Giftefeu & Zuckerschädel
Test: Flattley Bass Chief und Bass Poison Ivy
von Jogi Sweers, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
Fast zehn Jahre ist es her, dass Paul Flattley nach einer langen Karriere in der Luftfahrtelektronik sein Hobby zum Beruf machte und anfing, professionell Pedale zu bauen. Diese müssen einerseits seinen in der Luftfahrt nötigen Standards entsprechen und andererseits seinen Ohren als Musiker gefallen.
Und nicht nur denen gefallen sie offensichtlich, denn die Kreationen, die im Familienunternehmen in Heckington in Lincolnshire, England, entstehen, sind schon lange kein Geheimtipp mehr.
In der optisch besonders üppig gestalteten Platinum-Reihe bekommen die Aluminium-Gehäuse eine Grundierung, die zwischen den mehreren Lagen immer wieder von Hand geschliffen und poliert wird. Metallische, holografische Chromflakes sorgen für das, was Paul den „Flattley Sparkle” nennt.
Entscheidend für die besondere Optik ist aber das sogenannte „Hydro Dipping”. Dazu gibt es von Flattley mehrere anschauliche Videos auf YouTube. In diesem faszinierenden Verfahren wird eine Folie auf Wasser gelegt und dadurch aktiviert, das Gehäuse wird von Hand eingetaucht und nimmt die Grafik auf.
Jedes Mal ist das Ergebnis minimal unterschiedlich und damit jedes Pedal individuell. Zur Fixierung wird das getrocknete Gehäuse nochmals mehrlagig mit nassem Zwischenschliff lackiert und abschließend immer feiner bis zum Hochglanz poliert. Die mit dem Gehäuse verschraubten Potis haben griffige Aluminium-Köpfe, in die ihre Funktion per Laser eingraviert ist. Das ist nicht nur eine sehr coole Idee, gleichzeitig bleibt die schöne Grafik des Pedals unberührt.
Auch die Topper für die Fußschalter sind aus Metall und graviert, ein leuchtender Halo um den Schalter zeigt den aktivierten Effekt an. Je nach Aufbau des eigenen Pedalboards können die seitlichen Anschlüsse für Input und Output sowie für ein handelsübliches 9-Volt-Netzteil möglicherweise störend sein. Ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen, wie ein Blick ins sehr akkurat gefertigte und aufgeräumte Innere verrät.
Silberne Metal-Flakes sind die Grundlage für die spektakuläre wassergedippte Grafik auf dem Bass Chief: mexikanische Zuckerschädel, mit intensiver Tiefe perfekt ausgeführt. Ein sehr krasser Gegenentwurf zu den sonst meist dunkel und/oder monochrom gehaltenen Bass-Drives. Mir gefällt’s!
Grundsätzlich haben wir es hier mit einem Overdrive zu tun, dem ein cleanes Signal zugemischt werden kann. Den Zerrgrad regelt der OVD-beschriftete Gain-Regler, klangliche Variation für die Drive-Abteilung bieten Bass und „TRB” (Treble). „BLND” (Blend) oben links bietet ganz nach links gedreht das unbearbeitete Clean-Signal, ganz nach rechts gedreht den reinen Zerrsound, bevor der mittig platzierte VOL(ume)-Knopf die Ausgangslautstärke der Mischung einstellt.
Los geht die Zerre mit leichtem Knuspern und steigert sich bis zum Anschlag auf mittelheftigen Overdrive, der noch nicht ganz Distortion-Territorium betritt. Klingt schon sehr ansprechend, und das bis jetzt nur mit OVD und VOL.
Mit richtig bunter Vielfalt warten die Klangregler auf, die den Grundsound der Verzerrung ordentlich verbiegen können. Richtig fetter Bass ist genauso abrufbar wie extrem bissige Höhen, ein Mittenscoop geht ebenso wie weich-singende Töne, die flaumige Fuzzigkeit versprühen.
Dafür dürfen die Regler auch ordentlich bewegt werden, denn der entstehende Boost, wenn zum Beispiel beide voll aufgedreht sind, lässt sich am Volume-Poti ja wieder einfangen. Ebenfalls wieder einfangen lassen sich extreme Einstellungen, bei denen ein EQ-Poti voll auf- und das andere komplett zugedreht ist.
Zwar gehen dabei zunächst die Definition und Tragfähigkeit verloren, doch schon mit einer leichten Clean-Zumischung wird das Ergebnis wieder nutzbar und interessant. Andersherum funktioniert es auch: Der Schwerpunkt liegt auf kräftigem Clean-Sound mit unterlegter, gerne auch heftigerer Zerre, was ausgezeichnet klappt – auch hier gerne wieder mit beherztem Dreh an der Klangregelung des Drives.
Ein wirklich feines, flexibles Pedal mit einem guten Grundsound sowie guten Einstell- und Einsatzmöglichkeiten – sowohl als Effekt im eigentlichen Sinne als auch als mehr oder weniger cleanes Always-on-Preamp-Pedal. Das Spielgefühl mit dem Pedal ist griffig und dynamisch – sehr angenehm!
Überzeugen können auch der zum Totenkopf-Design passende Topper des satt einrastenden Fußschalters und der Leuchtring, der ebenso deutlich wie blendfrei arbeitet. Überaus satisfying!
(Bild: Dieter Stork)
(Bild: Dieter Stork)
BASS POISON IVY
Das Lob gilt auch für die gleichen Bauteile am Poison Ivy. „Bass Poison Ivy”, um genau zu sein, denn es gibt auch eine Gitarrenversion mit komplett anderer Schaltung. Im Vergleich zum bunten Bass Chief wirkt die hier ebenfalls per Hydro Dipping aufgebrachte Grafik fast farblos.
Bei genauer Betrachtung und den richtigen Lichtverhältnissen sind jedoch auch hier zarte Metallflakes als Grundlage erkennbar. Im bassoptimierten Pedal stellt ein Fuzz-Regler den Zerrgrad ein, bevor es zum Attack-Regler weitergeht, den man sich als Überblender zwischen dem regulären Ton und einem mit deutlichen Treble-Boost vorstellen kann.
Der Blend-Regler sorgt dann für die Mischung zwischen der Zerre und dem nach dem ersten Eingangsbuffer abgezweigten Clean-Signal. Volume gibt, wenig überraschend, die Gesamtlautstärke des Pedals vor. Nettes Detail: Dadurch, dass die Knöpfe beim Poison Ivy größer sind, können alle Bezeichnungen ausgeschrieben werden.
Mit Blend voll auf Effektsound geht es schon deutlich angezerrt los, mit wesentlich mehr Wolle im Ton als beim Bass Chief. Je weiter ich Fuzz aufdrehe, desto mehr geht der Sound in die Mitten und bekommt einen ziemlich kistigen Charakter. Nicht uninteressant, aber wenn das der einzige Sound wäre, würde ich das Pedal jetzt wieder im Karton verschwinden lassen. Dem ist aber nicht so.
Die Höhen geht der Attack-Regler an, der neben dem schon erwähnten Treble-Boost auch zunehmend Gain im oberen Register drauflegt, auch wenn Fuzz selbst komplett runtergedreht ist. Voll aufgedreht packt Attack endgültig die Kreisch… Entschuldigung: Kreissäge aus – damit bleibt man ganz sicher nicht ungehört!
Am anderen Ende des Frequenzspektrums kommt das Fundament immer noch zu kurz, aber auch hier kann Abhilfe geschaffen werden. Schon ein leichter Dreh am Blend-Poti rückt die Verhältnisse wieder zurecht und macht den Ton bandtauglich tragfähig.
Fühlt sich fast an wie ein dreigeteiltes Signal, das über die drei Regler in allen möglichen Kombinationen wieder zusammenzusetzen ist. Es macht Spaß, auch mit mehr Clean-Sound als Grundlage zu arbeiten, alle Mischungen haben ihren eigenen Charakter und ihren eigenen Reiz. „Always on” wird das Pedal wohl weniger genutzt werden als der zahmere Bass Chief, aber als sehr flexibles Fuzz macht es sich extrem gut!
Dadurch, dass die Knöpfe beim Poison Ivy größer sind, können alle Bezeichnungen ausgeschrieben werden. Mit Blend voll auf Effektsound geht es schon deutlich angezerrt los, mit wesentlich mehr Wolle im Ton als beim Bass Chief. Je weiter ich Fuzz aufdrehe, desto mehr geht der Sound in die Mitten und bekommt einen ziemlich kistigen Charakter. Nicht uninteressant, aber wenn das der einzige Sound wäre, würde ich das Pedal jetzt wieder im Karton verschwinden lassen. Dem ist aber nicht so.
Die Höhen geht der Attack-Regler an, der neben dem schon erwähnten Treble-Boost auch zunehmend Gain im oberen Register drauflegt, auch wenn Fuzz selbst komplett runtergedreht ist. Voll aufgedreht packt Attack endgültig die Kreisch… Entschuldigung: Kreissäge aus – damit bleibt man ganz sicher nicht ungehört!
Am anderen Ende des Frequenzspektrums kommt das Fundament immer noch zu kurz, aber auch hier kann Abhilfe geschaffen werden. Schon ein leichter Dreh am Blend-Poti rückt die Verhältnisse wieder zurecht und macht den Ton bandtauglich tragfähig.
Fühlt sich fast an wie ein dreigeteiltes Signal, das über die drei Regler in allen möglichen Kombinationen wieder zusammenzusetzen ist. Es macht Spaß, auch mit mehr Clean-Sound als Grundlage zu arbeiten, alle Mischungen haben ihren eigenen Charakter und ihren eigenen Reiz. „Always on” wird das Pedal wohl weniger genutzt werden als der zahmere Bass Chief, aber als sehr flexibles Fuzz macht es sich extrem gut!
(Bild: Dieter Stork)
Pedale, die ich mir einfach nur lange angucken möchte, habe ich selten in der Hand. Die Flattleys sind wirklich sehr schön gemacht, mit Grafiken, die durch die Holo-Flakes eine tolle Tiefe bekommen.
Aber nicht nur die Optik überzeugt, auch klanglich und in puncto Bedienung kann ich nur Gutes berichten. Der Bass Chief deckt eine große Bandbreite ab: Von clean mit leichter Zugabe an Wumms und durchsetzungsfreudigem Clank bis zu krasserem Overdrive sind die Ergebnisse immer schnell brauchbar einzustellen – egal, ob es im Bandkontext unauffällig oder unüberhörbar zugehen soll.
Genauso inspirierend, und definitiv eher im Bereich „unüberhörbar”, ist das Bass Poison Ivy Fuzz, das mit seiner interessanten Schaltung bei einfacher Bedienung eine Menge Sounds bietet. Der Bass Chief ist da entspannter. Bei ebenfalls großer Bandbreite an erzielbaren Sounds komme ich bei ihm schneller zu Ergebnissen. Er liefert immer neue, inspirierende Klänge, die sich von unauffällig bis unüberhörbar im Bandkontext einsortieren.
Die Preise für in einem Familienbetrieb handgefertigte, handverdrahtete und von Hand aufwendig mit Grafiken versehene und lackierte Pedale halten sich absolut im Rahmen. Klare Antestempfehlung!
PLUS
● Optik
● Konzept
● Inspirierende Sounds


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)
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