Vergleichstest

Speaker-Special: 12-Zoll-Speaker im Vergleich

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(Bild: Dieter Stork)

Eine umfangreiche Lautsprecher-Testreihe mit einem zweckdienlichem Direktvergleich zu den etablierten Celestion-Speakern wünschte sich so mancher Leser und genau das folgt hier. Willkommen zur Party im Isolation-Cabinet, mit Einlass von 25 bis 90 Watt.

DIE VINTAGE (30)

Bereits im Jahr 1986 erschien die sensationell erfolgreiche Weiterentwicklung der zahlreichen Celestion-Greenback-, Greyback- und Blackback-G12M- und -G12H-Lautsprecher. In Zusammenarbeit mit Marshall Amplification wurde damals der „Marshall G12 Vintage“, und zwar völlig ohne die „30“ im Namen, entwickelt und wurde als der große, mit 70 Watt belastbare Bruder des G12H Greenback beworben.

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Sehr schnell war dieser G12 Vintage der Lieblings-Zwölfzoller vieler Rock- und Metal-Heroes, und Metallica-, Megadeth- oder Iron-Maiden-Alben der späten Achtziger wurden primär mit diesem Lautsprecher aufgenommen.

Auch der amerikanische Hersteller Mesa Boogie Amplification war vom Klang des „Marshall G12 Vintage“ sehr angetan – nur eben vom Namen des Lautsprechers nicht – und so wurde kurzum eine leicht veränderte Variante dieses Designs unter dem Namen „Mesa Boogie Celestion Vintage 30“ entwickelt und avancierte fortan zum, mit 60 Watt belastbaren, Standard-Speaker in 4×12-Boxen der kalifornischen Amp-Schmiede.

Später wurde der reguläre Celestion Vintage 30 – dieser ist ebenfalls mit 60 Watt belastbar – einerseits dem Gitarristen als Ersatzlautsprecher und andererseits vielen weiteren Herstellern von Gitarrenverstärkern als Markenlautsprecher angeboten und ist seitdem der Industriestandard in Boxen von Engl, Diezel, Bogner, Custom Audio, Fortin oder auch Friedman Amplification.

Weitere Sondereditionen mit leichten konstruktiven und daher auch klanglichen Abweichungen von diesem „regulären“ (made in China) Celestion Vintage 30, wurden als „made in UK“ Produkt zudem auch für Bad Cat, Blackstar Amplification und Hughes & Kettner hergestellt.

Da es viele dieser Lautsprechervarianten in 8- und auch 16-OhmVersionen gibt, die sich zueinander klanglich nochmals leicht unterscheiden oder zumindest andere Wechselwirkungen mit dem angeschlossenen Amp erzeugen, ist es nicht sinnvoll, von „dem“ Vintage 30 zu sprechen. Es handelt sich um eine Großfamilie von ähnlichen Lautsprechern, und wie unterschiedlich diese klingen können, zeigen schon die graphischen Frequenzgangauswertungen, der drei in diesem Test verglichenen Vintage30-Typen.

DER VERGLEICH

Um für alle Lautsprecher dieses Tests eine eindeutige Referenz zu bieten, wurde der gemessene Frequenzverlauf des „Marshall G12 Vintage“, also quasi der Ur-V30, in allen Graphiken abgebildet und die Messdaten eines alternativen Lautsprechers mit seiner spezifischen Abweichung vom G12 Vintage im direkten Vergleich in die Graphik eingefügt.

Technisch unterstützt hat mich hierbei Geret Luhr aus den Doubletrack Studios im Norden Niedersachsens. Vielen Dank, Geret! Alle hier im Magazin abgebildeten Frequenzgänge sind im Studio ausschließlich auf Basis der Audiofiles erstellt worden, die als unkomprimierte Dateien alle im Download zu dieser Ausgabe enthalten sind: www.gitarrebass.de/speaker-vergleich

Bei der Aufnahme dieser Audiofiles wurde ganz bewusst eine Mikrofonierung vorgenommen, die möglichst genau die Höhenwiedergabe der unterschiedlichen Lautsprecher aufzeigt, da alle getesteten Speaker brandneu waren und dementsprechend mit der größtmöglichen Klarheit, die man im Studio mit typischen Mikrofonen einfangen könnte, verglichen werden sollten.

Jeder einzelne Lautsprecher wurde in seiner 8-Ohm-Variante hierzu in einem Box-of-Doom-Iso-Cabinet mit einem USA-ShureSM57-Unidyne-III-Mikrofon und einem alten Shure 545 Unidyne in Fredman Technik (Mikrofone im 45-Grad-Winkel zueinander), in immer den gleichen Positionen zum Lautsprecher mikrofoniert. Eingespielt wurde das Test-Audiofile mit einer 1952er Telecaster, deren Signal auf einem Looper aufgenommen wurde, um immer wieder das exakt gleiche Audiosignal an einen 1975er Hiwatt DR 103 auszuspielen.

Um die Kammfiltereffekte, die ein kleines Iso-Box Gehäuse zwangsläufig erzeugt, in Grenzen zu halten, wurden die Lautsprecher sehr direkt mikrofoniert und die Lautstärke des Hiwatt DR 103 durch eine Kombination mehrerer Load-Boxen zwischen Amp und Lautsprecher, auf ein sehr niedriges Niveau gebracht. Aufgenommen wurden die beiden Mikrofonsignale über ein kleines, mit V476B- und PMV70-Preamps bestücktes Neumann Pult, das vor dem Wandler auch die Summierung beider Preamp-Signale übernommen hat. Es empfiehlt sich, dieses Audiomaterial mit echten Nahfeld- oder Midfield-Monitoren abzuhören. Ein Smartphone-Lautsprecher wird die Unterschiede nicht deutlich machen können.


Wir haben im Studio Audiofiles erstellt, die als unkomprimierte Dateien alle im Download zu dieser Ausgabe enthalten sind: www.gitarrebass.de/speaker-vergleich

CELESTION

Sowohl der neuerdings wieder in UK gebaute, ganz hervorragend verarbeitete und extrem musikalisch klingende G12M 25 W Greenback, als auch der Marshall G12 Vintage und die beiden getesteten Vintage-30-Lautsprecher klingen unverkennbar nach Celestion. Das ist der Sound des Rock’n’Roll und Blues, der später für viele Heavy-Metal-Produktionen ebenfalls passend war.

Im Direktvergleich des brandneuen made in China Vintage 30 mit dem ebenfalls ungespielten und daher frisch klingenden, aber im Jahr 2003 exklusiv für Hughes & Kettner gebauten Vintage 30 mit 1777 Lead Cone, fällt der bessere Wirkungsgrad des aktuellen made in China Vintage 30 auf. Er ist etwas lauter und klingt direkter.

Dennoch besticht der 2003 gebaute Lautsprecher durch seine, dem Greenback recht ähnlichen, dunklen Tiefmitten, und bei kleinerer Lautstärke bildet dieser Brite etwas obertonreicher ab. Ebenfalls bemerkenswert sind die Unterschiede dieser beiden mit 60 Watt belastbaren Vintage 30 zum Marshall G12 Vintage. Seine Leistungsgrenze liegt bei ca. 70 Watt und der G12 Vintage klingt etwas gelassener, trockener in den Bässen und klarer in den Höhen als seine beiden hochgelobten Nachfolgemodelle.

Der G12M-Greenback-25-Watt-Speaker ist der direkte Nachfolger des G12M Heritage 20 Watt Greenback und wird nun nicht mehr in China, sondern erneut in Großbritannien hergestellt – und das merkt man sofort beim Auspacken und auch beim Einbau in das Iso Cab. Der neue G12M 25 Watt ist der mit großem Abstand am besten verarbeitete Lautsprecher in diesem Test.

Leider stand kein uneingespielter G12M Heritage 20 Watt zum Direktvergleich zur Verfügung, denn mein Eindruck vom neuen G12M 25 Watt, ist durchweg derartig positiv, dass ich tatsächlich vermute, dass Celestion hiermit die bisher beste Wiederauflage des Pre-Rola Greenbacks gelungen ist.

Celestion G12M 25 Watt Greenback

Celestion G12M Greenback 25 Watt (im Vergleich zum G12 Vintage)
(Bild: Dieter Stork)
Celestion Vintage 30 N.O.S. (1777 Lead Cone) (im Vergleich zum G12 Vintage)
Celestion Vintage 30 Made in China (im Vergleich zum G12 Vintage)

FANE

Fane Acoustics „Medusa“ 12-Zöller sind ursprünglich als Lautsprecher in alten Hiwatt-und WEM-Boxen bekannt geworden. Der typische Pink-Floyd-Sound von David Gilmour wurde mit eben diesen Lautsprechern aufgenommen.

Die von uns getesteten, völlig neu entwickelten Fane Ascension F70 und F90 haben allerdings mit dieser Klangästhetik weniger Gemeinsamkeiten.

Beide Lautsprecher dürfen getrost als realistische Alternativen zum Greenback und Vintage 30 verstanden werden und punkten im Vergleich mit den Vintage-30-Typen, durch ihr relativ dunkles Timbre ohne nerviges Höhenspektrum und durch eine tatsächlich marginal bessere Verarbeitung im Direktvergleich zu allen drei Vintage-30-Typen dieses Tests.

Der F70 klingt etwas mittiger, weicher und erinnert mit diesem belegten, mittigen Timbre an einen klassischen AlNiCo-Speaker, der F90 hingegen betont die Bässe stärker, klingt weniger eng und staffelt den Sound breitbandiger. Very british und druckvoll. Hier hat Fane ein heißes Eisen im Rennen, wenn es um eine Vintage30-Alternative geht.

(Bild: Dieter Stork)
Fane Ascension F70 (im Vergleich zum G12 Vintage)
(Bild: Dieter Stork)
Fane Ascension F90 (im Vergleich zum G12 Vintage)

JENSEN

Bei den Italienern von Jensen denke ich als Rocker immer an Fender-Combos mit offener Gehäuserückseite, Clean-Sounds, Country, Western und Twang.

Mit der aktuellen JET-Baureihe entfernt man sich allerdings von diesen Klischees und bietet etwas modernisierte Lautsprecher an. Ein absolut ungewöhnlicher und vielleicht daher auch interessanter Kandidat in dieser Vergleichsrunde ist der 40 Watt starke Jensen Blackbird 40 mit AlNiCo-Magneten und einem extrem geringen Gewicht von nur zwei Kilogramm. Diesem Lautsprecher fehlt zwar einerseits aufgrund der leichten Bauweise die Kraft, um kontrollierte, laute Bässe wiedergeben zu können, aber diese schlanke Wiedergabe des Gitarrensignals ist andererseits wirklich spannend, sofern man einen tighten, aber eher dunkel klingenden Verstärker besitzt und diesen durch die Wahl eines oder mehrerer Jensen Blackbird 40 etwas frischer klingen lassen möchte.

Zu dem in diesem Test verwendeten Hiwatt DR103 passen die eher mittenbetonten Nighthawk und Electric Lightning (kurz „EL“) Typen, denn sie unterfüttern das direkte Signal der Telecaster und klingen kompletter als der Blackbird 40. Der Nighthawk 75 ist in seinem Frequenzgang den Celestion-Vintage-30-Typen ähnlicher, wohingegen der Electric Lightning 70 mit seinen sehr ausgeprägten Tiefmitten und eher linearem Frequenzgang zwischen 800 und 3500 Hertz etwas an den klassischen Electro Voice EVM12L erinnert. Auch der Raptor 100 schmeichelt dem Testsetup und leuchtet die oberen Mitten deutlich aus. Dieser Lautsprecher könnte für AC/DC-Fans eine kleine Offenbarung sein.

(Bild: Dieter Stork)
Jensen Nighthawk 75 (im Vergleich zum G12 Vintage)
(Bild: Dieter Stork)
Jensen Raptor 100 (im Vergleich zum G12 Vintage)
(Bild: Dieter Stork)
Jensen Electric Lightning 70 (im Vergleich zum G12 Vintage)
(Bild: Dieter Stork)
Jensen Blackbird 40 (im Vergleich zum G12 Vintage)

EMINENCE

Auch zwei amerikanische Eminence-Lautsprecher standen zum Direktvergleich zur Verfügung, aber sowohl der Red-White-and-Blues-, als auch der Texas-Heat-Zwölfzoller fielen leider zunächst durch ihre vergleichsweise einfache und ungenaue Verarbeitung auf. Mit diesem Spaltmaß kann man sich das teure Isolation Cabinet oder die Boutique-4x12erBox durchaus lädieren, sofern man beim Einbau der Eminence-Lautsprecher nicht genügend Geduld aufbringt oder ein Paar helfende Hände gereicht werden.

Einmal eingebaut, können auch diese Speaker durchaus mit ihren klanglichen Eigenschaften überzeugen. Beide Eminence-Zwölfzoller fallen durch ihre sehr dichten Mitten auf. Sie klingen nicht trötig, sondern angenehm rund und bieten somit einen völlig plausiblen Gegenentwurf zum britischen Mid-Scoop-Klangbild an.

Der Texas Heat zeigt sich in unserem Test eher von seiner freundlich defensiven Art, betont gemütliche tiefe Bässe und hält sich in den Mitten und Höhen vornehm bedeckt. Der Red White and Blues hingegen macht sich gerne im Frequenzbereich um 2000 Hertz bemerkbar, leitet das Ohr damit stärker zum Zuhören an, ohne dabei aggressiv und rau zu klingen. Mit Greenbacks und Vintage 30 hat das beides nicht viel zu tun, aber diese Sounds werden sich ganz sicher im Proberaum und auch auf der Bühne sehr gut gegen andere Signale behaupten und ein pragmatisches, ortbares Klangbild für den Gitarristen liefern.

(Bild: Dieter Stork)
Eminence Red White and Blues (im Vergleich zum G12 Vintage)
(Bild: Dieter Stork)
Eminence Texas Heat (im Vergleich zum G12 Vintage

RESÜMEE

Einen eindeutigen Testsieger gibt es in diesem Vergleich natürlich nicht. Subjektiv finde ich alle drei Celestion Vintage 30 Typen, den neuen made in UK Greenback, den Jensen Electric Lightning 70 und auch den Fane F90 eher passend um Blues, Rock und Metal Spielarten mit erhöhtem Zerrgrad abzubilden, wohingegen sich die Jensen Lautsprecher, mit Ausnahme des wirklich speziell klingenden 40-Watt-Blackbird-Modells, wie auch die beiden Eminence-Lautsprecher, eher als pragmatische Allrounder anbieten.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 1/2024
Gitarre & Bass 1/2024
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Prima Fotobericht. Für mich ist der wuchtige Eminence „Cannabis Rex“ Patriot 12“ Zoll Lautsprecher das absolute Non-plus-ultra unter sämtlich vergleichbaren Fabrikaten! Meine Meinung: absolute Weiterempfehlung!

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    1. Prima Bericht. Hier kann man keinen Testsieger erwarten, es ist eher eine Anleitung zum neugierig ausprobieren. Ich kann die Begeisterung über die Verarbreitung des UK Greenback nur teilen, und bei Eminence empfehle ich, die wertige Red Coat Serie auszuprobieren. Ich habe einen The Wizard und einen Private Jack 12er im Einsatz und kann nur Positives berichten.

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  2. Hallo,
    Schade das der Celestion crembac glaub so heißt der, der meist in den Günstigeren Boxen verbaut wird, nicht beim Test dabei war. Aber klasse das ihr das mal getestet habt.
    Und in welcher Ausgabe, hattet ihr noch den Engl Powerball II getestet?
    LG, Harti

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  3. Solche Tests sind immer ein guter Leitfaden. Allerdings muss ich meine Kaufentscheidung bereuen, wenn das neu erworbene Objekt der Begearde schlechter klingt, als der serienmäßig ab Werk eingebaute Lautsprecher. Das Lehrgeld, dass ich in meinen 50 Gitarristen-Jahren gezahlt habe, wäre inzwischen wohl ein hübsches Sümmchen.

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    1. Hallo,

      Erstmal, toller test. Ich persönlich hätte es praxisnaher gefunden wenn man als Testamp nicht einen solchen Exoten heran gezogen hätte. Des weiteren sollte auch nicht unerwähnt bleiben das das Gehäuse in dem der Lautsprecher steckt auch erheblich auf die Tonformung Einfluss hat. Ein Marshall, Engl, Boogie oder Orange usw. Gehäuse klingt anders selbst wenn identische Lautsprecher darin stecken. Es hilft am Ende nur den eigenen amp schnappen und diverse cabinets auszuprobieren.

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