Klangscharfer Fächer

Test: LTD by ESP B-1004 MS Natural Satin

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(Bild: Dieter Stork)

In der B-Serie von LTD, der 1996 gegründeten Tochter von ESP, tummeln sich Bässe vom Vier- bis zum Achtsaiter, bundiert wie bundlos, für Rechts- wie Linkshänder. Und nun in der Deluxe-Reihe auch Multiscale-Bässe.

Manchen schrecken sie ab, manche hingegen finden sie sogar ergonomischer zu spielen als solche mit normaler Bundierung. LTD lässt uns die Wahl, denn den B-1004 gibt es als normalen Longscale-Bass, und eben als B-1004 MS mit Fächerbundierung. Mal sehen, was letzterer so zu bieten hat.

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GLOBALISIERTE BAUTEILE

„Rustikal“ ist das erste, was mir in den Sinn schießt, als ich des LTDs ansichtig werde. Dunkle oder dunkel gebeizte Hölzer in rötlichen bis rötlich-braunen Tönen bestimmen die Optik. Grundlage für den Korpus, der sich bei genauem Hinsehen als dreiteilig entpuppt, ist Sumpfesche. Darauf findet sich eine dicke Decke aus mittelamerikanischem Zirikote, einem schnell wachsenden und dabei attraktiven Rohstoff.

Der Hals besteht aus drei Streifen afrikanischer Wenge, gesperrt mit zwei Streifen Purple Heart, einem in Zentral- und Südamerika beheimateten Holz. Ebenfalls südamerikanisches Pau Ferro mit Lagenmarkierungen aus echten Abalone-Dots stellt das Griffbrett zur Schau. Eine Lage Zirikote auf der abgewinkelten und mit einer ordentlichen Volute am Übergang versehenen Kopfplatte vervollständigt die Holzkomposition. Ganz global also, gefertigt in Indonesien.

Aus dem japanischen Mutterland von ESP/LTD kommen die hervorragenden Gotoh-Tuner, während die Hipshot-Solo-Brückenelemente aus den USA stammen, wie auch die Nordstrand-Big-Split-Tonabnehmer.

Der Bass fasst sich sehr holzig an, alle verwendeten Hölzer haben ausgeprägte Poren und/oder Maserung, die nicht unter dem Finish verschwinden. Die Verarbeitung ist dabei tadellos, die Halstasche ist passgenau, alle Shapings sehr sauber ausgearbeitet, was vor allem der Decke eine für mich sehr ansprechende Kontur verleiht.

Leider nicht so tadellos ist die Werkseinstellung. Na gut, da kann ich ja gleich testen, wie leicht Justierungen von der Hand gehen. Die Halskrümmung lässt sich an der Kopfplatte verstellen, ein Schräubchen zu lösen reicht, um den Zugang frei zu machen. Die eleganten Solo-Saitenreiter, in die die Saiten einfach eingehängt werden, sind wie gewohnt mit zwei Madenschrauben in der Höhe zu verstellen.

Das Lösen eines weiteren Schräubchens lässt die Justage des Saitenabstands zu, der aber schon perfekt an die Pickups angepasst ist. Noch die Oktave nachgestellt, und schon sieht es mit der Bespielbarkeit ganz anders aus. Im Normalfall würde so etwas ja vor dem Verkauf oder dem Ausstellen im Laden passieren.

Hervorstechendstes Merkmal des B-1004 MS ist natürlich die Fächerbundierung. Das 14. Bundstäbchen sitzt wie gewohnt gerade im Griffbrett, alles davor und danach neigt sich immer stärker, je weiter es auf den Sattel respektive das Griffbrettende zugeht.

Das ergibt dann für die G-Saite eine Mensur von ganz normalen 34 Zoll, für die E-Saite eine extralange von 36,25 Zoll, also fast 6 cm mehr. Dabei ist der gesamte Bass nicht ausladender als ein normaler, das hat ESP gut gelöst. Mittlerweile sind Multiscale-Bässe nicht mehr ganz so exotisch, wer noch nie einen in der Hand hatte, sollte das mal vorurteilsfrei nachholen. Je weniger man über die erstmal ungewohnte Bundierung nachdenkt, desto leichter geht’s von der Hand, die Umstellung geht erstaunlich schnell vonstatten.

Der Bass ist im Stehen wie im Sitzen bestens ausbalanciert, da macht sich das mittlere, nicht zu leichte Gewicht positiv bemerkbar. Der schlanke Hals ist über eine lange Zunge am Korpus sechsfach so verschraubt, dass auch der Zugang zu den hohen Lagen kein Problem darstellt, während die tiefen Lagen nicht weiter weg sind als sonst auch. Also nach den anfänglichen Einstellarbeiten alles bestens? Fast …

Jedes tiefe F auf der E-Saite löst ein ordentliches Pieken des Sattels in den Zeigefinger aus. Extrem scharfkantig, im spitzen Winkel, und bedingt durch den Fächer so, dass man den Ton gar nicht anders greifen kann, ist das dringend überarbeitungsbedürftig. Apropos überarbeiten, die etwas robuste gemeinsame Erdung der vier separaten Brückenelemente durch einen untergelegten Streifen Kupferfolie ist in dieser Preisklasse auch nicht so ganz das Gelbe vom Ei …

Solo-Saitenreiter zum Einhängen der Saiten. Höhe und Abstand lassen sich über die Schräubchen einstellen. (Bild: Dieter Stork)

PRÄZISION IN ALLEN LAGEN

Trocken angespielt fallen direkt einige Dinge auf: Das Sustain ist auf allen Saiten und in allen Lagen auffallend lang. Als Daumenauflage taugen die schräg gestellten Tonabnehmer nur bedingt, man gewöhnt sich aber daran. Die Spannung der Saiten untereinander ist deutlich ausgeglichener als bei einer normalen Mensur. Alle Töne haben Punch und eine Klarheit, die gemeinhin als Piano-Ton geläufig ist, da eben jenes seit jeher längere Saiten für tiefere Töne hat. Beste Voraussetzungen also für einen guten Ton, und mit Nordstrand-Pickups ebenso gute Voraussetzungen, den auch in den Amp zu bekommen.

Die Nordstrand-Big-Split sind Humbucker und damit in jeder Stellung des Balance-Reglers brummfrei. Im Passivbetrieb, den man über den äußeren Minischalter abruft, funktioniert nur noch der Volume-Regler. Aktiv steht zusätzlich ein Dreiband-EQ zur Verfügung. Kuriosität am Rande: Der EQ ist nicht in der Reihenfolge Bässe, Mitten, Höhen verbaut, wie das die erklärende Folie vermittelt, sondern der Mittenregler sitzt ganz außen.

So oder so, die Pickups stehen dem B-1004 sehr gut zu Gesicht und der EQ ergänzt das ganz fantastisch. Schon der Passivton ist transparent, mit sattem Bass- und Mittenfundament. Der Hals-Pickup klingt alleine etwas rauer als die glatt-ausgewogene Mittelstellung, während der Stegabnehmer solo dann doch etwas dünn wird. Für echte Tragfähigkeit sitzt er zu dicht am Steg, aber unter anderem dafür gibt es ja den aktiven EQ.

Der kann mit Bass und Tiefmitten auf 400 Hz satt unterfüttern, mit zurückgedrehten Höhen, die mich für das Fehlen eines passiven Tonpotis entschädigen, geht es sogar ein bisschen in Richtung Jaco. Wer die schon reichlich vorhandene Klarheit noch weitertreiben möchte, wird mit etwas zurückgenommenen Mitten auf 800 Hz und aufgedrehten Höhen, die erstaunlich rauscharm sind, glücklich.

Das üppig ausgestattete Bedienfeld für Aktiv- und Passiv-Betrieb (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Nach etwas Arbeit am Testobjekt hat mich der LTD B-1004 MS mit seiner leichten Bespielbarkeit, sehr guten Balance und präzisen Tonwiedergabe überzeugt. Fanned Frets sind im Metal-Bereich beliebt, weil sie mit der längeren Mensur der tiefen Saiten zum Herunterstimmen prädestiniert sind, was auch der LTD tadellos meistert. Mit den werksseitigen D‘Addario 45 auf 105 ist die Spannung einen Ganzton tiefer noch perfekt.

Der ABQ-3MS-Equalizer liefert bei Anhebungen wie Absenkungen gute, flexible Ergebnisse, und das nicht nur für Metal. Mir gefallen auch die offenporigen Hölzer, sowohl optisch wie auch haptisch. Wenn die Endkontrolle jetzt noch ein bisschen mehr ins Detail ginge … Der Preis geht auf jeden Fall für diesen schnittigen Bass, dem die Fächerbundierung in jeder Hinsicht gut steht, voll in Ordnung.

PLUS

● Sound
● Bespielbarkeit nach Justage
● Balance
● Pickups und EQ

MINUS

● Werkseinstellung & Sattel

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2020)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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