Es knirscht so schön …

Test: BSM Heritage Crunch

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BSM Heritage Crunch(Bild: Dieter Stork)

Jeder Gitarrist weiß wohl, was mit „Crunch“ gemeint ist, wenn man einen verzerrten Sound beschreiben möchte: es ist der Übergang vom Cleansound zum Overdrive. Klanglich sind die leicht angezerrten Crunch-Sounds ein ziemlich schwieriges Terrain für Transistor-Verstärker und Verzerrer und durchaus ein Grund, warum Gitarristen ihren Röhrenverstärkern treu bleiben. Aber wenn Bernd Meiser einen Crunch-Treble-Booster kreiert, lässt das aufhorchen.

Bernd Meiser, Mastermind der Firma BSM und Autorenkollege, der uns mit seiner Kolumne „Effektiv!“ in Gitarre & Bass bereits einiges über Technik beigebracht hat, beschreibt den Heritage Crunch als Treble Booster, der auch als „Stand-Alone-Pedal“ funktioniert. Das klangliche Ziel des Heritage Crunch sind die rau-erdigen und unverwechselbaren Sounds der Endsechziger und Frühsiebziger.

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BSM hat ja eine Vielzahl von Treble Boostern im Programm, mit denen man Röhrenverstärker so kitzeln kann, dass sie diesen Sound hinbekommen. Aber da man einen Treble Booster selbst nicht zum Verzerren bringen kann, steht und fällt das Ergebnis mit dem (Röhren-)verstärker. Der Heritage Crunch soll unabhängig vom Verstärker die leichte Verzerrung erledigen. Er ist übrigens nach dem Supreme Special Overdrive erst das zweite echte Verzerrer-Pedal von BSM und schließt klanglich die Lücke zwischen den reinen Boostern und dem Supreme Special Overdrive.

MEHR BRAUCH ICH GAR NICHT!

Äußerlich reiht sich der Heritage Crunch in das BSM-Programm ein und auch ein Blick ins Innere zeigt den typischen BSM-Standard. Alle Komponenten sind von höchster Qualität und sehr ordentlich verarbeitet. An das eigenwillige BSM-Design, bei dem die Potis seitlich neben den In- und Output-Buchsen sitzen und der Fußschalter im oberen Drittel des Pedals sitzt, gewöhnt man sich schnell. Nachteile bei der Bedienung gibt es dadurch nicht, eher den Vorteil, dass die Potis gut geschützt sind und sich auch nicht so einfach unabsichtlich verstellen.

Geregelt wird der Heritage Crunch nur über die beiden seitlich angebrachten Potis Volume und Crunch. Ein True-Bypass-Fußschalter und eine Status-LED komplettieren die Ausstattung. Für einen Booster reichen die Regelmöglichkeiten allemal. Verzerrer gönnen sich aber meist noch eine Klangregelung. Ich persönlich habe eine Höhenblende jetzt nicht vermisst – zumal man ja an der Gitarre in der Regel noch einen Tone-Poti hat, der den höhenreichen Sound des Heritage Crunch zähmen könnte. Aber natürlich muss sich der Heritage Crunch den Vorwurf gefallen lassen, dass andere Verzerrer in ihrem Job flexibler sind.

NATÜRLICH SPIELE ICH GERNE IM TEAM …

Um es vorweg zu nehmen: Natürlich funktioniert der Heritage Crunch auch als Booster vor bereits angezerrten oder verzerrten Verstärkern hervorragend. Im Grunde seines Herzens ist er ja ein Treble Booster und die kongeniale Zusammenarbeit mit Röhrenverstärkern ist ihm in die Wiege gelegt. Dabei gefällt er besonders durch seine Betonung der oberen Frequenzen.

Mit dem Heritage Crunch wird der Zerrsound des Verstärkers transparenter und durchsetzungsfähiger. Ein Plus an Klangqualität, an das man sich schnell gewöhnt und dann nicht mehr missen möchte. Der Heritage Crunch versteht sich daher auch zu Recht eher als ein „Always-On-Pedal“, denn als ein Booster, den man bei Bedarf dazuschaltet. Hat man sich erst mal an den fokussierten Klang gewöhnt, will man das Pedal eigentlich nicht mehr ausschalten.

… ABER ICH KANN DAS AUCH GANZ ALLEINE!

Der Mehrwert des Heritage Crunch gegenüber den anderen Treble Boostern im ziemlich umfangreichen BSM-Programm soll aber sein, dass er auch alleine für den knirschenden-krachenden Wohlklang sorgen soll. Sprich, der Heritage Crunch soll auch vor einem cleanen Verstärker für einen rau-rotzigen Charme sorgen – und das nicht nur im Duett mit Röhrenverstärkern, sondern auch in Kooperation mit den Transistorkollegen. Na prima, dann gleich ran an Sessionette, Jazz Chorus und Zen-Amp.

Um ihm das Leben ein bisschen schwerzumachen, habe ich den Heritage Crunch nämlich gleich auf meine Transistorverstärker losgelassen. Denn wie schon gesagt – ein guter Crunch-Ton ist mit Röhrenverstärkern viel leichter hinzubekommen als mit den Transistor-Kollegen. Und was soll ich sagen? Der BSM macht den Job nicht nur vor Röhrenverstärkern, sondern auch vor den Transistorkollegen ganz schön überzeugend.

Natürlich variieren die Ergebnisse je nach Partner, aber grundsätzlich liefert der Heritage Crunch einen kräftigen und höhenbetonten Sound, der sich trotz oder gerade wegen der im Gain-Bereich dezenten Verzerrung problemlos durchsetzt und die Gitarre im Band-Gefüge weit nach vorne rückt. Damit wird der Heritage Crunch zu einer interessanten Alternative zum immer noch omnipräsenten Tube Screamer und seinen Ablegern.

Wer keine Lust mehr auf die typische süßliche Mittenbetonung der Tube-Screamer-Familie hat, findet im Heritage Crunch eine höhenbetonte, trockene Alternative für Low-Gain-Sounds. Ich hatte den Gain-Regler übrigens immer voll aufgedreht, denn die Zusammenarbeit mit dem Volume-Poti der Gitarre funktioniert bestens. Der Heritage Crunch reagiert sehr sensibel auf unterschiedliche Eingangspegel und lässt die Fernsteuerung des Verzerrungsgrads von der Gitarre aus zu.

Optimiert ist der Heritage Crunch laut mitgelieferter Bedienungsanleitung für Medium-Output-Humbucker – aber mit Singlecoils funktioniert er meines Erachtens auch hervorragend. Das Gain-Potential des Pedals ist so groß, dass auch schwachen Tonabnehmer ordentlich auf die Sprünge geholfen wird.

BSM Heritage Crunch
Komplettschutz – die Versiegelung verwehrt den Blick in die Elektronik. (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mal wieder schafft es Bernd Meiser ein Pedal zu liefern, das mit bester Verarbeitung im typischen eigenständigen Design klasse Sounds liefert. Die Betonung liegt auf Sounds (Plural), da der Heritage Crunch nicht nur als Booster, sondern auch als eigenständiger Verzerrer eingesetzt werden kann. Sowohl vor einem cleanen als auch vor einem bereits verzerrten Verstärker liefert er richtige gute Ergebnisse.

Vor unverzerrten Amps gefällt der staubtrockene höhenbetonte Crunch-Sound z. B. auch als Alternative zum Tube Screamer. Als Booster vor verzerrten Verstärkern überzeugt er, weil er für höhere Transparenz und Durchsetzungsfähigkeit des Sounds sorgt. Natürlich könnte man den Heritage Booster auch als normalen Booster verwenden – kräftig genug für einen Solo-Boost ist er allemal. Aber wer will das schon, nachdem man erst mal von der leckeren Klangverbesserung genascht hat …

PLUS

● Soundqualität
● Dynamik
● Bauteilequalität
● Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

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