„Vintage Optical Envelope“-Filterpedal

Nomen est omen: Carl Martin Ottawa im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Die Idee ist so gut und offensichtlich, dass man eigentlich schon längst hätte drauf kommen können. Carl Martins neues Auto Wah heißt wie es klingt. Neben dem originellen Namen hat es aber auch ein paar handfeste Features zu bieten.

Welchen Anteil die kanadische Hauptstadt bei der Entwicklung eines anschlagsdynamischen Filtereffekts gespielt hat, ist nicht überliefert, aber das Wortspiel ist einfach zu naheliegend, um es nicht aufzugreifen. Carl Martin, immer für ausgefuchste Pedale mit zum Teil blumigen Namen wie „Panama“, „Purple Moon“ oder „PlexiRanger“ gut, bringt mit dem Ottawa ein, nun ja, Auto Wah auf den Markt, das im mittleren Preissegment für Aufsehen sorgen will.

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Auf Basis eines Optokopplers liefert das „Vintage Optical Envelope“-Filterpedal einen Wah-Sound, dessen Intensität von der Stärke des Eingangssignals abhängt. Den Effekt kennt man vor allem aus Funk-Songs der 1970er-Jahre, aber er lässt sich auch anderweitig prima einsetzen – unter anderem dort, wo normalerweise ein klassisches Wah-Pedal seinen Dienst tut. Wer es etwas origineller mag, könnte in einem solchen Effekt das passende Werkzeug finden.

AUFBAU

Das Druckguss-Gehäuse kommt mit einem eigenen Look, den auch andere Pedale des Hauses tragen: Die blaue Frontplatte wurde vorne über das Gehäuse gezogen und läuft in einer Rundung optisch fließend aus. Gesteuert wird der Sound – neben dem Pegel des Inputs – über vier Potis und einen zentralen Minischalter. „Tone“ links oben ist ein High-Cut-Filter, der den oberen Frequenzbereich umso stärker begrenzt, je näher er dem Linksanschlag kommt. Rechts gibt es die volle Bandbreite.

(Bild: Dieter Stork)

Daneben sitzt mit „Attack“ der Regler, der die Empfindlichkeit des Pedals steuert, also die Reaktion auf den Anschlag. Je stärker er aufgedreht ist, desto intensiver und auch höhenbetonter wird der Sound. Wesentlichen Einfluss auf den Klang nimmt auch das „Q“– Poti, das die Bandbreite des Filters regelt. Links ist diese hoch, dementsprechend klingt es dort eher weich und rund, mit zunehmender Rechtsdrehung wird es immer enger, die Frequenz sticht also deutlicher heraus und kann bei extremen Settings auch schon mal scharf und spitz tönen. Da dieses Poti sowohl mit dem Attack- als auch dem Tone-Regler interagiert, sollte man sich ein wenig Zeit nehmen, um den persönlichen Idealsound zu finden.

„Level“ schließlich regelt die Ausgangslautstärke im Vergleich zum unbearbeiteten Signal. Hier hätte ich mir, wie auch bei einigen anderen Auto Wahs, etwas mehr Headroom gewünscht, das Poti stand beim Test immer nah an der Vollgas-Rechts-Einstellung. Gegebenenfalls muss man sich hier mit einem zusätzlichen Cleanbooster behelfen.

VERBREITERTES ANGEBOT

Und dann ist da ja noch der Select-Schalter, über den sich drei grundsätzliche Filtereinstellungen anwählen lassen: „HP“ steht für High Pass, hier werden die Höhen durchgelassen und die Bässe beschränkt, bei „LP“ (Low Pass) ist es anders herum. Ersteres bietet entsprechend schneidigere Klänge mit weniger Fundament auf, das zweite Setting klingt im Vergleich sanft und rund und eignet sich auch für den Einsatz mit einem Bass. Bleibt noch die Mittelstellung „BP“ als Abkürzung von Bandpass. Hier wird das Signal, vereinfacht gesagt, ober- und unterhalb der Einsatzfrequenz abgesenkt.

Zur Auswahl stehen also drei recht unterschiedliche Grundsounds, die verschiedene Einsatzzwecke abdecken und zum Experimentieren geradezu einladen. In der Praxis heißt das, dass sich mit dem Ottawa nicht nur die klassischen Auto-Wah-Sounds erzeugen lassen, sondern auch Klänge, die in Richtung Synthesizer oder gar Talk Box reichen. Damit ist es ein originelles Tool, dass sich klanglich von den gewohnten Pedal-Wahs abhebt und dem eigenen Sound frischen Wind verleihen kann.

IM EINSATZ

Schauen wir uns die Optionen etwas näher an: Im Bandpass-Modus lässt sich mit den Potis in 14-Uhr-Position als Ausgangsstellung ein wunderbar funkiger Ton erzeugen, der nicht nur intensiv über den Anschlag gesteuert wird, sondern auch deutlich auf die Pickups der Gitarre und ihre Position reagiert. Eine prima Option ist es auch, einem solchen Setting ein Zerrpedal seiner Wahl folgen zu lassen.

Die Interaktion zwischen Attack, Wah und Drive kann einen auf ganz eigene Pfade führen, die mit konventionellen Setups so nicht unbedingt zu finden sind. Wechselt man in den Low-Pass-Modus, zeigt sich das Ottawa von einer ganz anderen Seite: Hier ertönt ein milder Sound, der sich ebenfalls sehr gut einsetzen lässt und je nach Setting die erwähnten Synthie-Klänge emulieren kann. High Pass am anderen Ende des Spektrums bietet schlanke Sounds auf, die im direkten Vergleich zunächst mal dünn klingen, sich dafür aber sehr gut durchsetzen und für spezielle Einsätze die vielleicht genau richtige Tonalität in einen Song oder Part einbringen.

Fazit: Das Pedal liefert nicht nur das, was drauf steht, sondern einiges dazu – quasi Ottawa & More.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Auto Wahs sind ganz spezielle Gesellen, die heute nicht mehr so verbreitet sind, wie sie es einmal waren. Aber genau das macht sie so interessant, liefern sie doch eine Alternative zu konventionellen Wah-Sounds. Bei der Abstimmung der einzelnen Parameter muss man sich ein wenig Zeit nehmen, doch die ist gut investiert, denn das Ottawa zahlt es mit ausdrucksstarken Sounds zurück. Für zusätzliche Vielfalt sorgt der Select-Schalter, der drei verschiedene Grundsounds anbietet. Den Preis für die originellste Namensgebung kann sich das Pedal auf jeden Fall abholen.

PLUS

  • Sounds & Optionen
  • Preis/Leistung
  • Design

MINUS

  • könnte mehr Headroom haben


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2022)

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