Kann alles, außer Kaffee kochen

Test: Cort GB74 GIG

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(Bild: Dieter Stork)

Alle Bässe, die man für verschiedene, klassische Sounds braucht, gleichzeitig umhängen zu haben – das wäre was! Vor allem schwer und ziemlich unmöglich zu spielen … Cort hätte da mit dem GB74 GIG etwas Entspannteres anzubieten!

Einmal mit alles, bitte

Alle Bässe bringt er natürlich nicht zusammen, aber immerhin lässt die Tonabnehmerbestückung schon Preci, Jazz und Stingray erahnen, das ist ja schon mal was! Die Basis, auf der das alles stattfindet, ist ebenfalls ein Hybrid. Nicht ganz so schwungvoll wie ein JB, nicht ganz so rundlich wie ein Preci, kommt der mit einem kleidsamen Pickguard versehene Erlekorpus in Lake Placid Blue daher. Der satinierte Ahornhals hat ein aufgeleimtes Griffbrett aus Ahorn, in dem Punkt-Inlays und 21 Bünde ihr Zuhause finden. Die Einstellung der Halskrümmung geht sehr problemlos über ein Rädchen am Halsende, was per dünnem Schraubendreher oder Inbusschlüssel zu drehen ist.

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(Bild: Dieter Stork)

Die Hardware ist bemerkenswert: Die Brücke ist eine Allparts Omega, die dem einen oder der anderen als liebevolle Kopie der alten BadAss bekannt vorkommen dürfte. Wie die BadAss, hat sie den (viel zu) langen Einstellweg für die Oktavreinheit, den kein Mensch je ausgenutzt haben dürfte. Dafür prägt sie die Optik wie kaum eine andere. Laut Homepage von Cort soll die Brücke aus massivem Stahl sein, tatsächlich ist sie aus demselben Zinkdruckguß wie das Original. Sei’s drum, der Sound zählt, dazu kommen wir ja noch.

Die Mechaniken sind dann direkt Originale, Hipshot Ultralites sparen hier Gewicht bei erfahrungsgemäß guter Funktion.

Was diesen Bass von seinen Brüdern in der GB-Reihe absetzt, sind wie schon geschrieben die Tonabnehmer. Am Hals findet sich ein VTB-P Pickup, der Stegpickup ist ein Multitone Humbucker. Wie unschwer zu erkennen ist, werkeln hier eine Spule mit großen Stingray-mäßigen Magneten und eine mit den typischen kleineren doppelten im J-Stil. Per Minischalter können diese Spulen jeweils einzeln und gemeinsam geschaltet werden. Die weitere elektrische Verwertung geht über einen Balance- und einen Volume-Regler. Letzterer schaltet per Push/Pull zwischen aktiv und passiv, aktiv ist ein Zweiband-EQ im Spiel, passiv eine Tonblende.

(Bild: Dieter Stork)

Sieht doch schon ganz vielversprechend aus! Im Zuge der Ressourcenschonung könnte man das proppenvolle E-Fach auch mit deutlich kürzeren Kabeln bestücken, hier ist doch einiges „über“. Also schnell wieder zuschrauben und mich stattdessen am ohne Werkzeug zu öffnenden Batteriefach erfreuen! Die Werkseinstellung ist schon gut, ich habe nur noch den über Rillen in den Saitenreitern justierbaren Saitenabstand so eingestellt, dass die Saiten möglichst genau mittig zwischen resp. über den Magneten laufen.

Im Stehen wie im Sitzen macht der GB74 eine gute Figur. Alle Shapings sind an den richtigen Stellen, durch die leichten Mechaniken bei gleichzeitig ordentlichem, aber nicht zu hohem Gewicht von gut 4,3 kg ist Kopflastigkeit kein Thema. Mit 38 mm am Sattel haben wir’s mit einem reinen Jazz-Bass-Maß zu tun, schon mal eine gute Grundlage für flotte Bespielbarkeit. Auch die Bundierung hindert da nicht, schnarr- und schepperfrei ist sie offensichtlich gut gemacht, wie sich das gehört. Die Bundenden sind schön verrundet, das ganze liegt mit einer gängigen Modern-C Form gut in der Hand.

Setz dich in den Mix

Knurrig knochig geht es mit dem P-Pickup solo im Passivmodus los. Klingt doch schon mal gut und genau wie erwartet! Das kann man von der nur passiv verfügbaren Tonblende so nicht sagen … Zum einen wirkt sie fast wie ein Schalter, es passiert lange nichts, dann alles auf einmal. Zum anderen wird der Sound nicht mittig-rund sondern dumpf. Ein kleinerer Kondensator würde für ganz kleines Geld Abhilfe schaffen. Es wäre aber natürlich schöner, wenn das gar nicht erst nötig wäre. Zurück zu den Pluspunkten: Einen Lautstärkesprung gibt es aktiv nicht, der Klang wird minimal glatter, weniger rau. Der Bass-Regler macht ordentlich Hub, da ist schon Vorsicht angesagt – leichte Anhebungen dürften meistens schon reichen. Der Treble-Regler ist in Frequenz und Boost/Cut gut aufgestellt, zwischen maximal knalliger Brillanz und hier auch dezent zurückgenommenen Höhen ist alles drin.

Bleiben wir aktiv, gehen aber zum Kollegen am Steg. In Mittelstellung des Minischalters sind beide Spulen am Start, und es klingt … nicht wirklich nach Stingray. Es drückt schön, ein Hauch Lispeln ist auch da, aber so richtig dicht dran isses nicht. Kann auch nicht, da eine Spule ganz anders aufgebaut ist, und vor allem beide Spulen seriell statt parallel zusammengeschaltet werden. Witzigerweise ist die Einzelspule mit den großen Magneten näher dran, vor allem wenn Höhen und Bässe ein bisschen angehoben werden. Beide Einstellungen sind für vieles schon gut brauchbar, auch passiv, wenn die Brillanzgrenze nach unten verschoben wird und die tiefsten Bässe etwas zurückgehen, was die Mitten mehr nach vorne treten lässt.

Last but not least haben wir im Einzelbetrieb noch die J-Spule, und wer hier den amtlichen Jaco-Ton erwartet kann sich auf den Kopf stellen – der ist nicht drin. Nicht nur spielt die passive Tonblende nicht mit, auch sitzt die Spule weder in der 60er- noch in der 70er-Position, sondern noch ein ganzes Stück dahinter, also stegnäher. Wenn man den Abnehmer doch nur umdrehen könnte … Außer für sehr spezielle Sounds ist das alleine zu hart und zu wenig tragfähig, aber trotzdem nicht ohne Sinn, es gibt ja noch den Mix. Und der P-Abnehmer zusammen mit der J-Spule macht eine großartige Figur! Hier ist alles da, Fundament, Mitten, und wenn gewollt per Anschlag und/oder Klangregler beißende Höhen. Damit lässt sich schon wieder einiges anstellen.

Die in puncto Output ausgewogenste Kombination ist die des P-Pickups mit der Stingray-Einzelspule. Klanglich fetter kann man hier nach Herzenslust hin und her blenden, es bleibt in der Lautstärke gut angepasst, nur der Charakter ändert sich. Mit dem vollen Pfund des Multitone Humbuckers prägt dieser den Klang ganz enorm, da kommt der Halsabnehmer kaum mit. Regelt man langsam von Steg solo zur Mittelstellung, reduzieren sich die dicken Tiefmitten zwar etwas, den prägenden Einfluss wird man aber nicht los. Das ist nicht im geringsten negativ gemeint, zum einen ist das Geschmackssache, zum anderen hat man ja Auswahl. Für mich hat der volle Humbucker vor allem solo seine Qualitäten.

Übrigens sind ab Werk D’Addario EXL165 aufgezogen, die dem Bass sehr gut stehen.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

„Der Spieler hat durch die ausgeklügelte Schaltung des Basses Zugriff auf Humbucker, J-Style und P-Style Sounds sowie natürlich eine Mischung aus diesen.“ So sagt es die Website. Dem würde ich jetzt nicht widersprechen, aber der J-Style kommt zumindest solo nicht so recht rüber, und authentisch mal eben drei Klassiker ersetzen schafft der Cort nicht – wobei der P-Style am nächsten dran ist. Das gleichfalls auf der Website gegebene Versprechen, mit dem GB74 GIG dem Spieler oder der Spielerin einen „extrem vielseitigen Bass mit jeder Menge exzellenter Sounds“ in die Hand zu geben, erfüllt Cort aber absolut, und das noch bei tadelloser Bespielbarkeit!

PLUS

  • Konzept
  • Bespielbarkeit
  • Flexibilität

MINUS

  • Wirkung der Tonblende

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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