Weißer Stachel

Solar E1.6ET im Test

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Solar E1.6ET
(Bild: Dieter Stork)

Ola Englunds eigene Company schickt mit der E1.6ET eine wirklich rasant aussehende Gitarre ins Rennen, die sowohl traditionelle als auch moderne Elemente gekonnt miteinander verbindet.

Eddie Van Halen hat es vorgemacht, Zakk Wylde und Rob Chapmann zogen nach und nun hat es auch Ola Englund getan: Der schwedische Metal-YouTube-Star und Gitarrist von The Haunted hat nach seiner Zeit als Washburn-Endorser nun ebenfalls sein eigenes Gitarren-Label an den Markt gebracht, welches auf den Namen „Solar“ hört. Die Instrumente sind identisch mit den Washburn-Gitarren und werden in derselben Fabrik gebaut, die Produktpalette wird aber erweitert. Zum Test liegt nun die an Gibsons Explorer angelehnte E1.6ET in der matt weiß lackierten Ausführung vor.

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super stimmung

Schon beim Auspacken wird klar, dass wir es hier weder mit einer kleinen, noch mit einer besonders leichten Gitarre zu tun haben. Satte 4,1 kg bringt die Axt auf die Waage und ist auch sonst nicht besonders handlich – aber wer würde das schon von einer Gitarre dieser Form erwarten? Bei der Holzwahl hat sich der Hersteller an die altbewährte Kombination von Mahagoni-Korpus mit einem schön runden Ahorn-Hals mit C-Profil entschieden.

Dazu gibt es ein tief schwarzes Ebenholz-Griffbrett mit 22 Bünden (Super Jumbo Bunddraht) und der Ola-Englung-Signatur-Graphik am zwölften Bund. Der Rest des Griffbretts kommt gänzlich ohne Einlagen aus; lediglich die seitlichen Glow-in-the-Dark-Dots helfen bei der Orientierung.

Die sehr satt laufenden 18:1-Grover-Mechaniken sind auf der Unterseite der Reverse-Kopfplatte angebracht, was die schnittige Optik der E1.6ET zusätzlich unterstreicht. Der ebenso wie der Hals matt weiß lackierte Korpus wurde an den Zargen mit einigen Shapings versehen, die nicht nur toll aussehen, sondern zudem die Spielbarkeit der Gitarre erheblich verbessern (mehr dazu später).

Direkt in den Body eingelassen finden wir die beiden Seymour-Duncan-Humbucker, welche speziell für Englund entwickelt wurden und in dieser Form auch nur in den Solar-Gitarren erhältlich sind. Dazu gibt es ein Volume- und ein Tone-Poti, mit welchem sich durch Ziehen des Reglers beide Pickups splitten lassen – also so, wie man es schon von den Washburn-Modellen des blonden Schweden kennt.

Richtig interessant ist natürlich die verbaute Evertune-Brücke, welche ja auf immer mehr modernen E-Gitarren Verwendung findet und Gitarristen weltweit zu begeistern weiß. Das System an sich ist schon ziemlich genial, da durch die massiven, in der rückwärtigen Ausfräsung verankerten Konterfedern, ein Verstimmen der Gitarre innerhalb eines bestimmten Wirkungsbereiches im Grunde unmöglich ist. Die Ausfräsung für die Federkammer ist sehr sauber gearbeitet, das Evertune-System bestens eingestellt und mit ausreichend viel Schmiermittel für ein reibungsloses Arbeiten versehen. Hier ist es sicher ratsam über die Jahre immer mal wieder eine gründliche Reinigung vorzunehmen und das System an den entsprechenden Stellen nachzufetten.

Das wirklich sehr klein gehaltene E-Fach unserer Testgitarre wurde ebenfalls sauber gefräst und ist zudem vorbildlich mit Graphitlack und einer zusätzlichen Abschirmfolie auf dem Deckel versehen – so lobe ich mir das! Die angenehm satt laufenden Alpha-Potis fühlen sich super an und auch der Schalter macht einen absolut soliden Eindruck. Alles in allem kann man der E1.6ET eine wirklich tolle Verarbeitung bescheinigen die im Grunde keine Wünsche offen lässt.

Solar E1.6ET
Das geniale Evertune-System garantiert immer eine optimale Stimmung der Gitarre. (Bild: Dieter Stork)

klassisch modern

Bevor wir uns dem Sound dieser weißen Schönheit widmen, möchte ich kurz auf die wirklich beeindruckend gute Spielbarkeit der E1.6ET eingehen. Mit Explorer-Designs ist es ja immer so eine Sache: Da ist auf der einen Seite die ultra coole Optik, die so eine Axt einfach bietet. Leider steht dieser Stachel nicht gerade für optimale Spielbarkeit, da das obere Horn für permanente Konflikte mit dem rechten Unterarm sorgt. Besonders im Sitzen kann das durchaus nervig sein, da die Kante der Zarge irgendwie immer im Weg ist.

Bei unserem Testinstrument ist dieses Problem insofern gelöst, als dass man einfach die Zarge so massiv gebrochen hat, sodass ein großzügiges Shaping entlang des hinteren Horns entsteht, welches in seiner Ausführung auf Kuschelkurs mit dem Unterarm geht (einen ähnlichen Ansatz verfolgte Washburn schon bei der V160CK). Sowohl im Sitzen als auch im Stehen ist die E1.6ET eine wirklich traumhaft zu spielende Gitarre, bei der wirklich nichts nervt oder im Weg ist.

Trocken gespielt tönt unser Testinstrument schön ausgewogen und zeigt eine tolle Balance zwischen einem fetten und tragfähigen Ton und schön brillanten Höhen. Eine verbreitete Befürchtung ist ja, dass das Evertune-Brücken-System aufgrund seiner Größe und der ausladenden Federkammer für einen dünnen Sound sorgen würde. Dies kann ich bei der Solar-Gitarre beileibe nicht feststellen. Ganz im Gegenteil – ich finde sogar, dass die E1.6ET richtig fett klingt. Der Ton hat einen schönen, ausgewogenen Körper und lässt keinen Frequenzbereich unterbelichtet erscheinen.

Dieser Eindruck bestätigt sich dann auch am Verstärker. Die verbauten Seymour-Duncan-Humbucker zeigen direkt die Zähne und stellen klar, dass sie nicht zur Vintage-PAF-Fraktion gehören – der Amp kommt auf jeden Fall im Crunch-Setting schon ordentlich ins Schwitzen. Der Hals-Tonabnehmer zeigt sich als moderner Blueser und schlägt einen guten Bogen zwischen einem dynamischen Klangbild und genug Output, um sich im Bandgefüge durchzusetzen.

Richtig gut finde ich, dass der Tonabnehmer so abgestimmt wurde, dass man bei einem satten Overdrive-Sound durch zurückdrehen des Volume-Reglers immer noch einen recht cleanen Sound bekommt – Michael Schenker lässt grüßen. Am Steg-Tonabnehmer geht es dann doch eine ganze Ecke bissiger zur Sache. Hier liegt richtig Drehzahl an und die Mitten werden im Gegensatz zur Halsposition gewaltig in den Vordergrund gestellt, ohne dass eine fiese Mittennase entstünde. Das knackige Attack bleibt übrigens auch bei etwas tieferen Stimmung erhalten und auch die kurze 24.75 Zoll Mensur spielt dabei wunderbar mit.

Überhaupt hat die E1.6ET für die Länge der Schwingungsbereichs einen recht strammen Saitenzug, was natürlich im Hinblick auf tiefe Tunings sehr dankenswert ist. Auch im Betrieb mit richtig viel Verzerrung liefern die Solar-Tonabnehmer stets ein sauberes und kein bisschen matschiges Klangbild, wobei das bissige Attack von einer gesunden Portion Tiefmitten unterfüttert wird, was der Gitarre einen insgesamt sehr massigen und trotzdem agilen Ton verleiht. Für eine etwas erweiterte Soundpalette sorgt die Splitfunktion der beiden Duncan-Pickups, welche überraschend brauchbare Singlecoil-Sounds liefern. Sicher: Eine Strat wird aus solch einer Gitarre dadurch nicht aber das würde angesichts der Ausrichtung als waschechte Metal-Axt wohl auch kaum jemand erwarten.

Solar E1.6ET
Das altbekannte Ola-Englund-Logo am 12. Bund (Bild: Dieter Stork)

alternativen

Eine Explorer-Style-Gitarre mit Evertune-Bridge und den Ola-Englund-Pickups von Seymour Duncan wäre mir so nicht bekannt. Wer die Form mag, sich aber andere Pickups und/oder ein anderes Brücken-System wünscht, könnte natürlich mal einen Blick auf das Patrick-Jensen-Modell aus gleichem Hause wagen. Hier gibt es anstatt der Seymour-Duncan-Tonabnehmer dann ein EMG-Set in Verbindung mit einer klassischen Tune-o-matic/ Stop-Tail-Piece Brücke. Auch LTDs Ex-401 wäre angesichts der vergleichbaren Ausstattung und eines ähnlichen Preises in Betracht zu ziehen.

resümee

Man muss kein Fan von The Haunted oder Ola Englund sein, um diese Gitarre zu lieben. Solar verstehen es meisterlich, das klassische Explorer-Design mit ein paar modernen Features zu versehen, die gerade im Hinblick auf den harten Tour-Alltag absolut sinnvoll sind. Die E1.6ET ist definitiv ein Arbeitstier und kein Vitrinenstück! Vor allem die Evertune-Brücke und das wirklich unheimlich komfortable Armshapping, dürfte die meisten Gitarristen zu begeistern wissen. Angesichts der wirklich sehr guten Verarbeitung und den durchdachten Features geht der Preis von ca. € 1099 (UVP) dann auch vollkommen in Ordnung.

Solar E1.6ET

Solar E1.6ET

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(erschienen in Gitarre & Bass 08/2018)

Produkt: Testbericht: Yamaha SG1801PX Phil X Signature
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