Acoustic-Combo Deluxe

Test: Lirevo PAS80 Acoustic Amp

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(Bild: Dieter Stork)

Nachdem der chinesische Hersteller Acme Musical Instrument Co. einen deutschen Vertrieb gefunden hatte, tauchten im vergangenen Jahr die ersten Acoustic Amps unter dem Markennamen „Listen To The Real Voice“, kurz Lirevo, bei uns auf. Leider fand der Release bis jetzt noch wenig Beachtung. Im Rahmen seiner Pure Acoustic Sound Series bietet Acme drei Acoustic-Combos an, die sich hinsichtlich Endstufenleistung, Lautsprecherbestückung, Gehäusegröße und Gewicht unterscheiden. Ansonsten sind sie identisch – bis auf die doppelte Kanalzahl des Flaggschiffs PAS160. Wir haben den Mittleren, den PAS80, unter die Lupe genommen und ans Ohr gehalten.

AUFBAU

Wie seine Brüder kommt auch der Lirevo PAS80 im lackierten Gehäuse aus 14 mm Schichtholz. Die Ecken der Seitenwände hat man großzügig verrundet, alles weitere recht kantig belassen. Da Eckenschoner fehlen, die zugegebenermaßen das ansprechende Design gestört hätten, empfiehlt es sich, den Amp mit entsprechender Vorsicht zu transportieren. Große Gummifüße garantieren sicheren Stand, der kunstlederne Retro-Griff macht einen vertrauenswürdigen Eindruck.

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(Bild: Dieter Stork)

Ein abnehmbarer textilbespannter Frontrahmen, der die beiden 6,5″-Basslautsprecher und den 2″-Hochtöner schützt, wird von aufgetackerten Klettbändern gehalten. Sicherlich gibt es elegantere Lösungen. Das verschraubte Verstärkerchassis besteht aus cremefarben pulverbeschichtetem Stahlblech und trägt oben sämtliche Bedienelemente und die Inputs, hinten alle weiteren Anschlüsse. Da es auf der Oberseite fast bis zum Frontrahmen reicht, fungiert es gleichzeitig als Abschirmung. Beim Blick in die bis auf ein Bassreflexrohr geschlossene Lautsprecherkammer entdecke ich neben Dämmwatte auch die herausragenden Spitzen der Montageschrauben des an der Unterseite eingelassenen Stativflansches.

Angesichts der zu erwartenden Belastung des Flansches wären Einschlaggewinde zuverlässiger. Im Amp-Chassis treffe ich auf saubere, solide Verarbeitung, ordentlich montierte Platinen, die zusätzlich durch die verschraubten Potis, Klinken- und XLR-Buchsen stabilisiert werden. Gesteckte Flachbandkabel dominieren die Platinenverbindungen, den Netztrafo und das massive Kühlprofil der Endstufentransistoren hat man großzügig dimensioniert. Das sieht alles gut aus.

Identisch ausgestattete Kanäle (Bild: Dieter Stork)

Beide Kanäle des PAS80 sind identisch ausgestattet: Input (Klinke/ XLR-Kombibuchse), Mic/Line- und Phantom-Power-Schalter, die Taster Feedback Control (FBC, Tiefmittenabsenkung ca. 200-400Hz) und Exciter (Klangauffrischung), die Regler Gain, Bass, Mid, Treble sowie die Taster Phase (Phasenumkehr) und Tone (Mittenabsenkung, Höhenanhebung). Master-Volume, Aux In Level und ein Mute-Taster, der den Ausgang stumm schaltet, bilden die Master-Sektion.

Recht unorthodox sind Konzept und Bedienung der Effektabteilung. Das Rasterpoti Effect 1 wählt einen der acht Reverb- und zwei Delay-Typen. Je eine rote LED zeigt deren Auswahl an, die erste leuchtet, wenn diese Sektion ausgeschaltet ist. Der Time-Regler kontrolliert die Reverb Decay Time bzw. das Feedback der Delays. Effect 2 greift auf sechs Chorus-Effekte mit unterschiedlichen Rate-Settings und beginnt ebenfalls mit der Position Off. Der Depth-Regler bestimmt die Intensität des Chorus, während Effect Level den Pegel beider Effektsektionen festlegt.

Reichlich Anschlüsse und verständliche Beschriftungen (Bild: Dieter Stork)

Auf der Rückseite stehen Phones-Ausgang und Aux In als 3,5-mmStereoklinken zur Verfügung. Send und Return bilden eine serielle Loop für externe Effekte, Line Out liefert ein von der Klangreglung und den Effekten beeinflusstes Signal, die Ausgänge L-out und R-out sowie DI (XLR) Signale ohne EQ und Effekte. An die RJ45- Netzwerkbuchse wird das 3 m lange Kabel des optionalen 5-fachFußschalters angeschlossen. Netzanschluss mit integriertem Sicherungsfach und Netzschalter komplettieren das Anschlussfeld.

POWER ON

Während die Beschriftung der hinteren Anschlüsse der Rückseite keine Fragen offen lassen, hätte man die Time-Regler der Effektsektion treffender Decay/Feedback getauft. Die korrekte Schreibweise von „Depth“ scheint dem Hersteller auch nicht geläufig zu sein. Obgleich der PAS80 leicht und intuitiv zu handhaben ist, würde ich mir im offensichtlich online übersetzten englischen Manual ein paar technische Hinweise und Daten zu den Funktionen der Taster Feedback Control, Exciter und Tone wünschen. Aber okay, man hört ja was passiert. Mangels Info stelle ich erst bei der Bedienung der Potis fest, dass diese nicht analog sondern digital arbeiten. So ändern sich Parameterwerte schrittweise und leicht verzögert.

Trotz gemuteten Ausgangs erzeugt der Combo im Leerlauf ein leichtes Grundbrummen. Nichts Tragisches, ich möchte es lediglich erwähnen. Drehe ich Input Gain voll auf, muss ich mit einem aktiven PU-System kraftvoll in die Saiten dreschen, um die Clip-LED auszulösen. Dagegen spricht die Master-Clip-Kontrolle schon an, wenn Master-Volume auf 9:30 Uhr steht.

Bei neutral eingestellter Klangreglung und inaktiven Tastern wie FBC, Exciter, Phase und Tone liefert der Combo einen kraftvollen, erdigen Klang mit gesundem Fundament und bildet die Signale von A-Gitarre, Nylonstring, Mandoline usw. sauber ab. Der 3-BandEQ regelt nicht sonderlich kontinuierlich, vor allem Bass und Mid zeigen im letzten Viertel extreme Wirkung. Hat man sich darauf eingestellt, ermöglichen EQ und Taster flexible und umfassende Korrekturen. Fürs fingerpickende Solieren mit meinem LR-Baggs-Anthem-System lasse ich die Klangregler neutral und aktiviere Exciter und Tone. Das perlt natürlich, wunderbar klar und crisp aus den Lautsprechern und liefert gesunde Mitten und definierte Bässe.

Im Band-Kontext empfiehlt es sich, die Feedback Control – vor allem zur Klanggestaltung – zu aktivieren und Exciter und Tone auszuschalten. Auf diese Weise sind schon auf einfache Weise praxisgerechte Einstellungen möglich und können die Klangregler für Feinheiten hinzugezogen werden. Auch mit Vokalmikrofonen gibt sich der PAS80 sehr kooperativ, zumal die identisch ausgestatteten Kanäle ein echtes Plus sind, erst recht die unabhängig agierenden Effekte. Die Feedback-Unterdrückung senkt Tiefmitten bei etwa 200- 400 Hz steilflankig ab, was zwar gut funktioniert, jedoch nicht immer die sich aufschaukelnde Frequenz trifft. Ein wenig mehr Flexibilität würde ich mir schon wünschen.

Die 80-Watt-Endstufe liefert für den Band-Einsatz ausreichende Reserven und ein sattes Fundament und meistert als Klein-PA auch Familienfeiern. Die Qualität der digitalen Effekte rangiert auf mittlerem Niveau, zumal sich z. B. die Reverb-, vor allem aber die sechs Chorus-Effekte nicht sonderlich unterscheiden. Ein zugunsten von Qualität und präziserer Regelbarkeit etwas abgespeckteres Angebot würde ich vorziehen, wenngleich ich die erhöhte Variabilität durch die Time- und Depth-Regler begrüße. Reverb Time und Effect Level sind mit Vorsicht zu dosieren, da das Instrument schnell in einer endlosen Hallfahne untergeht und die Schwelle zum Feedback überschritten wird.

FUSSSCHALTER

Auch die erstaunlich preisgünstige optionale 5-fach-Fußleiste PAS-SW besitzt Status-LEDs, die jedoch lediglich beim Betätigen der jeweiligen Fußtaster kurz aufleuchten. Daher geben sie nicht zu erkennen, ob der gewählte Effekt aktiv ist oder nicht. Darüber informieren nur die LEDs des PAS80, indem die der aktiven Effekte konstant leuchten, während bei Fußschalterbetrieb die der ausgeschalteten blinken.

Optional aber preisgünstig: Der Fußschalter (Bild: Dieter Stork)

Angesichts des Preises erfreue ich mich über das extrem robuste Stahlblechgehäuse, die soliden Fußtaster und die Verarbeitung insgesamt. Da der PAS-SW auch für den vierkanaligen Lirevo-PAS160-Combo vorgesehen ist, hat man die Fußleiste mit Channel 1/3 und Channel 2/4 beschriftet.

RESÜMEE

Angesichts seines Preises überrascht der geschmackvoll designte Lirevo PAS80 mit einer luxuriösen Ausstattung, die zahlreiche Regel- und praktische Anschlussmöglichkeiten bietet, auch für den 5-fach-Fußschalter PAS-SW. Die beiden Kanäle besitzen identische, unabhängig voneinander agierende Effektsektionen mit je einem variablen Parameter. Allerdings würde ich eine geringere Effektanzahl zugunsten von Effektqualität vorziehen. Die Handhabung der digital steuernden Potis bedarf durch ihre schrittweise und verzögerte Wirkung der Gewöhnung. Klanglich macht der 80 Watt starke Würfel einen guten Eindruck, liefert sattes Fundament und punktet mit flexiblen Möglichkeiten der Klangbearbeitung.

PLUS

  • ansprechende, natürliche Wiedergabe akustischer Instrumente, Gesang und Audios
  • zwei identische Kanäle
  • Ausstattung
  • Design
  • Bedienung/Handhabung
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

MINUS

  • Wirkungsweise der Regler

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2021)

Produkt: Kemper Amp Special
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