Quantensprung für die perfekte Welle

Test: MXR M305 Tremolo

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(Bild: Dieter Stork)

Ein Tremolo-Effekt fehlte zuletzt im üppigen Portfolio von MXR. Das M305 tritt nun die Nachfolge des einst beliebten Modells 159 an, ist dabei aber völlig anders aufgestellt und überzeugt nicht nur mit einem breiten Arsenal an Sounds, sondern auch mit Bedien-Optionen, von denen der Vorgänger nicht einmal träumen konnte.

Im Manual wird das M305 als Pedal für „die Anforderungen anspruchsvoller Spieler von heute“ angepriesen. In erster Linie bedeutet das: mehr Möglichkeiten, mehr Sounds und mehr Komfort in Sachen Steuerung.

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Die purpurne Farbe ist geblieben, ansonsten haben beide Pedale abseits des Effekts nicht übermäßig viel gemeinsam. Der analoge Vorgänger kam im größeren MXR-Gehäuse nach Art des Phase 100 und besaß neben drei Potis für Depth, Shape und Speed je zwei Ein- und Ausgangsbuchsen für eine Vielzahl von Signal-Routings. Das 305 hingegen ist nicht größer als das hauseigene Carbon Copy, bietet dabei aber einen zusätzlichen, bei Tremolos sehr sinnvollen Gain-Regler auf, der Signalabsenkungen im Effektbetrieb ausgleichen kann. Statt des Shape-Potis stellt das Neue sechs schaltbare Sound-Optionen zur Verfügung – und bietet dazu weitere üppige Steuerungsfunktionen, die die Vorteile der digitalen Welt ausspielen. Auch das ist eine größere Änderung im Vergleich zum 159. Geopfert wurde dafür de r Batterie-Betrieb, denn das 305 gehört zur leistungshungrigen Abteilung. Sein Strombedarf ist mit 190 mA angegeben. Zum Vergleich: Beim Vorgänger waren es gerade mal 20 mA. Dafür liefert MXR ein passendes Netzteil mit verschiedenen Stecker-Aufsätzen mit.

Auch beim Signalfluss hat sich einiges getan: Für In- und Output steht im Standard-Betrieb je nur eine Buchse zur Verfügung, beide können jedoch sowohl ein konventionelles Mono-Signal als auch via TRS-Stecker eine Stereo-Version verarbeiten. Der Input lässt sich über einen kleinen Mono/Stereo-Schalter im Gehäuse anpassen. Ab Werk ist hier Mono-Betrieb eingestellt.

(Bild: Dieter Stork)

SOUNDS & MÖGLICHKEITEN

Der Übersicht halber hier vorab ein paar Stichpunkte zu den Möglichkeiten des Pedals: Das M305 bietet sechs Sound-Modi, Steuerung per Tap Tempo oder Expression-Pedal, verschiedene Stereo-Optionen, umschaltbaren Bypass sowie einen dynamisch über den Anschlag steuerbaren Envelope Mode, der mit allen Sounds nutzbar ist. Dank einer klugen LED-Konfiguration ist man auch immer recht gut darüber informiert, welche Variante man gerade nutzt.

Der Reihe nach: Die erste Steuerungsebene läuft konventionell über drei Potis: Speed regelt die Geschwindigkeit des Effekts, Depth die Intensität, Gain die Ausgangslautstärke. Letzteres ist als Push-Poti konzipiert und schaltet bei jedem Drücken in einen anderen Modus um, der von einer Reihe kleiner LEDs zwischen den Reglern angezeigt wird. Gestartet wird oben links mit einer grünen LED, dann folgt eine rote Leuchte rechts daneben, danach geht es wieder grün eine Etage tiefer weiter. Der letzte Sound wird dann unten rechts in Rot angezeigt. Schaltet man weiter, beginnt das Auswahl-Procedere von vorne. Im Standard-Modus zeigen die kleinen LEDs den ausgewählten Sound und blinken im Takt der Speed-Stellung, die blaue Power-LED leuchtet durchgängig.

Im Testbetrieb zeigte sich, dass der mit „Gain“ betitelte Ausgangsregler in der rechten Hälfte des Regelwegs stehen sollte, um eine einheitliche Lautstärke zwischen Effekt- und Bypass-Signal zu gewährleisten, das Spektrum von Speed reicht von sehr langsam bis zum rapiden Flackern, in Kombination mit Depth ist also schon mal eine Vielzahl an Sounds zwischen dezent und ultrapräsent möglich.

Stufe zwei der Möglichkeiten erreichen wir über die Auswahl der Sounds – oder Styles, wie es in der englischsprachigen Bedienungsanleitung heißt. Diese ist übrigens wieder ausschließlich digital auf der MXR-Webseite abzurufen. Das M305 bietet insgesamt sechs solcher Stile. Variante 1 nennt sich MXR und bildet den Klang des M159 nach, mit Bias folgt ein Sound in klassisch-kalifornischer Manier, dazu gibt es mit Revo und Opto zwei Versionen eines optischen Tremolos, zunächst in umgekehrter Anordnung mit extremeren Amplituden und dann in der sanft-pulsierenden Vintage-Version. Die Optionen fünf und sechs liefern zum Abschluss noch zwei sehr prägnante Sounds: Square (SQR) bietet sich mit seiner Rechteck-Wellenform für abgehackte und intensive Klänge an, Harm liefert eine Modulation mit, die in Richtung Uni-Vibe reicht und sich an Brands wie Magnatone anlehnt.

BEDIENUNG & EXTRAS

Wir haben bis hierhin also sechs zum Teil recht unterschiedliche Grund-Sounds in einem Pedal vereint, unter denen zahlreiche Tremolo-Fans den für sie passenden finden sollten. Ein weiterer dicker Pluspunkt liegt jedoch in der Steuerung der Parameter per Fuß. Hier kommt nun die unterhalb des Outputs montierte Control-Buchse (Ctr) ins Spiel. Sie bietet zwei unterschiedliche Funktionen an, zwischen denen über einen Minischalter gewählt werden kann.

Um bei Stereo-Sounds zwei separate Ausgänge zu haben, kann die CTR-Buchse genutzt werden. (Bild: Dieter Stork)

Wir schauen zunächst auf die Option Tap/Exp: Die relativ konventionelle Variante ist dabei die Steuerung der Tremolo-Geschwindigkeit via Tap-Tempo-Schalter, um den Effekt an den jeweiligen Song oder Part anzupassen. Vor allem beim Einsatz der Rechteck-Option bietet sich ein derartiger Einsatz an. Wer gerne etwas tiefer in die Parameter-Kontrolle abtaucht, sollte hier ein Expression-Pedal anschließen. Damit lassen sich nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die anderen beiden Parameter steuern, und zwar stufenlos. Man stellt zunächst mit durchgedrücktem Pedal die gewünschten Maximal-Einstellungen von Gain, Speed und Depth ein und in der Fersenposition dann die minimalen Werte. So kann der Effekt je nach Setting schneller/ langsamer, intensiver/dezenter oder lauter/leiser – oder in einer beliebigen Kombination davon – pedaliert werden. Für Freunde origineller Effekt-Sounds ist diese Option eine wahre Wonne.

Doch die Control-Buchse bietet noch eine zweite, komplett andere Möglichkeit – sie lässt sich auch als Audio-Ausgang nutzen. Generell kann das M159 auch über den normalen Output ein Stereo-Signal ausgeben, das via Splitkabel etwa in zwei Amps geführt wird. Wenn der Mini-Switch an der Control-Buchse nach rechts geschoben wird (Audio), lässt sich an dieser Buchse via Standard-Klinkenkabel ein Teil des Stereo-Signals ausführen, die Out-Buchse wandelt sich dann ebenfalls zu einem Mono-Ausgang und steuert den zweiten Part bei. Zusätzlich bietet das Tremolo die Möglichkeit, zwischen True Bypass und Buffered Bypass zu wählen. Auch dieser Wechsel geschieht über das Gain-Poti. Wenn man alle drei Regler nach links dreht und Gain fünf Sekunden drückt, dann wechselt der Status von True nach Buffered.

Doch damit noch immer nicht genug: Eine letzte Sonderfunktion des Neulings wendet sich dann noch einmal dem Sound und dessen Steuerung zu. Im Envelope Mode lassen sich die Werte für Speed und Depth mit dem Anschlag steuern. Angewählt wird er wiederum über das omnipräsente Gain-Poti – in diesem Fall wird es drei Sekunden lang gedrückt gehalten. Danach werden die maximalen Werte von Speed und Depth mit gedrücktem Gain eingestellt. Dieser Modus funktioniert für alle Grund-Sounds, zur optischen Übersicht tauschen die LEDs dabei ihre Funktionen: Die Power-LED blinkt im Takt, die Leuchte des ausgewählten Stils strahlt dauerhaft.

Auf den ersten Blick liest sich das jetzt vielleicht etwas aufwändig und kompliziert, in der Praxis lassen sich die zahlreichen Optionen jedoch nach kurzer Einarbeitung recht schnell und einfach justieren und bedienen. Neben den durch die Bank guten Grund-Sounds überzeugt MXRs neues Tremolo mit kreativen Möglichkeiten, die zum Experimentieren und Klangbasteln einladen – und vielleicht am Ende zu ganz neuen Sounds und Parts führen, die man so vorher gar nicht auf dem Schirm hatte. Ein Beispiel aus der Testpraxis: Dem M159 vorgeschaltet war ein Verzerrer, hinter ihm im Signalweg lag ein Delay. Gespielt wurden dabei ausschließlich Flageolett-Töne.

Das Resultat war ein ungewöhnlicher Part, den man nach ein wenig Strukturierung problemlos in einen Song hätte einpassen können. Wer sich weitergehend mit dem Pedal beschäftigt, findet sicher noch jede Menge anderer Klangwelten. An dieser Stelle sei auch noch mal explizit die Steuerung via Pedal erwähnt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Tremolos stehen bei vielen Gitarristen nicht eben ganz weit oben auf der Wunschliste. Das M159 hat das Potential, diesen Status quo zu ändern. Mit sechs guten Grund-Sounds, einem ausgefuchsten Bedienkonzept und Sonderfunktion, wie dem Envelope Mode, avanciert es zu einem echten Kreativ-Tool, das man gar nicht mehr ausschalten mag, wenn man dessen Möglichkeiten nach und nach entdeckt und auszuschöpfen beginnt. Wer sich für die tiefere Erkundung ein wenig Zeit lassen will, kann im ersten Schritt auch ganz einfach nur Tremolo-getränkte Nummern wie ‚How Soon Is Now‘ von den Smiths, das kultige ‚Dark Night‘ aus dem Soundtrack von ‚From Dusk Till Dawn‘ oder Green Days ‚Boulevard Of Broken Dreams‘ intonieren und sich einfach an den Sounds des Pedals erfreuen. So oder so: MXRs neues Tremolo ist ein Volltreffer.

PLUS

  • sechs Grund-Sounds
  • Klangqualität
  • Tap- & Expression-Features
  • dynamischer Envelope Mode
  • Routing-Optionen

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

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