Aus dem neuen Heft

Test: Eventide Rose

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(Bild: Dieter Stork)

Im Rose Delay vereint Eventide Oldschool-Optik und einen teils analogen Signalweg mit all den Vorteilen, die digitale Signalbearbeitung zu bieten hat.

Das Rose bietet modulierte Delays von „normal“ über Reverse, bis hin zu Slapback, Chorus und Konsorten. Dabei ist es sehr variabel einstellbar und trotz übersichtlicher Oberfläche lassen sich direkt am Pedal fünf Presets auswählen.

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80er Charme außen

Die Optik des Rose ist natürlich schwer Geschmackssache und spaltet unsere Redaktion in die Lager: „Geile 80er- Optik“ und „puh, allein aus optischen Gründen käme das nicht auf mein Board“. Neben der Gehäusefarbe trägt die in unterschiedlichen Farben blinkende Rose in der Gehäusemitte bewusst zu dieser optischen Herausforderung bei. Lösen wir uns von der Optik, bleibt ein wunderbar verarbeitetes Gerät in robustem Gehäuse, welches mit 650 g Lebendgewicht auch subjektiv viel Wertigkeit versprüht.

Im Karton enthalten ist auch ein Netzteil um sofort loslegen zu können, sowie Aufkleber, ein Plektrum und eine englischsprachige Bedienungsanleitung. Diese ist kurz gehalten, bietet aber, grafisch nett aufbereitet, einen guten Überblick über alle Funktionen. Auf der Homepage kann man sich zudem ein dreiseitiges Addendum herunterladen, welches einige Funktionen genauer erklärt.

Persönlich hätte ich es noch nett gefunden, ein paar beispielhafte Settings erklärt zu bekommen – es gibt hier tolle Presets, aber die nachzubauen ist gar nicht so einfach. Zum Glück gibt es fast genau das auch in Text-Form auf der Homepage zu finden. Denn die Nutzeroberfläche liefert mehr, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Die Potis sind hierbei noch relativ selbsterklärend, gehen wir sie doch kurz durch: „Delay“ regelt natürlich die Länge des Delays. Normalerweise stellt man hier schon sehr feine Zeiten ein, hält man das Poti gedrückt kann man grob vorregeln, wohin es gehen soll. Dieses Poti hat auch als einziges eine andere Haptik als die anderen. Während alle weiteren sich wunderbar satt drehen lassen und keinen Millimeter Spiel haben ist es hier etwas anders, aber das ist Meckern auf höchstem Niveau.

„Mix“ regelt auf analogem Wege die Mischung zwischen trockenem und effektiertem Signal, „Filter“ ist ein analoger Low Pass Filter zur Sound-Formung und „Feedback“ fügt wiederum analog Feedback in den Delay-Weg hinzu. Mittels „Rate“ wird die Modulationsgeschwindigkeit eingestellt und „Depth“ regelt die zugehörige Intensität.

Bleiben noch die vier unscheinbaren Buttons. Der erste schaltet durch die Presets und kann neue speichern. Der Phi-Button regelt unterschiedliche Dinge und zwar Comb Delay, Flip Phase, Long Delays oder Reverse Delay. Der Delta-Button schaltet den Delay Multiplier ein und aus. So kann man zusammen mit dem Shape Button unterschiedliche Downsamplings einstellen. Alleine bedient, regelt der Shape Button die Modulationsquelle, welche man dann an den LEDs links daneben ablesen kann.

Bleiben die beiden Fußschalter. Der linke schaltet das Pedal ein und aus, der rechte aktiviert den sogenannten „Hotswitch“. Man kann vorher einstellen, welche Funktion hier hinterlegt sein soll, zum Beispiel Tap oder Infinite Repeat, aber auch Phi oder Delta. Drückt man beide Schalter zugleich, so begibt man sich in den Preset Modus und kann hier rechts durch die Presets scrollen und links dann eins aktivieren. Ziemlich easy also.

Etwas an das Pedal anschließen darf man natürlich auch und so finden sich auf der Stirnseite der Netzteilanschluss, ein Switch der zwischen Guitar- und Line-Level wählt, so wie Input, Output und Expression Pedal Buchsen. An Letzterer kann – wer hätte es gedacht – ein Expression Pedal angeschlossen werden. Allerdings ist es hier auch möglich, bis zu drei Aux-Switches anzuschließen, welche jeweils einen eigenen Parameter steuern dürfen. Oder um das Ganze noch weiter zu treiben, nutzt man einfach MIDI over TRS (wofür man sich dann noch einen TTL-MIDI Adapter besorgen muss).

Nach der Beschreibung der Schalter dürfte klar sein: So ganz normal ist das Delay hier nicht. Aber wer hätte das auch von Eventide erwartet?

(Bild: Dieter Stork)

Moderne Technik im Inneren – ein Garant für guten Klang

Eventide legt viel Wert darauf zu betonen, dass es sich um einen „perfekten Hybriden aus digital und analog“ handelt. Gemeint ist damit, dass der Signalweg eingangsseitig aufgeteilt wird. So durchläuft der Delay-Part die digitale Steuerung, aber der Clean-Part bleibt immer analog. Vor dem Ausgang wird das Ganze dann wieder zusammengemischt.

Hört man das raus? Ich kann es ehrlich gesagt nicht beschwören, vielleicht wäre das Signal auch rein digital ebenso gut. Denn das schonmal vorweg: Der Sound des Rose ist absolut erstklassig. Was hier so alles geht, zeigt Eventide schon anhand der Werks-Presets. Diese sind ausgesprochen vielseitig und musikalisch gestaltet. Manches ist natürlich für den Brot-und-Butter-Bedarf etwas drüber, aber das kennt man ja. Im Zweifelsfall regelt man schnell nach und speichert das eigene Optimum ab.

Auch als ganz normales Delay macht das Rose eine wunderbare Figur. Man beschäftigt sich einfach zunächst nur mit Delay, Feedback und Mix und hat schon einen super Sound für fast alle Lebenslagen. Je weiter man den Filter Regler aufdreht, desto dumpfer werden die Delays. Mir hat eine Stellung knapp unter 12 Uhr für viele Sounds am besten gefallen.

Bis dahin hätte man natürlich auch viele andere Delay Pedale am Markt kaufen können. Drehen wir also noch etwas Modulation hinzu. Hierbei sollte man sich nicht verunsichern lassen. Wirklich drastische Sound-Eingriffe treten erst bei einer Depth-Einstellung über 12 Uhr zu Tage. Anspieltipp meinerseits ist hier ganz klar ein Rate Setting von 3 Uhr und Depth auf etwa 1 Uhr. Stellt man nun Shape auf Sinus, ergibt sich ein wunderbar wabernder Sound, der dann mittels Mix-Poti harmonisch in den Band-Sound eingefügt werden kann.

Merkt man nun, dass man das Delay auf die Schnelle in halbem Tempo wünscht, drückt man einfach Delta. Ist noch ein Delay aktiv, so hört man auch sofort eine Änderung im Sound. Ziemlich cool, dass man dies nun auch auf den Hotswitch legen kann.

Das reicht dir noch nicht? Kein Problem, wir haben ja noch den Pi-Button, welcher in längeren Delay-Settings für einen Reverse Effekt sorgt. Für mich ebenfalls ein ganz heißer Kandidat für den Hotswitch. So kann man schön mitten im Song ein bis dato normales Delay in ein Reverse Delay verwandeln. Wenn du dir jetzt denkst: „Hey, da muss ich doch noch andere Parameter anpassen, damit das gut klingt“ – auch kein Problem. Denn pro Preset gibt es jeweils A und B Settings. Du kannst also im Prinzip in einem Preset nochmal zwei unterschiedliche Einstellungen aller Potis und Buttons hinterlegen zwischen denen du hin- und herschalten kannst.

Und wenn man dann noch ein Expression-Pedal angeschlossen hat, ist ein nahtloser Übergang zwischen A und B möglich. Du kannst also beispielsweise den Mix erhöhen, das Delay mit mehr Feedback versehen und per Pi in ein Reverse Delay verwandeln.

Auch die ersten drei Werks-Presets verwenden jeweils den A und B Parametersatz um verschiedene Sounds hervorzurufen. So klingt das zweite Preset tatsächlich ziemlich nach Chorus (A) und Leslie (B). Wenn man wissen will, was so alles geht, wählt man einfach mal Preset 3B, den „Frenetic Filter“ an und erlebt ein vermindertes Arpeggio, dessen Geschwindigkeit von der Anschlaghärte gesteuert wird. Damit kann man schon ziemlich coole Sachen machen.

Egal wie verrückt die Sounds auch werden, das Rose klingt immer gut und gibt keine nervigen, digitalen Artefakte von sich. Auch die Interaktion des Amps mit dem Volume-Regler der Gitarre bleibt wunderbar erhalten. Dass es sich hier um ein digitales Pedal handelt merkt man also nur an den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.

Alternativen

Wer etwas mehr Platz auf dem Board hat und ein Display und etwas direktere Zugriffe auf Parameter mag, dem sei das Eventide Timefactor für knapp über € 400 ans Herz gelegt. Wer deutlich vielseitiger unterwegs sein möchte kann auch über das Eventide H9 nachdenken, welches es in der Grundausstattung ebenfalls für rund € 400 gibt. Wollen wir noch kurz bei den hochpreisigen Delays bleiben, so sei noch das Meris Polymoon für etwa € 360 erwähnt. Auch dort geht viel mehr, als zunächst erwartet, ohne dass man davon gleich erschlagen wird.

Muss man immer so viel Geld für ein Pedal ausgeben? Wenn man die Vielseitigkeit und die coolen Funktionen wie das nahtlose Überblenden zwischen Settings will wohl ja. Ansonsten gibt es jede Menge Pedale die einen bei geringeren Delay-Ansprüchen völlig glücklich machen können. Ein Electro-Harmonix Canyon klingt für die aufgerufenen € 150 wirklich klasse, und den Neo-Klassiker EHX Memory Toy gibt es schon für € 90. Das Eventide spielt da natürlich schon in einer anderen Liga und wirft all jenen den Fehdehandschuh hin, die es lieben, tiefer in die Materie abzutauchen und die auch mal mehr als nur das One-Trick-Pony benötigen.

Resümee

Während die Optik des Rose wohl stark Geschmackssache ist, dürfte der Sound über jeden Zweifel erhaben sein. Wir haben es hier mit einer gekonnten Symbiose aus semi-analogem Effektweg und digitaler Vielseitigkeit zu tun. Egal, ob du das Rose als Brot-und-Butter-Delay nutzen möchtest, oder tief in die unentdeckten Klangwelten abtauchst – es steht dir immer tapfer zur Seite und wird dich nicht enttäuschen. Da sowohl Klanggüte, als auch die Verarbeitung auf höchstem Niveau sind, hat es sich das Eventide Label redlich verdient.

Die Lernkurve ist zugegebenermaßen nicht ganz flach, dafür muss man dann doch ein paar Mal zu oft überlegen was der Pi-Button noch gleich tut, oder welche Shape Einstellung nun gerade die passende ist. Dennoch macht genau dieser Übergang von „ich tue mal so als hätte es nur drei Regler“ hin zu „…und wenn ich jetzt noch das hier drücke…“ sehr viel Spaß. Eine klare Kaufempfehlung!

PLUS

  • Klang
  • Vielseitigkeit
  • Presets mit A/B Funktion
  • Expression-Pedal-Anschluss

MINUS

  • Lernkurve

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2019)

 

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Phi, ausgesprochen als “fi”, sollte das heißen, nicht “Pi”.

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    1. Ist schon geändert, vielen Dank!

      Grüße aus der Redaktion!

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