Kompakt, echt, italienisch.

Test: Baroni Lab M-1959, R-1970, V-1530, HW-103 und F-1968

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(Bild: Dieter Stork)

Kleine Kisten, die klassische Verstärker imitieren, sind seit jeher beliebt. Baroni Lab aus Italien wartet nun mit fünf Preamps auf, die Sounds aus echten Röhrenschaltungen herauskitzeln und dabei die Lautsprechersimulation für die Aufnahme direkt mitbringen. Das haben wir uns angehört!

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In einem stabilen, gebürsteten Aluminiumgehäuse ohne Fußschalter befindet sich ein vollständig analoger Vorverstärker. Eine dekorativ in Szene gesetzte 12AX7 arbeitet im Class-A-Betrieb und wird über ein mitgeliefertes, externes 12-Volt-Netzteil per Transformation auf die nötige Betriebsspannung von 150 bis 300 Volt gebracht.

Es stehen Ein- und Ausgänge zum Anschluss einer Gitarre bzw. einer Endstufe zur Verfügung, ergänzt durch einen nicht schaltbaren seriellen Einschleifweg.

Auf der Oberseite sind die Ausgangslautstärke und der Klangcharakter (Body) über zwei griffige Regler zu steuern. Letztgenannter Regler soll laut Hersteller nicht nur die Vorstufenverzerrung, sondern den gesamten Klangcharakter des Verstärkers inklusive einer Endstufensättigung imitieren.

Die Klangregelung ist dreibandig und erfolgt über etwas klein geratene, beleuchtete Mini-Potentiometer. Laut Baroni Lab soll hier der passive Tone-Stack des jeweiligen Verstärkervorbilds nachempfunden sein. Entsprechend erklärt sich, dass die Klangregelung im V-1530 auf zwei Regler für Bass- und Treble-Cut reduziert wurde, weil dort der VOX AC-30 im Visier steht.

Anschlüsse (Bild: Dieter Stork)

Im linken Bereich lässt sich der Pegel eines XLR-Direktausgangs regeln. Zugehörig ist eine schaltbare Lautsprechersimulation, die stufenlos zwischen unterschiedlichen Boxentypen überblendet. Diese „Varicab” getaufte Schaltung arbeitet rein analog und kann zwischen dem Klang eines Comboverstärkers und eines 4×12″-Stacks variieren. Dabei werden laut Hersteller etliche Parameter variiert, um die spezifischen Klangeigenschaften einer Röhrenendstufe mitsamt Klangregelung und Mikrofonierung zu berücksichtigen. Dazu soll die Schaltung auf den Pegel der Vorstufe reagieren. Schließlich gibt es einen weiteren Schalter, der Brummschleifen per Ground-Lift eliminieren soll.

PRAXIS

Baroni Lab sieht die kleinen Vorstufen als praktische Lösung für Aufnahmen, im Livebetrieb und bei der Probe. Stets kann man seine Gitarre einfach einstecken und mit dem passenden Ausgang direkt loslegen. Um am Audio-Interface oder Mischpult bestehen zu können, gibt es besagte Lautsprechersimulation, für eine Endstufe den regulären Ausgang.

Im Aufnahmeeinsatz kann man sich entscheiden, ob man die Lautsprechersimulation nutzen möchte oder nicht. So kann man wahlweise zu schnellen Ergebnissen gelangen oder auf externe Hard- oder Software-Spezialisten zurückgreifen.

In Kombination mit einer Endstufe oder dem Return-Eingang eines Verstärkers ersetzen die Testgeräte die interne Vorstufe des Verstärkers. Der XLR-Ausgang und die Lautsprechersimulation nehmen dabei keinen Einfluss auf den Klang, lassen sich aber bei Bedarf als Sicherheitsnetz und für die Beschallung parallel abgreifen.

Eine Kanalerweiterung stellen die kleinen Preamps jedoch nicht dar: Sie bieten weder Fußschalter noch die Möglichkeit, ihren Sound ergänzend zum Verstärker bereitzustellen, wie das etwa beim Synergy Syn-1 möglich ist.

Test am Amp und Resümee auf Seite 2

AM VERSTÄRKER

Der Testverstärker meiner Wahl ist ein Mesa Boogie Badlander 100, an dessen EL34-Endstufe die Pedale über den Return-Eingang angeschlossen wurden.

M-1959 (Bild: Dieter Stork)

Den Anfang macht der M-1959, der den Rock-Klassiker Marshall Super Lead 1959 im Visier hat – ein Verstärker, der von seiner geradlinigen Vorstufe und einer kräftigen EL34-Endstufe lebt, die in die Sättigung getrieben wird und anschlagsabhängig dynamisch zwischen unverzerrten Klängen und Crunch wechselt.

Das Ergebnis ist zunächst eher ernüchternd, denn der M-1959 klingt zu dumpf und basskräftig. Es fehlt an Perkussivität, knochigen Mitten und Biss. Durch Anpassungen des Equalizers lässt sich das Klangbild allerdings absolut vorteilhaft formen. Für meine Begriffe trifft das Pedal in dieser Disziplin den Nagel dennoch nicht auf den Kopf. Der “Plexi” lebt von der Mischung seiner parallelen Eingänge und seinem plakativen Attack. Auch bei zurückgeregeltem Bass erhält man hier eine eher voluminöse Variante dieses Tons, die allerdings vorbildlich auf den Regler der Gitarre reagiert. Die Zerr-Reserven fallen eher moderat aus, jedoch höher als bei den anderen Pedalen.

R-1970 (Bild: Dieter Stork)

In eine ähnliche Richtung steuert der R-1970, der den Orange OR-100 imitiert. Auch hier sind Crunch-Sounds mit Vintage-Charakter erzielbar, deren Verzerrung etwas fülliger und weniger definiert ausfällt. Die Bassreserven sind dabei weniger massiv als im M-1959.

V-1530 (Bild: Dieter Stork)

Der V-1530 wiederum ist vom VOX AC-30 inspiriert, weshalb die EL34 hier nicht ganz passend ausfiel. Der Sound lässt sich über die zweibändige Klangregelung umfassend formen, die grundlegend anders als bei Marshall oder Fender agiert.

So bringt ein Linksdreh am High-Cut die Mitten plakativ hervor. Es gelingen vor allem gute Clean-Sounds, denen es meines Erachtens wieder etwas an Offenheit fehlt.

HW-103 (Bild: Dieter Stork)

Das Highlight der Runde ist für mich der HW-103, der sich am Hiwatt DR103 orientiert. Dieser britische Verstärker zeichnet sich durch einen straffen, weitgehend unverzerrten Klang aus, der oftmals als ideale Pedalplattform gilt. Tatsächlich klingt der HW-103 überzeugend stimmig. Den Bass musste ich an einer 4×12″-Box leicht zurückdrehen. Es klingt klar, definiert, muskulös und nach oben herrlich offen.

F-1968 (Bild: Dieter Stork)

Zu guter Letzt darf natürlich der Fender Deluxe Reverb nicht fehlen. In der Baroni-Interpretation, dem F-1968, ist auch dieser Vorverstärker vorwiegend unverzerrt. Er klingt bereits in Mittelstellung des Equalizers ausgewogen und stimmig und sollte damit ebenfalls eine erstklassige Pedalplattform darstellen. Im Unterschied zum HW-103 glänzt es in den Höhen weniger und klingt weniger straff.

VARICAB

Schließlich gilt es, die Sounds mit Lautsprechersimulation zu bewerten. Hier komme ich zu überzeugenden Ergebnissen, die den unnatürlich brutzelnden Klang früherer Schaltungen weit hinter sich lassen. Per Varicab-Regler gelangt man schnell zum Erfolg, denn er liefert eine gute Bandbreite zwischen voluminöserer und offener Boxencharakteristik. Für schnelle Aufnahmen reicht diese Funktionalität bestens aus. Und auch auf die Bühne würde ich mich damit trauen, vorausgesetzt der Basisklang gefällt.

An einem Mischpult lässt sich mit dem M-1959 im Handumdrehen ein ansprechender Crunch-Sound bauen. Über den Equalizer der Konsole gelingt es, etwa den zu dicken Grundton zu verschlanken, die gewünschten Frequenzen präzise in die Mischung einzupassen und den Sound mit etwas Raum aus einem Hallgerät aufzuwerten. Auch die Idee der Pedalplattform kann ich bestätigen: Mit einem Boss BD-2w und einem Ibanez TS-9 klingt es schließlich authentisch nach Hardrock.

Dem steht der R-1970 in keinster Weise nach. Er klingt bei Bedarf etwas runder. Ein ebenfalls überzeugender Hardrock-Sound in Kombination mit einem ergänzenden Overdrive, während die ungeboostete Variante sich herrlich über die Dynamik und das Poti an der Gitarre im Zerrgrad steuern lässt.

Mit dem V-1530 gibt es eine weitere Überraschung. Hier klingt es clean über die Lautsprechersimulation tatsächlich angenehm akustisch. Auch hier lässt sich das Pedal über die eigenen, eher bescheidenen Gain-Reserven hinaus bestens boosten. Es erzeugt dabei einen herrlichen Mittenfokus, der sich als Solo-Sound bestens durchsetzt. Schließlich überzeugen die Modelle HW-103 und F-1968 mit ihren Clean-Sounds und der Fähigkeit, mit Pedalen kombiniert zu werden. Beide sind erstklassige Plattformen und erlauben bei der Aufnahme und auf der Bühne die Arbeit ohne Verstärker. Erstklassig!

RESÜMEE

Baroni Lab liefert gleich fünf durchaus gut klingende, einkanlige Miniaturvorverstärker mit echtem Röhrensound und regelbarer analoger Lautsprechersimulation.

Die Anwendungsszenarien sind vielfältig, dürften sich aber insbesondere auf schnelle, unkomplizierte Aufnahmen, Proben und kompakte Live-Setups konzentrieren.

Angesichts eines Preises von jeweils 319 Euro gibt es wenig zu meckern, sofern man sich von der Vorstellung lösen kann, mit 1:1-Kopien betagter Klassiker zu spielen zu müssen.

Mehrkanaligkeit wird bei den Produkten von Baroni Lab nicht geboten und vor allem durch die vorgeschalteten Pedale umgesetzt. Insofern verfolgt der Hersteller hier ein anderes Konzept als der bemerkenswert ausgestattete Mitbewerber Revolt Guitar von Two notes, der bis auf den obligatorischen Marshall-Crunch ein anderes Klangspektrum abdeckt. Soundcheck empfohlen.

Plus

● Konzept und Klang
● Lautsprechersimulation
● Aufnahmequalität
● gute Pedalplattform

Minus

● Klang am Amp nicht immer nah am Vorbild


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)

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