Amps on board

Test: Antelope Audio Zen Go Synergy Core

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(Bild: Dieter Stork)

Ein Audio-Interface in Gitarre & Bass? Klar. Wir müssen unseren kreativen Output ja auch irgendwann mal aufnehmen. Und wenn das Interface dann auch noch über integrierte Verstärker- und Boxensimulationen verfügt, wird es gleich deutlich spannender.

Während Antelope Audio den Profis schon länger ein Begriff ist, rückt die Firma aus dem schönen Sofia nun Schritt für Schritt auch ins Bewusstsein der preissensitiveren Kundschaft. Das Zen Go Synergy Core ist zum aktuellen Zeitpunkt das günstigste und „kleinste“ Interface des Herstellers. Die Palette reicht bis zum 64-Kanal-Interface hinauf, umfasst aber auch Modeling-Mikrofone, Mastering-Equipment sowie Monitor-Controller. Vielen der Interfaces ist gemein, dass sie Effekte – und eben auch Amp-Simulationen – direkt auf dem Gerät berechnen können. Somit werden weiteres Outboard-Equipment beziehungsweise andere Plug-ins überflüssig. So zumindest in der Theorie.

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HARDWARE

Wie der Name bereits vermuten lässt, möchte das Zen Go ein Interface für unterwegs sein. Oder immerhin eins, welches nicht im Rack gefangen ist. Dementsprechend ist es angenehm klein und elegant gestaltet und sollte so auf fast jedem Schreibtisch Platz finden. Bis auf die beiden Kopfhöreranschlüsse befinden sich alle In- und Outputs auf der Rückseite, sodass man möglichst wenig Kabelsalat verursacht.

Ins Gerät kommen die Signale mittels zweier XLR/Klinke-Kombi-Buchsen. So kann man jeweils entweder ein Mikro oder eine Gitarre/Bass (o. Ä.) anschließen. Wieder raus geht es über den Stereo-Monitorausgang, der als Klinke und Cinch vorliegt. Als nette Beigabe bietet Antelope hier auch S/PDIF-In und -Out, sodass man seine digitalen Modeler (Axe-Fx, Helix … ) anschließen kann. Dieser Anschluss könnte für manche entscheidend sein, wird er doch in diesem Preissegment eher selten verbaut.

Bis auf die Kopfhörer wird alles auf der Rückseite angeschlossen (Bild: Dieter Stork)

INSTALLATION & REGISTRIERUNG

Dieses Thema sollte eigentlich keinen eigenen Abschnitt verdienen, es muss aber leider gesagt werden: Der Registrierungsprozess ist ziemlich umständlich und unschön gelöst. So wird einem beispielsweise angeboten, gleichzeitig die Hardware zu registrieren und die zugehörige Software zu aktivieren. Nach diversen Fehlschlägen stellte sich heraus, dass es bei mir nur nacheinander klappt. Eine in der Zwischenzeit an den Support geschickte Anfrage blieb bis heute unbeantwortet. Die Software zur Installation ist zudem grafisch unvorteilhaft gestaltet und lässt sich nicht auf eine sinnvolle Größe anpassen. Zum Glück sieht die eigentliche Software zur Bedienung viel besser aus und macht keinerlei Probleme. Doch dazu gleich mehr.

ALS AUDIO-INTERFACE

In erster Linie ist die kleine Antilope natürlich ein Audio-Interface. Also testen wir mal kurz, ob sie in dieser Rolle alle Ansprüche erfüllt. Um das bewerten zu können, habe ich diverse Mikros von Neumann, Groove Tubes und Røde genutzt und damit Stimmen/ Gesang, aber auch akustische Instrumente aufgenommen. Selbst wenn wir hier noch keine der virtuellen Preamps, EQs und Kompressoren bemühen, kann sich das Ergebnis schon hören lassen. Das Zen Go überzeugt mit transparenter, dynamischer Aufnahme, die auch die Transienten intakt lässt.

Bei der Wiedergabe fällt dann schnell auf, wie hilfreich zwei Kopfhöreranschlüsse sein können: Entweder weil man so leichter zwischen zwei Paaren hin- und herwechseln (und die Lautstärke pro Ausgang regeln) kann, oder aber weil man zu zweit zeitgleich etwas beurteilen möchte. Auch der große Volume-Regler macht Spaß. So kann man sehr genau und mit angenehmen Gefühl Einstellungen vornehmen.

Die digitale Mixing-Konsole

Das Zen Go ist also in seinen Grundfunktionen schon ein ziemlich gutes Interface. Einen klaren Kaufanreiz dürften aber natürlich seine virtuellen Effekte liefern. Diese arbeiten direkt auf dem Gerät und klauen so keine wertvolle Rechenleistung des Computers. Aktuell werden 37 Effekte mitgeliefert, weitere lassen sich im Online-Shop des Herstellers freischalten. Direkt dabei sind zum Beispiel ein „Gyraf Gyrotec“-Mic-Preamp, ein „VCA160“-Kompressor oder ein „VEQ-1A“-Röhren-EQ.

Bei der Beurteilung der Authentizität der Modelle tue ich mich etwas schwer, weil ich die Originale nicht zuhause habe, man kann aber ganz klar festhalten, dass die Plug-ins sehr wohlklingendes Soundshaping ermöglichen. Auch optisch ist es eine Freude mit den Modellen zu arbeiten, da sie ihre Vorbilder recht detailgetreu nachahmen und etwas Studioflair aufkommt. So habe ich mit einer Kombination aus den oben genannten Modellen sehr schnell vielfältige und immer gut klingende Sounds zaubern können.

UND FÜR GITARRE?

Wir würden wohl kaum ein Interface testen, wenn es nicht einen klaren Bezug zum Thema Gitarre hätte. Das Zen Go liefert nicht nur klassische Studioeffekte, sondern eben auch Amp- und Cab-Simulationen. Genauer gesagt haben wir hier die Auswahl aus elf Amps und elf Cabs, wobei letztere jeweils noch über verschiedene Mikrofon-Simulationen verfügen.

Das ist im Vergleich zu heutigen Modelern natürlich nicht sonderlich viel, aber seien wir mal ehrlich: Die Grundsounds von Amps und Boxen sind immer ähnlich und diese sind hier gut vertreten. Es finden sich mit Fender, Marshall, Vox, Mesa und Orange auch viele Referenzsounds. Die Amps bringen jeweils ihre passenden Cabs mit und so steht von der 1×10“ bis zur 4×12“ einiges bereit. Auch an die Bassist:innen wurde gedacht: Mit dem „Bass Super Tube“ und der passenden „Bass Tube 1×15“ kann ordentlich Tiefgang erzeugt werden.

Das Editor-Fenster ist übersichtlich, aber auf zwei Module limitiert. (Beipiel: Amp & Cab)

Ebenso wie bei den Effekten, sind die Bedienoberflächen der Verstärker optisch stark an ihre Vorbilder angelehnt. So ist das Einstellen sehr intuitiv, es gibt keine verwirrenden Tweaking-Möglichkeiten, sondern nur die Regler, die auch die Originale bereitstellen. Bei den Cabs ist das ein wenig anders. Die Box ist natürlich gesetzt, aber bei den Mikrofonen hat man eine gewisse Auswahl, und der Sound lässt sich per Klick ganz einfach mit Hochpass- und/oder Tiefpassfilter versehen.

Außer einem Stimmgerät gibt es keine weiteren gitarrenspezifischen Effekte. Der Auraverb ist ein sehr vielseitig einsetzbarer Hall, der auch für Gitarre super klingt. Jedoch muss dieser Effekt mit allen Kanälen geteilt werden (das sei nur gesagt, falls mal mehr als ein Signal gleichzeitig aufgenommen und abgehört werden soll). Wenigstens noch ein Delay oder etwas Modulation wäre nett gewesen. Einiges lässt sich nachkaufen, aber ob man wirklich € 150 für eine Simulation des EHX Memory Man ausgeben will? Andere Amps oder Cabs gibt es übrigens nicht nachzukaufen.

Wie klingt das nun? Ziemlich gut tatsächlich. Gefühlt sind erst mal die meisten Simulationen ein wenig zu dunkel abgestimmt, aber das hat man schnell korrigiert. Hierzu benötigt man nicht mal ein weiteres EQ-Plug-in, welches man ja zur Verfügung hätte. Die Amps und Boxen klingen alle so, wie man sich das erhofft und bilden ihre Vorbilder gut ab. Der „Darkface 65“ kommt sehr twangy und eher schlank daher, wenn man in der Fender-Ecke bleiben will, geht trotz der wenigen Regler beim Tweed Deluxe einiges. Orange-Simulationen mag ich eigentlich immer, der hier gewählte Amp allerdings trägt zwar alle richtigen Gene in sich, hat aber etwas wenig Gain. Auch wenn das bei dem konkreten Modell durchaus authentisch ist, wäre hier ein (Gitarren-)Booster, Overdrive oder Fuzz sehr willkommen.

Tatsächlich funktionieren die emulierten (Studio-)Preamps ziemlich gut, um dem Sound mehr Sättigung und Druck zu verleihen. Warum auch nicht? Auch extern vorgeschaltete Effekte nimmt das Zen Go ohne zu murren entgegen. So klangen und interagierten Tube Screamer, Klon, Rat und Fuzz Face wie man es von echten Amps kennt.

Viel Zeit habe ich dann noch mit dem modern klingenden Burnsphere-Amp (Engl Fireball) verbracht. Das macht schon richtig Spaß. Klingt es so gut wie die aktuellen Simulationen von Fractal Audio oder Line 6? Ich würde sagen: Nein. Besser als Mooer und Konsorten schon, aber eben noch nicht High-End. Und obwohl es sehr angenehm ist, mal nur Grundeinstellungen von Amps zur Hand zu haben, habe ich doch manchmal mehr Tweaking-Möglichkeiten vermisst. Das ist natürlich reine Geschmackssache.

Was hingegen völlig unnötig limitiert ist, ist das Editor-Fenster. Man sieht immer genau zwei „Effekte“ untereinander, also beispielsweise Amp und Cab. Wenn man nun noch einen Preamp, EQ, Kompressor und Reverb in der Signalkette hat, muss man hoch- und runterscrollen. Warum? Ich habe reichlich Platz auf meinem Bildschirm, darf aber dieses Fenster nicht höher ziehen.

RESÜMEE

Das Antelope Audio Zen Go Synergy Core ist in erster Linie ein wirklich gutes Audio-Interface. Wer auf der Suche nach einem gut ausgestatteten, kleinen Interface für den Schreibtisch ist, wird hier fündig. Auch die Anschlüsse sind sehr gut gewählt und die Soundqualität ist sehr gut. Und für Gitarrist:innen? Nun, die Simulationen von Amps und Effekten klingen, gemessen am Preis, ziemlich gut und machen Spaß. Andererseits erhält man woanders mittlerweile viel mehr für das Geld, insbesondere, wenn man auch gerne Effekte nutzen würde. Aber dann hätte man natürlich kein Interface. Möchte man trockene Sounds aufnehmen, aber diese schon mit einer Amp-Simulation abhören, und genügt einem ein gut klingendes Setup aus Verstärker und Box, dann ist das Zen Go die perfekte Wahl.

PLUS

● sehr gutes Interface
● Plug-ins werden direkt auf dem Gerät berechnet
● Sounds
● authentische Optik der Plug-ins

MINUS

● Installationsprozess
● limitierte Größe der Editor-Fenster

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2022)

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