(Bild: Dieter Stork)
Flattley Guitar Pedals ist eine jener Boutique-Schmieden, die in kleinen Stückzahlen und mit viel Liebe zum Detail Produkte abseits des Mainstreams herstellen. Bei unserem Testgerät fällt natürlich zuerst das außergewöhnliche Design ins Auge – aber auch unter der Haube hat das Plexstar einiges zu bieten. Sein Ziel: den Sound eines Marshall JTM45 in ein kompaktes Paket zu packen.
Flattley Guitar Pedals ist ein echtes Familienunternehmen mit Sitz in den englischen East Midlands (größte bekannte Städte: Nottingham und Leicester). Neben dem Firmenchef Paul Flattley arbeiten seine Frau Jan und seine Tochter Phoebe für das kleine Unternehmen. Letztere kümmert sich um das Grafikdesign – und zeichnet damit für die Optik unseres Testpedals verantwortlich.
Paul wollte ein Logo mit Rock’n’Roll-Flair für seine Produkte und bat seine Tochter, ein Firmenlogo mit einem Totenkopf zu entwerfen. Phoebe entschied sich für ein Konzept im Stil des mexikanischen „Día de los Muertos” (Tag der Toten) und verlieh den Flattley-Pedalen damit eine ganz eigene und ziemlich originelle Identität.
BESONDERHEITEN
Kommen wir nun zu zwei sehr klugen Detaillösungen, die man sich öfter wünschen würde: Da ist zum einen der blaue Leuchtring um den Fußschalter, der eine herkömmliche LED ersetzt, die gerne mal deutlich zu hell leuchtet und damit die Augen blendet und die Bedienelemente überstrahlt. Auch der Footswitch-Topper, der bei Flattley ebenfalls serienmäßig zum Einsatz kommt, erweist sich als komfortabler Helfer, der die Bedienung erleichtert. Damit sichern sich die Flattleys gleich zwei dicke Bonuspunkte.
Auch der Rest der Hardware kann überzeugen: Das Gehäuse besteht aus leichtem Aluminium (279 Gramm Gesamtgewicht!), die zwei Zentimeter breiten Potiknöpfe aus eloxiertem Aluminium liegen sehr gut in der Hand und sorgen zudem für eine ziemlich optimale Übersicht. Geregelt werden hier die klassischen Parameter Verzerrung („Gain”), Lautstärke („Volume”) und „Tone”. Hinzu kommt ein Toggle-Schalter mit der Bezeichnung „Boost”. Wird er aktiviert, kommt ein kräftiger Bassschub hinzu, auch die Gainstruktur verändert sich in Richtung mehr Punch. Paul Flattley beschreibt das Konzept des Boosts und das Ergebnis als vergleichbar mit dem Koppeln der beiden Kanäle eines JTM45. Und das war’s auch schon. Zumindest fast …
KONZEPT
Wie bereits erwähnt, ist das Plexstar dem Sound des Ur-Marshalls JTM45 verpflichtet, mit dem 1962 die Weltkarriere der Firma begann. Wie alle frühen Modelle ohne Master-Volume kam auch dieser erst richtig in Fahrt, wenn er aufgerissen wurde und entsprechend laut tönte. Zum Pegel gehörte damals auch das Gepäck, denn der 45er wurde nur als Topteil angeboten und brauchte eine passende 4x12er-Box als Partner, um seine Stärken ausspielen zu können. Diese Zeiten sind längst vorbei, doch das Klangideal ist bis heute geblieben. Flattley ist bei weitem nicht die einzige Firma, die einen JTM45 in Pedalform anbietet – auch wenn das vier Jahre später vorgestellte Modell 1959 noch einmal deutlich häufiger gecovert wurde. Wie alle Pedale der Firma ist auch das Plexstar handgefertigt und aufwendig lackiert, Flattley betont zudem, dass nur hochwertigste Komponenten verwendet werden.
(Bild: Dieter Stork)
IM EINSATZ
Beginnen wir den Test mit einer eher gutmütigen Strat. Schon beim ersten Anspielen wird deutlich, dass Flattley seinem Pedal reichlich Reserven mitgegeben hat. Bereits in der 8-Uhr-Position entspricht die Lautstärke des Effekts der des Cleansounds – da ist also noch viel Luft nach oben. Die maximale Verzerrung mit normal kräftigen Singlecoils reicht bis zu einem Ton, den ich als „Heavy Crunch” bezeichnen würde. Auf der anderen Seite des Spektrums greift der Gain-Regler schon sehr früh ins Geschehen ein, auch hier klingt es um die 8-Uhr-Position bereits dezent angezerrt. Durch den langen Regelweg dazwischen lässt sich der Sound sehr komfortabel an die persönlichen Bedürfnisse und das eigene Equipment anpassen. Immer dabei: eine Klangnote, die ich als angenehm schimmernd bezeichnen möchte.
Auf Deutsch: Es klingt eigentlich von Anfang bis Ende ziemlich klasse. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass sich der Zerranteil sehr gut über das Volumepoti der Gitarre kontrollieren lässt und der Ton bei niedrigen Einstellungen wunderbar aufklart. Je nach Stil eignet sich das Plexstar somit sogar als „Always-on”-Pedal.
Bei einer Les Paul wird aus dem Crunch ein satter, runder Rocksound, der aus dem Stand heraus überzeugt. Schon ab etwa einem Viertel des Gain-Regelweges ist reichlich Verzerrung im Spiel, spätestens ab etwa 14 Uhr erreicht man Hardrock-Gefilde. Klar, das ist subjektiv und hängt natürlich auch von den Pickups und vielen anderen Komponenten ab, aber als Hausnummer sollte diese Einschätzung eine grobe Einordnung zulassen. Die Humbucker der verwendeten Testgitarre sind auf der moderaten Seite, der Amp dahinter ist ein cleaner Fender Pro Reverb. Auch hier ist also noch einiges mehr drin. Auffällig ist auch, dass der Sound in fast jeder Einstellung des Pedals organisch und homogen wirkt, dass Plexstar reagiert ziemlich sensibel auf das zugeführte Signal. Mit diesen Eigenschaften eignet es sich natürlich vor allem für kräftigen Blues bis hin zu mittelschwerem Hardrock, wer mehr Verzerrung braucht, schaltet entweder ein weiteres Pedal dazu oder sucht sich ein passenderes Modell aus Flattleys Drive-Arsenal.
INTERPRETATIONEN
Wie unterschiedlich verschiedene Firmen ein und dasselbe Produkt interpretieren, zeigt ein interessanter Vergleich: Mit dem J. Rockett Caliber 45 findet sich in meinem persönlichen Fundus ein weiteres Pedal, das sich den Ur-Marshall zum Vorbild genommen hat. Im Gegensatz zum Plexstar hat es zwei EQ-Regler, verzichtet allerdings auf einen Boost.
Im direkten Vergleich zeigt sich, dass das Flattley-Pedal deutlich wuchtiger und bissiger zur Sache geht – und das auch schon ohne aktivierten Boost. Das ist keine Wertung, sondern nur eine erhellende Beobachtung. Darauf angesprochen, erläutert Paul Flattley: „Wir haben das Plexstar so designt, dass es zwar die Grund-DNA des JTM45-Sounds in sich trägt, aber ein Stück weiter geht und dem Anwender etwas mehr Dynamik liefert.” Damit trifft der Firmenchef den Nagel auf den Kopf.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Wer auf die frühen Marshall-Sounds steht und ein ausgefallenes Design zum klassischen Sound mag, sollte sich das Plexstar von Flattley genauer ansehen und anhören. Das Pedal klingt über den gesamten Regelweg richtig gut und lässt sich sehr präzise einstellen. Es bietet deutlich mehr Reserven als das große Vorbild von 1962.
Neben dem Grundsound und den Möglichkeiten zur Feinabstimmung haben mir auch Details wie der Leuchtring und der Footswitch-Topper sehr gut gefallen. Das sollten sich andere Firmen mal zum Vorbild nehmen. Einziger Wermutstropfen bleibt, wie fast immer bei dieser Form der Kleinserien-Handfertigung, der Preis. Mit 279 Euro ist das Pedal nicht gerade billig. Aber das ist Designerware ja nie …
Plus
● Sound
● Haptik
● Kluge Features
● Originelles Design
Minus
● Handarbeit hat ihren Preis

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)