Spartanisch: LTD by ESP MSV-1 Mike Schleibaum Signature im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Bereits 2021 stellte ESP im Rahmen seiner Signature Series die LTD MSV-1 vor, die erst jetzt in die Läden kommt. In Kooperation mit Darkest-Hour-Mitbegründer Mike Schleibaum entwickelt, ist es dessen erste Signature-Gitarre. Sie basiert auf dem ESP-Arrow-Design und kommt mit auffallend spartanischer Ausstattung aber hochwertigen Komponenten daher.

Sowohl Design als auch Ausstattung der MSV-1 lassen vermuten, in welchem musikalischen Genre der ESP-Endorser unterwegs ist. Melodic Death Metal. Hier geht es hart, schnell und laut zu, überwiegend mit High-Gain-Zerre. Quasi voll auf die Zwölf. Da erscheint der einsame Volume-Regler schon als purer Luxus, ein An/Aus-Schalter hätte vielleicht gereicht.

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NECK THRU

Um dem durchgehenden dünnen Mahagoni-Hals Stabilität zu verleihen, hat man ihn in Längsrichtung dreifach gesperrt. Seitlich angeleimte Flügel aus dem gleichen Holz bilden den Korpus, die Ahorndecke wurde allein aus klanglichen Gründen aufgesetzt. Deren Dicke ist nicht auszumachen, da das deckende, leicht cremig angegilbte Olympic-White-Finish wie von ESP/LTD gewohnt makellos aufgetragen und rundherum spiegelglatt poliert wurde.

Vorne wie hinten identisch facettierte Korpuskanten wie auch die Extra-Ausbuchtung unterhalb des Vibratos verleihen der MSV-1 nicht nur eine gewisse Eleganz, sondern kommen zum Teil auch dem Tragekomfort zugute. Die Klinkenbuchse wird an der Unterseite des oberen Flügels von einem Strat-Blech gehalten. Direkt daneben findet sich einer der beiden großen Gurtknöpfe, der andere hinter der Ecke des oberen Cutaways.

(Bild: Dieter Stork)

Drei weiße Kunststoffdeckel verschließen auf der Rückseite Oberkante bündig die Fächer der Elektrik, Vibratofedern und Batterie. Letzteres hat man per Gewindeschrauben und -einsätzen montiert, wovon einer sich in seiner Bohrung mitdreht, die Schraube also keinen Halt findet. Im riesigen E-Fach wäre für den 9V-Block noch mehr als reichlich Platz gewesen.

(Bild: Dieter Stork)

Zwei Schlitze im Deckel der Federkammer gewähren direkten Zugriff auf die Spannschrauben des perfekt justierten Floyd-Rose-Vibratos.

Ergonomisch günstig geht der Body in den Hals über, sodass sich die höchsten Lagen problemlos bespielen lassen. Das wie die Kopfplatte cremefarben eingefasste Makassar-Ebenholz-Griffbrett bietet 24 fetten Edelstahlbünden Platz, die vorbildlich bearbeitet und poliert wurden. Block-Inlays aus Perloid und schwarze Sidedots erleichtern die Navigation. Den Floyd-Rose-Klemmsattel, auf dessen Rückseite ein Kragen den Übergang zur Kopfplatte verstärkt, hat man präzise ausgerichtet. Dessen Höhe und damit die Saitenlage ließe sich jedoch noch optimieren. Unter dem Niederhalter hindurch und die Trussrod-Abdeckung passierend laufen die Saiten zu den smooth und fein übersetzenden Grover-Mid-Size-Rotomatics-Tunern.

Grover Mid-Size Rotomatics Tuner (Bild: Dieter Stork)

Höhenjustierbar im cremefarbenen Rähmchen gelagert, wandelt ein aktiver EMG-JH-Steg-Humbucker mit gebürsteter Chromkappe die Saitenschwingungen. Einzige Regelmöglichkeit ist das leicht – gängige Volume-Poti mit schwarzem Gibson-style Reflector-Knopf.

SHREDDER’S HEAVEN

Die großen Strap-Pins bieten einem Gurt nicht nur sicheren Halt, sondern deren günstige Platzierung sorgt für beste Balance. Auch im Sitzen lässt sich die MSV-1 relativ entspannt spielen – notfalls auch ohne Gurt –, wenn man den unteren Flügel zwischen die Oberschenkel nimmt. Aufgrund der weichen 9-42-Werksbesaitung verlangen die hohen Extra-Jumbo-Bünde präzise Intonation. Drückt man z.B. bei Akkordspiel die Saiten in den unteren Lagen zu fest, leidet die Stimmung.

Das dünne Halsprofil, dessen Dicke mit zunehmenden Lagen nahezu gleich bleibt, füllt meine Hand zwar nicht aus, lässt sich aber dennoch komfortabel bespielen, auch dank der sorgfältig verrundeten Bundkanten. In puncto Halsoberflächen gehen die Geschmäcker weit auseinander: Hochglanzpoliert, seidenmatt oder gewachst? Dank geringer Handschweißproduktion komme ich jedenfalls mit High-Gloss-Necks bestens klar. Werksseitig optimal justiert, bereitet das originale FR-Vibrato auch nach heftigen Dive Bombs oder Up-Bendings keinerlei Tuning-Probleme.

(Bild: Dieter Stork)

Nicht nur aus ergonomischer Sicht bietet die LTD MSV-1 hohen Spielkomfort. Selbiger profitiert auch von ihrer Resonanzfreude. Die gesamte Konstruktion schwingt nach dem Saitenanschlag intensiv und lebendig, spricht direkt und konkret an, zeigt blitzschnelle Tonentfaltung und solides, gleichmäßig abklingendes Sustain. Beste Vorraussetzungen also für präzise und dynamische Umsetzung ausdrucksstarken Spiels. Für eine Gitarre dieses Typs überrascht mich das relativ voluminöse Unplugged-Klangbild, das zudem mit Ausgewogenheit, Spritzigkeit, Transparenz und Obertonreichtum punktet.

Der auf Wunsch von Metallicas James Hetfield entwickelte (und einzeln normalerweise nicht erhältliche) EMG JH-B Humbucker soll die Klarheit und den Punch eines passiven Pickups mit dem typischen Aktiv-Sound eines EMGs vereinen. Mit seinen Keramikmagneten und stählernen Polstücken liefert der Pickup hohen Output, der verglichen mit konventionellen PAF-Typen vor allem am cleanen Verstärker deutlich wird.

Hier trifft ein ausgewogenes, klares, vitales Klangbild mit straffen, definierten Bässen, stringenten Mitten, seidigen, nicht allzu spitzen Höhen, breitem Obertonspektrum und präziser Saitentrennung auf meine Ohren. Wie bei EMG üblich, bewirkt die aktive Schaltung, dass beim Zurückdrehen des überaus präzise und gleichmäßig agierenden Volume-Potis keine Höhenverluste auftreten. Wie vermutet, liegen die eigentlichen Stärken des JH-Humbuckers im High-Gain-Betrieb.

Neben druckvollen Powerchords und fetten Bassriffs meistert der Pickup aber auch mehrstimmige Akkorde, die sich durch Transparenz, Spritzigkeit und Definition auszeichnen. Bei Leadsounds greifen die praxisnah abgestimmten Mitten der Durchschlagskraft unter die Arme, während die Höhen mit steigendem Gain bissiger werden. Da der nebengeräuscharme EMG-Humbucker die Dynamik und das Sustain der Gitarre adäquat umsetzt, lassen sich durch variablen Anschlag mehr Klangvariationen erzeugen, als die schlichte Schaltung vermuten lässt.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Die neue LTD Mike Schleibaum Signature outet sich als echtes Highlight mit einer klanglich eindeutigen Ausrichtung. Mit Steg-Humbucker, Volume-Regler und original FR-Vibrato auf das Wesentliche reduziert, liefert die Axt nicht nur exzellente Mid- bis High-Gain-Sounds, sondern macht auch clean eine gute Figur.

Dank bester Dynamikeigenschaften, stabilem Sustain, leistungsstarkem EMG-JH-Aktiv-Pickup und präzisem, leichtgängigem Poti lassen sich durch ausdrucksstarkes Spiel weitere Klangfarben erzielen. Geringes Gewicht und ergonomischer Halsübergang sind weitere Highlights der bis auf Satteleinpassung und Batteriefachverschraubung vorbildlich verarbeiteten Gitarre.

PLUS

  • Sounds
  • Ansprache, Dynamik & Sustain
  • Qualität Hölzer & Hardware
  • geringes Gewicht
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung

MINUS

  • nicht ganz optimale Sattelhöhe
  • Gewindehülse des Batteriefachdeckels lose


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2022)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Zitat: „der bis auf Satteleinpassung und Batteriefachverschraubung vorbildlich verarbeiteten Gitarre.“

    Allein hierfür werden Gitarren, die ein Zehntel des aufgerufenen Preises kosten, oft genug völlig verrissen……….

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