(Bild: Dieter Stork)
Es ist schon unglaublich, was sich im Bereich der Einsteigergitarren in den letzten 20 Jahren getan hat. Die ziemlich auf Metal getrimmte TB4.61C von S by Solar, der Tochterfirma von Ola Englunds Solar Guitars, ist ein Beweis für diese Entwicklung.
Bei einem Preis von 249 Euro muss man sich zunächst fragen, für wen dieses Instrument gedacht ist. Nehmen wir an, Johanna hat zu ihrem zehnten Geburtstag eine E-Gitarre mit Verstärker für 99 Euro von einer großen Supermarktkette bekommen. Sechs Jahre lang hat das Ding gut funktioniert, aber aus der kleinen Johanna ist inzwischen Jojo geworden.
Jojo wird 16, trägt schwarze Oversized-Hoodies und hört am liebsten Bands wie Electric Callboy, Bring Me The Horizon und Sleep Token. Logisch, dass jetzt eine passende Gitarre her muss. Vorhang auf für S by Solar.
ALLES SCHWARZ
Die TB4.61C orientiert sich grundsätzlich an der Solar Type T – also einem Hybrid aus Les Paul und Tele – und alles, wirklich alles an diesem Instrument ist schwarz. Das matte Carbon Black sorgt für einen zeitgemäßen Look, wie wir ihn beispielsweise auch von der Ibanez Iron Label Serie kennen.
Ein ausgesprochen großzügiges Cutaway bietet Zugang zu den Lagen oberhalb des zwölften Bundes, während die Rundung auf der gegenüberliegenden Seite des Korpus entfernt an eine Paula erinnert. Die Gitarre kommt mit einem aufgeschraubten Ahornhals und einem Korpus aus Pappel.
Rund um den Body wurde ein breites Shaping an der Zarge angebracht, sodass der Unterarm bequem auf dieser Fläche aufliegen kann. Für noch mehr Komfort in den höchsten Bünden wurde der Bereich um die fünf Halsschrauben zudem etwas abgeflacht.
Die 24 Bünde sind für diese Preisklasse bemerkenswert sauber eingelassen. Das tiefschwarze Griffbrett wird auf der Website des Herstellers mit „Techwood or Purpleheart” bezeichnet. Rein optisch würde ich das Material durchaus als echtes Holz durchgehen lassen – angesichts der schwarzen Farbe jedoch eher als eingefärbtes Purpleheart.
Die große Brücke dient neben der Saitenaufhängung gleichzeitig als Befestigung für den keramischen High-Output-Humbucker aus eigener Fertigung, der mit nur einem Lautstärke-Poti regelbar ist. Die Saiten laufen von hier mit einer Mensur von 648 mm über den Kunststoffsattel zur abgewinkelten Reverse-Kopfplatte.
Zwar ist der gesamte Aufbau der TB4.61C ausgesprochen simpel – in der Ausführung jedoch muss man ein beachtlich hohes Niveau feststellen. Die Verarbeitung ist absolut top und lässt angesichts des Preises staunen. Lediglich die ab Werk ziemlich hohe Saitenlage hätte man etwas spielfreundlicher einstellen können, das ist aber mit einer Drehung am Halsstab schnell korrigiert.
Akustisch gespielt verhält sich die TB4.61C im positiven Sinne unauffällig. Satten Bässen und einem ausgesprochen knackigen Attack stehen etwas gebremste Mitten gegenüber, sodass sich ein recht ausgewogener Gesamteindruck ergibt.
Am clean eingestellten Verstärker … ach, komm, wen interessiert das bei einer Gitarre, die so offensichtlich auf Metal getrimmt ist? Natürlich klingt der keramische Humbucker im Clean-Kanal nicht hitverdächtig, aber es reicht, um in einem Metalsong mal ein Intro oder eine seichtere Bridge zu spielen.
(Bild: Dieter Stork)
Endlich im High-Gain-Kanal, überrascht mich unsere Testgitarre dann aber doch noch: Hier explodiert die Gitarre regelrecht vor aggressiven Hochmitten, strahlenden Obertönen sowie messerscharf umrissenen und doch druckvollen Bässen. Schon nach einer Handvoll Riffs komme ich zu dem Eindruck, dass hier ein Instrument massiv oberhalb seiner Gewichtsklasse boxt.
Auch einen Ganzton tiefer gestimmt liefert die TB4.61C ein richtiges Mittenbrett, das trotz des gewaltigen Outputs des Humbuckers immer noch differenziert und transparent klingt. Knallige Powerchord-Riffs haben hier ebenso viel Wucht wie Singlenote-Linien, während die Diskantsaiten in den mittleren bis hohen Lagen dank des nach vorne gestellten Attacks eine enorme Durchsetzungskraft haben.
Hier vermisse ich nichts – und ich wäre, hätte ich es vorher nicht gewusst, im Leben nicht darauf gekommen, es hier mit einer wirklich sehr preiswerten Einsteigergitarre zu tun zu haben.
RESÜMEE
Jemand wie Jojo kann sich glücklich schätzen, im Jahr 2025 das Gitarrespielen ernsthaft für sich entdeckt zu haben. Auch wenn früher natürlich alles viel besser war (bitte die Ironie hier mitlesen), kann ich sagen: So ganz stimmt das nicht.
Einsteigergitarren für um die 250 DM (die Älteren erinnern sich an die Währung längst vergangener Tage) kamen in den 90er-Jahren gerne von Herstellern wie Samick, Vester oder auch Hohner – und waren … nun ja … oft nicht so dolle. Will sagen: Ein Instrument wie die S by Solar TB4.61C war früher zu so einem Preis schlichtweg nicht vorstellbar.
Ich will noch einen Schritt weiter gehen und behaupten, dass ein Gitarrist wie Ola Englund – wenn es hart auf hart käme – eine Tour mit seiner Band The Haunted wahrscheinlich auch ziemlich mühelos mit unserer Testgitarre bestreiten könnte. Für Jojos Kaufabsichten – und auch alle anderen Metal-Gitarrist:innen am Beginn ihrer Karriere und mit entsprechend schmalem Budget – ist diese Gitarre ein ganz heißer Tipp.
PLUS
● Preis-Leistungs-Verhältnis
● Optik
● Verarbeitung
● High-Gain-Sounds

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2025)