The Supremes

Test: Sandberg California Supreme 4 & 5 35th Anniversary

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(Bild: DIETER_STORK)

Herzlichen Glückwunsch! 1986 ging es los, Sandberg wird nun also 35. Zur Feier des Tages gibt es den California als Supreme-Ausführung mit einer Sonderausstattung, die sich sonst in der Custom-Reihe finden lässt.

Die Californias sind die beliebtesten Sandberg-Bässe, auch zum 30. gab es auf dieser Basis ein Anniversary-Modell, allerdings mit völlig anderer Ausrichtung. Statt Schwarz mit dominantem Chrom liegt der Schwerpunkt diesmal auf schönen Hölzern in edlen Bursts.

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AUGENWEIDE

„Meine Güte, sind die hübsch!“ denke ich mir, als ich die beiden California Supreme aus den Gigbags ziehe. Der rote ist sogar noch schöner als der blaue! Nein, der blaue schöner als der rote! Ach, beide toll! Diesen Wow-Effekt verdanken sie vor allem den herrlich gemaserten Decken aus Wölkchenahorn und der akkuraten Hochglanzlackierung, die diese Maserung dreidimensional erscheinen lässt und je nach Blickwinkel und Lichteinfall ein anderes, aber immer in die Tiefe gehendes Bild zeigt.

Wölckchenahorndecke in Hochglanz-Optik (Bild: DIETER_STORK)

Kleine, spielerische Details unterstreichen den Eindruck noch, die Potiknöpfe sitzen alle in leichten Versenkungen, für die beiden Minischalter wurde eine kleine Wanne in die Decke gefräst, und die obligatorischen vier Sandberg-Punkte sind aus Perlmutt und so mit überlackiert, dass sie sich nur ganz dezent vom Holz abheben – edel, edel! Mit einer dunklen Holzlage abgesetzt, ist die Basis der Bodys zweiteilige, geflammte europäische Erle, fast so schön wie die Decke. Für höheren Tragekomfort wurde hier gechambert, sprich zur Gewichtsreduzierung ausgehöhlt. Ebenfalls behandelt wurde der Hals aus norwegischem Ahorn, aber natürlich nicht mit Hohlräumen sondern durch Rösten. Diese Behandlung reduziert nicht nur Feuchtigkeit radikaler als normale Ofentrocknung, die ganze Struktur soll stabiler werden und mehr Sustain und Resonanz produzieren.

(Bild: Dieter Stork)

Nebenbei bekommt der Ahorn noch einen karamellisierten Farbton und fasst sich auch noch sehr gut an, fühlbar anders als lackierte oder geölte Hälse. Der so zubereiteten Basis wurde ein Griffbrett aus Ebenholz spendiert, auf dem ovale Inlays wie ein Echo der Tonabnehmerform für schicke Optik sorgen, flankiert von weißen Dots in der Kante zur Orientierung. 21 Bünde plus Nullbund gibt es jeweils, sauber bearbeitet und geplekt für beste Bespielbarkeit. Über einen Grafitsattel, der hier nur zur Saitenführung dient, geht es zu den offenen, ultraleichten Sandberg-Mechaniken auf der ebenfalls mit Wölkchenahorn belegten und mit silbernem Logo und Modellnamen verzierten Kopfplatte, die jeweils in Korpusfarbe lackiert ist. Für den nötigen Saitendruck sorgen Niederhalter, beim Viersaiter für A bis G, beim Fünfsaiter von E bis G.

Bei der Brücke werden die Saitenenden einfach eingehängt, justiert werden kann in 3D, sprich Saitenhöhe, Oktave und Saitenabstand. Ohne Schraube und Feder. Weil die Saite immer gelockert werden muss, um den Reiter lösen zu können, ist die Einstellung etwas mühselig. Wenn man‘s dann hat und alles arretiert ist, ist die Brücke dafür sehr gut.

Saubere Arbeit auch im E-Fach (Bild: DIETER_STORK)

Ebenfalls erwiesenermaßen gut sind die Tonabnehmer von Delano. Mit ihrer exzentrischen ovalen Form sind die Xtender-Pickups Hingucker, aber auch die Konstruktion mit je vier Spulen hat etwas zu bieten. Die Elektronik kommt von Sandberg selbst und beinhaltet Volume, Blend, Bässe, Mitten und Höhen. Mit gezogenem Volume-Poti sind die Bässe passiv zu betreiben, der Höhenregler wird dann zur Höhenblende. Lobend erwähnen muss ich wie immer bei Sandberg die griffigen und sehr gut ablesbaren Potiknöpfe. Die beiden Minischalter legen die Mittenfrequenz auf 160 Hz, 900 Hz oder 480 Hz fest und schalten die Pickups von vollen Humbuckern auf eine PJ-Spulenanordnung. Ein Blick ins E-Fach zeigt akkurate Verarbeitung und saubere Abschirmung, der 9V-Block für den Aktivbetrieb hat sein eigenes Fach, ohne Werkzeug zu öffnen und ohne Clip schnell zu wechseln.

OHRENWEIDE

Zunächst kommt der California Supreme 5 an den Gurt. Die konventionellen Pins halten ihn sicher und sind Schaller-kompatibel. Auch wenn der Bass ultraleichte Mechaniken hat, bin ich doch angenehm überrascht, wie gut ausbalanciert er ist! Bei einem Gewicht von nur 3,7 kg hängt er trotzdem stabil. Und bequem dazu, denn die Shapings sehen nicht nur ultrascharf aus, sondern sorgen auch für Komfort beim Spielen. Dazu trägt auch der relativ flache Hals bei, der sich toll anfühlt und bei schön flacher Saitenlage astrein und schnarrfrei zu bespielen ist.

Ein tiefes Cutaway und ein gut abgerundeter Halsfuß machen das Erreichen auch der höchsten Lagen zum Kinderspiel. Aus der Kombination des gerösteten Halses mit stehenden Jahresringen resultiert eine flinke, direkte Ansprache mit ordentlichem Sustain in jeder Lage. Massiven Bass, maximale Definition, kräftigen Mittenknurr, weit offene Höhen – das verspricht Delano von seinen Xtendern, und das setzen sie in diesem Sandberg auch so um. Das gilt vor allem im Humbucker-Modus, wenn der California sonor das Band-Geschehen unterfüttert.

Da kommt eine wahnsinnige Wucht aus dem Amp, das ist schon beeindruckend. Interessant ist der Unterschied von passiv zu aktiv, wo die Höhen noch mehr aufgehen und dem Ton, der bei hartem Anschlag durchaus rotzig sein kann, eine edlere Note geben. Weniger groß ist der Unterschied im PJ-Modus, der schon passiv ein feines Höhenbild bietet. Bauform und Einbauposition geben schon vor, dass es nicht nach Standard-PJ klingen kann, aber die Richtung ist da, auch die Einzel-Pickups kommen souverän und charakterstark rüber, wobei der P „reverse“ ist, also mit der Spule für die hohen Saiten näher zum Griffbrett liegt. Was allerdings auch rüberkommt, ist Brummen, aber nicht vom Steg, sondern vom Hals, bei dem die beiden versetzten Spulen scheinbar keinen perfekten Humbucker ergeben.

Das Brummen fehlt dem California Supreme 4, hier ist alles sauber. Die Ansprache ist noch etwas zackiger, die Bespielbarkeit des schlanken Halses lässt einen schier fliegen, und die Balance ist bei noch 200 g weniger auf der Waage wenig überraschend noch etwas besser. Beiden gemeinsam ist, dass die Pickups recht tief im Korpus sitzen. Sie sind problemlos auch höher einzustellen, ohne wegzutauchen, wenn die geniale Daumenmulde zum Abstützen benutzt wird, aber der Fünfer entwickelt vor allem auf der H-Saite unsaubere Schwingungen.

Also so lassen, Klang und Pegel sind allemal fein. Bei beiden ist der Klang mit dem EQ noch herrlich zu bearbeiten, vor allem der Dreifachschalter für die Mitten macht die korrekte Anwahl für Anhebung oder Absenkung zum Vergnügen. In Kombination mit den umschaltbaren Abnehmern und dem schön sanft blendenden Balance-Poti sind die Möglichkeiten … Ich will nicht sagen endlos, aber doch sehr, sehr vielfältig. Damit ist man immer gut angezogen!

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Sandberg feiert den 35. und wir bekommen die Geschenke! Okay, bezahlt werden müssen die Bässe schon, aber der Preis geht für diese edlen Varianten des zu Recht beliebten California-Modells voll in Ordnung. Dank des geringen Gewichts, der schlanken Hälse und der exzellenten Bundbearbeitung mit Plek-Feinschliff sind Bespielbarkeit und Spielkomfort auf dem höchsten Niveau. Verarbeitung und Finish sind ebenso tadellos, die schöne Holzauswahl wird bestens präsentiert. Und auch die Klangausbeute hält mit.

Mit einem Fundament und einer Wucht, die man von leichten Bässen nicht unbedingt erwarten würde, sind die beiden California Supremes mit ihrer Pickup- und EQ-Ausstattung für so ziemlich alle Fälle gerüstet. Denn mal Prost, mögen noch viele Jubiläumsbässe aus Braunschweig kommen!

PLUS

  • Hölzer
  • Verarbeitung
  • Optik
  • Bespielbarkeit
  • Sound

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2021)

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