Made in Wuppertal

Test: DeLago Prime Model One & Custom Model One

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(Bild: Dieter Stork)

In Wuppertal ist Hardline Music ansässig. Ein feines Musikgeschäft, mit professioneller angeschlossener Musikschule. Seit 2015 fertigen die Mitarbeiter um Inhaber Tom Berger eigene Gitarrenmodelle unter dem Namen DeLago, die 2019 erstmalig auf dem Guitar Summit ausgestellt wurden.

Das Instrumenten-Programm ist in zwei Serien unterteilt: Die Delago-Custom-Serie vereint modernes Spielgefühl mit der Optik legendärer Klassiker. Verwendet werden ausschließlich hochwertige Parts renommierter Zulieferer wie z. B. Allparts, Warmoth, Kluson, Gotoh, Schaller, CTS und Switchcraft. Bodys und Hälse werden vom DeLago-Team bearbeitet und gefinished. Die Gitarren werden, wenn nicht anders gewünscht, mit handgewickelten Tonabnehmern der Marken Mojo, Amber oder Häussel ausgerüstet.

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AMBER PICKUPS

Der Pickup der „Chaparral“ ist ein 90-Standard-Custom (Ser.-Nr. TR20560). Dieser Pickup hat eine Anzapfung, die innere Wicklung hat etwa 6,2 kOhm, die äußere etwa 3,8 kOhm. Beim Booster-Modus sind beide Spulen gleichzeitig in Phase angeschlossen. Die Hufnägel bei diesem Pickup hat der Gitarrenbauer Reiner Bigge aufgesetzt.

Die Amber-CC-150-Pickups der Thinline sind Reproduktionen der Original-Konstruktion der 30er-Jahre. Hierzu wird originalgetreuer Plain-Enamel-Draht in AWG38-Stärke verwendet, um Klangcharakter und Output an den Urvater des Magnet-Tonabnehmers aus den frühen ES-150-Modellen anzugleichen. Nur die Konstruktion des Magneten ist anders als beim Original mit den Riesenmagneten.

Die Klinge ist aus Stahl und unter der Spule hängen zwei Alnico-Blockmagnete im 90°-Winkel an der Klinge – also genauso konstruiert wie ein P-90. Die Wicklung erfolgt mit einer Maschine, nur der Draht wird von Hand geführt, das ist bei diesem Pickup besonders wichtig, weil hier genug Platz für eine sehr lockere Wicklung ist. Die ursprüngliche Version des Charlie-Christian-Pickups ist tatsächlich sehr hell und klar, was den wenigen Windungen und dem dicken Wickeldraht geschuldet ist – also ganz anders, als man sich einen typischen Jazzgitarren-Pickup heute vorstellt.

Hört man sich die alten Aufnahmen an, hebt sich der Ton sehr deutlich von einem „weichen“ weniger differenzierten Humbucker-Ton ab. Aber die Gitarren, die Christian gespielt hat, waren ja alle mit Volume- und Tone-Regler ausgestattet, sodass ein Finetuning möglich war, und er Höhen herausfiltern konnte. Später soll Gibson die Charlie-Christian-Pickups dann ähnlich wie P-90s gebaut haben, also mit #42-Plain-Enamel-Draht und wesentlich mehr Windungen.

Wolfgang Damm, Amber Pickups


In der DeLago-Prime-Series entstehen nach Kundenvorgabe handgebaute, einzigartige Unikate mit vielen Ausstattungsvariationen. Von der Traumgitarre mit vergoldeter, 3D-gefräster Oberflächenstruktur bis zum Eins-zu-Eins-Klon eines legendären Instruments.

FRAGEN AN …

 

Bruno Körner, Tom Berger, Reiner Bigge, Tim Klinke

… TOM BERGER (HARDLINE MUSIC, WUPPERTAL)

Warum gibt es DeLago Guitars?

Wir haben bereits vor 2015 mit einem Gitarrenbauer aus England eine kleine Serie von hochwertigen Gitarren gebaut. Da dies von unseren Kunden sehr gut angenommen wurde und die Nachfrage stetig anstieg, war die Gründung 2015 ein logischer Schritt.

Wo kann man DeLago-Gitarren kaufen?

Nur bei Hardline Music in Wuppertal.

Wie viele Mitarbeiter habt ihr und wie groß ist eure Kapazität?

Vier Mitarbeiter, ca. 60 Gitarren pro Jahr.

Wie viele DeLago-Gitarren wurden bisher gebaut?

Ca. 80 Gitarren.

Es gibt laut Webseite die normale Serie mit sechs Modellen, die Prime- und die Custom-Serie. Wie sind die Lieferzeiten für die drei Serien?

Tatsächlich gibt es nur zwei Serien: Bei der Custom-Serie (das ist quasi unsere „Standard“-Serie) beträgt die Lieferzeit vier Wochen ab Bestellung, ansonsten haben wir immer um die 20 Modelle in unserem Showroom sofort verfügbar. Bei der Prime-Serie (unsere „fast alles ist möglich“) beträgt die Lieferzeit abhängig von den Wünschen des Kunden drei bis neun Monate.

Ihr verwendet ausschließlich Nitrolack. Korrekt?

Wenn Lack, dann Nitro, natürlich aber auch Öl und Wachs, wenn der Kunde es wünscht.

Vorgefertigte Bodies und Hälse sowie Hardware und Pickups kommen von diversen Lieferanten. Wer entscheidet, was verwendet wird?

Wir entscheiden gemeinsam, interessante Innovationen oder neue Konzepte (z. B. Hardware aus Titan, neue Lackmixturen, außergewöhnliche Tonhölzer etc.) werden erst am Prototyp getestet, bevor wir dies auch anbieten.

Welche Arten von Aging bietet ihr an?

Light, Medium, Heavy (Vintage-korrekt) und „Art“ (einzigartig, außergewöhnlich, kunstvoll.)

Betrifft Custom-Modelle: Wieviel ist vorgefertigt, wieviel Customized?

Die Bodys und Hälse sind vorgefertigt, die Shapings machen wir selbst.

Custom-Shop: Wo ist die Grenze für Ideen?

Grundsätzlich gibt es keine Grenzen ‒ und wenn, dann versuchen wir diese immer wieder ein wenig nach oben zu verschieben – bis das technisch Machbare erreicht ist.


PRIME MODEL ONE „THE CHAPARRAL“

Hier hat sich das Team um Tom Berger so richtig ausgetobt. The Chaparral ist ein Tele-Modell, aber komplett im Westernstil gestaltet. Der Redwood-Body ist sandgestrahlt, sodass sich die Maserung dreidimensional präsentiert. Der kräftige Ahornhals (flamed maple) mit Ebenholzgriffbrett und Knochensattel ist wie der Body dunkelbraun gebeizt und geölt. Die Bundenden sind seitlich nicht sichtbar, die Metallteile geaged.

P-90 mit Hufnägeln

Als Tremolo kommt ein freischwebendes Göldo-DG in Horseshoe-Style mit einem Rocking-Bar-Steg (im Gretsch-Stil) zum Einsatz. Dem Amber-Custom-90-Tonabnehmer im P-90-Stil wurden Hufnägel als Polepieces eingesetzt, passend zum Büffelhorn in Messing, das unterhalb des Halses auf dem Body prangt. Schaltung: Volume- und Tone-Regler mit Push-Push zum Aktivieren des passiven Boosts, der über eine Spulenanzapfung des PUs realisiert wird.

CUSTOM MODEL ONE THINLINE

Dieses Thinline-Modell stammt aus der „Standard“-Custom-Serie. Es ist ein klassisches Tele-Modell mit Ahornhals und Palisandergriffbrett, Knochensattel und einem ausgehöhlten Esche-Korpus mit f-Loch. Hals und Body sind in Choc-Burst gefinished und mit Nitro lackiert, die Kopfplatte in Dark Brown. Der Hals ist kräftig und hat ähnliche Maße wie der einer alten Fender Thinline.

Amber-Pickups Charlie-Christian

Besonderheiten: Diese DeLago ist mit zwei Amber-CC-Pickups ausgestattet – die Reproduktionen der alten Charlie-Christian-Tonabnehmer – und hat einen verkürzten Tele-Steg mit drei Messingreitern. Schaltung: Volume, Tone und 3-Weg-Schalter. Der Korpuslack ist dezent und geschmackvoll geaged.

PRAXIS

Zwei braune „Pferde“ aus einem Stall, die unterschiedlicher nicht sein können. Die Thinline ist eine Players-Gitarre, klingt knackig und sustainreich. Die Charlie-Christian-Pickups sind lauter als man es vermutet, aber mit tollen Höhen und akustischer Klarheit. Klasse für Clean-Sounds, machen aber vor allem im Crunch-Bereich sehr viel Freude. Das Tone-Poti ist so effektiv, dass man bei Bedarf auch dem Lead-Sound die Schärfe nehmen kann.

Der Amber-Pickup bietet einen fetten Sound mit guten Mitten, aber auch ausgeglichenen Höhen, druckvoll und rund. In der Grundschaltung klingen die Pickups offen und warm, perfekt für Crunch, mit zugeschalteter Zusatzwicklung fett und kraftvoll. Gute Bespielbarkeit und tolle Sounds machen diese Gitarre zum Arbeitspferd.

ZUBEHÖR

Cruztool-Stagehand (Bild: Dieter Stork)

Neben einem Rechteckkoffer, einem DeLago-Ledergurt und einem stoffummantelten Kabel mit Winkelstecker, liegt den Gitarren ein Werkzeug-Set, Cruztools-Stagehand, bei. Inhalt: Kurbel, Ventillehre, Saitenschneider, Capo-Lineal mit Setup-Specs, Werkzeug: 6× Inbus Millimeter, 6× Inbus Zoll, 2× Kreuzschrauben-Einsätze, 2× Schlitzschrauben-Einsätze, 3 Steckschlüssel (12 mm, 5/16″, 1/2″).

RESÜMEE

Was in Wuppertal alles möglich ist! Da fällt nicht nur der Elefant Tuffi aus der Schwebebahn und Tom Berger verlegt die stillgelegten Ruhrgebiet-Kohlekraftwerke in seine Heimatstadt (Tom weiß, was ich meine), sondern hier werden auch seriöse und individuelle Instrumente gebaut. Von Musikern und Gitarrenbauern, die wissen was der Kunde braucht bzw. bei Sonderanfertigungen will. Klasse!

PLUS Chaparral

  • Optik
  • Bespielbarkeit
  • Vibrato
  • Sound
  • passiver Booster
  • Zubehör

MINUS Chaparral

  • Redwood ist sehr weich. Nicht mit langen Fingernägeln bearbeiten!

PLUS Thinline

  • Vielseitigkeit
  • Amber-CC-Pickups
  • „nicht-von-der-Stange“-Sound
  • Bespielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Aging
  • Zubehör

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

Produkt: Fender Stratocaster
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