Extended Range Guitars

Portrait: Zu Besuch bei Hapas Guitars

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Hapas Guitars
(Bild: Simon Hawemann)

Mit den Berlinern von Hapas Guitars verbindet mich, wie den aufmerksamen Lesern unter euch sicher bereits aufgefallen ist, mehr als nur ein freundschaftliches Verhältnis. Ende 2012 sprach mich Gründer und Gitarrenbauer Robert Sola auf einem Konzert meiner alten Band War from a Harlots Mouth an und wenige Monate später entwarfen wir gemeinsam ein Modell namens ,Sludge‘ – eine siebensaitige Bariton-Gitarre mit einem etwas aggressiveren Telecaster-Design. Die 2010 gegründete Gitarren-Schmiede fokussierte sich zu diesem Zeitpunkt bereits mehr und mehr auf Extended-Range-Instrumente und baut bis heute überwiegend Gitarren mit mehr als 6 Saiten. Grund genug, meinen Berlin-Aufenthalt dafür zu nutzen, mal wieder im Hapas Custom Shop vorbeizuschauen.

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Vor ungefähr 10 Jahren fasste Robert Sola den Entschluss, Gitarren zu bauen. Als langjähriger Gitarrist und mit handwerklichem Talent ausgestattet, fiel der Entschluss quasi beim Blick auf die eigene Gibson Explorer. Der Wunsch, Gitarren nach eigenen Vorstellungen zu bauen und nicht von der Gnade der großen Marken abhängig zu sein, erfüllte sich schließlich. Die erste Gitarre, eine Flying V, baute er zuvor jedoch noch in einem Kurs an der Volkshochschule nach aus den USA bestellten Bauplänen.

Robert war jedoch von vorn herein klar, dass es bei einer eigenen Firma nicht ohne CNC-Fräse gehen würde. Also zeichnete er vor der offiziellen Gründung von Hapas Guitars nicht nur Skizzen für die ersten Gitarren, sondern auch Pläne für eine eigene CNC-Fräse. Diese baute er zunächst im eigenen Wohnzimmer auf – und dort sollte sie noch lange stehen, bis sie endlich in Betrieb genommen werden konnte. Im Jahre 2010 war es soweit: Eine kleine Werkstatt wurde gemietet (in einem 16qm Keller in Berlin Charlottenburg) und die erste Gitarre gebaut.

Hapas Guitars
Marke Eigenbau: Die CNC Maschine im Hause Hapas (Bild: Simon Hawemann)

Wie eingangs erwähnt, kreuzten sich Roberts und meine Wege gegen Ende 2012. Ein gemeinsamer Freund machte mich auf seine Arbeit aufmerksam und sagte mir, dass Robert mich auf dem Jahresabschlusskonzert meiner Band WFAHM ansprechen würde. Und genau so kam es schließlich auch: Die Chemie stimmte sofort zwischen uns beiden, also trafen wir uns in den folgenden Monaten regelmäßig zum Kaffeetrinken und – nicht zu vergessen – zum Entwerfen der Hapas ,Sludge‘. Damit sollten sich für mich gleich zwei lang gehegte Träume zum ersten Mal erfüllen: Der nach der ersten Custom-Gitarre und darüber hinaus noch der nach einer siebensaitigen Bariton-Metal-Tele. Robert hatte kurz zuvor mit meinem langjährigen Freund und Time-has-Come-Gitarristen Dennis die ,Kayzer‘ entworfen – eine aggressive Super-Strat mit gewölbter Decke und messerscharfen Linien. Das Modell sorgte in der Extended-Range-Szene für gehörig Aufruhr und machte Hapas Guitars quasi über Nacht populär.

Die Sludge musste nun natürlich in eine andere Richtung gehen, aber dank meiner Affinität für die Telecaster-Form war der Kurs schnell klar – und Robert hatte darauf auch Bock. Die Präsentation der Sludge 727 resultierte erneut in einem gesunden Hype für die junge Firma aus Berlin und markierte laut Robert neben dem Release der Kayzer den zweiten Meilenstein in der Geschichte von Hapas Guitars. Die Anzahl der Aufträge stieg auch dank ebendieser beiden Formen stetig, und Robert musste sich mit Pawel Verstärkung ins Boot holen. Die beiden bilden bis heute das Kernteam bei Hapas Guitars – zusätzlich hilft in der Regel auch noch ein dritter Mann in der Werkstatt.

Hapas Guitars
(Bild: Simon Hawemann)

Gegenwärtig kommt man bei Hapas im Schnitt auf eine Gitarre pro Woche – und ca. 70% davon sind 7-Strings! Die restlichen Bestellungen teilen sich gleichberechtigt 6- und 8-Saiter-Gitarren. Robert baute von Anfang an auf Metal getrimmte Gitarren, und der Fokus seiner Kundschaft ging auch dank des Erfolgs der ,Kayzer‘ und ,Sludge‘ immer mehr in Richtung Extended-Range-Guitars. Nach all diesen Erfolgen geschah dann schließlich noch etwas, womit niemand gerechnet hatte!

Hapas Guitars
Auf der Werkbank: Eine fertige Kayzer 828 (Bild: Simon Hawemann)

Ein Kunde war von seiner Hapas Siren so begeistert, dass er ein paar Kontakte spielen ließ und die Jungs mit Munky von Korn in Verbindung brachte. Ein paar Monate später sah man diesen live ab und an siebensaitige Kayzer- und Siren-Modelle spielen, die er zum Testen als Leihgabe bekommen hatte. Nach der Tour trafen sich Gitarrenbauer Robert und Pawel mit Munky, der sich von den Gitarren der Berliner wirklich begeistert zeigte. Kurz darauf entdeckte er meine Sludge auf dem Instagram Profil von Hapas Guitars und wusste, was er wollte! Kurzer Hand bauten ihm Robert und Pawel also eine Sludge, die sich von meiner lediglich in ein paar Details unterschied: Statt nur einem Pickup wollte Munky gern zwei Humbucker verbaut haben und darüber hinaus entschied er sich für geflammten Ahorn anstelle von Vogelaugenahorn. Auf dieser Gitarre sah man Munky auf der folgenden Tour abendlich ,Falling Away From Me‘ spielen. Coole Sache, besonders wenn man bedenkt, dass ich mal seine Gitarre – eine Ibanez K-7 – besessen habe. Das Munky Jahre später eine von mir co-designte Gitarre spielen würde, hätte ich mir damals wohl nicht vorstellen können.

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(Bild: Simon Hawemann)

die hapas formel

Robert und Pawel kann man getrost als Überzeugungstäter bezeichnen. Hapas Guitars ist kein Custom Shop, der euch jeden Wunsch erfüllt. Die Liste der Dinge, die man bei den Berlinern nicht bekommt, ist also entsprechend lang. Dafür haben die beiden über die Jahre hinweg nicht nur einen wirklich unverkennbaren Stil entwickelt – eine Hapas erkennt man oft am genauso aggressiven wie organischen Look und den zumeist düsteren Finishes – sondern auch einen eigenen Sound. Die favorisierte Holzkombination der Firma besteht aus einem Eschekorpus, Wengehals und Ebenholzgriffbrett.

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Bei Hapas wickelt man auch hauseigene Pickups. (Bild: Simon Hawemann)

Und weil das den Perfektionisten noch immer nicht genug war, hat man im letzten Jahr auch noch eigene Pickups entwickelt. Dazu nahmen sich die beiden einen Monat Auszeit vom Gitarrenbauen und stürzten sich in die Entwicklung einer Humbucker-Palette, die nicht nur sehr gut mit den bereits erwähnten Tonhölzern harmonieren, sondern auch speziell mit den Frequenzen besonders tiefer Stimmungen kompatibel sein sollte. Dabei heraus kamen folgende Modelle:

  • Bæhemoth (Steg, Alnico 5)
  • Læviathan (Steg, Keramik)
  • Zæz (Hals, Alnico 5)
  • Incæption (Hals und Steg, Alnico 5)

Die Initialzündung zum Entwickeln eigener Pickups war laut der beiden Gitarrenbauer die schlechte Erfahrung mit einem von einem Kunden gewünschten Marken-Pickup. Und um sicher zu gehen, dass bei den Kunden in Zukunft eine Gitarre ankommt, hinter deren Klang man bei Hapas Guitars voll und ganz steht, empfehlen die beiden, fortan ihre Gitarren auch mit den eigenen Pickups ausstatten zu lassen. Den Bæhemoth, Læviathan und Incæption werde ich übrigens in Kürze für meinen 7-String-Pickup-Shootout auf SoundCloud testen. Bis dahin gibt es aber erst mal einen Clip meiner Hapas Sludge 727 mit einem Instrumental auf dem Gitarre-&-Bass-SoundCloud-Profil zu hören!

Auf die Frage, welche Kundenwünsche man bei Hapas Guitars nicht erfüllt, lehnen sich Robert und Pawel erst mal in ihren Sesseln zurück und holen tief Luft. Bestimmte Tonhölzer, besonders exotische Tops wie Buckeye oder Poplar Burl, benutzen die Berliner aus Prinzip nicht. Auch deckende Finishes sucht man bei den Gitarren der Berliner vergebens – die Instrumente werden entweder gebeizt und mit einer sehr dünnen Lackschicht versiegelt, oder es bleibt beim geölten Natural-Look. All das hat nicht nur optische Gründe, sondern ist vor allem den tonalen Vorteilen geschuldet. Und weil der Ton neben der Bespielbarkeit bei Hapas die Hauptsache ist, gibt es eben ein paar Ausschlusskriterien, an denen man bei Hapas einfach nicht vorbei kommt. Dazu gehören auch noch andere Spezifikationen: Die Berliner haben sich z. B. je nach Anzahl der Saiten auf eine Mensur festgelegt. Ihr werdet also keine 8-String mit 25.5 Zoll Mensur bestellen können. Lediglich bei 6-Saitern kann man sich zwischen Standard und Bariton-Mensur entscheiden – bei 7- und 8-Saitern ist Letztere quasi Pflicht, auch wenn die Berliner in der Vergangenheit eine Handvoll 7-Strings mit 25.5er Mensur gebaut haben.

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Ordentlich Holz in der Hütte (Bild: Simon Hawemann)

Die Gitarrenbauer bei Hapas wollen einfach sicher gehen, dass bei ihren Instrumenten die allerhöchste Funktionalität jederzeit gewährleistet ist. Klar, ein Custom Shop, der euch alle Wünsche erfüllt, ist natürlich auch eine attraktive Sache, aber machen wir uns nichts vor: Die meisten von uns sind keine Experten und ordern gut und gerne auch mal eine Gitarre aus rein ästhetischen Gründen. Dabei kommt nicht immer ein exzellent klingendes Instrument heraus. Ich selbst musste die Erfahrung schon machen und bewege mich seitdem nicht mehr weit aus meiner Komfort-Zone von Spezifikationen heraus, von denen ich weiß, dass sie mir den Sound liefern, den ich möchte. Und genau das ist auch die Philosophie bei Hapas Guitars.

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Das Hapas Arsenal (Bild: Simon Hawemann)

Robert und Pawel haben Jahre in die Entwicklung ihrer Instrumente investiert und diese in vielerlei Variationen gebaut. Dabei hat sich eine Formel herauskristallisiert, die schlicht und ergreifend funktioniert. Und das bieten die Berliner schlussendlich an: Eine Gitarre, die für ihren Anwendungsbereich in allen Belangen perfektioniert ist!

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(Bild: Simon Hawemann)

zukunftsmusik

Bei den Berlinern steht nicht nur ein Umzug in neue Räumlichkeiten bevor – die Produktionskapazitäten sollen auch durch eine neue, natürlich wieder eigens entworfene CNC-Fräse optimiert werden. Darüber hinaus arbeitet man natürlich auch an neuen Modellen. Von der ,Deus‘, einer Melange aus Gibson RD und Ibanez Iceman, gibt es bisher z. B. nur einen sechssaitigen Prototyp. Aber auf meine Nachfrage nach der Zukunft für das Modell, gab es vielversprechende Andeutungen.

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Vom Rohling bis zum fertigen Hals (Bild: Simon Hawemann)

Außerdem gibt es bisher bei den Berlinern lediglich geschraubte Hälse. Das soll sich in Zukunft ändern: Während durchgehende Hälse bei Hapas auch weiterhin kein Thema sein werden, will man bald eine Gitarre mit Set-Neck-Konstruktion entwickeln. Bei einem weiteren neuen Modell komme auch ich wieder ins Spiel – momentan entwerfen Robert und Pawel nämlich mit mir gemeinsam eine an die Fender-Jazzmaster-Form angelegte Bariton-7-String! Neben der Telecaster, ist diese eine meiner liebsten klassischen Gitarrenformen und ich habe bisher vergeblich nach einem Serien-Instrument gesucht, das meinen Vorstellungen entspricht. Also lag es nah, wieder mit Hapas Guitars zusammenzuarbeiten. Bei meinem Besuch in der Werkstatt sind wir bereits erste Skizzen durchgegangen und haben uns auf die Marschrichtung geeinigt. Mehr dazu werdet ihr sicher an dieser Stelle in Zukunft noch erfahren. Zieht euch schon mal warm an, denn das wird – wie man es von Hapas Guitars nicht anders gewöhnt ist – aggressiv, organisch und stealthy! [2454]

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Die drei Musketiere: Gemeint sind natürlich die drei Sludge 727. (Bild: Simon Hawemann)

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2017)

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