Die Metal-PRS

PRS Custom 24 SE Mark Holcomb im Test

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Was macht eine PRS Gitarre aus? Die komfortable 25″ Mensur, das hauseigene Tremolo, die hervorragenden Pickups oder die oft opulenten Lackierungen und Deckenhölzer? Nun, im Falle der Mark Holcomb Custom 24 SE muss man so einiges am klassischen Bild revidieren. Ob das funktioniert und wie sich die Klampfe des Periphery- Gitarristen in der Praxis schlägt, soll der folgende Test klären.

(Bild: Dieter Stork)

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Als bekannt wurde, dass Mark Holcomb bei PRS ein Signature-Modell bekommen würde, habe ich nicht schlecht gestaunt. Schließlich sind seine beiden Kollegen Misha Mansoor und Jake Bowen mit Washburn und Ibanez bei deutlich naheliegenderen Firmen gelandet. Aber der sympathische Brite hat es tatsächlich geschafft, den Jungs um Paul Reed Smith ein paar interessante Features zu entlocken, die den speziellen Anforderungen Holcombs gerecht werden. Nachdem das limitierte US-Modell letztes Jahr ein großer Erfolg war, kommt nun also die deutlich bezahlbarere SE-Version auf den Markt.

Edles Brett

Als Grundform dient bei dieser Signature- Gitarre ein wahrer PRS-Klassiker – die Custom 24, welche mit ihren 24 Bünden besonders für modern ausgerichtete Gitarristen interessant sein dürfte. Der Body ist aus Mahagoni gefertigt und mit einem dünnen Furnier aus Wölkchen- Ahorn versehen, welches sehr gut mit dem schwarz/lila Holcomb Burst harmoniert. Wie immer wurde auch bei dieser Gitarre das Cutaway in den hohen Lagen großzügig ausgeführt um ein müheloses Spiel in den hohen Lagen zu ermöglichen. Beim Hals handelt es sich um einen eingeleimten, dreistreifigen Ahornhals auf dem ein pechschwarzes Ebenholzgriffbrett aufgeleimt wurde und dessen Profil der Hersteller als „Wide Thin“ beschreibt. Wer hier jetzt einen ultra-modernen Flitzefinger- Hals befürchtet, der sei beruhigt.

Der Hals ist natürlich kein Knüppel, hat aber dennoch richtig was auf den Rippen, was natürlich im Hinblick auf tiefere Tunings sehr sinnvoll erscheint. Sehr gut gefällt mir die satinierte Lackierung des Halses, welche für ein äußerst angenehmes Spielgefühl sorgt und mir irgendwie als ein großartiger Kompromiss aus einer Hochglanzlackierung und einem naturbelassenen Holzfinish erscheint. Best of both worlds sozusagen. Zudem gibt das einen schönen optischen Kontrast zur restlichen High-Gloss-Lackierung der Gitarre. Als optisches Schmankerl gibt es beim Hals ein weißes Binding – welches die US-Version übrigens nicht hat – und die PRS-typischen Bird-Inlays, was nochmal für ein etwas gediegeneres Erscheinungsbild sorgt.

Neben der Hals-Lackierung sind vor allem der 20″ Griffbrettradius und die 648-mm- Mensur eine Besonderheit bei dieser Gitarre. Das flache Griffbrett macht natürlich weite Bendings spürbar einfacher, während die leicht verlängerte Mensur für mehr Sustain, Tonstabilität und eine bessere Intonation bei tieferen Tunings sorgt (ausgeliefert wird das Instrument übrigens in Drop-C mit einem Satz Saiten der Stärke .010 – .052). Ein weiteres interessantes Detail, welches schon bei der US-Version zu sehen war, ist die Fixed-Bridge, die sich optisch zunächst nicht vom klassischen PRS-Vibrato unterscheidet. Der typische Look der Custom 24 bleibt also erhalten, die Saiten werden ähnlich wie beim Tremolo von hinten durch den Korpus geführt. Clevere Lösung!

Ganz in schwarz: Die Alpha & Omega Tonabnehmer (Bild: Dieter Stork)

Die Tonabnehmer kommen übrigens aus dem Hause Seymour Duncan und wurden eigens für diese Gitarre entwickelt. Somit haben nun alle drei Periphery-Gitarristen ihr eigenes Signature-Pickup-Set, wobei die Alpha & Omega Pickups bis jetzt nur über den Seymour Duncan Custom Shop zu beziehen sind. Die Elektronik ist mit einem Master-Tone und einem Master- Volume sowie dem klassischen Drei-Weg- Blade-Switch denkbar einfach gehalten. Als kleine Erweiterung der Sound-Palette hat man die Möglichkeit, die Pickups mittels des Push/Pull-Tone-Reglers zu splitten, was natürlich besonders bei cleanen Sounds interessant ist. Über die Verarbeitung lässt sich kein negatives Wort verlieren – hier haben wir es mit der gewohnten SE-Qualität zu tun. Insgesamt strahlt die Marc Holcomb Signature SE ein gewisses Understatement aus, was ich persönlich sehr schön finde. Unterstützt wird dieser Look durch die schwarzen Pickups und die schwarz verchromte Hardware – alles in allem ein sehr stimmiges Bild. Features, wie die leicht versenkten Potis, die stärker gewölbte Decke oder die Phase III Tuner aus eigener Herstellung bleiben natürlich weiterhin den US-Versionen vorbehalten – irgendwo muss man angesichts des Preisunterschieds schließlich auch Abstriche machen.

Wolf im Schafspelz

Ich gestehe gerne, dass ich persönlich nie ein großer Freund der klassischen PRS-Gitarren war. Die häufig opulenten Deckenhölzer und die knalligen Farben haben mich sowohl bei den US- sowie bei den SE-Modellen irgendwie immer etwas abgeschreckt. Als 2015 dann Mark Holcombs Signature-Gitarre vorgestellt wurde, war ich sofort begeistert von dem reduzierten Look. Die SE-Version sieht natürlich etwas anders aus – versprüht aber trotzdem einen ähnlichen Charme wie ihre amerikanische Schwester. Was mich an PRS-Gitarren allerdings immer fasziniert hat, ist ihre sagenhaft gute Bespielbarkeit. Und genau diese finden wir auch bei unserer Testkandidatin. Ausgewogen hängt sie am Gurt und lässt sich in allen Lagen sehr komfortabel bespielen.

(Bild: Dieter Stork)

Die verlängerte Mensur finde ich persönlich absolut großartig – viele Gitarristen, die die Fender- Mensur ebenfalls bevorzugen, werden mir da sicher zustimmen. Der flache Griffbrett- Radius ermöglicht freie Bahn für Bendings in allen Lagen und trägt ebenfalls zum hohen Spielkomfort bei. Auch die Brücke der Mark-Holcomb-Signature SE möchte ich lobend erwähnen. Hier stört rein gar nichts, die Hand kann ganz bequem aufliegen, ohne dass irgendwelche Ecken und Kanten nerven würden. Klasse, klasse, klasse.

(Bild: Dieter Stork)

Akustisch gespielt zeigt sich die Custom 24 SE äußerst perkussiv und knackig – auch hier scheint sich die Mensur auszuzahlen. Wo andere Gitarren im Drop-C-Tuning matschig und undifferenziert klingen, kann die Mark-Holcomb-Signature- SE nur müde lächeln. An meinem Test-Amp bestätigt sich mein erster Eindruck insofern, als das hier von den Kollegen Mulm & Matsch weit und breit nichts zu hören ist. Verstärkt zeigt sich dann auch, dass das speziell für diese Gitarre entwickelte Pickup-Set im Grunde genommen das Herzstück des Instruments ist. Um es kurz zu machen: ja, das Ding klingt clean gut. Richtig gut sogar. Vor allem der Alpha-Halstonabnehmer liefert – sowohl im normalen Betrieb als auch im Split-Modus – schön glasige und fette Sounds, die selbst komplexe Akkordgebilde differenziert auflösen.

Im High-Gain-Kanal geht dann so richtig die Sonne auf. Auch hier weiß der Hals- Pickup mit seinem fetten und dennoch transparenten Ton zu überzeugen. Richtig spannend wird das Ganze natürlich dann auf dem Steg-Pickup. Der Omega- Tonabnehmer liefert einen unheimlich durchsetzungsstarken Ton, der trotzdem nicht spitz oder zu dünn klingt. Beim Spielen mit viel Gain am Amp hat man fast das Gefühl, einen ganz dezent eingestellten Tube Screamer im Signalweg zu haben – nur eben ohne den übertriebenen Bass-Cut und die fiese Hochmitten- Beule. Besonders für harmonisch komplex angelegte Akkorde oder schnelle Singlenote-Linien auf den tiefen Saiten, ist die Abstimmung des Pickups natürlich von großem Vorteil. Man hat – ein sauberes Spiel natürlich vorausgesetzt – irgendwie immer das Gefühl, alle Noten gleich laut hören zu können, ohne dass bestimmte Frequenzen übermäßig betont werden. Die Gitarre liefert trotz ihres ausgewogenen Tons übrigens eine tolle Durchsetzungskraft in den Mitten, die die Amerikaner am ehesten mit „snarl“ bezeichnen würden. Der Attack wird in den tieferen Mitten schön betont ohne unangenehm hervorzustechen.

Pures Understatement: Die Holcomb Burst Lackierung (Bild: Dieter Stork)

Ein Balance-Akt, der bei diesem Instrument sehr gut gelungen ist. Seymour Duncan haben es tatsächlich geschafft, in Zusammenarbeit mit PRS und Mark Holcomb, das Pickup-Set sehr ausgewogen abzustimmen und trotzdem beiden Pickups einen individuellen Charakter zu geben. Nun könnte man meinen, dass wir es, ob der musikalischen Ausrichtung von Holcombs Band, mit richtigen Output-Monstern zu tun haben. Tja, ich glaube, dieser Trend scheint mehr oder weniger am Ende zu sein. Immer mehr Metal-Gitarristen scheinen zurück zu etwas gemäßigteren Tonabnehmern zu gehen, um deren Vorzüge im Bereich der Dynamik und der klanglichen Bandbreite zu nutzen. Das Alpha & Omega Set stellt hier keine Ausnahme dar. Mit ihrem moderaten Output würde ich die beiden schwarzen Burschen in etwa mit meinen Häussel Vin+ oder DiMarzios 36th Anniversary Set vergleichen. Alles in allem bleibt festzustellen, dass wir es hier mit einer absolut toll klingenden Gitarre zu tun haben, die wirklich alle Voraussetzungen für eine richtig gute Metal-Maschine mitbringt.


Info

Wer tatsächlich eine noch längere Mensur spielen und trotzdem nicht auf die klassische PRS-Form verzichten möchte, sollte auf dem Gebrauchtmarkt die Augen nach einer Mike Mushok Baritone SE offenhalten. Hier haben wir es immerhin mit einer 27,7″ Mensur zu tun, was für die meisten ausreichen dürfte.


Alternativen

Bei Mark Holcombs Signature-Modell ist die Antwort auf die Frage nach Alternativen eigentlich ziemlich klar: Gibt es nicht! Alleine schon die 25,5″ Mensur, die Fixed-Bridge und die verwendeten Alpha & Omega Pickups sind natürlich Alleinstellungsmerkmale im PRS-SE-Sortiment. Sollten einem diese Features nicht so wichtig sein, könnte man ein optisch vergleichbares SE-Modell in Betracht ziehen.

Resümee

Man kann es nicht anders sagen – Mark Holcomb und PRS haben es geschafft, einen Klassiker auf eine neue Ebene zu heben. War die ursprüngliche Custom 24 vielleicht nicht unbedingt des Metal- Gitarristen erste Wahl, haben wir es hier mit einer in jeder Hinsicht optimierten Version zutun, die alle Ansprüche des Modern-Players erfüllt. Das Ganze kommt in der gewohnten SE-Qualität und zu einem Preis, welcher verglichen mit der limitierten USA-Version mehr als attraktiv ist. Besonders für Leute, die ein wenig abseits der Pfade klassischer Metal-Äxte wandeln und trotzdem auf die entscheidenden Features nicht verzichten wollen, dürfte die Marc- Holcomb-Signature-Gitarre durchaus interessant sein.

Plus

  • Verarbeitung
  • Farbe/Lackierung
  • Tonabnehmer
  • Klang
  • verlängerte Mensur


Aus Gitarre & Bass 11/2016

 

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