Aus dem neuen Heft

Test: Becos FX CompIQ Twain & Stella

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(Bild: Dieter Stork)

Einen Kompressor so einzustellen, dass er das Signal aufwertet, kann manchmal ein schwieriges Unterfangen sein. Die Firma Becos FX aus Rumänien bietet mit Twain und Stella zwei Kompressoren für Bass und Gitarre an, deren „intelligente“ Arbeitsweise verspricht, dem Musiker diese knifflige Einstellarbeit zu erleichtern. Die integrierten Overdrive-Schaltungen sollen das Gesamtpaket dabei abrunden.

Kompressoren im Pedalformat gibt es inzwischen viele. Umso erfreulicher ist es, wenn Firmen sich neue, innovative Kon­zepte einfallen lassen, um dem geneigten Musiker mehr und vor allem neue Werkzeuge an die Hand zu geben, die der Klangfor­mung dienen.

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ROBUSTE HARDWARE FÜR DEN MUSIKERALLTAG

Der tollste Klang nützt wenig, wenn das Gerät den Anforderungen des Musikeralltags nicht standhält. Diese Sorge muss man bei den beiden Pedalen Twain und Stella definitiv nicht haben, denn die Schaltungen befinden sich sicher verwahrt in stabilen, schwarzen Alu-Gehäusen. Anschlussseitig ist die Sache unkompliziert. Der Eingang ist an der rechten, Ausgang und Spannungsversorgung an der linken Seite platziert, was ich gerade beim größeren Twain etwas schade finde, denn stirnseitige Buchsen beanspruchen auf dem Pedalboard gewöhnlich weniger Platz. Versorgt wird das Gerät über die DC-Buchse im etablierten Format, die sich, bündig ins Gehäuse eingelassen und vor Kurzschlüssen geschützt, unter der Out-Buchse befindet. Die Spannung darf hier zwischen 9V und 18V liegen, wobei eine höhere Spannung mehr Headroom für hohe Eingangspegel bereitstellt.

Die DC-Buchse ist fluchtend ins Gehäuse eingelassen. (Bild: Dieter Stork)

SO GLEICH UND DOCH SO VERSCHIEDEN

Grundsätzlich sind beide Geräte ähnlich aufgebaut. Es gibt zwei Signalwege, die sich dank Dry/Wet-Regler stufenlos miteinander mischen lassen. Der Erste ist der eigentliche Kompressor, der selbst in extremsten Einstellungen sehr geräuscharm und ohne eigene Färbung des Klangs arbeitet. Auf einer gut ablesbaren LED-Skala wird dem Musiker die Stärke der Kompression signali­siert.

Sieben LEDs zeigen den Kompressionsgrad an. (Bild: Dieter Stork)

Der kleine Stella bietet eine Kompressorschaltung, Twain gleich zwei, die entweder kaskadiert oder parallel nach Frequen­zen aufgeteilt betrieben werden können. Bemerkenswert und namensgebend ist die „intelligente“ Arbeitsweise der Attack- und Release-Parameter, denn die Geräte erkennen anhand der Eingangsdynamik, ob schnelle oder langsame Zeiten angebracht sind. Eine ungefähre Voreinstellung lässt sich beim Stella über die entsprechenden Potis realisieren. Der Twain bietet hierfür lediglich einen Kippschalter pro Kanal, um zwischen langsam und schnell zu schalten. In der Praxis ist dies jedoch absolut ausreichend.

 

Um den Klang der Kompression stärker zu beeinflussen, bietet Stella einen Tilt-EQ, der anteilig Bässe verstärkt und gleichzeitig Höhen absenkt bzw. vice versa. Während dieser in Mittenstellung den Klang nicht beeinflusst, ermöglicht er bei Bedarf starke Veränderungen in eine drahtige oder bauchige Richtung. Die Centerfrequenz, um die er arbeitet ist zwischen 330Hz und 1000Hz schaltbar. Der Twain bietet stattdessen eine Frequenzweiche, mit der sich das Signal in Bässe und Höhen aufteilen und separat verarbeiten lässt. Anders als bei einigen anderen Dual- oder Multiband-Kompressoren, sind die beiden Signale völlig unabhängig voneinander und können sowohl in Timing, Ratio, Lautstärke als auch Threshold individuell den Bedürfnissen angepasst werden. So lassen sich z. B. die Bässe stärker komprimieren als die Höhen, wodurch der Klang tragfähiger und druckvoller wird, jedoch nichts an gefühlter Dynamik und Luftigkeit einbüßt.

Alternativ können die Frequenzweiche umgangen und beide Kompressorstufen hintereinandergeschaltet werden. Hierdurch erhält man eine andere Ansprache und ein Spielgefühl, wie man es eher von optischen oder Röhrenkompressoren kennt. Es ist weniger neutral, dafür runder, gefälliger und tragender. Für klassische Rock- oder Funk-Sounds wäre dies meine Einstellung der Wahl.

DARF’S EIN BISSCHEN MEHR SEIN?

Als wären das noch nicht genügend Möglichkeiten, um den Klang anzupassen, hat der Hersteller dem Musiker noch ein weiteres Werkzeug an die Hand gegeben: einen eingebauten Overdrive. Die Drive-Schaltungen sind bei beiden Geräten grundsätzlich identisch, eher im Low-Gain-Bereich und als zusätzliche Sättigung anzusehen. Den Charakter darf man getrost als transparent und offen bezeichnen.

Bässe werden nicht verschluckt, es matscht nichts und auch die Mitten und Höhen werden nicht über- oder unterrepräsentiert. Wichtig anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Sättigung ausschließlich das unkomprimierte Dry-Signal betrifft und dieses ersetzt. Die Beschriftung der Potis könnte hier etwas eindeutiger sein, aber ein Blick ins Handbuch schafft schnell Klarheit. Der Twain besitzt je einen Overdrive pro Frequenzband, denn die Frequenzweiche sitzt zu jedem Zeitpunkt vor dem Drive, was enorm viele Klang-Variationen und Kombinationen ermöglicht. Stark komprimierte Bässe, gepaart mit verzerrten und unverzerrten Höhen für moderne Metal-Sounds sind ebenso machbar wie luftige, leicht gesättigte Vintage-Sounds oder glasklare Klänge für Slap- oder Tap-Spielweisen.

Mittels Trimpoti lässt sich die Vorverstärkung um bis zu 6dB boosten, was sich gut dazu eignet, entweder Output-schwachen Instrumenten auf die Sprünge zu helfen oder die Sättigung „anzublasen“. So lässt sich mit der Zerre auch wunderbar im High-Gain-Bereich wildern. Beide Pedale verfügen über eine zusätzliche Klangregelung der Zerre in Form von Tief- und Hochpass, um den Klang auszudünnen bzw. weniger harsch klingen zu lassen. Während diese beim Twain direkt zugänglich sind, muss der Stella von der Bodenplatte befreit und intern ein bzw. zwei Jumper gelöst werden.

Jumper, mit denen sich die Filter für das Zerrsignal einstellen lassen. (Bild: Dieter Stork)

AMPS

Es ist schon beeindruckend, was Becos FX an Möglichkeiten in diese Kisten gesteckt hat. Mir sind keine analogen Geräte bekannt, die einen ähnlichen Funktionsumfang bieten und sich trotz der zahlreichen Möglichkeiten noch recht intuitiv einstellen lassen. Die Kombination aus Kompression und Overdrive, gepaart mit der gut funktionierenden Klangregelung, bringt alle Voraussetzungen mit, um sich auch als Herzstück auf dem Pedalboard oder als alleinstehender Preamp behaupten zu können.

Wer so viel Flexibilität in einem Gerät sucht, wird schwerlich echte Alternativen finden. Zwar gibt es bereits weitere Pedale, die Verzerrung mit Kompression kombinieren, diese legen allerdings den Fokus hauptsächlich auf die Verzerrung, mit nur rudimentären Einstellmöglichkeiten für die Kompression. Mit der CompIQ-Serie muss man hier keine Abstriche machen. Unterm Strich lohnt es sich für alle, die einen hochwertigen Pedalkompressor suchen, der dank eigenständigen Extras bei Bedarf viel Raum zum Experimentieren lässt.

PLUS

  • hochwertige Verarbeitung
  • Zugriff auf alle relevanten Parameter
  • hohe Signaltreue, keine Nebengeräusche
  • sehr flexibel mit hoher Bandbreite an Sounds

MINUS

  • Kippschalter teilweise nicht so leicht zu bedienen
  • Signalverlauf nicht sofort aus Beschriftung ersichtlich

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2020)

Produkt: Treble Booster im Test
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