Das All-in-one Mischpult

RCF M18 im Test

Anzeige

Der italienische Hersteller RCF bringt sein Digital-Mischpult-Debüt mit Hi-Z-In und Amp-Simulation heraus. Die kompakte „Stagebox“ mit ausgelagerter Tablet-Steuerung stellt eine Mixing/Monitoring-Komplettlösung für kleine Bands dar.

RCF M18_01
(Bild: Dieter Stork)

Diese Gerätegattung ist nicht ganz neu, kompakte Digitalpulte mit Fernsteuerung über WLAN kennen wir schon von Behringer oder Soundcraft. Die norditalienische Firma RCF setzt mit ihrem ersten, lange angekündigten Digitalmischpult auf Musiker-Freundlichkeit und hat dabei das Konzept dank zweier Hi-Z Instrumenten-Eingängen und dazugehörigen Gitarren- und Bass-Amp-Simulationen, sowie einiger virtueller Stomps auf ein neues Rundum-Sorglos-Niveau gehievt. Sogar an die Möglichkeit, die Amps/FX per MIDI oder Fußschalter zu steuern wurde gedacht. Weitere praktische Details wie z. B. ein bereits integrierter Dual-Band-Router und die Möglichkeit, mit mehreren Tablets gleichzeitig auf Main- und mehrere Monitormixe Einfluss nehmen zu können, machen das Gerät zu einer umso interessanteren Erscheinung. Für Solo-Künstler, Duos oder sonstige Kleinst-Ensembles ohne Drums könnte auch der demnächst erwartete, abgespeckte kleine Bruder M08 ausreichen.

Anzeige

Konzept

Das M18 ist in einem kompakten, robusten 2,5kg leichten Gehäuse für den Bühnenboden oder das Siderack untergebracht und bietet die im Bild gezeigten Anschlüsse (siehe rechts). Über den USB-Port kann eine Festplatte oder ein Stick angeschlossen werden, um Audio abzuspielen, oder (ab dem nächsten Sotfware-Update) die Stereosumme aufzunehmen. Die Bedienung findet derzeit nur per iPad/iOS via WiFi (2,4 und 5 GHz, IEEE802.11 b/g) über zwei integrierte und bei Bedarf über eine zusätzliche anschraubbare externe Antenne statt. Eine App für Android ist derzeit in der BetaPhase.

Das eigentlich Spannende spielt sich im Inneren des Gerätes ab, wovon man sich über die Mix-Remote App auch einen visuellen Überblick verschaffen kann. Der Mixer kommt mit reichlich DSP-Kraft und bietet eine luxoriöse Effekt-Ausstattung. Pro Kanal gibt es einen 4-Band-EQ in drei verschiedenen Versionen (Standard, Vintage, Smooth), außerdem die Einstellungen für die Vorverstärkung, ein Gate und einen Kompressor. Darüber hinaus gibt es zwei Multieffekte mit jeweils 5 FX (Delay Mod, Special-FX, OD, Amp) für die beiden Hi-Z-Ins 9/10, sowie zwei Multieffekte mit drei FX (Delay, Mod, Special-FX) wahlweise für die Kanäle 5/6 oder 7/8. Bei den Gitarren-Amps kann man zwischen Anleihen bekannter Vorbilder unter den Decknamen Darkface, JazzC, Rock64, Rock800, Crunch900 Top30 und Modern wählen, beim Bass gibt es BassMate, Bass-Amp, MarkBass Little Mark 3, Markbass TTE500.

Dazu kommt eine Boxen-Auswahl mit den jeweils zugehörigen Cabinets sowie drei Mikrofone (RE20, SM57, U87) in drei verschiedenen Positionen. Bei der OD-Stompbox kann man wählen zwischen einer TS9- und einer sägenden Distortion+-Kopie. Die Summe verfügt über einen Grafik-EQ, Maximizer, Xciter und eine Röhrenemulation. Darüber hinaus gibt es für die Eingangskanäle drei Busse für die internen Send-Effekte Reverb, Delay und Modulation. Sechs weitere Aux-Sends sind den Aux-Ausgangsbuchsen zugeordnet und können für individuelle Monitor-Mischungen, externe FX, Mehrspur-Recording, Surround-Beschallung oder Sonstiges genutzt werden.

Praxis und Sound

Sobald die kostenlose Mix-Remote App auf dem iPad geladen ist, kann man sich im M18-eigenen WLAN-Netz einwählen. Über die App sollte nun als erstes eine WPA2 Verschlüsselung für das Netz eingerichtet werden, um das Gerät vor Fremdzugriffen zu schützen. Der integrierte Router funktioniert übrigens auch schon ohne externe Antenne so gut, dass man tatsächlich auf einen externen, per LAN angeschlossenen Router verzichten kann. Gerade durch das 5GHz Band ist die Reichweite hervorragend und die Gefahr gering, sich mit anderen Funkstrecken (Drahtlos-Mikrofonen, Line 6, etc.) in die Quere zu kommen.

Das Konzept des M18 erlaubt es, dass bis zu 5 User gleichzeitig per iPad auf das M18 zugreifen können. So kann jeder Musiker seinen eigenen Monitormix einstellen, Gitarristen und Bassisten können ohne Pause an ihren Amps und FX herumschrauben und der FOH-Mann kann vom Publikum aus den Main-Mix fahren. Hierbei wurde auf eine Zugriffsrechte-Verteilung verzichtet, man muss also darauf vertrauen, dass ein ungeübter Musiker nicht aus Versehen am falschen Monitor oder gar an der Summe für Chaos sorgt. Glücklicherweise ist dies tatsächlich nach kürzester Einarbeitung zumutbar, da die übersichtlich strukturierte App größtenteils selbsterklärend ist, und jeder, der schon einmal mit einem Mischpult gearbeitet hat, sich sofort zurecht findet. Dabei geht die Bedienung über das iPad sehr flüssig und ohne spürbare Verzögerung vonstatten.

Dank Multitouch ist das gleichzeitige Anfassen und Bewegen mehrerer Fader möglich. Versehentliches Verstellen wird dadurch verhindert, dass ein Fader am Knopf angefasst werden muss. Schön ist, dass der Masterfader für die Summe immer griffbereit an der rechten Fensterseite sitzt. Über den Edit-Button in jedem Eingangskanal gelangt man zu den verfügbaren Bearbeitungsoptionen. Unter „Pre“ kann zunächst die fernsteuerbare Vorverstärkung sowie Hochpassfilter oder Phasenumkehr eingestellt werden. Die diskreten Mikrofonvorverstärker machen beim M18 einen sehr guten Eindruck und bieten reichlich rauschfreien Headroom bei neutraler Verstärkung, sodass auch schwachbrüstige Bändchenmikrofone glasklar verstärkt werden können.

24Bit/48kHz AD/DA-Wandlung sowie interne 32Bit Fließkomma-Verarbeitung garantieren zeitgemäße Signalqualität für den weiteren Signalfluss. Kleiner Wermutstropfen ist die unsymmetrische Ausführung der Line-Eingänge. Da auch für eine kleine Band mit Schlagzeug acht Mikrofonvorverstärker nicht gerade viel sind, sind die Line-Eingänge nötig um z. B. Funk-Mikrofone oder andere Vorverstärker oder Submischer anschließen zu können. Bei unsymmetrischer Verkabelung sollte dies jedoch unbedingt mit möglichst kurzen und von Störquellen wie Stromkabeln, Netzteilen oder der Lichtanlage getrennten Kabelwegen geschehen, was die Verkabelung unflexibler macht.

Die Dynamik-Prozessoren Gate und Kompressor bieten die gängigen Parameter, allerdings muss man hier rein nach Gehör einstellen. Zumindest eine Gain-Reduction-Anzeige für den Kompressor wäre schön gewesen, um den Threshold auch auf die Schnelle einigermaßen vernünftig einstellen zu können. Alternativ bietet der Kompressor auch eine „One-Knob“- Easy Konfiguration, welche unter diesen Voraussetzungen für den Live-Betrieb eventuell praktikabler ist. Ausgesprochen überzeugend wirkt der pro Kanal verfügbare 4-Band-EQ (2× parametrisch, 2× shelving) in jeweils drei Versionen. Neben einer chirurgischen Standardausführung findet man eine Vintage-Version, für welche ein alter, musikalischer Neve-EQ als Vorbild diente, zudem kann man sich über eine moderne EQ Variante namens „Smooth“ freuen, für welche ein Massenburg-EQ Pate stand. Unterm Strich hat man so drei komplett unterschiedlich klingende EQ-Varianten, welche sich schön ergänzen und für jede Signalquelle eine passende Entzerrung finden lassen.

Auch bei den EQs kann man zwischen „easy“- und „advanced“-Ausführungen wählen, je nachdem, wieviel man sich bei der Bedienung zutraut. Beim Standard-EQ, der auch in den 6 Aux-Sends zur Verfügung steht, wäre für intuitiveres Arbeiten noch eine „swipe“-Bedienung innerhalb der Kurvendarstellung praktisch gewesen, vielleicht lässt sich dies per Software-Update ja irgendwann noch realisieren. Besonders interessant für Musiker ist die Amp-Abteilung des M18. Die große Auswahl üblicher Verdächtiger von 60er bis modern High-Gain bietet für jeden Geschmack etwas. Die von der erfahrenen Firma Overloud gemodelten Amps sind sehr gelungen, wobei besonders die High-Gainer schön authentische Rock-Sounds liefern. Freunde von weniger Gain und mehr Substanz werden bei diesem Mischpult-Add-On ebenfalls erstaunlich gut zurechtkommen, auch wenn hier nicht ganz die Detailtreue und Tiefe aufwendiger DAW-Plugins zu erwarten ist.

Für eine eingebettete Instrumentenverstärkung im Band-Kontext ist das Gebotene jedoch mehr als ausreichend, und die Klangpalette von Vox, Fender, Marshall und Co. bietet zusammen mit der flexiblen virtuellen Mikrofonierung und den Effekten reichlich Spielraum für die klangliche Definition eines eigenen, individuellen Band-Sounds. Beim Bass ist man mit vier Amp-Models von Bassman bis Markbass mehr als gut bedient, zumal hier auch noch in Lemmy-Manier auf die Gitarren-Amps ausgewichen, oder der Amp in guter alter DI-Anwendung einfach deaktiviert werden kann. Auch bei den Amp-Simulationen geht alles gefühlt latenzfrei (0,6 ms!) über die Bühne, Angst vor einem verzögerten Spielgefühl muss man nicht haben.

Für die etwas rauschigeren Zerr-Einstellungen leistet das Kanal-Gate gute Dienste und lässt unauffällige Rauschunterdrückung ohne scharfkantige Einbrüche zu. Für den praktikablen Live-Einsatz komplettiert wird die Amp-Sektion aber erst durch die umfangreiche MIDI-Anbindung, denn Gitarristen haben beim Spielen meist keine Hand übrig, um am iPad Sounds umzuschalten. Neben Steuerungsfunktionen für die verschiedenen Ausgangs-Levels, den Player sowie das Preset-Management können eben auch die Amps und Effekte separat an- und ausgeschaltet werden, und wichtiger noch, die sogenanten Patches können weiter geschaltet oder direkt geladen werden.

In diesen Patches wird die komplette FX-Kette z. B. eines Hi-Z-In-Kanals samt Amps, Box, Mikro, Mikroposition, Amp-Setting und Stompboxes abgespeichert, so wie man es von einem Preset eines Multi-FX-Gerätes kennt. Wem es reicht, der kann auch einen zweikanaligen Fuß- schalter anschließen, und 2 Funktionen frei belegen. Auch auf diese Weise könnte man gut über den Abend kommen, in dem man sich eine Patches-Liste entsprechend der Setlist anlegt, und mit dem Fußschalter einfach von vorne nach hinten durch-stept. Ein weiteres praxistaugliches Feature ist die Player-Funktion. Sobald ein auf FAT32 formatiertes USB-Medium am M18 eingesteckt ist, lassen sich Mono- und Stereofiles (mp3 bis 320Kbps, aiff, wav) abspielen. Das ist ebenfalls per MIDI oder Fuß- schalter zu steuern und eignet sich für Einlassmusik, Soundcheck, Click auf dem Monitor oder SFX-Sound für das Publikum. Es ist auch möglich, ein Stereofile mit Click auf dem linken und z. B. Keyboards auf dem rechten Kanal abzuspielen und die beiden Signale getrennt auf die In-Ears des Drummers und den Mainmix zu routen.

Mit dem nächsten SoftwareUpdate wird auch die Recording-Funktion nachgeliefert, mit welcher man unabhängig vom Player gleichzeitig die Stereo-Summe als wav-File mitschneiden kann. Eine Audiointerface-Funktion zum Aufnehmen der Einzelspuren ist nicht vorhanden. Ebenfalls wichtig für ein Live-Pult ist die Möglichkeit des M18, sowohl Snapshots einzelner Szenen (ebenfalls per MIDI aufrufbar, 200 Speicherplätze) als auch ganze Shows (bis zu 100) abzuspeichern. Für den Main-Out gibt es die Verschönerungs-Effekte Valve-Warmer, Xciter und Maximizer sowie einen 31-Band-GrafikEQ. Schade, dass nicht noch ein AntiFeedback-System, wie es z. B. im Soundcraft-Konkurrenten Ui16 zu finden ist, drin war. Zu den drei Send-Effekten Reverb, Delay und Mod (Chorus/Flanger, Tremolo oder Pitch-Shifter) lässt sich noch sagen, dass sie absolut zweckmäßig und mit reichlich guten Presets alles abdecken, was man Live so braucht. Wenn überhaupt könnte man sich noch ein Tap-Tempo für das Delay wünschen.

Resümee

Wer mit einer kleinen Band auf Bühnen unterwegs ist und keine Lust mehr hat, schwere Mischpulte und Effektracks zu schleppen, sich etwas Komfort in Punkto Wiederherstellbarkeit aufwendigerer Mixe wünscht oder zur Not auch mal die Instrumentenverstärker zu Hause lassen möchte, der ist beim M18 genau richtig. Die komfortable und durchdachte Ausstattung mit guten Amp-Models, Effekten und hervorragenden Mikrofon-Vorverstärkern, sowie die praktischen Specs wie integriertes WiFi und Netzteil, Player/Recorder, MIDI, Fußschalter etc. lassen die teilweise etwas günstigere Konkurrenz hinter sich. Allerdings lässt sich beim M18 hier und da auch noch nachbessern, was zum Teil aber schon in Arbeit ist (Android-Support, Recording-Option). Einziger wirklicher Makel des Mischpultes sind die unsymmetrischen Line-Eingänge, hier hätte man bei der ansonsten gelungenen Wohlfühlausstattung nicht sparen dürfen.

Plus

  • Amp-Models
  • Mikrofon-Vorverstärker
  • Effektqualität und Preset-Auswahl
  • Schalt-Optionen
  • Live-taugliche Handhabung trotz Tablet-Steuerung

Minus

  • unsymmetrische Line-Eingänge
  • Kompressor hat kein GR-Meter

 

RCF M18_profil

Produkt: Kemper Amp Special
Kemper Amp Special
Der große Kemper Amp Testbericht! Kemper Amp – High-Tech in neuer Evolutionsstufe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren