchverwaltung (Bild: Dieter Stork)

Kommen wir zu den einzelnen Effekten.

Room simuliert den Nachhall kleinerer Räume. Hier steht eine Decay Time von 100 ms bis 4 Sekunden zur Verfügung, Pre-Delay von 0-200 ms. Bei niedrigen Decay Times lassen sich per Pre-Delay auch Delay-Effekte erzielen, wenn auch stets nur mit einem einzigen Echo. Fügt man hier Modulation hinzu, erhält der Sound zusätzliche Tiefe und Vitalität.

Hall erzeugt den Charakter einer Konzerthalle. Die Decay Time beträgt 100 ms bis 20 Sekunden, Pre-Delay 0-200 ms. Selbstverständlich sind auch hier Echoeffekte möglich.

Plate bildet den Klang metallener Hallplatten nach, wie sie früher in Tonstudios verwendet wurden. Decay Time 100 ms bis 20 Sekunden, Pre-Delay 0-200 ms.

Spring emuliert den klassischen mechanischen Federhall, wie er beispielsweise in zahlreichen Vintage-Gitarrenverstärkern zu finden ist. Hier steht eine Decay Time von 100 ms bis 5 Sekunden zur Verfügung, Pre-Delay wie gehabt mit 0-200 ms. Mit Hilfe der Regler Grit und Damp lassen sich recht authentische, leicht anzerrende Lo-Fi-Halleffekte erzielen.

Shimmer legt eine Oktave des Effektsignals auf den Halleffekt, was einen sehr glasigen und gleichermaßen eisigen wie lebendigen und luftigen Raum erzeugt. Decay Time 100 ms bis 20 Sekunden, Pre-Delay 0-200 ms.

Gated schneidet den Hall vor dem endgültigen Ausklingen ab. Die Decay Time beträgt 200-600 ms, Pre-Delay 0-200 ms.

Swell erzeugt ein Anschwellen des Hallpegels während das Eingangssignal ausklingt. Je stärker das Effektsignal (Mix weit nach rechts) umso intensiver und spaciger wirkt der Hall. Decay Time 100 ms bis 20 Sekunden, Pre-Delay 100 ms bis 4 Sekunden. Dreht man Mix ganz nach rechts (100% Wet), lassen sich Violin-artige Einblendeffekte erzeugen, deren Swell-Tempo mit Pre-Delay variiert werden kann.

Delay/verb fügt dem Hall einen Delay-Effekt hinzu. So kann die Decay Time von 100 ms bis 10 Sekunden mit Echos von 5 bis 500 ms überlagert werden. Letztere besitzen einen festgelegten Feedback-Wert, der abhängig von der Anschlagsintensität 10-12 Echos erzeugt. Stellt man die Decay Time des Halls auf 100 ms, sind fast nur noch Delays hörbar.

resümee

Seymour Duncan setzt mit dem Silver Lake Dynamic Reverb echte Maßstäbe. Ein klanglich breiter und qualitativ höher aufgestelltes Reverb-Pedal ist mir bislang noch nicht unter die Füße gekommen. So gesehen war die MIDI-Implementierung Pflicht, da schließlich die Effektkreationen irgendwie gespeichert werden müssen, hier sogar auf 128 User-Plätzen. Dabei ist die 32×4-Unterteilung von Bänken und Presets der praxistauglicheren Bedienbarkeit mit nur einem Fußschalter geschuldet. Alternativ lässt sich dies ja auch per MIDI-Controller bewältigen.

Neben den beeindruckenden Klangqualitäten des Reverb-Pedals laden die vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten via Grit, Damp, Function und Tweak wie auch die gelungene Dynamic Expression zum Experimentieren ein. Kontrolle von Mix, Modulation oder Damp via Anschlagsintensität – das hat schon was und eröffnet ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten.

Ein paar leichte Schatten legen sich aber dennoch über das Luxuspedal: So reagiert die verzögerungsfreie Preset-Umschaltung technisch bedingt erst nach Loslassen der Fußschalter, die Trails-Funktion steht ausschließlich beim Ein/Ausschalten des Effekts, nicht jedoch bei Preset-Wechseln zur Verfügung, und die Kommunikation mit der kostenlosen Update Tool/Librarian Software funktionierte während dieses Tests auch (noch) nicht. All dies schmälert die Performance-Qualitäten des Seymour Duncan Silver Lake in keiner Weise, und so ist es unterm Strich jeden Cent wert.

PLUS
• Sounds
• Signal- und Klangqualität
• Effektangebot
• klanglich extrem flexibel
• nebengeräuschfrei
•Ausstattung
• voll programmierbar
• Bedienung
• Verarbeitung
• Preis/Leistung
MINUS
• Bypass- und Preset-Umschaltung erst nach Loslassen der Fußtaster
• Trails-Funktion nicht für Preset-Wechsel einsetzbar
• Kommunikation mit Librarian Software funktioniert (noch) nicht

Seymour Duncan Silver Lake

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2019)

Produkt: Treble Booster im Test
Treble Booster im Test
Der Treble Booster war in den 60er und 70er Jahren das Effektgerät schlechthin. Hol dir jetzt 4 Gratis-Testberichte zum Sound-Wunder!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren