Schall und Rauch

Test: Reverend Air Sonic W

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(Bild: Dieter Stork)

Reverend versorgt sein Klientel mit verlässlich gut gestalteten und rundum funktionstüchtigen Gitarren zu einem erschwinglichen Preis. Das Modell Air Sonic W aus der Bolt-On-Serie macht da keine Ausnahme.

Reverend Guitars wurde 1997 vom rührigen Erfinder Joe Naylor gegründet. Der gelernte Industrie-Designer und Absolvent einer Schule für Instrumentenbau konnte sich zuvor auch schon durch famose Amp-Kreationen einen guten Namen machen.

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BREAK ON THROUGH …

(… To The Other Side) sang Jim Morrison bei den Doors. Ob Joe Naylor diesen Song im Ohr hatte, als ihm die Idee zu den durchstochenen Massivholzflügeln beim Air Sonic-Modell kam? Wie bei allen Reverend-Designs, so kam auch für die Produktion der Air Sonic als grundlegendes Tonholz Limba zur Verwendung, besser bekannt als Korina. Seinen Ruhm verdankt Korina der innovativen, aber zu frühen (und deshalb aus geschäftlicher Sicht desaströsen) Produktion der legendären Flying-V- und Explorer-Modelle in den 50er-Jahren bei Gibson.

An die gut 44 mm starke, solide Korpusmitte schließen bei der Air Sonic die mit 31 mm deutlich schlankeren, aber ebenfalls soliden Flügel an (ahja, eine Prise Firebird), welche mit „thru-body f-holes“, also durchstochenen Korpusöffnungen, recht außergewöhnliche Konstruktionsmerkmale aufweisen. Leichte Konturen am Korpus sorgen für eine komfortable Armauf- und Bauchanlage.

Roasted Maple Neck (Bild: Dieter Stork)

Der mit sechs Schrauben über ein Konterblech sicher und absolut spielfrei in seiner präzise ausgefrästen Kopustasche fixierte Hals aus Roasted Maple (hitzebehandelt) verfügt über ein gut verrundetes Medium-Oval-Profil und bekam ein Palisander-Griffbrett von 12″ Radius aufgesetzt, in dem 22 Medium-Jumbo-Bünde und Dots zur Lagenkennung Platz fanden. Die markante Kopfplatte ist mit Reverend-Pin-Lock-Tunern ausgestattet, auf der Rückseite findet man die manuell aufgetragene Seriennummer mit den Initialen des final inspizierenden Technikers. Zwischen dem Sattel aus Boneite von 43 mm Breite und der Wilkinson WVS50 IIK Tremolo Bridge schwingen die Saiten mit 648 mm Mensur.

(Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Zwei Railhammer-Humcutter-Pickups (Nuevo 90 Neck und Heavy 90 Bridge, beide arbeiten mit keramischen Magneten) sind in schwarzen Rähmchen auf den erhabenen Mittelblock geschraubt. Sie stehen in Verbindung mit einem Dreiwegschalter sowie generellen Volume- und Tone-Reglern, denen sich als Extra noch ein oben vorn auf das Horn gesetzter Bass Contour-Regler beigesellt.

Die deckend in der Farbe Metallic Red Burst lackierte Gitarre ist absolut sauber verarbeitet und kam einwandfrei eingestellt zum Test.

F-LOCH ROMANTIK TRIFFT AUF HARTE WIRKLICHKEIT

Durch ihren recht großflächig ausgelegten Korpus positioniert sich die Air Sonic W sitzend gespielt relativ hoch auf dem Knie, was aber durchaus kein Schaden ist. Am Gurt hängt die Gitarre rundum ausgewogen. Die Griffbrettaufsicht ist gut, und überhaupt geht alles mit diesem Hals leicht von der Hand.

Die fraglos sauber verarbeiteten Bünde sind an den Enden recht grade abgefast, was bei bestimmten Handhaltungen ein etwas raues Spielgefühl vermittelt, andererseits aber optimale Saitenauflage gewährt. Der schön geschnittene Oval-C-Hals mit aufsteigend nur wenig an Fleisch zunehmender Stärke macht der linken Hand bei gut eingerichteter Saitenlage und bester Bespielbarkeit des hohen Tonraums auf jeden Fall viel Freude.

Vor allem aber lässt die Konstruktion die Saiten lang und frei schwingen. Ob die durchstochenen f-Löcher daran tatsächlich Anteil haben, wie der Hersteller suggeriert, oder doch nur eine romantische Reminiszenz, sei einmal dahingestellt. Auf jeden Fall macht das die Gitarre etwas leichter. Und Klagen gibt es ansonsten auch sowieso keine, denn die Kombination von Korina-Body mit durch Röstung stabilisiertem Ahornhals plus Wilkinson Bridge funktioniert bestens. Drahtig offen und im Akkord gut aufgelöst, dazu noch lang aushaltend, überzeugt das Klang-Design der Air Sonic mit im Grunde genommen typischen Reverend-Sounds.

Wenn das ein Versprechen auf die elektrische Potenz der Gitarre ist, dann erwarten wir von den Railhammer-Humcutter-Pickups mit ihren keramischen Magneten mindestens kraftvoll seriöse Ergebnisse. Oder liegt der Akzent bei diesen Railhammers vielleicht doch grundsätzlich auf Hammer? Mitnichten: Der Hals-Tonabnehmer zumindest tritt mit eher moderatem Output an. Beworben mit „Vintage P 90 tone for today’s player“ gibt er ein kraftvolles, aber gut gewichtetes Tonbild mit straffen Bässen, angemessenen Mitten und leicht metallischen, aber weit offenen Höhen heraus.

Akkorde werden zwar fulminant üppig, aber durchaus auch stimmig klar aufgelöst wiedergegeben. Linien und gehaltene Noten profitieren von der guten Schwingbereitschaft der Konstruktion, zeigen markantes Profil und gute Länge. Die leicht kühl umsetzende Kraft des Nuevo 90 sorgt dann im Zerrkanal für eine bemerkenswert stabile Tonentfaltung, die sich von saftiger Powerchord-Attitüde bis hin zu singenden Linien von vokaler Kraft auslegen lässt.

Railhammer-Humcutter-Pickups (Bild: Dieter Stork)

Wechseln wir auf den Heavy-90-Steg-Pickup, so setzt der mit seinem höheren Output beeindruckend schwungvoll um. Das Klangbild ist natürlich etwas enger gezogen, die Bässe erscheinen schlank, die Mitten leicht verdichtet. Obwohl uns schon noch ein ordentlicher Höhenschmiss ins Ohr beißt, ist die glockige Öffnung des Hals-PUs mit diesem Tonabnehmer nicht zu haben. Die Bässe kommen aber dennoch recht stramm und pointiert.

Ein guter Draht im Ton sorgt zudem für feste Kontur und knackigen Twang. Vor allem steht mit dieser Ausrichtung aber dann dem solistischen Spiel im Overdrive die Tür weit offen. Die leichte Reizbarkeit der Saiten, das perkussive Attack-Verhalten und die nun sehr offensive Obertonentfaltung zeigen, wo die Stärken des Humcutter Heavy 90 wirklich liegen. Damit lässt sich dann schon der Hammer auspacken.

Als ausgesprochen sinnvoll angesichts der tendenziell rabiaten Tonumsetzung erweist sich nun der Bass-Contour-Regler. Äußerst effektiv lässt sich damit der Ton entfetten. Zerrgrade je nach Situation und Anspruch vor allem im Bass- und Tiefmittenbereich mit schnellem Griff stufenlos feingradig anpassen zu können, ist natürlich eine höchst nützliche Funktion. Von schwarzem Doom bis hin zu bissig spirrigem Twang reicht hier die Spanne der möglichen Tonformung.

Bleibt noch der Blick auf die Funktion der bewährten Wilkinson WVS50 IIK Tremolo Bridge. Die Vibrato-Einheit mit einstellbarem Plug-in-Tremolo-Arm und justierbaren Einzelsätteln arbeitet im Messerkantenprinzip so gut wie verstimmungsfrei. Darüber hinaus bietet sie dank planer und glatter Oberfläche eine komfortable Handhabung.

 

RESÜMEE

Mit dem Air-Sonic-W-Modell präsentiert Reverend Guitars ein weiteres originelles, autonom und fantasievoll gestaltetes Design. Die Kombination von Korina-Body mit geschraubtem Ahornhals plus Wilkinson Tremolo Bridge sorgt für ein vitales, schwingfreudiges Klangbild, lässt sich aber auch in Sachen Ansprache und Sustain wirklich nicht lumpen.

Die Railhammer-Humcutter-Tonabnehmer bieten ein gut gespreiztes Klangrepertoire und sorgen für eine kraftvolle Umsetzung mit offener Transparenz der vitalen Sounds. Schlagend agieren sie im Overdrive mit der Option auf weitreichende Tonformung über den Bass-Contour-Regler. Reverend enttäuscht auch nicht, was die Handhabung der Air Sonic W angeht. Ihr Hals mit Medium-Oval-Profil spielt sich lässig, der Tonumfang ist bis zum letzten Bund hinauf voll nutzbar. In Summe: Cooles Ding mit viel Leistung!

PLUS

● originelles Design
● Roasted Maple Neck
● Halsverschraubung
● Pickups & Sounds
● Wilkinson Tremolo Bridge
● komfortable Spieleigenschaften
● Verarbeitung und Setup

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

Produkt: Fender Stratocaster
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. habe schon länger ein Auge auf Reverend Gitarren geworfen.
    Aber leider schlecht – bis kaum – bis gar nicht in Deutschland erhältlich. Also ich spreche da von einem, wenn auch kleinem, Programm.
    Nicht nur vereinzelte Instrumente/Angebote, die es mal hier mal da gibt, aber genau nie was für mich dabei ist. Und das bei der Auswahl, die Reverend am Start hat.

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