Teuflisch rot

Test: Jackson Pro Series Ltd. Edition San Dimas SD22 JB Red Sparkle

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(Bild: Dieter Stork)

Das Original dieser Gitarre spielte eine der Hauptrollen in dem 1986er-Roadmovie ‚Crossroads – Pakt mit dem Teufel‘, und zwar beim legendären Duell zwischen des Teufels Gitarristen Jack Butler alias Steve Vai und „Lightning Boy“ Eugene Martone alias Ralph Macchio. Mit der SD22 JB bringt US-Hersteller Jackson eine exakte Reissue dieser berühmten 80er-Jahre-Superstrat in limitierter Stückzahl auf den Markt.

Da in den betreffenden Filmszenen kein Kopfplattenlogo zu erkennen ist, wurde dieses entweder bewusst weggelassen oder überklebt. Offenbar war Product Placement damals noch verpönt. Um den Preis dieser rot glitzernden Gitarre in Grenzen zu halten, lässt Jackson sie in Mexiko fertigen.

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ABGEKUPFERT?

Schon der erste Blick lässt erkennen, dass das Design des San-Dimas-Bodies nahezu 1:1 von der Stratocaster übernommen wurde. Das war in den 70er- und 80er-Jahren üblich, zumindest bis die großen Gitarrenhersteller ihre Rechtsabteilungen aktivierten. Da heute Jackson zu Fender gehört, stellt sich dieses Problem jedoch nicht.

Für den Body findet Erle Verwendung, Ahorn für den mittels Stahlstab und Graphiteinlagen verstärkten, in Höhe der Bünde 1 bis 3 großflächig geschäfteten Hals und das aufgeleimte Griffbrett. Dessen von 12″ nach 16″ changierender Radius erleichtert Fingerbendings in den höheren Lagen und minimiert zugleich Saitenschnarren. 22 vorzüglich abgerichtete und polierte Jumbobünde verteilen sich über das Spielfeld, schwarze Punkte und Sidedots dienen der Orientierung.

Den Floyd-Rose-Klemmsattel hat man auf optimale Saitenlage eingepasst, ihn jedoch etwas linkslastig mit zwei durchgehenden Gewindeschrauben montiert. Über die Trussrod-Abdeckung hinweg verlaufen die Saiten fächerförmig zu den geschmeidig und präzise arbeitenden Jackson-Tunern. Wie beim Original klemmen zwei Inbusschlüssel im rückseitig angebrachten Halter. Die stramm gefräste Halstasche zeigt null Spiel, sodass großflächiger Kontakt mit dem Korpus besteht. Von vier Schrauben und einer massiven Gussplatte wird die Halsverbindung zusätzlich stabilisiert.

(Bild: Dieter Stork)

Ein ovales Zargenblech trägt die straff packende Klinkenbuchse. Oberkante bündig eingelassene Kunststoffdeckel verschließen die Federkammer und das E-Fach. In Letzterem hausen das Volume-Poti und der Toggle-Switch, beides solide koreanische Bauteile. Larry DiMarzio steuert die Humbucker zu diesem legendären San-Dimas-Modell bei, nämlich einen PAF Pro für die Halsposition und einen Super Distortion am Steg, beide höhenjustierbar in Rähmchen gelagert. Auf ein Tone-Poti und Schaltungsgimmicks wurde bewusst verzichtet.

Das Floyd-Rose-1000-Vibrato, dessen drei eingehängte Federn dem Saitenzug Paroli bieten, hat man exakt parallel zur Decke ausgerichtet. Da die Decke unter dem Vibratoblock nicht ausgefräst wurde, sind Up-Bendings nur um einen Halbton möglich. Eine Schraubmuffe reguliert den Drehmoment des Steckhebels.

80ER-DÉJÀ-VU

Schon beim ersten Bespielen der Jackson SD22 JB stellt sich die vertraute Ergonomie einer traditionellen Strat ein, inkl. des etwas klobig anmutenden Halsübergangs. Dafür liegt der flache C-Hals mit seinen runden Griffbrettkanten und der griffigen Oberfläche höchst bequem in der Hand. Damit schnellen Lagenwechseln nichts im Weg steht, hat man die Kanten der fetten Jumbobünde perfekt verrundet und poliert.

Perfekt verrundete Bundkanten (Bild: Dieter Stork)

Die Gitarre wurde mit perfektem Setup und extrem niedriger (schnarrfreier!) Saitenlage angeliefert. Da die San Dimas 22 sehr direkt und akzentuiert anspricht und jeder Ton sich blitzschnell entfaltet, spielt sie sich fast von alleine. Hinzu kommt ein ausgesprochen standfestes, langsam und gleichförmig abklingendes Sustain. Dies alles zeugt von enormer Schwingfreude und gutem Dynamikverhalten. Unverstärkt zeigt die Gitarre so ein kraftvolles, ausgewogenes, drahtiges und obertonreiches Klangbild.

Der DiMarzio PAF Pro in der Halsposition liefert mit druckvollen aber definierten Bässen, warm schmatzenden Mitten und klaren samtigen Höhen typische Klangcharakteristiken klassischer PAF-Humbucker, das Ganze jedoch mit etwas höherem Output. So kommt das cleane Klangbild offener und präsenter daher und pflügt sich sehr gut durch effektbeladene Sounds.

Die Transparenz und Klarheit erweist sich auch bei Zerrsounds als vorteilhaft, denn Akkorde werden präzise dargestellt und Basstöne zeigen Fülle, Definition und Spontaneität gleichermaßen. Die Mitten geben sich durchsetzungsstark, Höhen und Obertöne durchlüften das Spektrum und sorgen für lebendige ausgewogene Sounds, gekrönt von exzellenter Dynamik und sattem Sustain.

Der heiße Steg-Humbucker macht seinem Namen Super Distortion alle Ehre. Prädestiniert für High-Gain-Zerre, liefern seine knackigen Bässe, prägnanten perkussiven Mitten, brillanten Höhen und zahlreichen Obertöne auch bei cleanen Sounds warme und erfrischend transparente Klangbilder. Lässt man ihn jedoch am zerrenden Amp von der Kette, springen Singlenotes, tieffrequente Riffs und Akkorde förmlich aus den Lautsprechern.

Dank seiner hervorragenden Dynamik kann der Pickup je nach Anschlagsstärke selbst bei hohem Gain mal sanft wie ein Lamm, mal aggressiv klingen. Der hohe Output ermöglicht zusammen mit dem guten Sustain der Gitarre singende Lead-Sounds, die auch gerne mal ihre Obertöne in Szene setzen. Die Kombi beider DiMarzios klingt glockig, hell und klar, liefert ein breit gefächertes, ausgewogenes Klangbild und macht sogar bei High Gain eine gute Figur, was zum spontanen Solieren einlädt. Die gleichmäßige Regelcharakteristik des butterweich rotierenden Volume-Potis erlaubt präzise Kontrolle von Ausgangspegel und Zerrintensität. Das Floyd Rose 1000 steckt selbst heftigste Up- und Down-Bedings gelassen weg und erweist sich als absolut stimmstabil.

 

RESÜMEE

Schon des Öfteren haben Gitarrenhersteller spezielle Limited Editions angeboten, die eine mehr oder weniger gewichtige Rolle in Kinofilmen spielten. Spontan erinnere ich mich an eine Gibson Les Paul Jr. aus dem Tom-Hanks-Film ‚That Thing You Do!‘ und die Wayne‘s-World-Strat. Auch das Original der Jackson SD22 JB darf sich in diese Liste eintragen.

Unsere Testgitarre sieht dank ihres intensiv glitzernden in Red Sparkle lackierten Bodies nicht nur umwerfend aus, sondern überzeugt auch klanglich auf ganzer Linie. Obgleich man sie spontan in die Hard&Heavy-Schublade einsortieren möchte, wo sie dank Schwingfreude, Dynamik, DiMarzio-Pickups und FR-Vibrato eine exzellente Performance abliefert, bietet sie auch ausdrucksstarke Clean- und Crunchsounds. Angesichts ihrer perfekt bearbeiteten Jumbo-Bünde, des flachen C-Halsprofils und der sensationellen Saitenlage dürfte sie nicht nur Flitzefingern und Shreddern gefallen. Tolle Gitarre zum fairen Preis. Ab in die 80er!

PLUS

● Clean- bis High-Gain-Sounds
● Dynamik & Sustain
● Qualität Hölzer & Hardware
● Optik
● Spielbarkeit
● Verarbeitung
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 5/2024
Gitarre & Bass 5/2024
IM TEST: Hopf Saturn 23 +++ Squier Esquire Deluxe +++ Ibanez GIO GRGR330EX +++ Gretsch Deltoluxe Parlor +++ Brooks EB-PL NoirDarkglass M200 & AO200 +++ Bogner Über Ultra +++ Line 6 HX One +++ Walrus Audio Silt +++ Mackie ShowBox

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Alles durchaus ganz „toll“,wäre da nur nicht dieses „Freud‘ los Trem-System“ montiert! Ich finde diese Floyd Rose Systeme bis heute richtig nervig,kann mich für diese Teile absolut nicht begeistern!
    Aber,na klar,ist ja hauptsächlich eine neue Retro-Style Guitar.
    Wem es gefällt…..

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  2. Leider nirgends lieferbar!?

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