(Bild: Dieter Stork)
Die Boutique-Schmiede J. Rockett Audio Designs aus Südkalifornien erweitert ihr Portfolio regelmäßig mit außergewöhnlichen Tretern. Aktuell im Angebot: Das Signature-Pedal des Bon-Jovi-Gitarristen Phil X sowie ein Upgrade des beliebten Low Gain Drives Blue Note Select. So unterschiedlich beide auch sind – es gibt einige Gemeinsamkeiten.
Beginnen wir mit einer kurzen Vorstellung: Das Phil X Overdrive, kurz PXO, ist eine Kombination aus einer Drive- und einer Boost-Einheit, die unabhängig voneinander aktiviert werden können. Das Pedal liefert also drei Sound-Optionen auf Knopfdruck.
Das Blue Note Select V2 geht deutlich fokussierter zur Sache und konzentriert sich auf Boost- und dezente Gain-Sounds. Beide Pedale sind handgefertigt und kommen mit robusten Gehäusen aus Stahl und einem entsprechend hohen Gesamtgewicht. Auch preislich spielt das Duo in der Oberliga.
PHIL X OVERDRIVE
(Bild: Dieter Stork)
Mit dem PXO haben J. Rockett und der Namensgeber ein Pedal kreiert, das in einer Vielzahl von Situationen hilfreich sein soll – und entsprechend breit aufgestellt ist. Die Boost- und Drive-Sektionen werden mit je einem Fußschalter aktiviert (Drive mit roter LED, Boost orange), neben üppig dimensionierten Potis für Lautstärke und Zerranteil stehen mit „Treble” und „Bass” zwei EQ-Regler zur Verfügung.
Auch die Boost-Einheit darunter liefert neben dem „Level”-Regler für den Schub-Anteil eine eigene Klangreglung: Das als „Tilt EQ” bezeichnete Poti reduziert im Uhrzeigersinn gedreht das Bottom-End und fügt Höhenanteile hinzu. Den Abschluss macht ein Pre-/Post-Schalter. Und zwar ein ganz besonderer.
Eigentlich sollte man annehmen, dass der Sound in der Pre-Stellung fetter wird, wenn man den Boost aktiviert, und entsprechend lauter, wenn man die Post-Stellung wählt. Dem ist aber nicht so. Es ist genau umgekehrt. Hier wird also nicht der Boost, sondern der Drive vor- oder nachgeschaltet. Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Eine Rücksprache mit dem Vertrieb ergab jedoch, dass dies kein Fehler des Testgeräts ist, sondern dem Konzept entspricht.
Entsprechend der musikalischen Ausrichtung von Phils Arbeitgeber gibt sich die Drive-Abteilung recht moderat. High-Gain ist hier nicht vorgesehen. Die Zerr-Intensität geht vielmehr in Richtung satter Rocktöne mit ordentlich Masse.
Ähnliches gilt für die EQ-Sektion – und auch das scheint ein generelles Konzept bei der Abstimmung im Hause J. Rockett zu sein, was mir auch bei anderen Pedalen der Company schon aufgefallen ist. Auf etwa zwei Dritteln des Regelwegs bleibt der Ton moderat, erst danach wird er speziell in den Höhen etwas bissiger.
Andersherum gedreht kann man konstatieren, dass die EQ-Sektion über die gesamte Bandbreite nutzbar ist. In Sachen Gain-Anteil passiert das meiste auf den ersten drei Vierteln des Regelwegs, danach komprimiert der Ton eher.
Auch mit Singlecoils klingt der Drive eher rund als spitz und liefert damit eine sehr homogene Zerre. Seinen wahren Trumpf spielt das Pedal jedoch aus, wenn der Boost ins Spiel kommt. Je nach Setting schiebt diese Einheit den Sound noch einmal deutlich an, hier lohnt ein wenig Ausprobieren, um den individuellen Sweet Spot zu finden.
Doch auch auf der entgegengesetzten Seite des Gain-Spektrums liefert das PXO überaus angenehme Töne, denn der Boost kann einiges mehr, als „nur” den Drive-Ton zu perfektionieren – vor allem, da er auf dem letzten Viertel des „Level”-Regelwegs das Signal noch mal deutlich anhebt. In Kombination mit einer Strat waren hier wunderbare, fein nuancierte Pegel-Anhebungen und Sound-Verdichtungen möglich, oder kurz: herrliche knuspernde, glasige Klänge.
Der Boost ist also auch für sich alleine genommen ein echter Gewinner. Generell lohnt es sich, speziell bei den EQ-Sektionen, etwas zu experimentieren – man wird überrascht sein, was das Pedal in Sachen Sound alles bieten kann. Damit lässt sich das Paket durchaus als Universal-Kombi im Bereich von Pop bis hin zu dezentem Hardrock bezeichnen.
(Bild: Dieter Stork)
BLUE NOTE SELECT V2
(Bild: Dieter Stork)
Nachdem das Phil X Overdrive gezeigt hat, dass man bei J. Rockett etwas von Boosts versteht, steigt die Vorfreude auf das Blue Note Select V2 noch einmal deutlich an. Mit einer üppigen Palette an Bedienoptionen dürfte es hier noch detaillierter und feinfühliger zur Sache gehen.
Neben Volume und Gain stehen ein „Tone”-Regler für den Höhenanteil sowie ein „Fat”-Poti für den Anteil der tieferen Frequenzen zur Verfügung. Mittig zwischen den Drehreglern sitzt ein Mini-Switch namens „Hot”, der die Gain-Struktur zwischen Minimum und Maximum schaltet. Hier ist also einiges an Feintuning möglich.
Die Macher empfehlen das Pedal etwa, um einen Marshall Plexi anzuschieben und dabei den Bassbereich kontrollieren zu können. Auch für Stile wie Jazz oder Blues soll das Blue Note Select eine optimale Wahl sein.
Im Test kam es vor einem cleanen Fender Pro Reverb zum Einsatz, der für angezerrte Sounds mit einem Caliber 45, ebenfalls aus dem Hause J. Rockett, gefüttert wurde. Alternativ sorgte ein unverzerrter Vox AC-10 für die entsprechende akustische Leinwand.
Mit beiden Amps muss man ein wenig herumprobieren, bis man den passenden Sound gefunden hat, zumindest ging es mir so. Je länger man sich jedoch mit dem Blue Note Select und seinen Möglichkeiten beschäftigt, desto mehr Freude kommt auf. Über die beiden EQ-Regler und den Mini-Switch lassen sich sehr detailliert Boost-/Drive-Anteile und -Schattierungen ausloten. Auch bei diesem Pedal gilt: Die Regelwege dürfen gerne großzügig genutzt werden.
In Kombi mit einer Tele gefiel mir der Blue Note Select etwa im Setting „Gain voll, Mini-Switch auf Hot, Tone und Fat auf 14 Uhr, Volume 13:30 Uhr” ausgesprochen gut. Hier ertönte ein kräftiger, bluesiger Crunch mit viel Leben und Wärme.
Mit einer ES-335 und ein paar Style-Council-Licks darf es dann gerne ein bisschen weniger Schub sein, aber auch hier konnte das Ergebnis überzeugen. Generell reicht die Zerrmenge des Pedals in dezente bis mittlere Drive-Regionen, für die von J. Rockett vorgeschlagenen Stile bietet sich das Blue Note Select in der Tat hervorragend an.
Ähnliches gilt in Kombi mit einem verzerrten Sound: Man muss ein bisschen herumprobieren, aber die Mühe lohnt sich, denn auch hier kann das Pedal den entscheidenden Unterscheid zwischen „ganz gut” und „Wow!” machen.
Zum Ende noch ein Wort zum größten Manko des blauen Treters: Im Live-Setting sind die Regler quasi nicht ablesbar. Zum einen lassen sich die Markierungen mit etwas Abstand generell kaum erkennen. Wenn dann noch die Betriebs-LED in gleißendem Blau erstrahlt, ist endgültig Schluss mit jedweder Sichtbarkeit.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
So unterschiedlich die beiden Pedale auch sind, überzeugen können sie beide. Das PXO beeindruckt mit einem sehr runden Drive-Ton, der durch den exzellenten Boost perfektioniert wird.
Das Blue Note Select V2 widmet sich sehr überzeugend den Themen Boost und Low-Gain-Drive und konnte im Test sämtliche Grundsounds veredeln. Abgesehen von der schlechten Ablesbarkeit des Blue Notes dämpfen nur die aufgerufenen Preise für das J. Rockett-Duo die Euphorie.
⊕ Plus
● Sounds
● Kombi-Optionen (PXO)
● Hardware
⊖ Minus
● Ablesbarkeit (Blue Note Select V2)
● Preise ziemlich exklusiv


(erschienen in Gitarre & Bass 09/2025)