Bass in a Mosh

Test: Charvel Frank Bello Signature Pro-Mod So-Cal Bass PJ IV

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(Bild: Dieter Stork)

Muss man Frank Bello vorstellen? Als Roadie und Gitarrentechniker war er schon mit der Band Anthrax unterwegs, bevor sein Onkel Charlie Benante ihn kurz nach Veröffentlichung ihres Debütalbums einlud, den Bassposten bei den Thrash- und Speed-Pionieren zu übernehmen. Seit 1984 legt er das Fundament für das New Yorker Viertel der Big Four, die auch 2023 weiterhin unterwegs sind.

Extravagante Formen sieht man bei ihm nicht, Frank scheint die Klassiker zu bevorzugen. War sein letzter Signature-Bass noch – von einer anderen Firma – klar an den Jazz Bass angelehnt, ist sein neuer Charvel genauso klar ein Derivat des allseits beliebten Precision Bass. Er scheint also beide gleichermaßen zu mögen …

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METAL OHNE ZACKEN

Der mit den üblichen Shapings versehene Body ist aus Pappel, einem Holz, das aufgrund seiner langen Nutzung in günstigen, wenn nicht gar billigen Bässen nicht eben den besten Ruf genießt, andererseits aber auch schon bei Stingrays Verwendung fand. Mal sehen, was beim Charvel dabei herauskommt. Kein Billo-Hauch umweht den Ahornhals, der sich mit geradem Wuchs und hellem Farbton präsentiert. Hier hat man sich viel Mühe gegeben.

Einerseits sollen die Stabilität und auch die Tonentfaltung durch unter dem aufgeleimten Griffbrett eingelegte Graphitstäbe positiv beeinflusst werden, andererseits sind für gesteigerten Spielkomfort die Griffbrettkanten abgerundet und die zwanzig Jumbo-Bünde folgen einem Compound-Radius. An den üblichen Stellen sind schwarze Block-Inlays sauber eingesetzt, Punkte in der Griffbrettflanke geben weitere Orientierung. Der Sattel kommt von Graph Tech und ist sauber gekerbt und eingesetzt worden.

Die Mechaniken sind generische offene Typen mit konkaven Wickelachsen, für D- und G-Saite ist ein gemeinsamer Niederhalter von Hipshot montiert, in den die Saiten einfach von oben eingehängt werden. Die Kopfplatte selbst hat die exakte Fender-Form. Wo andere Firmen sofort der abmahnbewehrte Bannstrahl treffen würde, muss sich Charvel als hundertprozentige Fender-Tochter natürlich keine Sorgen machen. Mit Charvel-Logo versehen, darf dann auch die Fender-Hi-Mass-Brücke, die ihrerseits wiederum auf der guten alten Bad-Ass basiert, ihren Platz am Korpusende einnehmen.

HiMass-Brücke von Charvel (Bild: Dieter Stork)

Ein cooler Touch ist das große Schlagbrett, das nicht den „normalen“ Precision-Umrissen folgt, sondern die ältere, Prä-57er-Form des Ur-P-Basses hat, und zudem noch spiegelt – Phil Lynott lässt grüßen! Entsprechend sind beide Pickups freistehend in ihre Fräsungen geschraubt. Wenn ein Bassist schon eigene Signature-Pickups hat, ergibt es ganz klar Sinn, die auch in seinem Signature-Bass zu verbauen. Ergo findet sich hier das EMG-Frank-Bello-Signature-PJ-Set. Geregelt wird ausschließlich mit zwei Volume-Reglern – vorige Signature-Modelle hatten mal einen Tone-Regler, mal keinen, scheint Frank wohl nicht so wichtig zu sein.

Da die beiden Pickups aktiv sind, gibt es auf der Rückseite ein Batteriefach, das ohne Werkzeug zu öffnen ist und cliplos und verpolungssicher den 9V-Block aufnimmt. Schlimmstenfalls ist ein Wechsel also wirklich schnell gemacht, aber bei dem geringen Stromverbrauch hält eine Batterie diverse Gigs lang. Unter der E-Fach-Abdeckung ist saubere Verarbeitung zu finden, und vor allem gibt es da viel Luft zu bestaunen … viel Platz für Modifikationen, wenn man das denn möchte.

(Bild: Dieter Stork)

GOT THE BASS?

Nicht, dass das etwa nötig wäre, der Charvel ist schon ein zu Ende gedachtes Instrument. Mit viereinhalb Kilo bringt der Frank-Bello-Bass ganz schön was auf die Waage, dafür ist die Balance gut und Kopflastigkeit kein Thema. Nach den Angaben der Website hatte ich einen Jazz-Bass-Hals erwartet, tatsächlich hat der Sattel eine Breite von 41 mm. Bespielbar ist der Hals, der mit einem flachen Radius von 12″ loslegt und dann zu den hohen Lagen bis auf 16″ noch flacher wird, trotzdem extrem gut, auch dank der abgerundeten Griffbrettkanten.

Die Bundierung ist perfekt, die Saitenlage ab Werk schön flach und dennoch komplett schnarrfrei. Dabei hat die HiMass-Brücke noch Luft nach unten und oben, so wie es sein soll. Auch die Halskrümmung ist für meinen Geschmack schon genau richtig, ansonsten aber am korpusseitigen Halsende kinderleicht mit dem Speichenrad einzustellen. Der Zugang zu den hohen Lagen wird durch einen abgerundeten Halsfuß mit passend asymmetrischer Platte erleichtert.

Wie sich das für einen Metal-Bass gehört, ist die Ansprache in allen Lagen zackig mit viel Attack, aber auch gesundem Sustain. Ob es an den Graphitstäben oder einfach gutem Holz liegt, ist letztlich egal, auf jeden Fall lässt sich weit und breit kein Dead-Spot finden – sehr schön.

Aktive Pickups, kein Tone-Regler oder Equalizer – der Kurs auf ein explizit klares Signal ist vorgegeben. Und so ist es auch: Den schon trocken angespielt sehr präsenten Ton übersetzen die EMGs breitbandig und mit Hang zu einem starken Höhenbild. Frank Bello hat sich aber offensichtlich auch viele Gedanken darüber gemacht, wie er die wichtigen Mitten gerne hätte.

Der PCSX hat Keramik- und Stahlmagnete, nimmt die oberen Mitten etwas zurück, während die tiefen angefüttert werden. Resultat ist ein voller, drückender und natürlich aktiver P-Bass-Ton mit reichlich Präsenz. Beim Steg-PU gibt es statt Stahl und Keramik AlNiCo-V-Magnete, die eine wärmere Wiedergabe bringen und wiederum eine gesunde Portion tragender Mittenfrequenzen. Bei beiden sorgt der X-Preamp für viel Headroom und Dynamik. So wie sie ab Werk justiert sind, ist der P-Pickup der dominierende Part. Bei gleichem Abstand zu den Saiten kann der LJAX im Output nicht mithalten. Das auszugleichen erfordert doch etwas mehr Aufwand als gedacht …

Zum einen ist die Fräsung so präzise, dass der Pickup sehr stramm sitzt, zum anderen ist, nachdem ich ihn vorsichtig, aber beherzt herausgezogen habe, kein Druck von unten zu spüren. Also noch ein bisschen Material untergelegt, et voilà: ein stabiler Stegabnehmer, der sich gegen seinen Kollegen behaupten kann, und einen freieren Umgang mit den beiden Volume-Reglern ermöglicht. Wer dann doch weniger Höhen möchte, muss eine externe Klangregelung bemühen, wird dann aber mit einem tragfähigen Ton mit vollen Mitten und Bässen belohnt.

RESÜMEE

Nicht nur geneigte Mosherinnen und Mosher werden ihre helle Freude am Charvel Frank Bello Signature Pro-Mod So-Cal PJ IV Bass haben. Auch in nicht-metallischen Kontexten kann der mit hochwertigen Komponenten bestückte und akkurat verarbeitete Bass glänzen. Fenders Rezept, diverse Bausteine aus der eigenen Historie immer wieder neu zusammenzuwürfeln, geht auch hier wieder mal auf. Im klassisch-schicken, an Phil Lynott angelehnten Look, mit Franks eigenen EMG-Pickups, ergibt das ein überzeugendes Paket mit exzellenter Bespielbarkeit und stabilem Ton in allen Lagen. Antesten empfohlen!

PLUS

● Sound
● Pickups
● Optik
● Verarbeitung
● Bespielbarkeit

MINUS

● erhöhtes Gewicht
● Justage Steg-Pickup

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

Produkt: Gitarre & Bass 11/2023
Gitarre & Bass 11/2023
IM TEST: Knaggs Guitars Eric Steckel Kenai T/S +++ Fender Limited Edition Tom DeLonge +++ Stratocaster +++ Cort G290 FAT II +++ Guild D-140 / D-140CE +++ Fender Vintera II 60s Precision Bass +++ Captain Black Betty 1x12 Combo +++ Origin Effects DCX Bass Tone Shaper & Drive +++ Strymon Cloudburst Ambient Reverb +++ Boss IR-200

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