Nervenzerfetzend

Test: JPTR FX Kaleidoscope & Super Weirdo

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(Bild: Dieter Stork)

Wer den heimischen Boutique-Pedal-Markt verfolgt, dem sind JPTR FX keine unbekannte Firma mehr. Bereits seit einigen Jahren mischt der Hersteller aus Wilhelmshaven die Szene gewaltig auf und zeigt, dass es auch abseits der klassischen Sounds eine lebendige Szene für hübsche Treter gibt.

Vor allem in der Pedalboard-Facebook-Gruppe – die mittlerweile übrigens sagenhafte 15500 Mitglieder zählt – erlebte Chris Jupiter einen beeindruckenden Aufstieg. Das verwundert wenig – seine graphischen Designs waren schon von Beginn an gut und sein Motto „Fuck Your Ears“ fand schnell eine begeisterte Gefolgschaft. Waren die ganz frühen Pedale teilweise noch ziemlich rustikal verarbeitet, hat sich Chris in den letzten Jahren enorm professionalisiert und JPTR FX zu einem absolut ernstzunehmenden Unternehmen mit einem super Kundenservice ausgebaut. Im Test liegt nun das Kaleidoscope-Reverb und das Super-Weirdo-Pedal vor.

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Saubere Arbeit!

Während man bei Ersterem noch guten Gewissens von einem Hall-Pedal sprechen kann, wird es beim Super Weirdo schon deutlich schwieriger. JPTR FX setzt hier auf den knackigen Titel „Glitch Super Fuzz Time Modulation Unit“. Tatsächlich beschreibt es diese Bezeichnung, wenngleich natürlich nicht besonders griffig, eigentlich recht treffend – mehr dazu später.

Beide Geräte haben das für die Firma typische Design und sehen wirklich richtig gut aus. Die JPTR-FX-typischen großen Poti-Kappen lassen sich herrlich sahnig drehen und erlauben ein präzises Einstellen der Regler. Im Inneren der beiden Testgeräte sehen wir sauber verlötete Platinen, welche keinerlei Grund zur Klage bieten – hier hat sich seit den Anfangstagen des Herstellers wirklich einiges getan. Im Super Weirdo sitzt mittig auf der recht kleinen Platine ein PTCPT2399-Chip, welcher gewissermaßen das Herzstück des Pedals darstellt.

(Bild: Dieter Stork)

Neben einem Master-Volume- und einem Low-Pass-Filter-Poti, finden wir ein Time- sowie ein Time-Amount-Poti, welche vermuten lassen, dass wir es hier im Grunde mit einer Art Delay zu tun haben. Mittig platziert gibt es zudem einen Feedback-Regler, der festlegt, wieviel Signal in den Schaltkreis zurückgeführt werden soll, wenn man den Hold-Taster betätigt.

Beim Reverb finden wir neben einem Master-Volume- und einem Kompressions-Regler, drei weitere Potis, die im Manual mit „Feedback“, „Swell Amount“ und „Reverb“ betitelt sind. Zudem gibt es, neben dem Bypass-Switch, noch einen „Hold“-, sowie einen „Kill“-Schalter – mehr zu diesen beiden später. Innen befindet sich im Gegensatz zum Super Weirdo eine deutlich größere und üppiger bestückte Platine, welche zentral einen großen Chip von Accutronics trägt.

Auch sonst werden bei beiden Geräten durchweg hochwertige Bauteile verwendet und das Ganze macht einen soliden Eindruck. Die Testgeräte kommen in 12 x 14,5 x 4 cm großen Gehäusen und sind damit nicht gerade klein; aufgrund der vielen Regler und Schalter macht dieses Gehäuseformat allerdings Sinn – schließlich will niemand ungewollt den falschen Switch betätigen oder gar ein zu eng stehendes Poti beschädigen. Beiden Pedalen liegt keine Bedienungsanleitung bei, was aber aufgrund der unbeschrifteten Regler durchaus sinnvoll wäre.

Chris Jupiter hat sich ganz bewusst dafür entschieden, die Anleitungen online (www.jptrfx.com) bereitzustellen, weil er Papiermüll vermeiden möchte. Aus dem selben Grund benutzt er Öko Verpackungen für seine Pedale.

Noisy

Wie immer habe ich am Verstärker einen cleanen Sound eingestellt, um möglichst viel von den beiden Pedalen hören zu können. Beginnen wir also mit dem Super Weirdo. Um mich vorsichtig heranzutasten, halte ich den Master-Volume-Regler erst mal recht niedrig und starte mit komplett zugedrehtem Feedback-Poti. Bereits hier wird klar, mit was für einem Exoten wir es zu tun haben.

Der Sound liegt irgendwo zwischen Fuzz, Chorus, Delay und Reverb, ohne, dass man das Pedal einer dieser Kategorien wirklich zuordnen könnte. Das Master-Volume-Poti und der Low-Pass-Filter gaukeln einem im ersten Moment die friedvolle Illusion vor, dieses Monstrum bändigen zu können – ein Trugschluss wie ich schnell feststellen musste. Schon mit gemäßigten Settings macht das Super-Weirdo-Pedal seinem Namen alle Ehre. Zu hören ist ein Sound, der neben seiner groben Zerrstruktur einen schwer zu beschreibenden „Glitch“-Effekt mitbringt.

Man hat irgendwie immer das Gefühl, dass der Ton permanent moduliert und ins „Schwimmen“ gerät. Dabei kann die Art der Modulation über den Time- und den Time-Amount-Regler beeinflusst werden – hier wird die Geschwindigkeit und die Länge der Wiederholungen des Delay-Chips reguliert, wobei man sagen muss, dass wir uns hier weit oberhalb der Geschwindigkeit eines Slapback-Echos bewegen. Es sei an dieser Stelle festgehalten, dass die Grenzen zwischen Noise und Gitarrensignal bei diesem Gerät fließend sind. Lässt man beispielsweise einen Ton ausklingen, kippt das Ganze ab einem gewissen Punkt in ein oszillierendes Geblubber, welches den gespielten Ton nach und nach verschlingt.

Besonders gut macht sich das Pedal mit Single-Note-Lines in den hohen Lagen. Hier entsteht ein eigenartig singender, fast schon mehrstimmiger Leadsound, den ich so noch bei keinem anderen Pedal gehört habe. Je nach Reglerstellung, kann das Super Weirdo schon eine gewaltige Anforderung an das geschundene Hörorgan sein – Lust auf Experimente macht dieser Bösewicht jedoch alle Mal!

(Bild: Dieter Stork)

Etwas gesitteter geht es beim Kaleidoscope-Reverb zu – zumindest auf den ersten Blick (oder besser gesagt Höreindruck). Neben den beiden großen Reglern (zuständig für Gain und Lautstärke) finden wir einen Reverb-Poti, das den Effektanteil im Signal regelt.

Schon beim ersten Antesten wird schnell deutlich, wie sehr das Feedback- und das Reverb-Poti miteinander interagieren. Von ganz dezentem Hall, bis hin zu einem wilden Noise-Rausch, lässt sich schon mit diesen beiden Reglern der Effekt wunderbar formen. Dreht man nun die Verzerrung nach und nach auf, wird der Sound nicht nur zunehmend schmutziger, auch die Hallfahne wird länger und komprimierter. Hier bedarf es – je nach gewünschtem Sound – einer Feinabstimmung der vier Regler, um den Klang des Kaleidoscopes unter Kontrolle zu halten.

Neben dem Bypass-Switch finden wir, wie bereits oben angesprochen, zwei weitere Schalter. Ähnlich wie beim Super-Weirdo-Pedal gibt es hier einen Taster („Hold“), der das Gerät in eine Art Freeze Modus schickt und in sich selbst oszillieren lässt.

Wie heftig dieser Effekt ausfallen soll, lässt sich mittels des Swell-Amount-Reglers gut kontrollieren. Der dritte Fußschalter mit der Bezeichnung „Kill“, schaltet das trockene Signal ab und lässt nur noch das Effektsignal erklingen. Vor allem für experimentelle Swell-Sounds ist das eine tolle Sache. Im Test hat sich das Pedal besonders mit nur leicht aufgedrehtem Feedback-Poti richtig gut geschlagen. Hier haben wir einen sehr angenehmen, warmen Grundsound, der sich dank des Gain-Reglers sehr gut an den jeweiligen Verstärker anpassen lässt.

Mit dem Hold-Taster lässt sich natürlich allerhand Schabernack treiben. So lassen sich z.B. einzelne Noten „einfrieren“ und je nachdem wie der Swell-Regler eingestellt ist, brechen beeindruckende Krachwellen über einen herein.

Wer den vollen Wahnsinn des Super Weirdos erleben will, kann sogar zusätzlich noch ein Expression-Pedal anschließen – so lassen sich noch mehr abgedrehte Glitch-Sounds umsetzen.

Alternativen

Bei solch speziellen Pedalen ist es natürlich immer so eine Sache: hier ist eben die Frage, was genau einem wichtig ist. Ein gar nicht so unähnlich aber sauberer klingendes Hallpedal, welches ebenfalls in Deutschland gefertigt wird, wäre das Kafka Reverb von Orion Effekte. Hier haben wir einen ebenfalls fantastischen Sound aber eben ein bisschen weniger Ausstattung. Beim Super Weirdo wird es schwieriger – ein vergleichbares Pedal könnte beispielsweise das Csidman von Catalinbread sein, auch wenn man hier keinen Hold-Taster hat. Ein ähnliches Klangergebnis ließe sich auch mit dem Total-Sonic-Annihilation-2-Feedback-Looper von Death by Audio, in Verbindung mit einem Reverb bzw. einem Flanger erzielen.

Resümee

Es ist immer toll zu sehen, wenn sich ein Hersteller wie JPTR FX so rasant entwickelt. Mit den bisweilen etwas rustikal konstruierten Geräten der Anfangstage, haben unsere Testpedale zumindest in Punkto Qualität und Verarbeitung nichts mehr zu tun. Ganz im Gegenteil: JPTR FX reiht sich damit in die Riege der wirklich großartigen Boutique-Hersteller aus Deutschland ein und muss sich vor niemandem verstecken.

Was noch immer geblieben ist, ist die völlig kompromisslose Herangehensweise, mit der Chris Jupiter den Sound seiner Pedale abstimmt. Hier müssen die Ohren wirklich einiges ertragen und vor allem Pedale wie der Super Weirdo sind klanglich – natürlich im positiven Sinne – eine echte Herausforderung.

Zu guter Letzt sei erwähnt, dass angesichts der Ausstattung und der guten Verarbeitungsqualität, die Preise von jeweils knapp 200 Euro vollkommen in Ordnung gehen.

Preis: je ca. € 199

PLUS

  • grafisches Design
  • Verarbeitung
  • eigenständige Sounds
  • Preis
  • Hold-Taster

www.jptrfx.com

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2019)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

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