Gar nicht so verrückt!

Test: Mad Professor Loud’n Proud & Double Moon

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Mad-Professor-Pedale sind seit Jahren fest etabliert in der Effektpedalszene. Zusammen mit Fulltone, Xotic, JHS oder Keeley definieren die Pedale aus Finnland die perfekte Balance zwischen Boutique und Consumer. Dabei sind die Treter in der Regel gar nicht so verrückt, wie es der Name nahelegt, sondern meist ganz schön praxistauglich.

Die beiden Neulinge im Stall sind der Double Moon, ein kompaktes Chorus-Ensemble, das neben verschiedenen Chorus-Sounds auch Flanger- und einen Vibrato-Effekt anbietet, und der Loud’n Proud, ein Overdrive-Distortion-Fuzz-Grenzgänger mit umfangreichen Regelmöglichkeiten. Damit sind die Testschwerpunkte vorgegeben, neben der obligatorischen Prüfung der Klangqualität, wird angesichts der Angebotsfülle beider Pedale auch ein Blick auf die Bedienbarkeit notwendig sein.

Anzeige

Drei in Eins

Trotz voll bestückter Platinen findet sich in beiden Pedalen noch Platz für eine Batterie. (Bild: Dieter Stork)

Der Loud’n Proud soll britisch klingen. Ein Anspruch, den er mit gefühlt der Hälfte aller Overdrive/Distortion-Pedale teilt. Aber der Mad Professor nimmt es damit genauer und konkretisiert seine Sound-Ambitionen auf den Marshall-Sound, der unsere Hörgewohnheiten seit Ende der 60er-Jahre prägt: Der Loud’n’Proud ist ein 4-Input-Plexi-Klon-in-a-Box!

Es geht um den Sound, den wir z. B. auf den klassischen Rock-Alben von AC/DC, Cream, Jimi Hendrix, Led Zeppelin und Free hören. Damit es sich so anhört und anfühlt wie vor etwa 50 Jahren, wurde von den Finnen der komplette Signalweg – nicht nur der Vorstufe, sondern auch die relevanten Endstufenteile – nachgebildet. Da der Original-Sound aber nur über einen für heutige Verhältnisse geringen Verzerrungsgrad verfügt, wurde dem Loud’n Proud noch eine zweite Verzerrer-Einheit spendiert, die entweder als vorgeschalteter Germanium-Fuzz für mehr Gain, oder als Booster für mehr Lautstärke sorgen kann.

Zusammen mit den umfangreichen Regelmöglichkeiten wird das Pedal durch die Kombination der beiden Zerreinheiten ziemlich vielseitig. Der Amp-Simulator ist mit der typischen Klangregelung aus Bass, Middle, Treble und Presence gut abstimmbar, ohne dass der Ton gänzlich verbogen werden kann. Eine weitere Variationsmöglichkeit erlaubt der linke der beiden Minischalter. In der linken Stellung des Character-Schalters wird der Ton komprimierter in der rechten Stellung offener. Das Gain-Poti regelt den Zerrgrad bis in den Medium-Gain-Bereich und das Volume-Poti bändigt die ziemlich kräftige Ausgangslautstärke gleichmäßig und effektiv.

Rechts vorne sitzen die Regler der Fuzz-Einheit, ein weiterer Minischalter, um zwischen Booster und Fuzz umzuschalten, ein gemeinsamer Gain-Regler für Booster und Fuzz, sowie ein Lautstärkeregler für das Fuzz. All das findet in dem kompakten Hammond-Gehäuse im BB-Format Platz und ist hinsichtlich Verarbeitung und Bauteilequalität auf dem von den Finnen gewohnten hohen Niveau. Zwei solide Fußschalter mit deutlich spürbarem Druckpunkt aktivieren jeweils die Verzerrereinheiten, was mit den sehr hell-leuchtenden LEDs auch unzweifelhaft angezeigt wird. Seitdem die SMD-Technik zum Standard auch im Aufbau von Effektpedalen avanciert ist, ist es leider immer schwieriger, den Pedalen über die verwendeten Bauteile Klanggeheimnisse zu entlocken. Also konzentrieren wir uns auf das, was es zu Hören gibt. Das ist eh die entscheidende Instanz.

Let there be (Classic-)Rock! Ein erster Klangcheck als vorgeschaltetes Verzerrerpedal lässt tatsächlich den rauen, rotzigen Marshall-Sound der 60er-Jahre aufleben. Ziemlich authentisch rotzt der Loud’n Proud genau die Frequenzen in das Band-Gefüge, die es der Gitarre leicht machen, sich Gehör zu verschaffen. Sehr gut! Dabei klingt das Pedal auch schon ohne die vorgeschaltete Fuzz-Einheit ziemlich fuzzy. Von einem modernen Distortion-Sound ist der Loud’n Proud mindestens genau so weit entfernt wie von einem harmlos-süßlichen Overdrive. In Kombination von Amp-Simulation und zugeschaltetem Fuzz geht es dann richtig los: Hier rockt die Luzy! Das Ding will kreischen, jaulen heulen – am liebsten in minutenlangen Soli. Die Amp-Simulation und das Fuzz passen wirklich perfekt zueinander – ein Traumpaar! Und auch der Booster ist richtig klasse: sehr praktisch, um z. B. beim Solo mehr Gas zu geben. Maximal 13 dB schafft er. Aber schon maßvollere Einstellungen machen sich durch eine angenehme Extraportion Gain und Punch bemerkbar. Nur schade, dass man sich entscheiden muss, ob man nun den Booster oder das Fuzz nutzen möchte.

Durch diese positiven Erfahrungen bestärkt, habe ich den Loud’n Proud auch mal direkt über eine Lautsprechersimulation in die PA gejagt. Und ja! Das kann er auch ziemlich überzeugend. Der Amp-like-Sound des Loud’n Proud lässt einen schon mal grübeln, ob man den schweren Verstärker für den ein oder anderen Gig nicht mal zu Hause lassen will. Last but not least muss auch die Qualität der Fuzz-Einheit gelobt werden. Die Boost/Fuzz-Einheit kann ja auch alleine betrieben werden. Bei der Fuzz-Schaltung wurde nicht die oft grell schreiende Silizium-Variante, sondern die samtig-weichere Germanium-Variante verwendet. Für mich eine gute Entscheidung, denn Germanium-Fuzz klingen in meinen Ohren auch als Einzeleffekte deutlich verträglicher als ihre Silizium-Verwandten. Insgesamt stehen mit dem Loud’n Proud also drei vollwertige und auch eigenständig zu nutzende Effekte zur Verfügung, die klanglich alle zu begeistern wissen.

Analoger Tausendsassa

(Bild: Dieter Stork)

Auch beim Double Moon hat man grundsätzlich eine 3-in-1-Lösung vor sich. In dem kleinen Hammond-B-Gehäuse finden die drei wichtigsten Modulationseffekte, Chorus, Flanger und Vibrato Platz. Damit ist der Double Moon ein echter Spezialist für schwebende Modulationen. Der Schwerpunkt des Pedals liegt im Chorus-Bereich: drei einfache und drei Dual-Chorus-Typen können mit dem 11-fach Drehschalter vorgewählt werden. Dazu gibt es noch drei Flanger-Sounds, eine Chorus-Flanger-Kombination und ein Vibrato. Alle Sounds sind über vier weitere Regler umfangreich abzustimmen. Neben den für Modulationen typischen Parametern Speed (Modulationsgeschwindigkeit) und Depth (Modulationstiefe) können über das Tone-Poti die Höhen reduziert werden. Was das Control-Poti regelt, hängt von dem vorgewählten Effekt ab: Für die verschiedenen Chorus-Effekte und den Vibratoeffekt kümmert er sich meist um die LFO Wellenform. In den Flanger-Modi übernimmt er die Funktion Regeneration, bestimmt also den Anteil des wieder in die Schaltung zugeführten Effektanteils. Soweit so gut! Chorus-Pedale mit ähnlichem Funktionsumfang gibt es schon einige auf dem Markt. Aber was mich stutzig macht, ist die Anmerkung in dem mitgelieferten Manual, dass der Double Moon dieses Modulationsfeuerwerk über einen rein analogen Signalweg mit Hilfe der klassischen Eimerkettenspeicher-Technik (Bucket Brigade) realisiert.

Das ist wirklich bemerkenswert, denn einerseits wird die analoge Wärme und Tiefe der Bucket Brigade ICs natürlich immer noch sehr geschätzt, andererseits hat die analoge Technik natürlich v. a. in Bezug auf Flexibiltät ihre Grenzen. Der Hörtest wird zeigen, ob die Klangqualität stimmt und die versprochene Flexibiltät sich auch in deutlich unterscheidbaren Sounds bemerkbar macht … und wie die Klangqualität stimmt! Schon die Chorus-Sounds begeistern mit der bereits oben angesprochenen Wärme und Tiefe. Die drei ersten Chorus-Sounds unterscheiden sich in der Effektbreite. Von einem dezenten unaufdringlichen Schweben in Position C1 bis zu einer breiten Raumfüllung in Position C3 reicht das Spektrum.

Auch die Dual-Chorus-Effekte in den Positionen DC1 bis DC3 unterscheiden sich untereinander in der Effektbreite. Gegenüber den ersten drei Chorus-Positionen sind die Modulationen deutlicher und wirken gleichzeitig feiner und heller. In Position DC3 kommt zu dem Schweben bereits ein vibratoähnliches Leiern hinzu. Hier wandelt man auf den Pfaden des legendären Uni-Vibe. Mehr Leiern gibt es dann im Vibrato-Modus – je nach Bedarf von dezent klagend zu laut jammernd. So wie es sein soll! Die Flanger-Sounds F1 und F2 sind klassisch kräftig, F2 ist etwas breiter als F1. Der „DF“-Sound moduliert weniger, am meisten schwebt es in der Chorus-Flanger-Kombination „CF“.

Eine kleine Merkwürdigkeit kann man bei den Flangersounds feststellen: Werden Controlund Tone-Regler über 12 Uhr aufgedreht, quittiert das der Double Moon mit eine lauten rhythmischen „Zwitschern“. Wenn man die Selbstoszillation nicht provozieren will, kommt man prima damit aus, zumindest einen der beiden Regler nicht über 12 Uhr zu bewegen. Ich finde sowieso, dass die Mittelstellung der Depth-, Tone- und Control-Potis eine perfekte Ausgangseinstellung ist, von der man nicht unbedingt abweichen muss. Rauschen oder sonstige Störgeräusche sind kein Thema und die einzelnen Chorustypen sind deutlich zu unterscheiden.

Kaum zu glauben, dass dies mit analoger Technik realisiert wird! Ich bin beeindruckt! Umso mehr, da auch die beiden anderen Effekte, Flanger und Vibrato, deutlich mehr als eine nette Dreingabe zum Chorus-Pedal sind. Mithilfe der Feinabstimmungen über Speed, Depth, Tone und Control ist eine dermaßen große Bandbreite an Sounds möglich, dass eigentlich keine Wünsche offen bleiben. Dabei bleibt die Bedienbarkeit kinderleicht, denn alle Parameter sind direkt zugänglich.

Dafür nehme wohl nicht nur ich gerne in Kauf, dass keine Presets abgespeichert werden können. Wenn ich auf diesem hohen Niveau unbedingt meckern muss, würde ich mir bei dem 11-fach-Poti etwas deutlicher einrastende Positionen wünschen. Aber das ist jetzt wirklich eine Marginalie. Alles andere an dem Double Moon stimmt: Konzept, Verarbeitung und Sound sind erstklassig.

Alternativen

Bei Effektpedalen Alternativen aufzulisten, ist schon eine Herausforderung. Insbesondere da es unter den unzähligen Verzerrern wiederum unzählige Typen gibt, die einen Plexi-Sound imitieren. Aber klassische Vertreter wie z. B. der Wampler Plexidrive, Catalinbread Dirty Little Secret oder der Carl Martin Plexitone klingen alle deutlich glatter als der Mad Professor. Und die Fuzz/Plexi-Kombination ist m. W. auch bisher noch nicht auf dem Markt. Auch im Meer der Chorus-Pedale schwimmen jede Menge tolle analoge Geräte und jede Menge – in der Regel digitale – Modulationsmultis. In der gebotenen Qualität und mit dem Funktionsumfang ist der Double Moon als Analog-Chorus aber doch alleinstehend.

Resümee

Mad-Professor-Pedale sind nicht billig, aber in der Regel jeden Cent wert. Konzept, Umsetzung und Ergebnis stimmen bei den Finnen. So auch hier: Die Klangqualität bei beiden Pedalen ist über jeden Zweifel erhaben. Der Loud’n Proud hat den Klang, der sich seit den 60er-70er-Jahre in unseren Gehörgängen festgesetzt hat, in ein kompaktes Pedal gepackt. Über eine gute Lautsprechersimulation gespielt, kann der Classic-Rock-Gitarrist seinen schweren Verstärker ruhig mal zu Hause lassen.

Der Double Moon hat Ähnliches für die Modulations-Sounds geschafft. Unterschiedliche Chorus-Klänge samt Flanger und Vibrato finden in dem kompakten Pedal Platz und lassen sich schnell und einfach abrufen. Der Double Moon schafft mit seinem Klangangebot bei Bedarf ordentlich Platz auf dem Effektboard. Angesichts des Gebotenen geht der aufgerufene Preis bei beiden Pedalen völlig in Ordnung!

PLUS

  • Klangqualität
  • Verarbeitung
  • Qualität der Bauteile
  • Dynamik (Loud’n Proud)
  • Variabilität (Loud’n Proud)
  • Klangvielfalt (Double Moon)

MINUS

  • Rasterung des Wahlschalters (Double Moon)

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2019) 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.