Schmetterling trifft Rhinozeros

Test: GR Bass Aerotech Cube 800

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(Bild: Dieter Stork)

Im Bereich leichter Bassverstärkung geht der italienische Hersteller GR Bass einen eigenen Weg und bietet neben traditionellen Holzgehäusen für Boxen und Combos auch eine „Aerotech“ genannte Hightech-Variante aus Carbon an. Nicht weniger als der leichteste Vertreter seiner Leistungsklasse soll der AT Cube 800 sein. Was kann der Combo, der weniger wiegt als ein Bass im Case?

Kaum größer als der 50-Watt-Combo einer anderen Firma, den ich gerade zum Test hier habe, ist er. Dabei wiegt er noch weniger als dieser ebenfalls schon leicht gebaute Kollege, soll aber ein Vielfaches an Leistung bringen – das ist schon imposant.

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WIEGT WENIG …

Wie der Combo zu seinem Gewicht kommt, stellt er bei den Seitenteilen zur Schau, da sieht man das typische Muster von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff aka Carbon, den GR Bass „Aerotech“ nennt und so auf die Herkunft aus Luft- und Raumfahrt verweist. Statt des üblichen Holzes in Schichtverleimung bestehen die Platten für das Gehäuse aus zwei dünnen Carbonfaserlagen, dazwischen Schaum zur Stabilisierung und Dämpfung.

Das spart Gewicht und soll dabei robust und akustisch sauber sein. Während die Seitenteile, wie gesagt, „blank“ gelassen werden, ist der Rest des Combos sauber in Tolex gehüllt. Aluprofile schützen die Seiten, Plastikschoner die empfindlichen Ecken. Um Transportsicherheit und ewige Schönheit zu gewährleisten, würde ich trotzdem direkt eine stabile Hülle einplanen, die GR Bass im Angebot hat.

Vorne schützt ein stabiles Metallgitter Speaker und Hochtöner, während sich auf der Rückseite die Bassreflexöffnung befindet. Hinten und von oben regelbar ist auch der Amp eingebaut, der technisch dem ONE 800 entspricht. Passend zum breiteren Combogehäuse wurde auch der Amp verbreitert, bei gleichen Regel- und Anschlussmöglichkeiten. Die Front geht gleich los mit dem praktischerweise nach oben verlegten Netzschalter – gute Idee.

Per Klinke geht es rein, daneben ist die Miniklinke für den Aux-Eingang. Gain pegelt die Vorstufe ein, während Deep den tiefen Punch boostet. Die Bright-Entsprechung für die Höhen findet sich auf der anderen Seite der Klangregelung, die Bass, tiefe Mitten, hohe Mitten, und Höhen umfasst. Beide Mittenregler sind mit einem Mini-Schiebeschalter gekoppelt, die jeweils drei verschiedene Einsatzfrequenzen anwählen.

Wem die neutral rastende Mittelstellung (bei der die Potiknöpfe nicht exakt nach oben zeigen, ich habe meinen inneren Monk nur mit Mühe beruhigt bekommen) noch nicht reicht, kann auch mit einem weiteren Schiebeschalter den Klang PURE, sprich ganz ohne EQ bekommen, was natürlich auch zum Vergleich zwischen neutralem und per Klangregelung eingestelltem Klang dienen kann. Der Pegel am DI-Ausgang wird am nächsten Poti eingestellt, gefolgt vom Lautstärkeregler für den Miniklinken-Kopfhörerausgang.

Anders als bei den meisten Firmen schaltet ein angeschlossener Kopfhörer den Lautsprecher nicht stumm, der kann weiterhin mit dem Master in seiner Lautstärke geregelt werden. Um ohne Speaker zu spielen, kann also entweder der Master runtergedreht werden, oder man betätigt den Mute Schalter, der alle Ausgänge außer eben den Kopfhörer stummschaltet. Damit hat man maximale Flexibilität. Die hat man mit dem LED-Miniswitch auch, nämlich in Bezug auf die GR-typische LED-Kette mit nicht weniger als 24 LEDs, deren Betriebsmodus hier festgelegt werden kann.

Der Rest der Anschlüsse befindet sich bauartbedingt hinten unten, geschützt hinter einem kleinen Überhang der Rückwand. An zwei Speakon/Klinken-Kombibuchsen kann der Verstärker mit Lautsprechern verbunden werden, eine ist mit einem Klinkenkabel zum internen Zwölfzöller belegt.

800 Watt gibt die Endstufe an 2,87 Ohm ab, es können also weitere Lautsprecher mit minimum 4 Ohm angeschlossen werden. Die DI-Buchse ist wie üblich als XLR ausgeführt und kann mit oder ohne Erdung und pre oder post EQ geschaltet werden. Feines Detail: Schaltet man den Combo aus, ohne die Verbindung zum Mischpult zu trennen oder den Kanal an selbigem zu muten, bleibt das trotzdem völlig geräuschlos.

Neben dem seriellen Effektweg mit Send und Return findet sich ein 9V-Ausgang, der in der Lage ist, per Daisychain ein paar Effekte mit bis zu 300mA zu versorgen und so ein zusätzliches Netzteil einsparen kann. Die KGS-Buchse nimmt das Netzkabel auf, wobei die Stromversorgung des Verstärkers selbsttätig auf 115 oder 230 Volt einstellt – der Welttournee steht nichts im Wege! Zu guter Letzt gibt es unten links im Gehäuse noch einen Dreifach-Wippschalter, der das Horn aus, gedämpft, oder voll anschaltet.

(Bild: Dieter Stork)

… WAHNSINNSWUMMS

Neben einem kurzen Anlaufen des Lüfters begrüßt der Cube-800-Combo mich mit der GR-typischen Lichtshow: alle LEDs leuchten von innen nach außen rot auf, dann in blau von außen nach innen, wenn sie ausgehen ist der Amp betriebsbereit.

Bevor es an den Sound geht, kümmere ich mich erstmal um die vielen Lämpchen, das wird im Manual nicht wirklich gut erklärt: Einmal den LED-Button drücken, und die erste LED ganz links leuchtet auf, jetzt ist das Stimmgerät immer an. Nochmal drücken mit Rückmeldung der zweiten LED gibt die Nightrider-Vollbedienung. Je stärker das Eingangssignal, desto mehr LEDs leuchten von der Mitte aus blau auf, bis sie zu den Rändern rot werden. Der dritte Modus entschärft das so, dass die LEDs in der Mitte nicht weiterleuchten. Der vierte zeigt den Pegel von links nach rechts an, und wenn das noch zu flashy ist, stellt der fünfte Modus alle LEDs ab.

Einpegeln kann man trotzdem, in jedem Modus wird die LED, die ganz rechts blau anzeigt, wenn der Amp spielbereit ist, bei Übersteuerung rot. Das zeigt sie auch an, wenn man den Combo mutet, was wiederum das Stimmgerät aktiviert. Das ist … okay. Es wird als chromatisch geführt, bietet aber nur HEADGC, alles außer normaler Stimmung wird nicht unterstützt, da muss man sich mit gegriffenen Tönen helfen. Die Anzeige ist auch nicht die allerpräziseste, da ist noch Luft nach oben. Die LED-Einstellung merkt sich der Amp übrigens, die Möglichkeit, den Lüfter so zu schalten, dass er erst verzögert anspricht, um im Studio oder zuhause mehr Ruhe zu haben, nicht.

Bevor ich richtig loslege, noch kurz über Aux In etwas Musik zugespielt – das kommt über den Combo sauber und mit Druck, dazu lässt es sich famos üben. Mit dem Kopfhörer überrascht mich der Amp – allerdings erstmal nicht positiv. Der eigene Lautstärkeregler regelt nämlich nicht auf null. Kommt aus dem Player selbst schon ordentlich Signal, kann es ganz schön laut werden. Also Obacht! So, jetzt aber den Bass dran und den Master aufdrehen! Puh, da sitzt Dampf dahinter! Dank der großartigen Laufruhe merkt man gar nicht, auf welchem Lautstärkeniveau man schon ist …

Der eingebaute Custom-Lautsprecher von Sica mit Neodym-Magnet verträgt 400 Watt und setzt das, was der Verstärker ihm füttert, entspannt und mit einer leichten Anfettung der tiefen Mitten um. Auch aktive Fünfsaiter stellen den Combo vor keine Probleme, die Wiedergabe bleibt so sauber und souverän, wie ich es schon beim Test der AT112-Box konstatieren konnte. Den Verlust an Gehäusevolumen – der Combo hat die exakt gleichen Maße, es wurden ein paar Zentimeter in der Tiefe abgeknapst, um den Amp unterzubringen – hört man praktisch nicht. Das ist dann natürlich der perfekte Turm, bei dem dann mit einer 4-Ohm-Box die vollen 800 Watt abrufbar sind. Oder doch gleich die AT212?

Spätestens mit dieser Kombination kann man sich auch auf richtig großen Bühnen Gehör verschaffen. Die Klangregelung habe ich noch gar nicht erwähnt: Die arbeitet sauber abgezirkelt und musikalisch. Die Presets für Deep und Bright sind gut abgestimmt, sodass es nicht zu viel des Guten wird. Bei höheren Pegeln kann man den Bassbereich mit Deep und leicht zurückgedrehtem Bassregler fein formulieren, während für den wichtigen Mittenbereich viel Auswahl geboten wird, um eigentlich jede denkbare Farbe hinzubekommen. Selbst starke Anhebungen oder Absenkungen klingen noch natürlich und nutzbar.

Die einzige Ausnahme kann ich provozieren, indem ich den Tiefmittenregler auf die höchste, den Hochmittenregler auf die niedrigste Frequenz setze, womit sie im praktisch gleichen Bereich arbeiten. Wenn ich jetzt beide voll anhebe oder absenke, wird’s komisch, aber das hat mit praktischer Anwendung auch nichts mehr zu tun. Einen voll angehoben, den anderen komplett abgesenkt, ergibt übrigens einen fast wieder neutralen Ton.

Auch der Höhenregler arbeitet im Verbund mit dem Hochtöner sehr schön, wobei auch bei abgeschaltetem Horn der Ton definiert bleibt und mit Absenkungen in den Höhen noch wärmer und traditioneller gestaltet werden kann. Von ultraklarem Slap bis zu sahnig singendem Fretless ist alles drin, jeder Bass darf seinen Charakter voll ausspielen.

RESÜMEE

Sucht man nach einem Combo, der mit den Parametern des GR Bass AT Combo 800 mithält, sprich: Zwölfzoll-Speaker, 800 Watt mit Zusatzbox(en), unter 10 kg Gewicht, dann hat diese Suche schnell ein Ende: Es gibt keinen anderen, der da mithalten kann … Kommt noch dazu, dass der GR mit fantastischer Wiedergabe, toll arbeitendem EQ und satter Lautstärke punkten kann und bis auf die Kleinigkeit beim Kopfhörerregler und der Tatsache, dass die Bedienung der Schiebeschalter etwas fummelig ist, keine Schwachpunkte hat.

Das hat seinen Preis, der Combo ist auch preislich im gehobenen Segment, den er aber in meinen Augen absolut wert ist. Wer auf die letzten vier Kilo Ersparnis und das Hightech-Ambiente der Carbonbauweise verzichten kann, sollte sich mal die Holzversion zu Gemüte führen, da wären noch ein paar Hunderter zu sparen.

PLUS

● Sound
● Leistung
● Wiedergabe
● Gewicht
● Klangregelung
● Nebengeräuscharmut

MINUS

● Regler Kopfhörer

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 5/2022 Digital
Gitarre & Bass 5/2022 Digital
IM TEST: Zoom B6 +++ Framus Wolf Hoffmann WH-1+++ Valco FX KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O +++ Sandberg California Central +++ Origin Effects Bassrig +++ Lava ME 2 Freeboost & ME 3 +++ One Control Strawberry Red +++ Fender Player Plus Meteora HH & Active Meteora Bass +++ Marshall 2525H & JVMC212 Black Snakeskin LTD

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