Vintage für Fortgeschrittene

Test: LSL Instruments Saticoy SSH “Kassi”

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LSL Instruments Saticoy(Bild: Dieter Stork)

The Art of Simplicity. Immer wieder erregt das Einfache, das Grundlegende, das Profane unser Interesse, also Hals auf Brett geschraubt. Da muss es halt in der Wurzel stimmen. Wir erwarten unmittelbare Klarheit, ja grundlegende Ehrlichkeit, und solche Eigenschaften lassen sich an Bewährtem stets am besten messen.

LSL ist das Kürzel für Lance S. Lerman. Zusammen mit seiner Frau gründete der die gleichnamige Boutique-Schmiede in Santa Clarita/California, deren Ruf in Spielerkreisen schnell Geheimtipp-Status erreichte. Dabei begann mal wieder alles ganz amerikanisch in einer Garage, wo sich Lance 2008 auf die Suche nach seiner ganz persönlichen Traumgitarre machte, da er sich die begehrte 52er Telecaster einfach nicht leisten konnte.

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Zuvor hatte der erfahrene Holzfachmann langjährig in China für die Möbelindustrie gearbeitet, nachts aber auch in Bars gespielt. Im Gitarrenbau war er nicht ganz unerfahren, darin hatte er sich zuvor schon versucht – nun aber nahm er es ernst: „Ich wusste, dass ich es kann. Die T-Bone entstand also aus dem dringenden Bedürfnis nach einer Gitarre, die sich spielt und klingt wie die wahre Sache, die Art von Instrument, das auf magische Weise die Musik aus dir heraussaugt!“ Einen Dank an dieser Stelle an LKG Guitars, die uns „Kassi“ für den Test zur Verfügung gestellt haben.

REAL AMERICAN MASTERBUILT GUITAR

Lance S. Lerman stellte nach und nach ein umfassendes Programm von Solidbody-Modellen kalifornischer Bauart zusammen. T-Style und S-Style Schraubhalsgitarren sind heute von vintage bis modern in allen Variationen zu haben, ergänzt inzwischen auch um eine semiakustische Version, einen Bass und sogar auch eine Set-NeckVariante. Überdies wird dem Kunden Zugriff auf viele Komponenten im Rahmen der Modellstruktur gewährt.

Alle LSL-Instrumente werden auch heute noch – inzwischen konnte man sich international etablieren – in kleinen Stückzahlen von Hand gebaut, also keineswegs nur aus vorgefertigten Parts zusammengeschraubt. Hals und Korpus bekommen jeweils ein individuelles Shaping, der Body etwa zeigt beim Testmodell im Verhältnis zum Original leicht modifizierte Konturen, in den Worten von Lance S. Lerman ein „sexier, smoother, more flowing shape“ – nun, so viel anders ist da wirklich nichts.

Eine gewisse Traditionstreue ist wohl Pflicht in dieser Sparte der historisierenden Umsetzung herkömmlicher Designs, und wenn schon auslegen, dann bitte mit Gefühl. Klar – prinzipiell alles schon mal dagewesen, aber da die Originale für arbeitende Musiker längst nicht mehr erreichbar sind, ist es kein Wunder, dass Spezialisten wie Lerman alles daran setzen, es ebenso gut, wenn nicht gar besser zu machen als seinerzeit die lediglich angelernten und schlecht bezahlten mexikanischen Arbeiter in der Fender-Fabrik.

Das vorliegende Modell „Kassi“ – jede LSL-Gitarre wird auf einen Mädchennamen getauft – verfügt über einen mittig gefügten Swamp-Ash-Body mit den bekannten Konturen von gut 44 mm Stärke, dünn mit einer Nitrolackierung in 3-Tone-Sunburst versiegelt und einer gut gemachten Heavy-Aging-Prozedur unterzogen.

LSL Instruments Saticoy
Einteiliger Baked-Maple-Neck mit perfeker Bundierung (Bild: Dieter Stork)

Der über eine Halsplatte aufgeschraubte Baked-Maple-Neck mit Medium C-Profil (Radius 9,5″) – ganz klassisch mit Skunk Stripe im Halsrücken, da einteilig mit demgemäß von hinten eingesetztem Stellstab – sitzt ultragenau angepasst in der Korpustasche und beherbergt 21 vortrefflich kantenrund abgeglichene Vintage-Style6105-Medium-Jumbo-Bünde und schwarze Dot Inlays in seiner Greiffläche.

Die parallel herausgeführte, formal leicht abgewandelte Kopfplatte ist mit Kluson-Style-Mechaniken ausgestattet; ein Stringtree hält die zwei hohen Saiten nieder. Mit geradem Zug werden die Saiten über den schmalen Knochensattel hinüber zum LSL Vintage Tremolo geführt, ein an sechs Schrauben gestütztes System mit Bugblechreitern und zweiteiligem Messingblock, aufgehängt an drei Federn. In der Federkammer finden wir die Signatur des Gitarrenbauers, handschriftlich ergänzt um den Instrumentennamen und das Baudatum.

Die Elektrik ist auf ein künstlich gealtertes dreilagiges Pickguard montiert und umfasst von Hand gewickelte LSL Pickups in SSH-Konfiguration: zwei 50s-Style-Singlecoils in Hals- und Mittelposition und ein Medium-Output-Humbucker mit Nickelkappe am Steg. Angewählt werden die von einem 5-Weg-Schalter, gesteuert von einem Volume- und zwei Tone-Reglern (der untere mit Push/Pull-Coil-Split-Funktion für den Humbucker). Verbaut sind CTS Pots mit Fiber Covered Wire und Mojo Dijon Capacitors. Alle Hardware und Plastik-Parts werden bei LSL einem hausinternen Aging unterzogen. Geliefert wird das in jeder Hinsicht höchst präzise gefertigte Instrument in einem G&G Quality Case.

LSL Instruments Saticoy
Von Hand gewickelte LSL-Pickups (Bild: Dieter Stork)

VINTAGE LOOK – AKTUALISIERTE FUNKTION

„Kassi“ ist ein junges Mädchen, für optimale Attraktivität auf alt und erfahren getrimmt. Macht das Sinn? Zumindest für Spieler, die an die guten alten Werte glauben, auch wenn sie lediglich durch optische Manipulation suggeriert werden. Wiederum also begünstigt durch das schon erwähnte Verlustgefühl, ein Original (ca. € 20.000 bis 40.000 – Wahnsinn) nicht mehr erreichen zu können. Aber Bashing allein würde ja auch nicht funktionieren. Schauen wir also einmal gelassen auf die inneren Werte der Dame:

Die Gitarre ist mit 3,25 kg ein angenehmes Leichtgewicht, das sich in bekannter Weise komfortabel an seinen Spieler schmiegt. Den sehr schön rundlich mit fluffigem Modern-C-Profil gestalteten Hals hat man erfreulicherweise von grober Schändung verschont, lediglich der Kopf zeigt ein paar kleinere Spuren. Gern hätte man sich auch die Entlackung im mittleren Bereich der Halsrückseite sparen können, aber immerhin beließ man ihn glatt.

Dank gratfreier Kanten der lackierten Greiffläche (ist ja kein Griffbrett aufgeleimt), sauberer Bundierung mit sorgfältiger Verrundung der Bundenden und perfekt eingestellter Saitenlage, spielt sich die Satiscoy ganz hervorragend über das gesamte Register hinweg. Der gute Eindruck wird ergänzt durch eine höchst homogene, helle und schwingfreudige, bemerkenswert obertonreiche Klangentfaltung – da hat man also schon einmal sehr viel richtig gemacht! Aber „entscheidend is auf’m Platz“ und dafür brauchen wir Verstärkung:

Am Amp erweisen sich die verbauten LSL-Pickups als kompetente Tonübersetzer der eher zurückhaltenden Art, zumindest was die Singlecoils angeht. In der Abteilung Clean sind mit den Einspulern zunächst einmal alle amtlichen California-Sounds zu erzielen, die dem S-Design nachgesagt werden: klare, perlende, höchst crisp aufgelöste Klänge von leichter Reizbarkeit.

Jede Fingerbewegung wird mit Präzision umgesetzt, der leicht glasige Ton steht immer weit vorn und verfügt über stark ausgeprägte Höhen. Akkorde zeigen sich im Bass knackig konturiert, in den Mitten weniger ausgeprägt und mit dieser schon akustisch bemerkten, überaus frischen Höhenentfaltung.

Wem das zuviel des Guten ist, der wird sich über den bestens operierenden Tone-Regler freuen. Der untere Regler wirkt im Übrigen auf den Steg-Pickup; der obere auf beide Singlecoils. Bedämpfungen über ihn schneiden Höhen, aber wenig Vitalität. Krass ist dann der Sprung an Lautstärke bei Anwahl des Steg-Pickups.

Obwohl der Humbucker von durchaus maßvollem Output ist, zeigt sich hier, wie ernst man den Begriff Low Output bei SCs nehmen kann. Rutschen wir den Schalter Schritt für Schritt durch, so springt schon Position 4, also Mittel-PU plus Steg-PU stark vor, an bissiger Dynamikzuspitzung nochmals gesteigert von der Alleinschaltung des Bridge-Humbuckers. Das kann man gut finden, da verschiedene Optionen für die spontane Klanggestaltung anliegen, ist aber wohl nicht jedermanns Cup of Tea.

Der Humbucker tönt also recht offensiv, zeigt auch eine freche Nase in den oberen Mitten, einen präsenten Quack, passt sich aber den Singlecoils stimmig an, sobald wir den Volume-Knopf unten für Split-Coil ziehen.

Gehen wir in Overdrive-Positionen des Amps, so herrscht ebenfalls die unmittelbare Präsenz der Darstellung vor. Nach markant umgesetztem Anschlag springt der kehlige Ton spontan in Position, stellt auch in der Betriebsart Zerre die Höhen sehr stark heraus und lässt es an Länge keineswegs mangeln.

Wir haben es dabei dennoch eher mit filigran durchsichtiger Tonwandlung zu tun, weniger mit kraftvollem Blues/Rock-Sound. Klar geht das auch, aber im Vergleich zu einer älteren Strat mit ähnlichen Pickup-Widerständen ist der Unterschied schon erheblich.

Als ich das zurate gezogene Modell von 1963 vor Jahren erwarb, stand ein weiterer Oldie zur Wahl. Ich erinnere mich gerade vielleicht nicht ohne Grund an den starken Unterschied zwischen diesen Probanden (Knopfler vs. SRV?). Will sagen: auch ältere Strats sind manchmal von dieser eher feinen Klangauflösung und nicht für alle Spieler ist Wumms richtig.

Den allerdings liefert auf gewisse Weise in der Saticoy der Medium Output Humbucker. Jedenfalls springt der auch in Zerrpositionen beim Umschalten entschieden vor und kommt mit einer Menge Schmiss und Twang an den Start, tönt kompakt und bissig, setzt sich also kraftvoll durch. Das mit dem schmallippigen Twang kann er als Singlecoil geschaltet (unterer Tone-Regler gezogen) natürlich auf rasiermesserscharfe Art und Weise dann noch mal besser.

Das recht weich aufgehängte Tremolo funktioniert bei maßvollem Gebrauch richtig gut und bietet weitgehend stimmstabiles Modulationsvergnügen. Hervorzuheben ist dabei noch, dass die von uns häufig kritisierte Nachlässigkeit (Vintage – ätsch!), hoch und scharf herausstehende Madenschrauben in den Saitenreitern zu installieren, bei diesem System vermieden wurde. Eine Kleinigkeit nur, aber doch von spieltechnischer Relevanz.

RESÜMEE

Bei der Satiscoy SSH „Kassi“ von LSL Instruments handelt es sich um eine höchst präzise von Hand gebaute Solidbody-Gitarre mit besten Spieleigenschaften und einem besonderen Tonverhalten. Der vorgelegten S-Style-Electric können wir ein ausdrucksstark offenes Timbre, intensives Schwingverhalten und besonders lebhafte Obertonentfaltung zusprechen, Eigenschaften, die von den Low-Output-Singlecoils und vom zurückhaltend gewickelten Humbucker in stimmige, höchst präsente Klangbilder gewandelt werden.

Die elektrische Auslegung dieser Version ist eher auf kultivierte, feingliedrige Anwendungen gerichtet, nicht so sehr auf saftige Blues/Rock-Sounds. Wer die will, sollte eine Ausführung mit Erlekorpus und stärkeren Pickups ordern, denn LSL Instruments bietet vollen Zugriff auf die Ausstattung.

„Kassi“ jedenfalls tönt speziell, aber das soll sie auch – Gemeinplätze gibt es doch eh schon genug. Überdies spielt sie sich mit ihrem großartig profilierten Hals plus blendend gemachter Bundierung außerordentlich gut und nimmt nicht nur damit im Segment des gehobenen Gitarrenbaus locker einen der oberen Plätze ein. Klare Empfehlung für Klangästheten!

PLUS

  • stimmiges Vintage+ Re-Design
  • intensives Schwingverhalten
  • eigenes Timbre
  • Low/Medium Output Pickups
  • differenzierte Sounds
  • Hals, Bundierung
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

LSL Instruments Saticoy

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2020)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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