Schnellbrett-Reissue
Test: Peavey Adrian Vandenberg Signature Rock-It Pink
von Christian Tolle, Artikel aus dem Archiv
HERE WE GO (AGAIN)
Bereits ohne Verstärker angespielt, beeindruckt die Vandenberg durch ein ausgeprägtes Schwingungsverhalten und eine für ihre Bauart doch überraschende akustische Lautheit. Aber die Rock-It Pink soll ja nicht am Lagerfeuer bestehen, sondern vornehmlich in einen Overdrive-Kanal gejagt werden.
Gesagt, getan: Sofort fällt auf, wie knackig und fokussiert die Riffs und Licks daherkommen. Mit dem Seymour Duncan TB-4 am Steg liefert die Gitarre ein straffes Bassfundament mit den für den TB-4 typischen präsenten oberen Mitten und präzisen Höhen mit herrlichen Obertönen.
Das klingt amtlich, genretypisch und schiebt schon ähnlich wie eine Les Paul. Einzelne, auch komplexere Akkorde bleiben aufgrund der sehr guten Saitentrennung auch bei viel Overdrive gut wahrnehmbar. Freunde von „Hair Metal” oder Classic Rock werden hier ihre Freude haben. Was besonders auffällt, ist, wie die Gitarre auch in den hohen Lagen tonal stabil bleibt und nicht kollabiert.
Schalten wir mal einen Gang zurück und lassen die Vandenberg „crunchen”. Auch das gelingt ihr ganz hervorragend und ein echtes Highlight ist in diesem Zusammenhang der Hals-Pickup. Die Position des Seymour Duncan STK-S6 Custom Stack Plus ist dabei durchaus eigen: Er liegt zwischen der traditionellen Halsposition und der Mittelposition, wenn man die klassische Strat-Konstruktion als Referenz nimmt.
Das Ergebnis ist ein prägnanter, schmatzender Blues-Sound mit solidem Fundament, der süchtig machen kann. Das Ganze erinnert mich an Klänge, die Adrian Vandenberg bei seiner Blues-Rock-Formation Manic Eden 1994 aufgenommen hatte. Dreckige Blues-Riffs liefert die Rock-It Pink damit sehr charakterstark und authentisch ab. Die Zwischenposition kann dieser Spielart noch bereichernde Nuancen hinzufügen.
Spielt man ein wenig mit den Volume-Potis in der Zwischenposition, lässt sich noch ein „Mehr” herauskitzeln, zum Beispiel ein halb aufgedrehter Stegpickup in Kombination mit dem Halstonabnehmer, was herrlich mittig singende Leads produziert. In eher seltenen Fällen wird so ein kompromissloses Rock-Aggregat clean gespielt, aber auch das kann die Vandenberg gut umsetzen. Clean-Sounds, wie sie Ende der 80er Jahre gelegentlich bei Whitesnake zu hören waren, stellen für sie keine Herausforderung dar.
Dass die Gitarre nicht „twangt”, wird man ihr verzeihen, denn dafür ist sie nicht konzipiert. Ein Wort noch zum Tremolo: Das originale Floyd-Rose-System ist das Non plus ultra unter den Locking-Tremolo-Systemen. Das Handling im Spiel ist butterweich und durch die Unterfräsung kann man neben den typischen, stimmstabilen Dive Bombs auch fünf Halbtöne nach oben tremolieren. Das passt perfekt zum „Flying Dutchman”.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Die Peavey Vandenberg Reissue in der „Rock-It Pink”-Variante lässt die Herzen der Flitzefinger-Fraktion im Hard- und Bluesrock höher schlagen. Breit, flach, schnell – so kommt dieses einzigartige Design daher. Makellose Verarbeitung aus dem tschechischen Peavey Custom Shop, Hardware-Upgrades wie Seymour Duncan Pickups und das Floyd Rose Tremolo-System, gepaart mit einer butterweichen Bespielbarkeit und einem fetten, breitbeinigen Sound lassen keine Wünsche offen.
Pudelwohl fühlt sich die Rock-It Pink bei verzerrten und crunchigen Sounds. Gleichzeitig ist klar, dass ein solches Design auch polarisiert und bei Traditionalisten eher ein Naserümpfen provoziert. Fakt ist aber, dass man mit der Peavey Vandenberg einen Hingucker hat, auf der das Spielen unheimlich Spaß macht und die einfach richtig gut klingt. Ein leichter Wermutstropfen ist der stolze Preis.
Anscheinend ist es auch Peavey nicht entgangen, zu welch hohen Preisen die raren Custom-Modelle der ursprünglichen Signature-Serie gehandelt werden. Mit der neuen Reissue ist der geneigte Interessent jedenfalls bestens bedient.
PLUS
● Einzigartiges Design
● Exzellente Verarbeitung
● Bespielbarkeit und Handling
● Erstklassige, druckvolle Rock- und Blues-Sounds
MINUS
● Preis

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2025)
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