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Pickup LesLee für Stratocaster im Test

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Pascal Stoffels, der Erfinder des LesLee (Bild: Rebellius)

ERFINDER-TALK

Der Niederländer Pascal Stoffels hat die Welt gesehen. Nach einigen Jahren in Südostasien lebte er ab den 1990er-Jahren für zwei Jahrzehnte in Berlin, ehe er nach Maastricht in sein Heimatland zurückging. Mit im Reisegepäck: Das Pickup LesLee, in Berlin erfunden und erforscht, in Maastricht zur vollen Reife gelangt.

Pascal, was war die Initialzündung, die zur Erfindung des LesLee führte?

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Da kam einiges zusammen. Zum einen diese spezielle Zeit nach dem Mauerfall in Berlin. Vor allem der Osten der Stadt war nun ein Schmelztiegel von Künstlern, Träumern und Erfindern, denn hier waren die Kosten für den Lebensunterhalt niedrig. Und so verfolgten wir alle hier unsere Leidenschaften, verwirklichten unsere Projekte und lebten unsere Träume. Ich selbst spielte Gitarre in verschiedenen Bands, habe Schmuck aus Münzen hergestellt und irgendwann auch eine Gitarre gebaut – zuhause auf dem Küchentisch.

Eines Tages, als ein befreundeter sizilianischer Gitarrist und ich seine 1964er Stratocaster mit meiner Gitarre verglichen, stellten wir beim vielen Hin- und Herschalten der Pickups fest, dass dabei ein ganz spezieller Sound entsteht – eine Art Tremolo, aber noch viel mehr. Und wir fragten uns, ob man diesen Schaltvorgang nicht automatisch mechanisch gestalten könnte. Vielleicht mit einem kleinen Motor? In meinem Werkzeug zur Schmuckherstellung befanden sich sehr feine Sägen, und damit schnitt ich in eine runde Kupferplatte acht „Tortenecken“ und einen inneren Kreis. Diese Segmente bildeten die Eingangs- und Ausgangsflächen, die von einem rotierenden Arm berührt werden sollten, der – von einem kleinen Motor getrieben – wiederum die Pickups abwechselnd an- und ausschalten sollte. Dies war der allererste Prototyp dessen, was ich „Pickup Leslie“ nannte – man beachte die damalige Schreibweise.

Das war dann also ein motorgetriebener, automatischer Tonabnehmer-Umschalter für kontinuierliches Schalten?

Ja genau, inklusive einer Geschwindigkeitsregelung. Und das klang schon richtig gut, obwohl man die Schalt- und elektrostatischen Störgeräusche noch deutlich heraushören konnte. Da gab es also noch Handlungsbedarf, aber das war der Anfang und ich bekam eine relativ konkrete Vorstellung davon, wie das Endergebnis sein könnte. Ja, und dann hat mich dieses Thema nicht mehr losgelassen …

Du hast dann auch bei Frank Deimel gearbeitet, richtig?

Ja, das war noch bevor Frank seine Firma Deimel Guitarworks gegründet hatte, aber schon Gitarren baute. Wir haben uns gut ergänzt; Frank kommt eher aus der Les-Paul-Junior-Richtung, während ich mehr der Jazzmaster-Typ bin. Zusammen haben wir die Vision entwickelt, Offset-Gitarren zu bauen, die auch mal unkonventionelle Sounds bis hin zu Noise erzeugen konnten. Und die – das war unser Running Gag – auch Sonic Youth hätten gefallen können. Natürlich haben wir in dieser Zeit auch das Pickup Leslie verfeinert, und als ich wieder häufiger als Musiker unterwegs gewesen bin (u. a. in Bands wie Bindemittel und als Tour-Gitarrist von 2raumwohnung, Anm. d. Verf.), hat Frank das Konzept weiter entwickelt und als Option in seinen Gitarren angeboten.

Apropos Sonic Youth: Lee Ranaldo war einer der ersten großen Namen, die eine Gitarre mit eingebautem Pickup Leslie spielten.

Stimmt. Wir hatten damals eine dunkelgrüne, 12-saitige Jazzmaster mit Doppel-Lipsticks und Pickup Leslie gebaut, die zwei oder drei Jahre in Franks Werkstatt geduldig auf einen Kunden wartete. Eines Tages lud Nikki Sudden, ein Kunde von Deimel, Frank auf ein Konzert von Sonic Youth ein, inklusive Backstage-Besuch, um dort seine Gitarren zeigen zu können. Mit dem Ergebnis, dass Lee Ranaldo diese 12-Saitige kaufte. Und die schaffte es dann ja sogar auf das Cover einer DVD von Sonic Youth. (‚Corporate Ghost’, Anm. d. Verf.) Lee bekommt übrigens gerade die aktuelle Version des LesLee in seine Gitarre gebaut – und ja, seitdem Lee das Pickup-Leslie für sich entdeckt hatte, nenne ich mein Produkt mit seiner freundlichen Genehmigung eben Pickup LesLee.

In welcher Weise wurde das Pickup LesLee dann weiterentwickelt?

Wir mussten einen elektronischen Antrieb für den Schaltvorgang entwickeln, denn der motorgetriebene war zu aufwendig. Da ich kein Elektronikexperte bin, war ich auf fremde Hilfe angewiesen. Insgesamt gab es in all den Jahren mehrere Versuche und Ansätze von verschiedenen Elektronikern, die an sich einfache Idee in eine kompakte Schaltung umzusetzen. Frank hat für das LesLee in seinen Gitarren z. B. eine Art Auto-Panner-Schaltung benutzt, und für die neueste Version, über die du jetzt schreibst, war mir dann Matthias Grob von Paradis Guitars aus der Schweiz eine wirklich wertvolle Hilfe.

Die Forschung für das finale Konzept, mit dem sich das Pickup LesLee heute zeigt, begann 2018. Da erstellte ich die konkreten Rahmenbedingungen, die das Produkt erfüllen musste, wenn ich es als DIY-Einbau-Kit auf den Markt bringen würde. Diese Bedingungen ergaben sich aus dem Plan einer kompletten Reversibilität. Das heißt, durch den Einbau des LesLee sollte der Originalzustand der Gitarre unbedingt erhalten bleiben; es sollten also keine zusätzlichen Löcher für die Installation gebohrt und keine Holzarbeiten gemacht werden, keine zusätzlichen Schalter oder Regler, nicht einmal ein separater Ladeanschluss hinzugefügt werden müssen. Und Schritt für Schritt wurden diese vielen Hürden mit Erfolg genommen.

Das heißt, jedes LesLee, von dem es zur Zeit acht verschiedene Einbausätze gibt, lässt sich unsichtbar einbauen?

Ja, die einzelnen LesLee-Versionen nutzen die vorhandenen Hohlräume und Befestigungslöcher des jeweiligen Gitarrenmodells. Dabei hilft uns, dass das neue Design deutlich verkleinert wurde, um eben in die Hohlräume der gängigen E-Gitarrenmodelle zu passen. Es ist ja nicht überall so viel Platz wie in einer Jazzmaster.

Was machen Leute, die sich ein LesLee anschaffen wollen, aber keine der acht Gitarrenmodelle spielen, für die du das LesLee konfektioniert hast?

Diese Leute können mich gerne kontaktieren, denn ich biete auch Custom-Versionen des LesLee an. Neulich habe ich z. B. ein LesLee in eine Gibson Marauder, in mehrere Rickenbacker und sogar in eine Strandberg gebaut.

Soundcheck und Resümee auf Seite 3

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wow, tolle Sounds, tolle Möglichkeiten, aber huch – der Preis!!! Für fast 300 EUR kann ich mir schon ein richtig schniekes Boutique Tremolo mit deutlich größerem Funktionsumfang aufs Board schnallen…

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    1. hi Rob, mal ganz abgesehen vom Preis, gibt es aber kein Pedal, was das veranstaltet, was Pickup LesLee macht … und wird es auch nie geben. Das automatische Abwechseln der Tonabnehmer mit Geschwindigkeitskontrolle and der Gitarre – in mono und stereo – klingt nun mal einzigartig – und obendrein ziemlich delicious 😉

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  2. Mann, Mann, Mann, sowas hatten wir Anfang der 70er mit – nat. analogen – Flip-flops gebaut und als Onboard-Tremolo in einem alten Farfisa-Keyboard implantiert. Es wird auf dieser Welt wohl alles iwie wieder neu erfunden.
    Wie war das mit dem Rad…

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