Roboter-Träume

Test: Red Panda Raster V2

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(Bild: Dieter Stork)

Es gibt viele Hersteller, die hervorragende digitale Effektpedale anbieten. Es gibt so einige, die dabei in bisher unbekannte Klangwelten vorstoßen. Und dann gibt es noch Red Panda, die mit dem neuen Raster V2 alle Grenzen sprengen.

Das Raster Delay, dessen Klänge direkt den Träumen eines Robotors entsprungen sein könnten, stellten wir bereits 2016 vor – und bereits damals war es ein Grenzgänger, ein Avantgardist der digitalen Verfremdung eines an sich simplen Effekts. Mit der V2 geht Red Panda aus Detroit, USA, noch einen Schritt weiter. Nüchtern betrachtet handelt es sich beim Raster V2 wie beim Vorgänger um ein digitales Delay mit eingebautem Pitch Shifter, mit dem sich die Wiederholungen auf vielerlei Art verformen lassen.

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Was ist also an der V2 neu? Zunächst mal ist das Pedal trotz zusätzlichen Tap-Tempo-Schalters (der selbstverständlich nicht nur ein Tap-Tempo-Schalter ist…) erfreulich geschrumpft, und zwar mit nur 11,4 × 7,5 × 6,5 LBH/cm fast runter auf Standard-MXR-Größe. Die Anschlüsse (In/ Out/CTRL für den Anschluss eines externen Expression-Pedals/9V Stromanschluss/USB für Updates und Midi) liegen alle stirnseitig. Die In/Out-Anschlüsse sind mit TRS-Kabeln auch stereofähig.

Das Pedal ist also trotz eines Füllhorns an Features enorm platzeffizient – besonders wichtig für Sound-Frickler, welche die primäre Zielgruppe des Rasters V2 sind und die erfahrungsgemäß besonders viel „Pedalboard-Real-Estate“ brauchen. Mit 340 Gramm Gewicht trägt es zum Bandscheibenvorfall beim Anheben des Pedalboards nur unwesentlich bei. 250mA Stromaufnahme wollen jedoch bedacht sein – nicht alle Powerbrick-Ausgänge liefern das.

FEATURES ÜBER FEATURES

Laut Red Panda war ein Anliegen bei der Entwicklung der V2, das Gerät insgesamt übersichtlicher zu machen. Das ist teilweise gelungen, ohne Handbuch wäre man dennoch aufgeschmissen – das Gerät ist definitiv nichts für Menschen mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne und wenig Zeit. Gut, dass das Manual in englischer und deutscher Sprache beiliegt.

Das Delay an sich steuert man mit den Reglern FDBK, Delay und Blend, mit denen die Zahl, die Geschwindigkeit und Lautstärke der Wiederholungen eingestellt werden – altbekannt. Das Delay bietet dabei maximal 1600 Millisekunden (ms) Verzögerungszeit. Ein kleiner Toggle schaltet sofort zwischen 400, 800 und 1600 ms um. Das Ganze ist interaktiv mit dem neuen Tap-Tempo-Schalter. Daneben gibt es wie bereits beim Vorgänger noch das Shift-Poti. Auf 12 Uhr werden die Delays ohne Tonhöhenveränderung wiedergegeben, nach rechts geht es tonal nach oben, nach links tonal nach unten. In welchen Steps und Patterns, bestimmt der ganz linke Mini-Toggle – je nach Stellung ändern sie die auf- und absteigenden Tonfolgen leicht. Vereinfacht gesagt: Die Delays klingen so, als würde man seine Gitarre stimmen, während sie ausklingen. Der Toggle-Switch in der Mitte regelt die Wiedergaberichtung der Wiederholungen – Reverse geht auch. Freilich hat das Pedal auch noch eine alternative Bedien-Ebene, in der dieser Toggle das Verhalten der Wiederholungem im Stereobetrieb einstellt – auch Ping Pong ist möglich.

Ein weiterer Toggle über dem linken Fußschalter bestimmt, welche Funktion dieser hat – entweder Tap Tempo (funktioniert sehr smooth), Pitch Shift momentan (M) oder konstant (L, Latch). Auch der Bypass-Schalter rechts hat so einen Mini-Toggle – und lässt sich ebenso als momentaner Effekt oder konstant anschalten. Das Gerät lässt sich, obgleich eingeschaltet, auch muten – der Output ist dann stumm, aber was man reinspielt, merkt sich das Teil. Und spielt es ab, sobald man den Schalter wieder betätigt. Das kann man bei bestimmten Songparts sehr effektvoll einsetzen.

Das Raster V2 bietet zudem vier Presets (127 mit Midi), Subdivisions und vielerlei mehr Einstellmöglichkeiten. Zu guter Letzt sei noch die brandneue Modulationseinheit erwähnt. Hier bietet das Gerät nicht nur einfach Chorus und Vibrato, sondern neun Wave-Formen, welche die Wiederholungen mannigfaltig verbiegen und verformen – von der simplen Sinus-Kurve bis zum chaotischen Reverse Envelope und allerlei Random-Wellenfomen dazwischen.

(Bild: Dieter Stork)

ROBOTER-KLÄNGE

Wie klingt das Raster V2? Ich will mich dazu ehrlich gesagt gar nicht so lange auslassen, sondern eher einen Überblick bieten und den Leser:innen raten, sich anhand von Demovideos oder Eigentest selbst Klangeindrücke zu verschaffen – denn die sind so vielfältig, dass eine minutiöse Beschreibung den Rahmen hier sprengen würde. Die Sound-Qualität ist zunächst sehr klar, sauber, präzise. Ohne Schmutz, ohne Klirren oder sonstige Artefakte kommen die Delays aus den Boxen. Beginnt man nun, sie zu verformen, erreicht man schnell dissonante, fremde Sphären, die sich immer mehr nach Roboter-Sounds anhören. Auch die vielzitierte „Laserpistole“ ist im Programm.

Zeit vergeht, man probiert dieses aus, und noch jenes, versucht dann wieder, einen „normalen“ Sound hinzubekommen, nur um sich in neuen, unerwarteten Ergebnissen zu verlieren – oder willig ins Chaos abzugleiten. In der Praxis funktioniert das alles gut, an sich ist das Pedal auch nicht besonders schwer zu bedienen, wenn man mal alle Knöpfe verstanden hat und nicht unbedingt zu tief in die sekundäre Bedienebene einsteigt. Vintage- und Analog-Gourmets könnte das Geschehen nicht „warm“ genug sein, sondern zu kristallin und sauber – aber die, denke ich, sind auch nicht Zielgruppe des Pedals.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ja, das Raster V2 lässt sich natürlich auch als „gewöhnliches“, hochwertiges digitales Delay mit normaler Modulation nutzen – hier liefert es astreine Sound-Ergebnisse, und das miditauglich, auf Wunsch in stereo, in echt kleinem Format und mit Tap Tempo. Wer genau nur das will – ein Standard-Delay, vielleicht mit milder Modulation – wird aber anderswo billiger und einfacher bedient. Wer allerdings auf der Suche nach frischen, experimentellen Klängen ist und die Grenzen dessen, was man landläufig als „Gitarrenklang“ versteht, sprengen will, eventuell sogar das Chaos sucht – für den ist das Raster V2 genau das richtige Gerät; und angesichts des extrem umfangreichen Pakets an Features auch gar nicht mal so teuer.

www.redpandalab.com

Preis (Street): ca. € 369

● sehr kompaktes Format für Tap Tempo, Stereo- und Miditauglichkeit
● Vielseitigkeit
● extrem umfangreiche Features
● Sound-Qualität

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2022)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

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