Cut oder nicht Cut …

Test: Guild F-250E Deluxe/ F-250CE Deluxe

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(Bild: Dieter Stork)

Cut oder nicht Cut … das ist hier die Frage. Es ist nämlich der einzige Unterschied zwischen den beiden Jumbos.

Die großen Steelstrings entstammen der Westerly Series, Unterabteilung „Deluxe“ – das schürt natürlich gewisse Erwartungen. Hinzu kommt, dass diese Guilds in der sehr interessanten Preisklasse um die € 600 antreten. Freundlich formuliert ein Haifischbecken, wo die Hersteller sich das Leben mit richtig guten Gitarren gegenseitig schwer machen. Hier geht es schon sehr ernsthaft um die Erfüllung von Profi-Ansprüchen. Ich mache mir allerdings um die F-250s keine großen Sorgen, denn Guild behauptet sich hier schon lange.

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KONSTRUKTION

Wie schon gesagt, das hier sind Jumbo-Steelstring-Modelle mit Pickup – einmal mit Cutaway, einmal ohne. Ich kann mir nicht helfen, aber bei mir lösen sie Rock’n’Roll-Assoziationen aus. Die Everly Brothers, Elvis, Tom Petty … aber wir wollen ja die beiden nicht gleich in eine Schublade stecken.

Der voluminöse Korpus der F-250 setzt sich zusammen aus einer massiven Decke aus Sitka-Fichte und Zargen sowie Boden aus geflammtem oder auch Riegel-Ahorn. Das ist bei Acoustics nicht so sehr verbreitet, ist aber für eine Jumbo nicht untypisch. Und dieses Flamed Maple ist ein echter optischer Leckerbissen. Besonders der Boden ist sehr schön, vielleicht das Highlight der Gitarre. Er ist gewölbt und das satte tabakbraune Antique Burst High Gloss Finish gibt der Maserung des Ahorns eine dreidimensionale Wirkung.

Natürlich steht auch der Decke das Sunburst sehr gut, und zusammen mit dem Tortoise-Schlagbrett und den drei Schalllochringen ergibt sich ein stimmiger klassischer Look. Ein Blick ins Korpusinnere offenbart noch eine konstruktive Besonderheit: Da der Boden wie erwähnt gewölbt ist, benötigt er keine Beleistung zur Stabilisierung, die sich allein aus der Wölbung ergibt. Man sieht also kein Bracing – zur klanglichen Wirkung dieser Bauweise kommen wir noch.

Der Mahagonihals ist am 14. Bund angesetzt, das braune Sunburst Finish setzt sich hier fort bis zur Kopfplatte, allerdings mit einer griffigen Mattversiegelung. Das weiß eingefasste Griffbrett ist – wie auch der Steg – aus Pau Ferro, die Kanten sind angenehm verrundet und die 20 schlanken Vintage-Bünde sind tadellos eingesetzt und poliert. Die Kopfplatte gibt sich traditionell schlicht mit einem schwarzen Aufleimer und Guild-Logo, die Saiten finden Aufnahme bei den hauseigenen offenen vernickelten Mechaniken, die dank der kleinen Butterbean-Stimmwirbel schön oldschool rüberkommen, die aber mittels eines Ratios von 18:1 präzises Tuning ermöglichen.

Für die elektrische Verstärkung kommt das Sonitone GT-1 System von Fishman zum Einsatz. Im Schallloch findet man zwei Regler für Volume und Tone, auf der hinteren Zarge, separiert vom Gurtpin, ist ein Kunstoff-Plättchen mit Klinke-Output und Batteriefach.

(Bild: Dieter Stork)

PRAXIS

Man könnte vielleicht denken, dass eine große Akustikgitarre im Jumbo-Format unbequemer zu spielen ist als etwa eine Parlor oder Triple-0. Ich sehe das nicht so. Hat man die Guilds auf dem Schoß (das Cutaway macht da keinen Unterschied) fügt sich alles zu einer sehr bequemen Spielhaltung. Der rechte Arm liegt natürlich recht hoch auf der Zarge, aber die Hand kommt genau in dem Sektor an, wo der Saitenanschlag passieren sollte. Die linke Hand hat auch keine Probleme sich zu akklimatisieren, das C-Profil des Halses ist irgendwie „genau richtig“. Dank guter Saitenlage und allgemein trefflicher Werkseinstellung der beiden Instrumente, kann der Spaß gleich losgehen. In den hohen Lagen ab Bund 14 hat dann das Cutaway-Modell logischerweise die Nase vorn.

Was man sofort bei den ersten Akkorden wahrnimmt, ist das vorzügliche Resonanzverhalten der 250er. Da macht sich eindeutig der gewölbte Boden bemerkbar, der – ohne jeglicher Beleistung – frei schwingen und atmen kann. Auch die Wahl der Korpushölzer trägt jetzt Früchte. Das Ahorn sorgt dafür, dass die großvolumigen Jumbos zwar einen mächtigen Breitwand-Sound hervorbringen, jedoch keinerlei Hang zu übertriebenen Bässen, Wummern oder Dröhnen erkennbar ist.

Die Schwingfähigkeiten der Bodies sorgen für enorme Dynamik und Lautstärke, sowie für reichlich Sustain. Dabei entstehen trockene prägnante Bässe, ebensolche Mitten und klare angenehme Höhen. Mittels eines kraftvollen Strummings per Plektrum kann man eine wuchtige Songbegleitung kreieren, diese Kraft im Sound macht sich aber natürlich auch beim Solospiel oder bei Fingerstyle bezahlt. Ist denn da nun ein Klangunterschied zwischen dem Standard- und dem Cutaway-Modell? Ich bilde mir ein, Letztere hat einen Hauch mehr Presence, wirkt etwas „heller“. Einen wirklich signifikanten Unterschied hört man aber nicht.

Über Anlage gespielt, war ich fest drauf eingestellt, dass die Klangunterschiede hier endgültig verschwinden. Aber hey, dieses kleine Plus an Höhen kommt hier originalgetreu durch. Kompliment an den Fishman Sonitone. Der ist ein Piezo-Pickup, und das kann er auch nicht verleugnen, aber er arbeitet die Details doch gut heraus.

RESÜMEE

Wenn’s auch nur um Nuancen geht, so könnte man doch sagen: Wer so eine Guild Jumbo hauptsächlich auf der Bühne einsetzen will, greift vielleicht zum Cutaway-Modell mit mehr Solo-Komfort, einem Hauch mehr Höhen und einem Tick weniger Feedback-Neigung. Wer einfach akustisch mit maximal sonorem Vollklang beeindrucken will, nimmt die Kollegin mit den zwei Schultern. Man kann aber hier generell nichts falsch machen, beide Guilds punkten mit tollem Finish, schönen Hölzern, kraftvollem Klang und attraktivem Preis. Wer nach einer bezahlbaren guten Jumbo-Steelstring Ausschau hält, sollte unbedingt die Guild-Modelle der Westerly Deluxe Serie antesten.

PLUS

● Design, Finish
● Hölzer, Hardware
● Arched Back (Optik, Klang)
● Verarbeitung, Werkseinstellung
● typischer Jumbo-Sound
● guter Pickup

MINUS

● kein Gigbag oder Koffer

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2021)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Bin jetzt aber reichlich enttäuscht von Guild,denn nun gibt es für diese Jumbo-Steelstring F 250 Modelle noch nicht einmal ein vernünftiges Gigbag mit dazu.Die Guild Gitarren sind ja persé klanglich wirklich gut,und ab Werk bereits mit einem korrekten „set-up“ bestens eingestellt (Guild Werbezitat:„Made to be played“).Besitze eine Guild Akustikgitarre aus der legendären Westerly-Serie,(Made in China) die inklusive eines sehr stabilen (und extrem leichten!) Softshellcases mit grünem Samtinterieur ausgeliefert wurde.Anscheinend läßt man bei Guild nun diese schönen Softcases einfach mal weg,was ich sehr bedauerlich finde.Wahrscheinlich wird nun nicht nur bei Guild,sondern auch bei etlichen anderen Markenlabel der Rotstift angesetzt,was nicht unbedingt zur Freude der Kunden beitragen wird.Die strikte Preiskalkulation scheint mittlerweile knallhart zu regieren.Traurig!

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