Riot [ˈraɪət], Subst., Aufruhr

Test: Schecter Riot 5 Inferno Burst

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(Bild: Dieter Stork)

Was Schecter sich bei der Namensgebung gedacht hat, lässt sich beim Anblick des modernen Basses erahnen: Form und Farbe sind definitiv Blickfänger. Die Ausstattung ist modern und soll wohl vornehmlich Freunde der härteren Spielarten ansprechen. Ob der Bass wirklich einen Aufruhr verursacht, zeigt der Test.

Als mich die Info erreicht hatte, dass ich den Schecter testen dürfe, stellte ich mich aufgrund der Bezeichnung auf einen Heavy-Metal-Bass ein. Dabei muss natürlich die Frage erlaubt sein, was einen „heavy“ Bass überhaupt ausmacht. Das Offensichtlichste werden wohl die Form und das Design sein. Gedanken an schwere Warlocks und LTDs schossen mir durch den Kopf. Doch bei Ankunft des Paketes gab es schon die erste angenehme Überraschung: Neben ein paar Sechskantschlüsseln für eventuelle Einstellarbeiten befindet sich ein angenehm leichter Bass im Karton. Dank des Korpus aus Sumpfesche bringt das Instrument gerade einmal 3,9 kg auf die Waage. Für einen Fünfsaiter ein guter Wert.

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ERSTER EINDRUCK

Der positive Eindruck bleibt beim ersten Betrachten erhalten. Die beiden Korpusflügel sind geschickt verleimt, sodass es auf den ersten Blick erscheint, als sei der Korpus einteilig. Der schlanke Hals mit C-Profil fühlt sich gut an und lässt bei den ersten Tönen schon eine tolle Bespielbarkeit erahnen. Wohl aufgrund des relativ kurzen oberen Horns neigt der Bass jedoch ein wenig zum Kippen in die Waagerechte. Ein Versetzen des hinteren Gurtpins oder ein rutschhemmender Gurt würden hier als Gegenmaßnahme allerdings schon ausreichen.

Aufgeschraubter Hals, Sumpfesche-Korpus (Bild: Dieter Stork)

Zwischen den drei dicken Ahorn- und den zwei Walnussstreifen sind keine Übergänge spürbar und es fühlt sich an wie „aus einem Guss“. Die matte Klarlackierung wird daran nicht ganz unschuldig sein. Sie ist dünn genug, um ein direktes Gefühl zu vermitteln, aber dick genug, um auch die tiefe Maserung der Sumpfesche auszugleichen. Wider Erwarten ist sie mit den Fingern nicht zu ertasten. Was jedoch fühlbar ist, sind vereinzelte Pickel im Lack, diese muss man allerdings akribisch suchen. Astlöcher oder andere Fehler im Holz finden man nicht. Korpus und Hals sind im selben Farbton gebeizt. Dabei ist die Farbe nicht deckend oder gleichmäßig, sondern eher im „Shabby-Look“.

Dadurch kommt die Maserung der Sumpfesche wunderbar zur Geltung und auch der Ahorn des Halses profitiert davon. Die in „Inferno-Burst“ angefeuerte Maserpappeldecke bildet einen starken Kontrast zum restlichen Grau und setzt einen kräftigen Akzent. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die Übergänge zwischen grauer Esche und orangener Decke nicht immer ganz sauber sind. An einigen Stellen gibt es keine klare Linie zwischen den beiden Farben. Auch um die Halstasche herum gibt es Spuren von Unsauberkeit. Zudem fallen ein paar Übergänge an den Fräsungen für die Tonabnehmer auf. Hier wurde scheinbar etwas Abschirmlack auf die Kanten gepinselt.

Der kam auch im Elektronikfach zum Einsatz, das die Klangregelung beherbergt und sorgt für eine geringe Empfindlichkeit gegenüber der Einstreuung von Störsignalen. Versorgt wird die Elektronik von einer in einem separaten Fach untergebrachten 9V-Blockbatterie. Leider ist der Batteriefachdeckel verschraubt, zum Wechsel wird also Werkzeug benötigt. Ein werkzeugloses Batteriefach mit Magnetdeckel oder Einrastung wäre wünschenswert gewesen. Eine volle Batterie sollte allerdings für ca. 700 Stunden Spielzeit ausreichen. Zwar ist das alles nichts Dramatisches, bei einem Instrument in dieser Preisklasse muss so etwas jedoch Erwähnung finden. Aber genug der Kritik. Die sonstige Verarbeitung lässt keine Wünsche offen. Der teflongeschmierte Graph-Tech-Sattel ist sauber eingelassen, ebenso die Stimmmechaniken. Auch die String-thru-Brücke ist ordentlich platziert und verschraubt.

String-thru-Brücke und EMG-Pickup (Bild: Dieter Stork)

SOUND & BESPIELBARKEIT

Zunächst einmal wird von mir das Instrument eingestellt, da mir die Saitenlage ab Werk zu hoch ist. Dies ist fix erledigt, sowohl Brücke als auch Halsstab sind problemlos zu handhaben. Die finale Saitenlage ist flach genug für Spieltechniken wie Tapping und Slapping. Das Spielgefühl ist, kurz gesagt, einfach gut. Wie schon vermutet, lässt sich der Hals sehr angenehm bespielen, die Finger bleiben nicht kleben und auch die Bünde fühlen sich gut an. Scharfe Kanten gibt es keine. Trotz flacher Saitenlage schnarrt nichts und die Saiten können ungehindert schwingen. Der Ton „steht“. Und hier wird es eigentlich erst richtig spannend. An Ton hat der Bass nämlich einiges zu bieten. Bereits unverstärkt fällt die kräftige H-Saite auf. Sie kommt durchaus druckvoll und mit gutem Sustain daher. Verstärkt bestätigt sich dieser Eindruck. Die aktive PJ-Bestückung von EMG steht diesem Bass sehr gut.

Der Grund-Sound ist definiert in den Bässen, durchsetzungsfähig und kräftig in den Hochmitten. Rockig, aber nicht rotzig. Luftige Höhen, wie z. B. bei Jazz Bässen, gehören nicht zu seinen Stärken, stattdessen wirkt der Sound stets leicht komprimiert. Dafür ist das Klangbild, unabhängig von der Einstellung der Tonabnehmer, zu jeder Zeit homogen – Noten gehen nicht unter oder stechen hervor. Sehr gute Voraussetzungen für ein auch im Band-Kontext gut klingendes Instrument. Mit dem Balance-Regler in der Mittelstellung ist der Klang in den Tiefmitten aufgeräumt, mit starkem Attack und trockenen Bässen. Ein fester Anschlag wird nicht etwa mit hochfrequentem Klirren quittiert, sondern mit einem bissigen Klang, der sich ganz wunderbar mit modernen Distortion-Effekten versteht. Hier macht das Instrument seinem Namen schon einmal alle Ehre, sehr gut.

Dass der Bass einiges mehr kann als heavy, wird allerdings spätestens beim Drehen am Balance-Regler deutlich. Der Reverse-Split-Coil am Hals bringt einen warmen, bauchigen Klang, ohne matschig oder muffig zu sein. Unter Zuhilfenahme der 3-Band-Klangregelung kann man ihm auch klassische Sounds entlocken, wie man sie erwartet und wünscht, bei Bedarf auch bedeckt und tragend oder „knorzig“. Der Singlecoil an der Brücke kann ebenfalls mit bekannten Klängen überzeugen. Flache, aber definierte und trockene Bässe, gepaart mit starken Mitten. Kombiniert mit leichtem Overdrive, spielen die Finger wie von allein ‚Tire me‘ von Rage Against The Machine. Nach leichter Absenkung der Höhen ertappe ich mich beim Anstimmen von ‚Birdland‘. Die Flageoletts sind präsent und auch die hohen Lagen sind auf dem Instrument absolut mühelos bespielbar.

RESÜMEE

Bei dem Modellnamen Riot denkt man wohl zuallererst an eine typische Metal-Axt. Und obwohl dies, zumindest in Sachen Optik, teilweise zutreffen mag, ist es sehr erfreulich, dass der Riot 5 ein flexibler Fünfsaiter für fast alle Stilrichtungen ist. Zwar verursacht er keinen richtigen Aufruhr mit einem einzigartigen Klang, weiß jedoch sehr wohl mit einer sehr guten Bespielbarkeit und einer breiten Palette an bekannten und authentischen Sounds zu überzeugen.

PLUS

  • geringes Gewicht
  • gute Bespielbarkeit
  • insgesamt hochwertige Verarbeitung
  • straffe H-Saite
  • flexible Klangregelung

MINUS

  • leichte Kopflastigkeit
  • kleinere Unsauberkeiten in den Farbkanten und dem Lack

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2022 Digital
Gitarre & Bass 7/2022 Digital
IM TEST: Guild Surfliner +++ Mooer GTRS +++ Gibson G-45 und G-Writer +++ Schecter dUg Pinnick +++ Blackstar St. James 50 6L6 +++ Line 6 DL4 MKII Delay +++ Walrus Audio Mako M1 +++ Markbass AG1000 +++ Genzler 4 on the floor & re/Q

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