Back in Japan

Test: Jackson MJ Dinky DKR MAH

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Ließ Jackson seine Importgitarren zu Beginn der 90er-Jahre noch exklusiv in Japan fertigen, so verteilte sich der Großteil der Produktionsstätten danach nahezu komplett über den gesamten fernen Osten, zumindest aus unserer geografischen Sicht.

Nach 30 Jahren importiert der US-Hersteller wieder Gitarren aus dem Land der aufgehenden Sonne, denn die Qualitäten japanischer Instrumente – auch der damaligen – haben sich unter Musiker:innen herumgesprochen, und über „Made in Japan“ rümpft schon lange niemand mehr die Nase, ganz im Gegenteil! Mit den Modellen Soloist, Rhoads, So-Cal und mehreren Dinkys bietet die neue MJ Series diverse Jackson-Klassiker.

Anzeige

PARTS

Allein die Wahl der Hölzer, Hardware und elektrischen Komponenten verdeutlicht Jacksons Ansprüche an diese Serie. So besteht der Body aus Mahagoni, der längs gesperrte Hals aus Ahorn, zwei Walnuss-Streifen und stabilisierenden Graphit-Einlagen, und das Griffbrett aus Ebenholz. Die Hardware kommt von Gotoh, die Pickups von Seymour Duncan. Dunlop Straploks, Switchcraft-Buchse, CTS-Potis und ein Blade-Schalter mit zwei Ebenen komplettieren die Zutaten.

Der Korpus kommt im gewohnten Dinky-Shaping à la Modern Strat mit Armschräge, Rippenspoiler, ergonomisch verjüngtem, verrundetem Halsübergang und rückseitig großzügig ausgefrästem Cutaway. Schließlich wollen auch die letzten der 24 Bünde stressfrei bespielt werden. Da die Schaltung auch Coilsplits beinhaltet, sind sorgfältige Abschirmungsmaßnahmen in E-Fach und Federkammer Pflicht – Abschirmlack, darauf ein verschraubter zentraler Massepunkt, Deckel aus geschliffenem, galvanisch geschwärztem Alublech, beide ein wenig tiefer als Oberkante bündig montiert.

Ein ovales Zargenblech trägt die stramm packende Switchcraft Klinkenbuchse, die großen Dunlop-Knöpfe garantieren auch ohne ihre Straploks zuverlässige Gurtbefestigung. In seiner passgenauen Aufnahmefräsung sitzt der Hals erdbebensicher, wozu vier einzeln unterlegte Holzschrauben ihren Teil beitragen. Das Ebenholzgriffbrett, dessen Compound-Radius sich von 12″ bis 16″ vergrößert, trägt 24 vorbildlich abgerichtete und polierte Jumbobünde, die man, wie das Griffbrett, an den Kanten großzügig verrundet und damit das oftmalige Buckelpisten-Feeling minimiert hat.

Luminlay-Sidedots (Bild: Dieter Stork)

Sharkfin-Inlays aus Perloid und selbstleuchtende Sidedots erleichtern die Orientierung, Letztere vor allem im Dunkeln. Auf möglichst niedrige Saitenlage ausgerichtet, führt der Floyd-RoseR3-Klemmsattel die Saiten zu den smooth und präzise arbeitenden Gotoh-Mechaniken. Dank der gewinkelten Kopfplatte konnte auf Stringtree bzw. Stringbar verzichtet werden. Über ein am Halsende zugängliches Speichenrad lässt sich die Halskrümmung komfortabel justieren.

Gotoh GE-1996T Vibrato (Bild: Dieter Stork)

Das an zwei Schraubbolzen aufgehängte unterfräste Gotoh-GE-1996T-Vibrato macht schon optisch einen wesentlich wertigeren Eindruck als oftmals verwendete koreanische bzw. chinesische Lizenzmodelle. Die drei eingehängten Federn werden im Vibratoblock durch Schrauben gesichert.

Gesicherte Federn (Bild: Dieter Stork)

Statt des gewohnten Außen- besitzt der Hebelarm ein in eine Schraube greifendes Innengewinde und sitzt spielfrei in einer Kunststoffmanschette, die sich bei Bedarf über eine kleine Inbusschraube strammer stellen lässt. Direkt im Korpus höhenjustierbar montiert, wird eines der wohl beliebtesten Seymour-Duncan-Humbucker-Sets mittels Master-Volume, Master-Tone und Fünfwegschalter kontrolliert.

Folgende Spulenkonstellationen stehen zur Wahl:

Position 1: Hals-Humbucker
Position 2: Stegspule Hals-HB
Position 3: Hals- + Steg-Humbucker
Position 4: Halsspule Steg-HB
Position 5: Steg-Humbucker

(Bild: Dieter Stork)

VIELZWECKWAFFE

Bestens ausbalanciert hängt die MJ Dinky am Gurt und verhält sich auch auf dem Bein nicht anders. Ihre ergonomischen Shapings bieten sowohl dem rechten Unterarm als auch Bauch bzw. Rippen komfortablen Kontakt. Das flache C-Profil des Halses füllt meine Hand nicht ganz aus, lässt sich jedoch dank der gerundeten Griffbrettkanten und Bünde und der mit zunehmender Lage flacher werdenden Wölbung höchst angenehm und flüssig bespielen. Zudem bieten die öl-imprägnierten Oberflächen eine wunderbar griffige Haptik.

Durch den zur E1-Saite hin abfallenden, stark verrundeten Halsübergang und das großzügige Shaping des unteren Cutaways lassen sich selbst die höchsten Lagen stressfrei meistern. Standard-CTS-Potis sind leider recht schwergängig, auch die hier verwendeten, auch wenn die gerändelten Metallknöpfe guten Grip bieten. Akustisch punktet die japanische Jackson Dinky mit kraftvollen, ausgewogenen Akkorden, drahtigem, leicht metallischem Touch und breitem Obertonspektrum. Ihre direkte, akzentuierte Ansprache und schnelle, spritzige Tonentfaltung verleihen ihr beste Dynamikwerte und unterstützen ausdrucksstarkes, nuanciertes Spiel.

Das Seymour-Duncan-Humbucker-Paar gilt in der Hardrock/Metal-Gitarrenszene als eines der beliebtesten, obwohl es durchaus auch über den Tellerrand dieses Genres hinauszuschauen vermag. Vor allem der Jazz SH-2N kommt im Vergleich zum nicht weniger populären, PAF-orientierten 59 SH-1N mit helleren, klareren Höhen, identischem Mittenbereich aber nicht ganz so ausgeprägten, dafür aber definierteren, strafferen Bässen.

Durch seine extreme klangliche Vielseitigkeit eignet er sich besonders für die Halsposition und glänzt durch erhöhte Klarheit und Transparenz sowohl bei cleanen Rhythmus- als auch intensiv zerrenden Leadsounds. Seit fast 40 Jahren hat sich der JB SH-4 (TB-4 Trembucker für Floyd-Rose-Spacing) zum Nonplusultra unter heiß gewickelten passiven Steg-Humbuckern gemausert. Er ist schon fast ein moderner Klassiker, der ebenfalls in zahlreichen Musikstilen seine Freunde hat. Seine fetten, druckvollen aber dennoch definierten Bässe, die crispen, detailreichen Höhen, vor allem aber seine starke Anhebung der mittleren und oberen Mitten verleihen Powerchords Kraft, Fülle und Druck.

Die hohe Ausgangsleistung entlockt dem Amp mehr Kompression, Sustain und Obertöne, was wiederum Singlenotes und Solospiel zugute kommt. Transparenz, Definition und die präzise Saitentrennung gehen selbst bei High-Speed-Shredding nicht verloren, und auch die Dynamik bleibt erstaunlich unbeeindruckt.

In der Mittelstellung des Schalters hält die Kombi beider Humbucker wunderbar glockig perlende, luftige Klangteppiche bereit, die auch im Lead-Betrieb – clean oder verzerrt – eine gute Performance abliefern. Ähnlich tönen auch die beiden Coilsplits, insgesamt etwas schlanker, mal wärmer (Stegspule SH-2N), mal brillanter (Halsspule TB-4B), und stellen den User:innen breite Klangspektren für alle möglichen Musikstile zur Verfügung. Trotz sorgfältiger Abschirmung ist je nach Zerrintensität bei den Coilsplits ein Brummen zu vernehmen, wenn auch in absolut vertretbarem Rahmen.

Während das Tone-Poti über seinen gesamten Regelbereich gleichmäßig und präzise arbeitet, nimmt der Ausgangspegel beim Master-Volume zunächst stark zu, steigt im mittleren Bereich nur relativ gering an, um quasi auf dem letzten Zentimeter wirkungsvoll den Nachbrenner zu zünden. Schade dass die hochwertigen CTS-Potis recht zäh rotieren, zumal der Hersteller inzwischen auch leichtgängigere anbietet.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Gut, dass sich Jackson wieder auf japanische Fertigung besonnen hat. Zwar spiegelt sich das auch im Preis wider, der jedoch angesichts der gebotenen Qualitäten überaus fair ist. Zudem zählen ein rechteckiges Softcase und Dunlop-Straploks zum Lieferumfang. Die MJ Series Dinky, die übrigens auch in Weiß erhältlich ist, bietet ein erheblich breiteres Klangspektrum als das Design erwarten lässt und fühlt sich dank der leistungsstarken Seymour-Duncan-Humbucker auch in härteren Gangarten wohl. Das Gotoh GE-1996T Double Locking Vibrato arbeitet absolut verstimmungsfrei und lässt sich selbst durch ausufernde Bending-Attacken nicht beeindrucken.

An allen relevanten Stellen punktet die Japan-Dinky mit ergonomischer Formgebung, vor allem aber bietet der flache Hals Spielspaß und -komfort pur. Kurz: erstklassige, vielseitige und top verarbeitete Gitarre, die gegen etwas leichtgängigere Potis sicherlich nichts einzuwenden hätte.

PLUS

● Schwingverhalten & Dynamik
● Sounds (Clean bis High Gain)
● klanglich sehr flexibel
● Qualität Hölzer & Hardware
● Ergonomie & Spielbarkeit
● stimmstabiles Gotoh FR-Vibrato
● Verarbeitung
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2022)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
Die Yamaha SG1801PX Phil X Signature im Test von Gitarre & Bass!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren