Der Divebomber

Test: Jackson Soloist SL4X Neon Orange

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Jackson Soloist SL4X
(Bild: Dieter Stork)

Seit Mitte der 80er-Jahren ist Jacksons Soloist-Form aus der Gitarrenwelt kaum mehr wegzudenken. Die rasante Interpretation der Super-Strat ist über die Jahre fast schon zu einem Sinnbild der Shred-Ära geworden und erfreut sich nach wie vor größter Beliebtheit. Mit der SL4X legt Jackson nun eine etwas andere Version ihres Klassikers vor, welche sowohl optisch, als auch klanglich neue Pfade beschreitet.

Hier lacht das 80er-Jahre-Shredder-Herz. Alleine schon die grelle Neon-Farbe schreit ja geradezu nach Spandex-Hose, Lederjacke und Haarspray.

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leuchtet fast im dunkeln

Na ja gut, ganz so schlimm ist es dann doch nicht, aber die Farbe ist schon eine Herausforderung für das menschliche Auge. Aber nicht nur die schrille Optik macht die SL4X so spannend. Anders als bei den bisherigen Versionen, finden wir dieses Mal eine neue Pickup-Bestückung, welche mit drei Duncan-Designed-HR101-Tonabnehmern sicherlich für interessante Klangmöglichkeiten sorgen wird. Bei diesen Pickups handelt es sich freilich um die lizensierte Fernost-Produktion des Seymour-Duncan-Hot-Rail, welcher einer der fettesten und heißesten Humbucker im Singlecoil-Format ist und seit Jahrzehnten sein Dasein in diversen Profi-Instrumenten fristet (man denke nur an die Jungs von Iron Maiden).

Ansonsten haben Jackson alles beim bewährten Grundrezept belassen. Der Korpus ist aus Linde und wurde am Arm und auf der Rückseite mit dem üblichen Konturschliff versehen um ein möglichst komfortables Spiel zu ermöglichen. Beim Hals finden wir ein massives, durchgehendes Stück Ahorn, welches zusätzlich mit Graphit-Stäben verstärkt wurde und ein schönes, dunkelbraunes Rosewood-Griffbrett trägt. Das gewählte Profil – vom Hersteller ,Speed Neck‘ genannt – könnte man durchaus als dünn bezeichnen, ohne es aber mit den super flachen Ibanez-Wizard-Hälsen der 80er-Jahre auf eine Stufe zu stellen. Bei der Jackson SL4X bleibt eine dezente Rundung, die auch meinen großen Händen (Handschuhgröße 9) ein angenehmes Spielgefühl verschafft.

Ein schönes Detail ist der super ergonomisch geformte Hals-Korpus-Übergang. Hier stört wirklich gar nichts und die linke Hand kann mühelos bis in den 24. Bund agieren. Die Jumbo-Bünde sind sauber eingelassen und von einem weißen Binding eingefasst, welches einen schönen farblichen Anschluss an das einschichtige, weiße Schlagbrett darstellt. Beim Griffbrett setzt der Hersteller auf einen kompensierten Radius, welcher das Spiel in den hohen Lagen noch ein wenig komfortabler gestalten soll.

Die gesamte Hardware ist schwarz gehalten, was natürlich einen schönen Kontrast zur neonorangen Farbe ergibt. Die drei Humbucker im Singlecoil-Format wurden von oben in den Korpus geschraubt; nur der Hals-Pickup wird vom Schlagbrett – welches mich in seiner Form übrigens ein wenig an Fenders Precision Bass von 1951 erinnert – getragen. Bei der Elektronik setzt Jackson auf das bewährte Rezept mir einem Master-Volume- und einem Master-Tone-Poti sowie einem Fünf-Weg-Schalter – mehr braucht es für solch eine Axt ja auch nicht.

Im E-Fach der SL4X geht es unaufgeregt und nüchtern zu – hier gibt es nichts zu beanstanden. Ganz im Gegenteil, der Hersteller hat sich die Mühe gemacht, die Ausfräsung sowohl mit einem Graphitlack als auch mit einer auf den Kunststoffdeckel aufgeklebten Alufolie abzuschirmen. Angesichts des Preises ein nettes Detail. Das für die 80er-Jahre typische Kopfplatten-Design mit dem großen Jackson-Schriftzug rundet das Gesamtbild absolut stimmig ab.

Jackson Soloist SL4X
(Bild: Dieter Stork)

rasanter sound

Ausgewogen und absolut mühelos zu bespielen, hängt unser Test-Instrument am Gurt – mit ihrem Gewicht von 3,5 kg ist die SL4X nun wahrlich kein Fliegengewicht, bietet dafür aber ein substantielles Spielgefühl, was gut gefällt.

Trocken gespielt, zeigt die orange Schönheit sofort, woher hier der Wind weht. Ein super knackiges Attack mit ausgeprägten Obertönen, welches zu schnellem Riffing einlädt und Lust auf mehr macht, springt den Spieler an. Das Sustain ist völlig OK und trotz des insgesamt etwas gestrafften Bassbereichs wirkt die Gitarre keinesfalls dünn oder unausgewogen. Das Floyd-Rose-Vibrato ist hürdenlos bedienbar und sorgt für den entsprechenden Spielspaß, wenn es darum geht, die eine oder andere Divebomb innerhalb eines Songs zu platzieren – hier bleiben keine Wünsche offen. Die drei Federn in der rückseitigen Federkammer bieten einen guten Widerstand, sodass das System bei auf der Brücke aufgelegter Anschlagshand nicht zu sehr ins modulieren kommt.

So, nun aber an den Verstärker – schließlich muss sich die SL4X vor allem hier bewähren. Da im Rock- und Metal-Bereich vor allem Instrumente mit zwei Humbuckern dominant vertreten sind, ist es erfrischend, mal wieder eine moderne Gitarre mit drei Tonabnehmern zu Gesicht zu bekommen.

Auf der Hals-Position erwartet uns ein warmer und erstaunlich transparenter Klang, welcher trotz einer gehörigen Portion Lautstärke nicht matschig oder indifferent daherkommt. Besonders Lead-Passagen in den mittleren bis hohen Lagen der Gitarre gefallen mir hier sehr gut.

Da der Tonabnehmer in der Mitte ein ganzes Stück höher geschraubt ist, nimmt logischerweise hier der Output erheblich zu und wir hören einen in den Mitten etwas gezügelten aber trotzdem recht durchsetzungsstarken Sound, welcher eine interessante Alternative zu den anderen beiden Positionen bietet.

Auf der Steg-Position wird es dann natürlich so richtig interessant. Der schräg eingebaute HR-101 liefert mit seiner hohen Lautstärke und seinem erstaunlichen Mitten- und Bass-Fundament genug Substanz, um sowohl fetten Riffs als auch Singlenotes die nötige Durchschlagskraft zu verleihen. Der Amp steht auf jeden Fall ziemlich stramm und man merkt wieder einmal, dass Seymour Duncans Hot Rail sich keinesfalls hinter irgend einem großformatigen Humbucker verstecken muss.

Jackson Soloist SL4X
Die rasante Kopfplatten-Form der SL4X (Bild: Dieter Stork)

Schon im Standard-Tuning hat die SL4X wirklich eine enorme klangliche Wucht und dürfte damit nicht nur für Fans der 80er-Jahre interessant sein. Gut gefällt auch, dass die Tonabnehmer genug Dynamik bieten, um mittels des Volume-Reglers ein wenig zurückgefahren zu werden. So erhält man vor allem auf der Steg- sowie der Mittel-Position einen transparenten aber gleichermaßen druckvollen Crunch-Sound – gerade bei Pickups dieser Gewichtsklasse ist das beileibe keine Selbstverständlichkeit. Alles in allem hinterlässt die Jackson SL4X klanglich einen durchweg positiven Eindruck.

resümee

Keine Frage, die außergewöhnliche Farbe der Jackson SL4X ist definitiv nicht für jeden geeignet. Aber das ist ja keinesfalls schlimm, schließlich bietet der Hersteller eine breite Auswahl an Variationen seiner Soloist-Baureihe. Bei unserer Test-Gitarre handelt es sich um ein hervorragend klingendes Instrument, welches dazu auch noch richtig gut verarbeitet ist. Wer also auf der Suche nach einer schrillen 80er-Jahre-Schredder-Axt, mit nicht ganz alltäglicher Pickup-Bestückung zu einem wirklichen bezahlbaren Preis ist, sollte die Jackson SL4X unbedingt mal antesten.

Jackson Soloist SL4X

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(erschienen in Gitarre & Bass 09/2018)

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