Manchmal liegt der nächste Schritt nicht vor, sondern hinter uns. Wer zurückspult, sucht nicht zwangsläufig das Gestern – sondern vielleicht den Moment, in dem alles begann. Nicht aus Nostalgie, sondern um ihn aus heutiger Sicht neu zu betrachten. Denn was damals überzeugt hat, könnte es verdienen, weiterentwickelt zu werden – ohne sich zu wiederholen und ohne sich zu verleugnen. So geschehen bei der neuen Duesenberg Starplayer CBR.
Wir schreiben das Jahr 1995. Dieter Gölsdorf, der umtriebige Gründer von Rockinger Guitars in Hannover, zeigt sich gut erholt vom Schiffbruch seiner innovativen Firma und übergibt das Unternehmen schließlich in gute Hände, um sich fortan auf Göldo, einen ambitionierten Großhandel für Gitarrenparts, zu konzentrieren. Denn der verspricht nicht nur geschäftliche Solidität, sondern auch den nötigen Freiraum, um sich einer Idee zu widmen, die ihn schon länger begleitet hatte: Duesenberg! Seine eigene Gitarrenmarke. Nicht zum ersten Mal.
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Schon Mitte der 1980er-Jahre hatte Gölsdorf erste Duesenberg-Modelle vorgestellt – Gitarren mit teilweise futuristischen Metal-Designs, gespickt mit ungewöhnlichen Details. Sie wirkten auch damals schon wie aus einer anderen Zeit, kühn und experimentell. Aber der große Durchbruch blieb aus: Nur wenige Hartgesottene konnten sich für diese Kreationen begeistern. Doch 1995 wurden die Karten neu gemischt, und es sollte tatsächlich alles anders werden …
(Bild: Dieter Stork)
HAPPY 30TH ANNIVERSARY
Hören wir Dieter Gölsdorf zu, wie er auf seiner Homepage die Zeit des erneuten Duesenberg-Aufbruchs beschreibt: „Die besten Zeiten des Heavy Metal waren vorbei und die Gitarristen standen wieder mehr auf althergebrachte Werte. Und da sah ich meine Aufgabe: ein neues Konzept zu entwerfen, eine Gitarre, wie es sie am Markt derzeit nicht gab, ein neues, extrem wertiges Gitarren-Design, angelehnt an den Stil der 40er- bzw. 50er-Jahre, aber mit moderneren technischen Features und optischen Details, die den alten Design-Vorreitern so weit wie möglich voraus sein sollte …
Machen wir es (das Body-Design, Anm. d. Autoren) konventionell: ganz einfach eine verkleinerte Jazz-Gitarre, aber größer als z. B. eine Paula. Und nicht mit diesem spitzen Cutaway. Machen wir es rund! Und innen gechambered, d. h. großzügige Ausfräsungen innerhalb des Korpus für leichtes Gewicht und lebendigen Sound. Meiomei, ich habe alles mit einem Kurvenlineal designed – Kurve um Kurve.”
Im Jahr 1995 erscheint die erste Starplayer in zwei Varianten: die Starplayer I mit Wraparound-Brücke und die Starplayer II mit Bigsby B-11 Vibratosystem. Und der Rest ist … ihr wisst schon!
Das Starplayer-Fieber war übrigens zuerst in Japan ausgebrochen, ausgelöst durch die Musikerin Sheena Ringö. Sie hatte sich auf einer Europa-Tournee eine mintgrüne Starplayer II gekauft und auf dem Plattencover ihres Debütalbums untergebracht. Als sie kurz darauf einen kometenhaften Aufstieg in ihrem Heimatland erfuhr, erhielt Gölsdorf und sein kleines Team urplötzlich Bestellungen in Hunderter-Batches aus Japan – und allesamt bitte in Mintgrün!
Nach diesen fulminanten Anfängen steht seit rund 30 Jahren die Starplayer-Familie für ein eigenständiges Gitarrendesign, mit dem sich Duesenberg international etabliert und einen festen Platz in der Gitarrengeschichte gesichert hat. Wesentliche Merkmale wie die 648-mm-Mensur, hauseigene Pickups, speziell gefertigte Hardware und die „Three Steps”-Designphilosophie hatte Dieter Gölsdorf damals schon entwickelt.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Hannover und eigener Holzfertigung in Kroatien hat sich jedoch nie auf seinem Erfolg ausgeruht. Stattdessen wurden und werden kontinuierlich neue Modelle und Hardware-Lösungen entwickelt. Ein Meilenstein war z. B. der Schritt weg vom Bigsby-Vibrato hin zu einem eigenen System – ebenso wie der konsequente Ausbau der Starplayer-Serie, deren erfolgreichstes Modell die um das Jahr 2000 eingeführte Starplayer TV ist.
TIP TO TOE
Die neue Starplayer CBR basiert in ihrer chambered Bauweise auf der Ur-Starplayer von 1995. Gleichzeitig bringt sie sämtliche Weiterentwicklungen mit, an denen über die Jahre neben Gölsdorf das erfahrene Team aus Hannover um CEO und Mitinhaber Ingo Renner maßgeblich beteiligt war. Dass dies keine bloße Behauptung ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Vier Jahre lang war ich selbst Teil des Göldo- und Duesenberg-Teams und habe die Akribie, Expertise und Leidenschaft des Gitarrenbaus in Hannover aus nächster Nähe erlebt. Gerade deshalb bin ich besonders gespannt, welche Geschichte mir nun die neue Starplayer CBR erzählen wird.
Dieter Gölsdorf hatte sich 1995 vom Art Déco inspirieren lassen – ein Stil, geprägt von klaren Linien, geometrischen Formen und gestufter Symmetrie. Wie damals, greift auch die neue Starplayer CBR dieses Design-Idee auf, etwa mit ihrer Kopfplatten-Silhouette, deren drei Stufen sich in vielen anderen Komponenten der Gitarre wiederfinden und für ein harmonisches Gesamtbild sorgen.
„Three Steps Ahead“ – das DesignMotto von Duesenberg – thront ganz oben. (Bild: Dieter Stork)
Optisch punktet die Kopfplatte mit Palisander-Aufleimer und elegantem natural binding, während die Saiten vom Sattel leicht aufgefächert zu den Duesenberg Z-Tuner verlaufen. Hier können sie in den Schaft geführt werden, treten auf der Rückseite der Kopfplatte aus, werden dort bündig abgeschnitten, leicht zurückgezogen und nun aufgewickelt. So erspart man sich Zeit und läuft nicht in Gefahr, sich blutige Fingerkuppen von hervorstehenden Saitenenden abzuholen. Wer auf konventionelle Weise aufwickeln will, hat dazu ebenfalls die Möglichkeit.
Die Saiten überqueren das im 12″-Radius gewölbte Palisander-Griffbrett mit Dot-Einlagen und 22 perfekt abgerichteten und von Hand polierten Bünden im Medium-Jumbo-Format: Medium in der Höhe (1 mm), Jumbo in der Breite (2,7 mm). Seit 2009 übernimmt eine PLEK-Maschine die Abrichtung der Bünde, und die Hannoveraner PLEK ist derart programmiert, dass sie die Bünde in einem leichten Compound-Radius von 12″ in den unteren bis zu 14″ in oberen Lagen entsprechend bearbeitet – eine gute Idee, denn so lassen sich die oberen Lagen noch bequemer bespielen.
Der Korpus der Starplayer CBR besteht aus einer großzügig ausgefrästen ca. 40 mm starken Mahagoni-Basis und einer ca. 5 mm dicken Ahorndecke mit dem für Duesenberg charakteristischen einzelnen F-Loch. Damit kehrt Duesenberg erstmals seit Einführung der Starplayer TV im Jahr 2000 zu einer chambered Bauweise zurück, nachdem seither alle Starplayer-Modelle (mit Ausnahme der Solidbody Starplayer Special) auf eine klassische Zargenbauweise mit Fichtendecke und Ahorn-Laminat für Zargen und Boden vertrauten.
Ein F-Loch reicht! (Bild: Dieter Stork)
Body und Halsrückseite sind hochglänzend lackiert, der Ahornhals ist dabei farblich auf das Mahagoni des Korpus abgestimmt. Um Decke und F-Loch läuft ein elfenbeinfarbenes Binding, das die klassischen Konturen geschmackvoll unterstreicht. Die Starplayer CBR ist in fünf Farben erhältlich – mein Testmodell trägt Catalina Green. Bei Duesenberg steht „Catalina” für Metallic-Lackierungen. Das dunkle Grün diese CBR ist mit feinen Metallflocken durchzogen, die dem Finish je nach Lichteinfall ein elegantes, fast schon mystisches Leuchten verleihen.
PICKUP WORLD
Domino-Singlecoil im P90-Stil am Hals, Grand Vintage Humbucker am Steg – diese Kombination ist eins der Duesenberg-Markenzeichen. Verwaltet wird sie durch die neue Flextone+-Schaltung, deren Fünfweg-Schalter folgende Positionen bietet:
Steg-Pickup solo
Hals- + gesplitteter Steg-Pickup
Hals- + Steg-Pickup voll
Hals + gesplitteter Steg mit LowCut für „Twang”-Sound
Hals-Pickup solo
Position 4 repräsentiert den Sound, den Gölsdorf damals entwickelte, weil ihm die typische Kombi von Steg- und Hals-Pickup nicht gefiel. Er splittete den Steg-Humbucker und führte einen Bass-Cut ein – fertig war ein perlig-brillanter Sound ohne Lautstärkeabfall, der fortan in allen Starplayer-Generation verwendet wurde.
Die Elektrik – Master-Volume, -Tone und Fünfweg-Schalter – ist leicht zugänglich auf dem silbernen, mit einem schwarzen Lining umrandeten Plexiglas-Pickguard untergebracht. Wie gewohnt wird das Pickguard an der Oberkante mit dem D-Stripe fixiert, einer dreistufigen Metallapplikation, „die wie die Zierleiste eines schicken Cabriolets wirken sollte” (O-Ton Gölsdorf).
Unter der Haube arbeiten sauber verdrahtete Göldo Heavy Duty Potis: ein linearer 500K für Volume, ein logarithmischer 250K für Tone. Ergänzt wird das Duo vom Duesenberg-Double-Wafer-Fünfweg-Schalter, der auf vier Ebenen gleichzeitig schaltet – Voraussetzung für die komplexe CBR-Schaltung. Potis und Schalter sind mit – natürlich – dreistufig designten Metallknöpfen versehen.
Das Signal verlässt die Gitarre über die versenkt montierte „Göldo Custom Jack”-Buchse – das Buchsenblech ebenfalls in „Three Step”-Optik. Gerade Stecker sitzen hier extrem sicher, dickere Winkelstecker könnten allerdings Kontaktprobleme bekommen. Die silbernen Plexi-Pickup-Rahmen zeigen ein weiteres typisches Duesenberg-Detail: Statt vier halten hier fünf Schrauben den Pickup – die fünfte ermöglicht eine präzise parallele Ausrichtung zum Saitenverlauf.